Der Richter kennt das Recht – oder auch nicht

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: So lautet der Vorwurf, den das Amtsgericht meinem Mandanten macht. In einem Strafbefehl, der wie üblich von der Staatsanwaltschaft vorformuliert wurde. Für mich wird es nicht ganz einfach, den Mandanten zu der Frage zu beraten, ob wir den vorsorglich eingelegten Einspruch gegen den Strafbefehl aufrecht erhalten sollen. Riskant ist es allemal…

… weil mein Mandant mit der verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen möglicherweise gut weg kommt. Die Gefahr ist groß, dass er mit Zitronen handelt, wenn er die Sache durchkämpft. Der Vorwurf, der sich auf einen Vorfall vom 13. Februar 2018 stützt, liest sich so:

Sie haben Amtsträgern, die zur Vollstreckung von Gesetzen … berufen sind, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt Widerstand geleistet und ihn dabei tätlich angegriffen. Vergehen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB.

Wer den verlinkten Gesetzeswortlaut liest, dem fällt gleich auf, dass § 113 StGB gar nicht von einem tätlichen Angriff spricht. Das liegt daran, dass das Gesetz mit Wirkung zum 30.05.2017 geändert wurde. Der tätliche Angriff gegen Vollstreckungsbeamte ist in den neuen § 114 StGB gewandert, dank der unermüdlichen Lobbyarbeit von Rainer Wendt & Co. Nach diesem neuen Paragrafen ist nichts mehr mit Geldstrafe; das untere Straflimit liegt bei drei Monaten Freiheitsstrafe.

Es kommt schon mal vor, dass Staatsanwälte die aktuelle Rechtslage nicht kennen. Für eher bemerkenswert halte ich den Umstand, dass auch dem Richter nichts aufgefallen ist. Immerhin soll er den Strafbefehlsentwurf im Idealfall auf seine Richtigkeit prüfen, bevor er ihn unterschreibt. Hat er wohl eher nicht.

Der Mandant muss nun überlegen, was er macht. Spätestens im Verhandlungstermin dürfte der Fehler ja auffallen (so viel Glück kann man gar nicht haben, dass bis zum bitteren Ende niemand was merkt). Dann folgt unausweichlich ein rechtlicher Hinweis – und dann droht die Mindeststrafe von drei Monaten. Natürlich nur für den Fall, dass der Richter von der Schuld meines Mandanten überzeugt ist. Deshalb der einleitende Hinweis, dass wir hier sehr leicht mit Zitronen handeln können, wenn der Mandant seinen Einspruch nicht zurücknimmt.

(Hinweis: Der Text ist schon älter. Ich habe erst mal abgewartet, was der Mandant macht. Jetzt kann ich den Text veröffentlichen – das Risiko einer Haftstrafe wollte der Mandant dann doch nicht auf sich nehmen.)

Schuhe? Kokain!

Die Polizei hat Telefonate belauscht. Das geschah in einem ganz eigenen Ermittlungskomplex. Auf verschlungenen Pfaden kam auch mein Mandant – ich vermute eine Namensverwechslung – zu dem Vergnügen, dass ihm jemand zuhörte. Das Ergebnis mündete in einer Strafanzeige:

Anschließend unterhielten sich beide über Schuhe, für die N. zwei mögliche Kunden habe, die sich dafür interessieren. Im gesonderten Verfahren gegen J. und in dem Verfahren gegen Z. konnte das Wort „Schuhe“ als Synonym für Kokain entschlüsselt werden. Offensichtlich sprachen N. und B. im vorliegenden Gespräch ebenfalls über Kokain bzw. ein mögliches Kokaingeschäft.

Tatsächlich redet mein Mandant N. oft über Schuhe. Er hat ein Schuhgeschäft, das kann man sehr leicht googeln. B. macht in Im- und Export. Er hat einen Namen für, man mag es kaum glauben, extravagante Schuhe. Bei der Durchsuchung im Laden meines Mandanten wurden dann überraschenderweise keine Drogen gefunden.

Der Mandant macht das Beste draus. Immerhin zwei Beamte wollen bei Gelegenheit noch mal privat reinschauen, vielleicht werden sie ja zu Kunden.

Richter geht heute auch ohne „Prädikat“

Richter sind längst nicht mehr allesamt lupenreine „Prädikatsjuristen“. Die Anforderungen für ein Richteramt sind in der letzten Zeit so weit zurückgeschraubt worden, dass durchaus auch Juristen ohne zwei Prädikatsxaman (Note mindestens vollbefriedigend) eine Stelle erhalten können – und auch erhalten.

Grund für die zurückgeschraubten Erwartungen an künftige Richter ist der Konkurrenzdruck aus anderen Marktsegmenten. So bieten Anwaltskanzleien und auch die Wirtschaft geeigneten Bewerbern Einstiegsgehälter, die schnell über 100.000 Euro liegen können. Ein junger Richter muss sich mit gut der Hälfte zufrieden geben. Während woanders dann (hoffentlich) erst der Karriereturbo zündet, müssen Richter sich mit den vergleichsweise moderaten Steigerungen gemäß Besoldungsgesetz zufriedengeben.

Die Legal Tribune Online hat in einem Bericht zusammengestellt, mit welchen Noten man in vielen Bundesländern heute schon Richter werden kann. Und offensichtlich ist es so, dass die Einstiegshürden in nächster Zukunft wegen des greifbaren Bewerbermangels künftig noch flexibler werden.

Doch nicht unwürdig

Weil sie sich gegenüber ihrem Ausbilder bei der Staatsanwaltschaft deutlich im Ton vergriff und dafür auch eine Geldstrafe wegen Beleidigung kassierte, sollte einer Volljuristin der Weg in den Anwaltsberuf versperrt werden – endgültig. Die Anwaltskammer Köln erklärte die Assessorin für „unwürdig“ und verweigerte ihr die Zulassung.

Die Vorgeschichte kann man hier hier nachlesen und auch, dass erst das Bundesverfassungsgericht eingreifen musste, um die Maßstäbe zwischen Berufsfreiheit und Standesrecht zurechtzurücken.

Seit der Zurückverweisung der Sache an den Anwaltsgerichtshof scheint man es dort allerdings nicht sonderlich eilig gehabt zu haben. Fast ein Jahr verging, bevor man sich dort wieder mit der Sache beschäftigte. Allerdings brachte die mündliche Verhandlung Ende August wohl eine Sinnesänderung, auch bei der Kölner Anwaltskammer. Nun darf die Juristin doch Anwältin werden. Sie wurde vor einigen Tagen vereidigt.

Bericht in der Legal Tribune Online

Gericht: Fahrassistenten sind nicht perfekt

Die Fahrassistenz-Systeme in modernen Autos sind nicht perfekt. Deshalb darf auch der Käufer einer Limousine der oberen Mittelklasse nicht erwarten, dass ihm eine Art autonomes Fahren ermöglicht wird. Mit dieser Begründung wies das Amtsgericht Dortmund die Klage eines Mercedes-Fahrers ab, der das Verhalten des „Drive Pilot“ in seinem neuen E 220d bemängelte.

Das Amtsgericht Dortmund beschäftigte sich eingehend mit den gerügten Mängeln des Systems (Listenpreis: 2.261,00 €). Zum Beispiel hatte das Assistenz-System den Wagen im Bereich einer Autobahnbaustelle auf 30 km/h runtergebremst, obwohl an der fraglichen Stelle 80 km/erlaubt sind. Grund war allerdings, dass der Verkehr wegen einer Baustelle teilweise über die Straße einer Raststätte geleitet wurde – und auf Raststätten bremst der „Drive Pilot“ das Fahrzeug stets auf Tempo 30.

Bei einer zweiten Situation ging es um einen Kreisverkehr. Dort gilt ein Einfahrtstempo von 20 km/h. Bei der Ausfahrt beschleunigte der „Drive Pilot“ dann auf 50 km/h, obwohl wenige Meter ein Schild wieder Tempo 20 anordnete.

Außerdem bemängelte der Autokäufer unterschiedliches Verhalten des Assistenzsystems bei Ortseingangsschildern. So werde die Geschwindigkeit mal wenige Meter vor dem Schild, dann wieder erst wenige Meter nach dem Schild auf 50 km/h reduziert.

Das Amtsgericht Dortmund sieht darin keine erheblichen Mängel. Der Hersteller bzw. Verkäufer schulde bei Neuwagen technische Systeme, wie sie dem Stand der Technik entsprechen, und zwar für die jeweilige Wagenklasse. Fahrassistenzsysteme seien relativ neue Produkte, bei denen mit einer gewissen Fehleranfälligkeit zu rechnen sei. Deswegen fordere das Gesetz in § 1b StVG auch, dass der Autofahrer aufmerksam bleibt und im Zweifel selbst eingreift.

Ein Mangel läge nur vor, wenn das Assistenzsystem gegen die Straßenverkehrsordnung handele. Allerdings konnte der Kläger keinen Fall darlegen, in dem der Computer sein Auto zum Beispiel über die zulässige Höchstgeschwindigkeit hinaus beschleunigte. Von daher sei die erforderliche „Basissicherheit“ jederzeit gewährleistet. Der Autokäufer kann also kein Geld zurückverlangen (Aktenzeichen 425 C 9453/17).

„Extrem kurze, blonde Haare“

Vor einigen Tagen hatte ich einen Termin am Amtsgericht, der sehr kurz ausfiel. Und das, obwohl die Staatsanwaltschaft fest entschlossen war, meinen Mandanten einer Straftat zu überführen.

Grundlage der Beschuldigung war die Aussage eines Mannes, der behauptete, mein Mandant habe ihm vor einem knappen Jahr Drogen verkauft. Auch wenn der Zeuge / Kunde eine eher vage Personenbeschreibung abgab (Europäer, 25-30 Jahre, ca. 174 cm groß), so gab es doch einen Punkt, in dem sich der Zeuge laut Vernehmungsprotokoll ganz klar äußerte:

Der Mann hatte eine Mecki-Frisur (extrem kurze, blonde Haare).

Als ich mit meinem Mandanten im Gerichtssaal Platz nahm, schmunzelte die Richterin bereits. Mein Mandant hat nämlich wunderbares, schulterlanges Haar. Und das ist auch noch tiefschwarz. „Keine Chance“, befand die Richterin und schöpfte hierbei aus ihrer Lebenserfahrung, „dass die Haare in einem Jahr so doll nachgewachsen sind.“

Die Staatsanwältin erwog noch kurz, ob sie auf den Zeugen Wert legt. Der war allerdings gar nicht erschienen. So rang sie sich selbst dazu durch, einen Freispruch zu beantragen. Es ist mir immer eine Freude, wenn ich ich mich im Plädoyer der Staatsanwaltschaft einfach anschließen kann.

Termins-Dilemma

Zu den sicherlich unerfreulicheren Aufgaben eines Richters in Strafsachen gehört es, einen passenden Hauptverhandlungstermin zu finden. Also einen, an dem insbesondere auch der Verteidiger Zeit hat. Oder alle Anwälte, wenn mehrere Personen angeklagt sind. Sollte ein Sachverständiger eingeschaltet sein, kommen dessen mögliche Terminsprobleme noch dazu.

Viele Richter fragen freundlicherweise vorher in die Runde, wann die Beteiligten freie Termine haben. So eine Anfrage des Gerichts erreichte mich am 23. Juli. Ich teilte sogleich mit, an welchen Dienstagen, dem Sitzungstag des Gerichts, ich schon verhindert bin. Und zwar für den Zeitraum bis Februar nächsten Jahres.

Nun kommt am 11. September die Ladung. Für einen Verhandlungstermin am Dienstag, 20. November. Das war in der Tat einer der Tage, die ich bei mir noch als frei gemeldet hatte. Aber wen mag es wundern, dass dies knapp anderthalb Monate nach der Anfrage des Gerichts jetzt nicht mehr gilt? Die meisten Gerichtstermine kommen halt nun mal mit einem Vorlauf von einigen Wochen bis zu vier Monaten rein. So war es hier auch.

Ich suche die Schuld für das Dilemme erst mal gar nicht beim Richter. Vielmehr befürchte ich, dass der eine oder andere Verteidigerkollege in dieser Sache mit der Meldung freier Termine getrödelt hat – so dass der Richter den Termin mangels hinreichender Informationen nicht wesentlich früher anberaumen konnte.

Nur: Unter der – nun ja – Zögerlichkeit mancher Kollegen möchte ich dann aber auch wieder nicht leiden. Deshalb schätze ich, dieses Jahr wird’s nichts mehr mit der Verhandlung. Denn die Terminsfindung geht jetzt mit einiger Sicherheit in die Ehrenrunde.

Auf das Motiv kommt es an

Wer menschliche Leichen zerstückelt, begeht noch nicht notwendigerweise eine Störung der Totenruhe (§ 168 StGB). Das ergibt sich aus einem aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs. Die Richter heben teilweise die Verurteilung eines Mannes auf, der zwei Frauen in Leipzig getötet haben soll.

Der Mann hatte die Leichen zerstückelt und die Körperteile an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet abgelegt, um, wie es im Urteil des Landgerichts Leipzig heißt, „die Tat zu verdecken und den Körper der Getöteten besser aus der Wohnung verbringen zu können“ beziehungsweise um das zweite Opfer „aus seiner Wohnung zu schaffen“.

Das reicht nicht für eine strafbare Störung der Totenruhe, befindet der Bundesgerichtshof. Diese setze voraus, dass der Täter dem Opfer seine Verachtung zeigen will und ihm der beschimpfende Charakter seiner Handlung bewusst ist. Genau dieses Vorsatzelement vermissen die Richter, wenn es dem Mann vorrangig nur darum ging, die Leichen aus seiner Wohnung schaffen zu können. Während die Verurteilung des Täters wegen eines Mordes nun rechtskräftig ist, muss eine andere Kammer des Landgerichts Leipzig nun nochmals über die zweite Tötung verhandeln (Aktenzeichen 5 StR 411/18).

Die Tagespost

Nachdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nun eingestellt wurde, hat die Staatsanwaltschaft mir die sichergestellten Gegenstände zurückgesandt:

… erhalten Sie für Ihren Mandanten folgende Asservate: ein grüner Gummipenis, ein schwarzer Dildo aus Kunststoff, zwei Flaschen mit Gleitgel, ein Lederseil mit Schlaufe und Karabinerhaken mit der Bitte um Weiterleitung.

Das ist zwar nichts gegen die scharfe Pistole, die ich mal versehentlich von einer Staatsanwaltschaft zurückerhalten habe. Das bürointerne Interesse an der Waffe war aber geringer.

Düsseldorfer Strafverteidiger sucht Unterstützung

Bevor es im law blog regulär weitergeht, möchte ich heute einen Beitrag zur Belebung des Arbeitsmarktes leisten.

Wer keine Stelle als Anwalt sucht, muss nicht unbedingt weiterlesen.

Für mein kleines Anwaltsbüro in Düsseldorf benötige ich Unterstützung durch eine Rechtsanwältin / einen Rechtsanwalt.

Die Tätigkeit konzentriert sich auf die Bearbeitung strafrechtlicher Mandate. Abgesehen von der Begrenzung auf das Strafrecht erwartet die Rechtsanwältin / den Rechtsanwalt die gesamte Palette an Aufgaben, die sich in einer Fachanwaltskanzlei mit einem bundesweiten Mandantenkreis ergeben.

Der Rechtsanwalt / die Rechtsanwältin soll mich zunächst bei der Bearbeitung meiner Mandate unterstützen. Die Stelle eignet sich also auch für eine Berufsanfängerin / einen Berufsanfänger.

Denkbar sind sowohl Voll- als auch Teilzeit.

Bewerbungen bitte per Mail an folgende Adresse: ravetter@posteo.de

Alleinschläfer im Doppelbett

Wie nutzt man sach- und fachgerecht ein Doppelbett? Mit dieser Frage musste sich das Landgericht Koblenz beschäftigen. Ein Single und Alleinschläfer hatte wegen seines Boxpringbettes mit einer Breite von 1,60m x 2,00m geklagt, weil sich in der Mitte eine Schlafkuhle gebildet hatte. Diese Vertiefung raubte dem Mann den Schlaf.

Das Boxspringbett bestand aus einem gefederten Untergestell und zwei Matratzen in den Größen von 0,8m x 2,00m. Die Matratzen befanden sich in einem durchgehenden Bezug, außerdem war im Preis noch ein gesamtflächiger Matratzentopper inbegriffen. Der Kläger schlief nach eigenen Angaben immer in der Mitte des Bettes, was dann wohl nach zweijähriger Nutzung zu der Kuhle führte.

Das Bett selbst war nicht mangelhaft, lautet das Fazit des Prozesses, in dem auch eine Sachverständige für industriell gefertigte Möbel aussagte. Die Expertin wies darauf hin, das Boxspringbett sei in dieser Größe auf zwei Schläfer ausgelegt. Wenn eine Person immer mittig auf dem Doppelbett schlafe, sei das eine „nicht sach- und fachgerechte“ Nutzung, weil der Übergangsbereich zwischen den beiden Liegeflächen hierfür nicht geeignet sei. Der Single hat nach dem Urteil also keine Ansprüche gegen das Möbelhaus (Aktenzeichen 6 S 92/18).

Ticketloser Busverkehr

Normalerweise muss der Arbeitgeber einen Mitarbeiter abmahnen, bevor er ihn wegen Fehlverhaltens kündigt. Bei gravierenden Pflichtverletzungen kann das aber anders aussehen, wie der Fall eines Berliner Busfahrers zeigt.

Der Busfahrer war in Berlin auf einer Buslinie eingesetzt, die sehr stark von Touristen genutzt wird. Von offensichtlich auswärtigen Fahrgästen habe der Busfahrer den Ticketpreis verlangt, aber kein Ticket ausgedruckt. So lautete der Vorwurf eines Fahrgastes. Dieser berichtet, der Fahrer habe ihm gesagt: „You don’t need a ticket.“

Die Verkehrsbetriebe schickten daraufhin Prüfer in den Bus, welche die Praxis bestätigten. Außerdem gab es Videoaufzeichnungen, aus denen sich ergibt, dass der Busfahrer entgegen seiner Beteuerung im Arbeitsgerichtsprozess öfter mal kein Ticket ausdruckte.

Bei einer so gravierenden Pflichtverletzung bedürfe es keiner Abmahnung, urteilte nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen 10 Sa 469/18).

Selbst ausdrucken, trotzdem zahlen

Der deutschlandweit größte Ticketversender Eventim darf keine „Servicegebühr“ in Höhe von 2,50 Euro verlangen, wenn der Kunde das Ticket selbst ausdruckt. Der Bundesgerichtshof erklärte das Entgelt für die die sogenannte „print@home“-Option bei Veranstaltungskarten für rechtswidrig.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte Eventim verklagt mit der Begründung, dass bei einer elektronischen Übermittlung der Eintrittskarte – zum Beispiel per E-Mail oder zum Download – weder Porto- noch Materialkosten anfallen. Kosten zu berechnen, die gar nicht entstehen, hält auch der Bundesgerichtshof für unzulässig. Er bestätigt deshalb ein Urteil aller Vorinstanzen zu Gunsten der Verbraucherzentrale (Aktenzeichen III ZR 192/17).

Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW hat das Urteil grundsätzliche Bedeutung und betrifft marktweit auch weitere Anbieter, die pauschal Geld im Zusammenhang mit dem Selbstausdrucken von Eintrittskarten verlangen. „Bei explodierenden Preisen werden Tickets für beliebte Künstler leider immer mehr zum Luxusgut. Das Urteil schiebt der Unsitte einiger Anbieter einen Riegel vor, Verbrauchern mit Extra-Gebühren zusätzlich Geld aus der Tasche zu ziehen“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.

Ebenso für unzulässig hält der Bundesgerichtshof Eventims „Premiumversand inklusive Bearbeitungsgebühr“ in Höhe von 14,90 Euro (plus 5 Euro für jedes weitere Ticket). Fans konnten im Rahmen des Vorverkaufs für die AC/DC-Welttournee 2015 ausschließlich den teuren Premiumversand wählen. Die Tickets kamen jedoch per einfacher innerdeutscher Post mit 60-Cent-Frankierung.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW muss Eventim zu Unrecht erhobene Entgelte zurückzuzahlen. Für den Fall, dass Eventim nicht auf die Kunden zugeht, will die Verbraucherzentrale weitere juristische Schritte einleiten, unter anderem die nun bei Verbraucherabzocke gesetzlich geregelte Gewinnabschöpfung.

Für betroffene Kunden hat die Verbraucherzentrale ein Musterschreiben veröffentlicht, mit dem zu viel gezahlte Gebühren zurückverlangt werden können.

Lieber Köln

Vor Gericht läuft es ja nicht immer super. Aber heute war schon eher ein Horrortag, für den ich auch noch extra ins Zuständigkeitsgebiet der bayerischen Justiz gereist bin.

Der Staatsanwalt legte in seinem Plädoyer mit einer Strafforderung vor, die ich schon für reichlich ambitioniert hielt. Was machte das Gericht? Packte im Urteil direkt noch ein halbes Jahr Freiheitstrafe drauf. Natürlich alles ohne Bewährung.

In mir keimte schon ein wenig die Furcht, es könne gleich auch noch zu einer sogenannten Saalverhaftung kommen. Dabei wird der soeben verurteilte Angeklagte auf direktem Weg vom Gerichtssal in Untersuchungshaft geschickt, weil die Strafe einen Fluchtanreiz begründet.

So weit kam es dann allerdings nicht. Mein Mandant kann also erst mal abwarten, ob wir in der Berufung ein besseres Ergebnis erzielen können. Ich meine, das ist durchaus drin. Wenn der Gerichtsstand Köln oder Hamburg wäre, hätte ich jedoch ein deutlich besseres Gefühl. Mir persönlich zeigt der Fall mal wieder, dass man sich im Zweifel vorher gut überlegen sollte, wo man mit dem Gesetz in Konflikt gerät.