Horrorbericht im Regionalblog

Weil er einen (falschen) Bericht über einen Terroranschlag mit 136 Toten in Mannheim veröffentlicht hat, ist ein hessischer Blogger zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Amtsgericht Mannheim sah in dem Artikel eine strafbare Störung des öffentlichen Friedens (§ 126 StGB).

In dem Artikel hatte der Autor einen Terrorangriff geschildert, der sich angeblich gerade in Mannheim ereignete. 50 Angreifer liefen durch die Stadt und attackierten Menschen mit Macheten. Angeblich gelte eine Nachrichtensperre, deshalb kämen die Informationen nicht an die Öffentlichkeit.

Der Blogger argumentierte vor Gericht, er habe die Menschen für Bedrohungslagen sensibilisieren wollen. Sein Verteidiger sagte, Fake News seien nicht strafbar. Das Gericht folgte dem jedoch nicht. Der Blogger will in Berufung gehen.

Einzelheiten schildert sehr ausführlich die Süddeutsche Zeitung.

Die „Liebeskammer“ am Landgericht

Am Landgericht Augsburg haben sie jetzt eine „Liebeskammer“. Das ist kein besonderer Raum im Gerichtspalast, sondern eine fast normale Strafkammer. Die Besonderheit: der Vorsitzende und eine Beisitzerin entscheiden nicht nur über das Schicksal von Angeklagten, sondern leben auch zusammen.

Ob die Liebeskammer auch ein Befangenheitsgrund ist, wird höchstrichterlich leider nicht geklärt. Der Angeklagte akzeptierte eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, berichtet die Legal Tribune Online. Wegen des anscheinend doch eher milden Urteils kommt die ungewöhnliche Konstellation also nicht vor den Bundesgerichtshof.

Ich habe auch schon mal was zu dem Fall geschrieben. Problematisch scheint mir nach wie vor, dass der Angeklagte nicht über das innige Verhältnis zweier seiner Richter informiert wurde – obwohl die Liaison wohl mehr als ein offenes Geheimnis war. Auch wenn Liebe zwischen Richtern vielleicht nicht unzulässig ist, handelt es sich doch um eine ungewöhnliche Konstellation. Dass er von dieser Besonderheit nichts erfährt, kann dem Angeklagten durchaus das Gefühl vermitteln, man wolle ihm was verheimlichen. Was wiederum für mich schon ein starkes Zeichen für Voreingenommenheit ist.

Taxis sind kein Lieferverkehr

Ein Taxi darf nicht in eine Fußgängerzone fahren, die nur für „Lieferverkehr“ freigegeben ist. Dies hat das Oberlandesgericht Bamberg entschieden.

Ein Taxifahrer hatte einen Fahrgast durch die Fußgängerzone transportiert und sich auf das Verkehrsschild „Lieferverkehr frei“ berufen. Doch die Richter sehen das anders. Insbesondere der Wortsinn der Vorschrift ergibt nach ihrer Meinung, dass mit Lieferverkehr nur der Transport von Gegenständen gemeint ist, jedoch nicht das Abholen oder Bringen von Personen.

Vielleicht hätte der Taxifahrer besser sagen sollen, dass er einem Kunden, der in der Fußgängerzone wohnt, Zigaretten oder Getränke geliefert hat. Vor einiger Zeit gab es auch schon eine ähnliche Entscheidung zu der Frage, ob ein Anwalt bei der Postfiliale in der Fußgängerzone mit seinem Auto vorfahren darf, um sein Postfach zu leeren. Juristisch geklärt ist überdies die Frage, ob ein Plakataufsteller in die Fußgängerzone einfahren darf. Etwas verwundert bin ich darüber, dass es anscheinend noch keine einschlägigen Entscheidungen zu Pizza-Taxis gibt.

(Aktenzeichen 3 OLG 130 Ss 158/18).

„Ihm wurde ein Gespräch genehmigt“

Aus einem Durchsuchungsbericht der Polizei:

Dem Beschuldigten, der in seiner Wohnung angetroffen wurde, wurde durch den Einsatzführer der Durchsuchungsbeschluss ausgehändigt. Nachdem der Beschuldigte den Beschluss gelesen hatte, wollte er seinen Anwalt anrufen.

Ihm wurde vom Einsatzführer ein Gespräch genehmigt.

Zunächst kann man sagen: Nicht alle Polizisten sind so nett wie die Beamten in diesem Fall. Es kommt gerade bei Durchsuchungen immer wieder vor, dass Betroffene erst mal eine ganze Weile keinen Kontakt mit ihrem Verteidiger aufnehmen dürfen. Rechtmäßig ist das allerdings nicht. Das ergibt sich in erfreulicher Deutlichkeit aus § 137 StPO. Dort heißt es:

Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen.

Überdies steht in § 136 StPO auch noch mal ausdrücklich drin, dass der Beschuldigte jederzeit, auch schon vor dem Beginn seiner Vernehmung, einen Verteidiger befragen darf. Von einer Genehmigung durch die Polizei ist die Kontaktaufnahme selbst dann nicht abhängig, wenn der Beschuldigte vorläufig festgenommen wurde. So ist jetzt sogar gesetzlich im selben Paragrafen geregelt, dass dem Beschuldigten Informationen zur Verfügung zu stellen, welche die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger ermöglichen. Auch Notdienste müssen mitgeteilt werden.

Also muss die Polizei sogar aktiv bei der Suche nach einem Anwalt helfen, sobald der Beschuldigte nach einem Rechtsbeistand fragt. Daraus kann man im Umkehrschluss sehr gut entnehmen, dass es für eine verweigerte Kontaktaufnahme mit einem Anwalt, den der Beschuldigte sogar benennen kann, absolut keine Entschuldigung geben darf.

Sollte das dennoch geschehen, muss man als Betroffener leider davon ausgehen, nicht fair behandelt zu werden. Die beste Reaktion darauf ist, ebenfalls auf stur zu schalten und rein gar nichts mehr zu sagen, bis der Anruf beim Anwalt dann doch „genehmigt“ wird.

100 %-ig

Mandatsanfrage des Tages:

Für mich ist es nach langjährigen einschlägigen intensiven Erfahrungen absolut eindeutig, dass mein Zeh 100%-ig sicher mit E-Waffen bestrahlt/gefoltert wird.

Nur leider übernehme ich keine Schadensersatzprozesse. Ich habe eine kompetenten, lieben Kollegen empfohlen.

Kein Gericht läuft einem Angeklagten grundlos hinterher

Im Heilbronner Prozess gegen eine 70-jährige „Ersatzoma“, die einen Siebenjährigen getötet haben soll, möchte das Gericht die Angeklagte zu einer Aussage bewegen. Hierzu ermöglichten die Richter sogar ein dreistündiges Gespräch zwischen der inhaftierten Frau und ihrem Sohn, das nicht überwacht wurde. Von Erfolg ist diese Strategie noch nicht gekrönt – bislang hat die Frau sich nicht zur Sache geäußert.

Den Stand der Dinge fasst Spiegel Online so zusammen:

Doch die bisherigen Verhandlungstage zeigten: Ohne eine Einlassung der Angeklagten ist die Aufklärung schwierig. Nur Elisabeth S. kennt die Wahrheit. Nur sie kann berichten, was am Abend des 27. April vergangenen Jahres oder in der darauffolgenden Nacht in ihrem Haus in Künzelsau passiert ist, als Ole in ihrer Obhut war.

Da ist es natürlich nachvollziehbar, wenn ein Gericht alle Register zieht, um die Angeklagte zum Sprechen zu bringen. Ein unüberwachtes Gespräch mit einem nahen Angehörigen ist juristisch sicherlich nicht üblich, aber auch nicht verboten. Die Regeln für die Untersuchungshaft sind so gestaltet, dass Beschränkungen – etwa im Umgang mit Besuchern – besonders angeordnet sein müssen. Beschränkungen können auch jederzeit aufgehoben werden. Darüber entscheidet allein das Gericht.

Die Strafkammer hatte also ohne weiteres die Kompetenz, den Sohn unbeaufsichtigt mit seiner Mutter sprechen zu lassen. Das juristische Risiko aus Sicht der Verteidigung ist dabei allerdings gar nicht so klein. Denn wenn sich die Frau gegenüber ihrem Sohn möglicherweise geöffnet und den Hergang der Ereignisse geschildert hat, könnte der Sohn sich dazu entschließen, gegen seine Mutter auszusagen. Er muss es zwar nicht, er darf es aber.

Als Verteidiger muss man überdies solche Signale des Gerichts zu deuten wissen – im Interesse des eigenen Mandanten. Je mehr deutlich gemacht wird, dass eine Aufklärung ohne Mitwirkung des Angeklagten nicht möglich ist, desto größer ist faktisch die Chance, dass der Tatnachweis nicht gelingen wird. Denn kein Gericht läuft hinter dem Angeklagten her, wenn es diesen auch ohne seine Mitwirkung verurteilen kann.

Das alles läuft dann auf den Grundsatz „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten, hinaus. Es würde mich deshalb nicht wundern, wenn die Angeklagte letztlich auch nicht dem psychiatrischen Sachverständigen sagt, was sich zugetragen hat. Dass die Verteidigerin das jetzt erst mal vage in Aussicht stellt, kann auch reine Taktik sein. Bis zum Gespräch mit dem Sachverständigen kann es sich die Angeklagte ja jederzeit wieder anders überlegen.

Quasi nur eine Anhörung

Das mit der Wahrheitspflicht sowie den Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechten im Strafverfahren ist eine komplizierte Sache. Schon bei Erwachsenen. Bei Kindern als Zeugen ist es natürlich noch wichtiger, diesen nicht nur Paragrafen um die Ohren zu hauen, sondern ihnen altersgerecht zu erklären, ob sie überhaupt was bei der Polizei sagen müssen und wenn ja, in welchen Grenzen und wie sehr sie sich bei einer Aussage anstrengen müssen, die Wahrheit zu sagen.

Das klappt nicht oft, aber manchmal scheitert es auf grandiose Weise.

Hier mal als Beispiel eine Vernehmung bei der Kripo. Es geht um den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs, zu dem eine 12-Jährige als mutmaßliches Opfer aussagen soll. Die Polizeibeamtin belehrt das Mädchen über seine Rechte und Pflichten. Oder sagen wir lieber, sie versucht es. Ich zitiere die gesamte Belehrung:

Schauen wir mal, weil du jetzt noch zwölf bist, ist das quasi nur eine Anhörung, keine Zeugenvernehmung, weil ich dir eben schon erklärt habe, erst ab 14 ist man strafmündig. Ich wiederhole das jetzt nochmal, was ich dir eben gesagt habe, dass du hier bei der Polizei die Wahrheit sagen musst, sonst könntest du dich gegebenenfalls strafbar machen, aber natürlich nicht, weil du erst 12 bist.

Das Dilemma der Belehrung liegt schon darin, dass die Polizeibeamtin die Stellung der Zeugin mit ihrer Strafmündigkeit verknüpft. Das eine hat mit dem anderen rein gar nichts zu tun. Der Rest der Belehrung kann man – wenn überhaupt – als Kind wohl nur so verstehen: An sich müsstest du die Wahrheit sagen. Aber du bist ja noch keine 14. Deshalb kannst du sowieso wegen gar nichts bestraft werden. Natürlich wäre es schön, wenn du die Warheit sagst. Aber wenn du lügst, ist es auch ok und bleibt für dich auf jeden Fall folgenlos.

Das neben der Wahrheitspflicht weitere wichtige Thema so einer Belehrung, nämlich § 52 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht) und § 55 StPO (Auskunftsverweigerungsrecht) findet sich überhaupt nicht. Überdies wird dem Kind aber noch gesagt, es handele sich „quasi nur um eine Anhörung, keine Zeugenvernehmung“. Was soll das bitte vermitteln? Dass es heute erst mal um eine harmlose Plauderei geht – obwohl die Videokamera läuft und sich jedenfalls aus Sicht der Polizei die Frage stellt, ob der Staatsanwalt einen Haftbefehl gegen den Beschuldigten beantragen wird.

Die folgenden 46 Seiten der Vernehmung machen die Sache übrigens nicht besser. Aber das ist ja keine Überraschung, nach so einem verkorksten Einstieg.

Fotografierverbot im Museum ist gültig

Museen dürfen Besuchern das Fotografieren verbieten, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Ein Mann hatte das mit Piktogrammen und Schildern im Museum ausgesprochene Fotoverbot ignoriert und seine Fotos der ausgestellten Kunstwerke über Wikimedia Commons der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Das muss er nun unterlassen.

Der Bundesgerichtshof argumentiert in diesem Punkt ganz klassisch. Der Nutzer schließt mit dem Museum einen „Besichtigungsvertrag“, in dem das Museum die Bedingungen für die Nutzung vorgibt. Ein Fotografierverbot hält das Gericht grundsätzlich weder für überraschend noch übermäßig nachteilig für den Besucher, so dass dieses im Regelfall auch als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam sei.

Außerdem urteilte der BGH über die Frage, ob der Fotograf Bilder aus dem Museumskatalog abfotografieren und auf Wikimedia Commons hochladen durfte. Das wird ebenfalls als unzulässig angesehen, weil die Bilder im Museumskatalog selbst urheberrechtlichen Schutz genießen (Aktenzeichen I ZR 104/17).

Buchverlosung: die Gewinner

Hier im law blog gab es zehn Exemplare des Buchs „Die Daten, die ich rief“ von Katharina Nocun zu gewinnen (Link zum Beitrag). Hier sind die Gewinner:

Christopher G.
Timo H.
Adeline Z.
Ina P.
Rico V.
Florian W.
David O.
Axel B.
Tina L.
Liz R.

Die Bücher bringe ich gleich zur Post, so dass Sie noch bis spätestens Heiligabend bei den Gewinnern eintreffen sollten. Viel Spaß mit dem Buch.

Ich bedanke mich – auch im Namen von Katharina Nocun – bei allen 673 Lesern, die beim Gewinnspiel mitgemacht haben. Alle, die kein Glück gehabt haben, kann ich nur noch mal darauf hinweisen, dass das Buch überall zum Preis von 18,00 € erhältlich ist, unter anderem auch bei Amazon. Es gibt auch eine Hörbuch-Version (z.B. bei Audible). Möglicherweise erledigt sich ja hierdurch die eine oder andere Sorge, was man wohl dieser oder jener Person zu Weihnachten schenken könnte.

Vor Gericht und auf hoher See …

Heute schickt mir ein (neuer) Mandant den Beschluss des Landgerichts über den Widerruf seiner Bewährungsstrafe:

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil diese nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einer Woche eingelegt worden ist.

Der Widerrufsbeschluss wurde gemäß der vorliegenden Zustellungsurkunde am 10.11.2018 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten übergeben. Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt. Die Frist zur Einlegung des Widerrufs war somit am 18.11.2018 bereits abgelaufen und das Rechtsmittel vom 19.11.2018 somit verspätet eingelegt.

Ich meine, hier geht es immerhin um die Freiheit eines Menschen. Da sollte man als Vorsitzende einer Strafkammer am Landgericht wenigstens das kleine Einmaleins der Jurisprudenz beherrschen, wozu auch die korrekte Berechnung der einfachsten Fristen gehört.

Wenn ein Schreiben wie hier am Samstag, 10.11.2018 zugestellt wird, verlängert sich die Wochenfrist bis zum Ablauf des nächsten Werktages – hier also bis einschließlich Montag, 19.11.2018. Es kommt aber nicht auf den Tag der Zustellung an, sondern darauf, ob das rechnerische Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder einen Feiertag fällt. Das alles steht so in § 193 BGB. Wobei man da eigentlich nur noch wissen muss, dass Sonnabend ein früher gebräuchliches Wort für Samstag ist.

Die Richterin hätte ja auch schon deswegen stutzig werden können, weil der Mandant seine Beschwerde genau an jenem Montag, den 19.11.2018, eingelegt hat. Und zwar persönlich auf der Rechtsantragsstelle des Gerichts. Da sitzen durchaus ausgebildete Kräfte. Denen fällt es es regelmäßig auf, dass eine Frist schon abgelaufen ist (worauf sie den Betroffenen dann auch hinweisen, damit der nach Möglichkeit gleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen kann).

Seien wir mal gespannt, ob das betreffende Gericht eigene Fehler einzuräumen vermag. Darauf wetten würde ich nicht.

„… über die auf Ihrem PC gespeicherten Daten“

Meinem Mandanten wird vorgeworfen, in einem extrem abgeschotteten Internetforum, wo alle Beteiligten auch nur unter Nicknamen und unter Verwendung von Anonymisierungsdiensten kommuniziert haben, eine Straftat verabredet zu haben. Beweise dafür gab es aber letztlich nicht, zumal alle Datenträger des Mandanten fachkundig verschlüsselt waren. Dementsprechend schnell wurde das Ermittlungsverfahren mangels Tatverdachts eingestellt.

So weit, so erfreulich aus Sicht der Verteidigung. Der Polizei, die unglaubliche Ressourcen ins Knacken der Hardware gesteckt hat, gefällt der Misserfolg allerdings nicht. Obwohl die Staatsanwaltschaft die Datenträger freigegeben hat, beschlagnahmt die Polizei die PCs, Laptops und Festplatten nun „aus Gründen der Gefahrenabwehr“.

Kann man machen. Die juristische Begründung der Maßnahme ist allerdings, nun ja, eher nicht sonderlich durchdacht. Finde ich zumindest. Ich zitiere:

Hier wäre die Gefahr, dass Sie über die auf Ihrem PC gespeicherten Daten Kontakt zu den Personen aufnehmen…

Hierzu meine Entgegnung:

Es fehlt schon an der nach dem Polizeigesetz NRW erforderlichen Eignung der Maßnahme, um die Gefahr abzuwenden. Die Maßnahme ist vielmehr offensichtlich völlig ungeeignet.

Nach dem Tatvorwurf soll der Chat, welcher die Ermittlungen ausgelöst hat, auf einem Internetforum geführt worden sein. Die „Kontaktdaten“ aus einem Internetforum werden aber regelmäßig nicht auf dem Rechner gespeichert. Vielmehr werden Sie nach dem Einloggen des Nutzers höchstens wieder über das Internetforum abgerufen.

Da in dem fraglichen Forum Nutzer aber nach Aktenlage ohnehin nur anonym unter Verwendung von Nicknamen kommuniziert haben, wäre eine wechselseitige Kontaktaufnahme sowieso nur dadurch möglich, dass sich der eine Nutzer einloggt und andere Nutzer, die er ja gar nicht kennt, auf dem Forum mittels öffentlicher oder privater Nachricht kontaktiert.

Das Einloggen in das Forum ist nicht an eine bestimmte Hardware gebunden. Es kann vielmehr über jeden Internetanschluss erfolgen. Wenn man Ihre Darstellung als richtig unterstellt, könnte mein Mandant jederzeit über jedes internetfähige Gerät wieder auf das Forum zugreifen und Kontakte aufnehmen. Von daher brächte es zur Abwehr der von Ihnen beschworenen Gefahr gar nichts, meinem Mandanten seinen Computer wegzunehmen.

In anderthalb, zwei Jahren wissen wir dann mehr – wenn das Verwaltungsgericht entschieden hat.

Reminder: 10 Bücher zu gewinnen

Ich möchte noch einmal kurz an das laufende Gewinnspiel hier im Blog erinnern. Es gibt zehn Exemplare des Buches „Die Daten, die ich rief“ von Katharina Nocun zu gewinnen.

Weitere Einzelheiten hier.

Wer noch mitmachen möchte, sendet bitte eine Mail mit der Anschrift, an die der Gewinn geschickt werden soll, an folgende Adresse:

lawblog@web.de

Die Gewinner werden morgen nachmittag ermittelt. Bis dahin könnt ihr also gerne noch mitmachen.

„Er hat ja zugestimmt“

Bei Ermittlungen wegen einiger Graffiti wurde mein Mandant von Polizisten in der Umgebung des Tatorts angetroffen. Da er, so zunächst sein einziges Vergehen, seinen Ausweis nicht mit sich führte, begleiteten die Beamten ihn zu seiner Wohnung, wo sich der Ausweis befand. Anstatt aber unten oder wenigstens vor der Wohnungstür zu warten, bis der Mandant seinen Ausweis geholt hatte, kamen die Beamten mit in die Wohnung, nahmen „vorsorglich“ erstmal alles in Augenschein und fertigten Fotos an.

Auf meine Nachfrage in der Verhandlung, ob sie denn einen Durchsuchungsbeschluss gehabt hätten, verneinten dies alle Beamten unter dem Hinweis, dass mein Mandant ja zugestimmt habe.

Die Beamten standen letztlich mit drei Streifenwagen vor der Wohnung. Dass man da als juristischer Laie erstmal nicht unbedingt Widerworte gibt, wenn die Beamten mit in die Wohnung wollen, ist – denke ich – nachvollziehbar. Als ich dann weiter nachfragte, wie mein Mandant denn in das Betreten der Wohnung seitens der Beamten eingewilligt habe, wusste der entsprechende Beamte das nicht mehr. Mein Mandant habe jedenfalls nicht widersprochen.

Es ist juristisch ein Unterschied, ob der Betroffene ausdrücklich in das Betreten seiner Wohnung einwilligt oder – vielleicht in Anbetracht der übermäßigen Polizeipräsenz – einfach nicht widerspricht. Jedenfalls habe ich der Verwertung der Beweise widersprochen, weil das Vorgehen rechtswidrig war: Die Beamten haben zwar nichts mitgenommen, aber sie haben Fotos von Beweisen angefertigt. Das Betreten der Wohnung ohne Einwilligung des Betroffene steht jedoch unter dem Richtervorbehalt des § 105 Abs. 1 S. 1 StPO, es sei denn es liegt Gefahr in Verzug vor. Davon konnte hier aber keine Rede sein.

Da dies aber nicht das Einzige war, was in diesem Prozess bei den Ermittlungen und der Anklage schief gelaufen ist, gab es einen Freispruch – obwohl auf den unzulässigen „Beweisfotos“ schon Dinge zu sehen waren, die einen Bezug zu den Graffitis haben könnten. Der Auftritt der Beamten trug sicher zu einem guten Teil zu dem Ergebnis bei, denn von sonderlichem Problembewusstsein war er jedenfalls nicht geprägt.

Dr. André Bohn, Assessor

„Ggf. in Raten“

Aus Sicht eines Beschuldigten ist es natürlich immer erfreulich, wenn Gericht und Staatsanwaltschaft sich nach einiger Diskussion die Einstellung des Verfahrens vorstellen können. Zum Beispiel gegen Zahlung einer Auflage nach § 153a StPO. Manchmal, so scheint mir, geraten aber realistische Maßstäbe etwas aus dem Auge.

Wie im Fall eines Mandanten, der nachgewiesenermaßen von ALG 2 lebt. Ihm bleiben zur eigenen Verfügung monatlich knapp 400 Euro, um seinen Lebensbedarf (ohne Wohnungskosten) zu decken. Jetzt schlägt die Staatsanwaltschaft vor, das Verfahren einzustellen, wenn mein Mandant 1.500,00 € als „Geldbuße“ zahlt. „Ggf. in Raten“, wie es in dem Schreiben heißt.

Wie soll das gehen? Das Gesetz sieht als Regelfall vor, dass die Auflage spätestens nach sechs Monaten erfüllt sein muss. Somit müsste der Mandant sechs Monate lang jeweils 250 Euro überweisen. Von den verbleibenden 150 Euro im Monat müsste er also leben. Ernsthaft? Das schreibe ich nur hier. Im Brief ans Gericht habe ich die Bedenken etwas sachlicher vorgetragen. Schauen wir mal, wie die Antwort ausfällt.

Gewinnspiel: „Die Daten, die ich rief“

Leider komme ich momentan zu weniger Beiträgen, als ich es mir wünsche. Das ist kein böser Wille oder gar Unlust – die Arbeit lässt es nicht zu. Immerhin kann ich für alle Leser heute mit einem kleinen vorweihnachtlichen Gewinnspiel aufwarten.

„Die Daten, die ich rief – wie wir unsere Freiheit an Großkonzerne verkaufen“, so lautet der Titel des aktuellen Buches von Katharina Nocun. Katharina ist Bürgerrechtlerin, Netzaktivistin, Bloggerin und Kolumnistin beim Handelsblatt. Sie hat etliche Kampagnen organisiert, etwa für die Bürgerbewegung Campact e.V., Mehr Demokratie e.V. und den Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie ist auch gefragter Talkshow-Gast zu Netzthemen und zum Datenschutz.

Die Autorin erklärt auf ihrer Seite, für wen sie das Buch geschrieben hat:

Mir war es vor allem wichtig ein Buch zu schreiben, das leicht verständlich ist und sich auch für Einsteiger eignet. Ein Buch, das ich an Freunde oder Familienmitglieder verschenken kann, die meinen, sie hätten „nichts zu verbergen“. Enthalten sind auch einige praktische Tipps zum Schutz der eigenen Daten. Ich hoffe mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten zu können, mehr Menschen für das Thema Datenschutz zu begeistern. Und ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass ein Wandel notwendig ist.

Hier im law blog gibt es 10 Exemplare zu gewinnen. Wer sein Glück versuchen möchte, schickt bitte bis zum 17. Dezember eine Mail an folgende Adresse:

lawblog@web.de

Bitte gebt einfach die Adresse an, an die das Buch geschickt werden soll. Solltet ihr gewinnen, geht das Buch noch rechtzeitig vor Weihnachten zu euch auf die Reise. Die Daten werden nur für die Verlosung genutzt.

Wer sich nicht auf sein Glück verlassen möchte, kann das Buch logischerweise auch erwerben. Es ist zum Preis von 18,00 € erhältlich, unter anderem auch bei Amazon. Es gibt auch eine Hörbuch-Version (z.B. bei Audible).