Gericht zahlt kein Fünf-Personen-Ticket

Wer Anspruch auf Erstattung seiner Fahrtkosten zu einem Gerichtstermin hat, darf trotzdem nicht in großer Gesellschaft reisen. Ein Kläger hatte für die Bahnreise zu seinem Sozialgerichtsprozess eine Fahrkarte vorgelegt, auf der bis zu fünf Personen fahren dürfen.

Das Sozialgericht Karlsruhe billigte dem Mann aber nur den Preis zu, den er für ein Ein-Personen-Ticket hätte zahlen müssen. Das war natürlich billiger. Das Gericht verweist auf die grundsätzliche Pflicht jedes Verfahrensbeteiligten, die Kosten möglichst gering zu halten.

Ob auf dem Ticket tatsächlich mehrere Personen gefahren sind oder ob der Kläger sich nur vertan hatte, teilt das Gericht leider nicht mit (Aktenzeichen S 1 KO 24/18).

Fristen? Gelten nicht für die Telekom

Ich will ja gar nicht darauf hinweisen, dass mein Anwaltsbüro seit 25 Jahren Kunde der Telekom ist. Ach was, ich will es doch. Wir haben hier im Büro so einigen Übernahmeversuchen mit durchaus attraktiven Konditionen widerstanden, zum Beispiel durch Unitymedia. Da erwarte ich eigentlich seriöses Geschäftsgebaren – auch wenn es um die von der Telekom nun offenbar bei uns in Düsseldorf in Angriff genommene Abschaltung von ISDN geht.

Ich habe mit der Umstellung bislang gezögert. Wir haben noch einen Vertrag über eine sehr gut funktionierende, aber halt nicht mehr ganz taufrische Telefonanlage. Der Vertrag endet 2019, so dass es mir eigentlich ganz recht wäre, wenn ich das ganze Umstellungsgedöns auf einen IP-basierten Anschluss dann im Herbst auf einen Schlag erledigen könnte. Das habe ich einem Herrn von der Telekom kürzlich auch gesagt. Er meinte, das wäre kein Problem.

Doch so ganz scheint die Auskunft nicht zu stimmen. Ich bekomme nun ein Schreiben, mit dem die Telekom unsere ISDN-Verträge kündigt. Zum 04.5.2019. Glasklare Abschaltungsdrohung inklusive.

Nun steht es der Telekom natürlich frei, ihren Kunden den Laufpass zu geben. Allerdings erwarte ich dann aber auch, dass man sich an die eigenen Vertragsbedingungen hält. Da genügt schon ein Blick in unsere laufende Telefonrechnung, um die derzeit für uns gültige Vertragslaufzeit festzustellen:

Meine zivilrechtlichen Kenntnisse sind sicher bescheiden. Aber irgendwie glaube ich mich zu erinnern, dass Kündigungsfristen an sich für beide Vertragsparteien gelten. Ich kann mir leidlich gut vorstellen, was die Telekom gesagt hätte, wenn wir vor drei oder vier Jahren kurzfristig zu einem anderen Anbieter hätten wechseln wollen. Da wäre garantiert der Hinweis auf die Mindestlaufzeit gekommen.

Ich habe der Telekom jetzt mal freundlich mitgeteilt, dass ich die Kündigung gerne zum 04.10.2019 akzeptiere. Aber bis dahin erwarte ich, dass unser Telefonanschluss ordnungsgemäß funktioniert.

In Holland geblitzt

Telefonnotiz:

Herr N. bittet um Rückruf und anwaltliche Vertretung. Er ist in den Niederlanden mit dem Auto unterwegs gewesen und dort geblitzt worden.

Ich glaube, ich empfehle da doch besser einen Kollegen aus Amsterdam. Aber trotzdem nett, was Herr N. mir als kleinen Anwalt aus Nordrhein-Westfalen so alles zutraut.

EGMR betont Recht auf einen Anwalt – nicht nur in Italien

Italien muss der zu Unrecht wegen Mordes verurteilten Amerikanerin Amanda Knox eine Entschädigung von 10.400,00 € und Verfahrenskosten von 8.000,00 € zahlen. Die Behörden haben bei den Ermittlungen die Rechte von Knox in schwerwiegender Weise verletzt, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest.

So sei Knox trotz des Mordvorwurfes und anderer Anklagen ohne Anwesenheit eines Anwalts verhört worden, obwohl sie jung, noch fremd in Italien und offensichtlich nicht in der Lage gewesen sei, die Vorwürfe und ihre rechtliche Lage zu durchschauen. Insgesamt wird aus der Entscheidung deutlich, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Vernehmung ohne Rechtsbeistand ohnehin nur in Ausnahmefällen für zulässig erachtet. Auch deswegen wird ja gerade in Deutschland am Recht auf einen Pflichtverteidiger nachgebessert, denn auch bei uns werden Beschuldigte selbst bei schwersten Vorwürfen immer noch gerne ohne Anwalt befragt.

Weiter beklagte sich Knox, dass die Dolmetscherin ihre Rolle missbraucht hat. Diese übersetzte nämlich nicht nur, sondern formulierte tatsächlich Teile der Angaben für Knox. Außerdem habe sie mit „mütterlicher Attitüde“ eher die Rolle einer Vermittlerin gespielt, hält das Gericht fest.

Als nicht begründet betrachtet das Gericht Knox‘ Vorwürfe, sie sei während der Verhöre extrem rüde behandelt und teilweise sogar geschlagen worden. Hierfür gebe es keine ausreichenden Belege (Aktenzeichen 76577/13).

Ungerechtfertigt bereichert

In einer Verkehrsstrafsache schreiben mir andere Rechtsanwälte, die vorwiegend Versicherungen vertreten, einen Brief. Es geht um einen höchst brisanten Vorgang:

Wir hatten die Ermittlungsakte ebenfalls wie Sie für Ihren Mandanten für unsere Mandantin angefordert und versehentlich die Kosten für die Übersendung unter der für Sie genannten Rechnungsnummer überwiesen. Ihre Zahlung der 12,00 € wurde bei der zentralen Zahlstelle als Überzahlung verzeichnet und an Sie zurück überweisen. Folglich hatten wir für Sie die Kosten der amtlichen Ermittlungsakte gezahlt.

Jetzt möchten die Anwälte ihr Geld von mir haben. Immerhin belehren sie mich nicht noch wortreich und mit einem Zitat aus dem BGB-Kommentar Palandt, dass wir juristisch gesehen „ungerechtfertigt bereichert“ sind. Wobei man dann ja auch fragen könnte, ob es nicht eine sogenannte aufgedrängte Bereicherung ist. Dafür jedenfalls schon mal kollegialen Dank.

Aber mal ehrlich, es geht um 12,00 €. Ich weiß nicht, ob man bei einer Kosten-/Nutzenrelation für beide Seiten den Betrag nicht einfach besser kurzerhand abgeschrieben hätte. Ich glaube, ich hätte diese Größe besessen und keinen Brief diktiert.

Videobeweis

Es geht um eine Tätlichkeit auf einem Supermarktplatz. Autofahrer gegen Fußgänger. Oder vielleicht doch eher umgekehrt – das ist ein wenig die Frage. Fakt ist, dass der Fußgänger sich im Verlauf der Auseinandersetzung den Autofahrer etwas härter zur Brust genommen hat.

Nach der Schilderung des Autofahrers war der Angriff auf ihn so was wie ein Naturgewalt, welcher er hilflos ausgeliefert war. Und für die er – selbstverständlich – keinerlei Ursache gesetzt hat. So jedenfalls liest es sich in der Zeugenaussage, die der Autofahrer bei der Polizei gemacht hat:

Der Mann stand mit dem Rücken zu mir in der Mitte der Fahrspur, sodass ich nicht weiterfahren konnte. … Ich hielt an, um zu warten, dass er weggeht. Ich dachte, er würde gleich weggehen. … Er drehte sich um und sah mich an. Er zeigte mit der Hand, dass ich zurückfahren sollte, in die Richtung, aus der ich gekommen war. Er kam auf mich zu, ich hatte den Rückwärtsgang schon eingelegt, um wieder in die Parkbucht zu fahren. Er trat mehrmals gegen mein Auto…

Tja, und dann lässt sich ein Überwachungsvideo auftreiben. Vom Supermarkt. In HD sieht man darauf, dass der Fußgänger tatsächlich mit dem Rücken zum Autofahrer auf der Fahrbahn steht. Offenbar dreht er eine Zigarette und wirkt dabei etwas selbstvergessen. Nun kam man auf dem Video sehen, wie das Auto hinter den Mann rollt. Dann ist ebenso gut zu erkennen, wie der Autofahrer ausgiebig auf die Hupe drückt. Dann dreht sich der Fußgänger erschrocken um und brüllt was in Richtung Autofahrer.

Dieser wollte da nach eigenen Angaben ganz schnell den Rückwärtsgang eingelegt haben. Laut Video war es aber ein klein wenig anders. Tatsächlich rollt der Autofahrer langsam auf den schimpfenden Fußgänger zu, bis die Front seines Wagens mittelsanft die Schienbeine des Fußgängers touchiert und dieser etwas einknickt.

Gut, natürlich muss man nicht ausrasten, wenn man von einem Autofahrer nicht nur angehupt, sondern absichtlich angefahren wird. Aber diese Vorgeschichte setzt das, was danach kam, doch in ein etwas anderes Licht. Ich bin zwar kein Freund ausufernder Videoüberwachung, aber als Verteidiger des Fußgängers finde ich die Bilder ausgesprochen hilfreich für den anstehenden Prozess.

Medienanwälte müssen sich (mehr) anstrengen

Zu den Hauptbeschäftigungen von Medienanwälten gehört es, sogenannte „presserechtliche Informationsschreiben“ zu versenden. Darin warnen die Juristen Redaktionen aus (meist) gegebenem Anlass vorsorglich, nicht in bestimmter Art und Weise über ihre Mandanten zu berichten. Künftig müssen sich die Kollegen etwas mehr anstrengen. Gegen die Zusendung nicht ausreichend faktenbasierter Warnschreiben können sich Redaktionen nämlich wehren.

Die FAZ hatte eine Berliner Kanzlei verklagt, weil diese für einen bekannten Sänger darauf drängte, dass der Bericht einer Boulevardzeitung nicht aufgegriffen wird. Die FAZ wehrte sich gegen das Schreiben, weil dieses den Redakteuren und damit dem Verlag Arbeitszeit koste, das Fax blockiere und beim Ausdruck Kosten entstünden. Außerdem fühlte sich die Redaktion durch die Schreiben natürlich auch unter Druck gesetzt.

Mit ihrer Gegenwehr war die FAZ nun in letzter Instanz erfolgreich. Presserechtliche Informationsschreiben seien zwar grundsätzlich zulässig, urteilt der Bundesgerichtshof. Dann jedoch folgt das Aber: Dies gelte nicht, wenn das Schreiben „keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden“. Mit anderen Worten: Reine Drohgebärden ohne nähere Darlegung von Fakten sind unzulässig.

Auf die betreffenden Kollegen kommt also künftig mehr Arbeit zu. Aber das ist ja erst mal nicht Schlimmes für die Anwälte, sofern sie ein ausreichendes Standing haben, um bei ihren Mandanten nach Stundensatz abzurechnen.

Bericht in der Legal Tribune Online

Erst Versuchskaninchen, dann Kunde

Wenn man einem Bericht von Spiegel Online glauben darf, nutzt Netflix potenzielle Kunden als Versuchskaninchen. Interessenten wird auf der Internetseite mitunter absichtlich ein deutlich höherer Preis angezeigt als der aktuelle Tarif (17,99 € statt 13,99 €).

Das Ganze ist laut Netflix ein Versuchsballon, um herauszufinden, wie viele Kunden den verlangten Preis akzeptieren. Immerhin ist es keine Abzocke im engeren Sinn:

Neukunden, denen ein solcher Testpreis angeboten wird und die bereit sind, ein Abo zu dem im Test genannten Preis abzuschließen, werden laut Netflix vor dem Vertragsabschluss über den tatsächlich geforderten Preis informiert. Sie zahlen dann genauso viel wie andere Kunden.

Also, ich käme mir allerdings etwas verschaukelt vor, wenn ein Anbieter mich so für die Marktforschung instrumentalisiert. Es ist mir auch ein wenig rätselhaft, wie das Ganze mit dem geltenden Recht, insbesondere der Preisangabenverordnung in Einklang zu bringen ist. Diese verlangt nämlich, dass der tatsächlich verlangte Gesamtpreis anzugeben ist (Grundsatz der Preiswahrheit und Preisklarheit).

Außerdem gibt es ja auch die Pflicht, auch online ein Preisverzeichnis für Leistungen bereitzuhalten, welches sich auf der Seite von Netflix auch tatsächlich findet. Daran sollte man sich doch eigentlich auch halten müssen. Aber das sind eher Fragen des Wettbewerbsrechts, mit dem kenne ich mich vielleicht einfach nicht gut genug aus.

Airline haftet nicht für Probleme des Flughafens

Technische Probleme des Flughafens führen nicht zu einer Entschädigungspflicht einer Airline, wenn Reisende deswegen zu spät abfliegen können. Deshalb gibt es keinen Ersatzanspruch nach der EU-Fluggastrechteverordnung, so eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Reisende hatten geklagt, weil sich ihr Abflug in New York um rund zwei Stunden verspätete und sie ihren Anschlussflug von London nach Frankfurt verpassten. Insgesamt stand am Ende eine Verspätung von rund 9 Stunden. Dafür verlangten die Reisenden die vorgeschriebenen 600 Euro.

Der Anspruch scheitert aber laut dem Urteil schon daran, dass es zu der Verspätung kam, weil die Computersysteme an den Abfertigungsschaltern des Flughafens wegen eines Streiks abgeschaltet wurden. Für die Fluggesellschaft sei dies ein „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne der Fluggastrechteverordnung, befindet das Gericht. Ein derartiges Vorkommnis sei von der Fluggesellschaft jedenfalls nicht zu beherrschen, da die Überwachung, Wartung und Reparatur der Flughafeneinrichtungen nicht in ihren Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich falle (Aktenzeichen X ZR 15/18, X ZR 85/18).

Ein Quentchen Glück

Manchmal braucht man auch ein Quentchen Glück. Wie der Mandant, der eine Haftstrafe antreten soll. Was er aber aus persönlichen Gründen nicht kann. Jedenfalls nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist, welche die Staatsanwaltschaften gerne für den Haftantritt setzen.

Just als ich mich anschickte, mit dem Rechtspfleger bei der Staatsanwaltschaft über dringend benötigte zwei Wochen mehr zu verhandeln, meldete sich der Mandant. Er hat im Sorgerechtsstreit mit der Mutter seines Kindes eine Ladung zum Familiengericht erhalten. Für einen Termin in drei Wochen. In der Ladung heißt es:

Das persönliche Erscheinen des Antragsgegners wird angeordnet.

Der Verhandlungstermin liegt noch dicke in der Orientierungsphase, die bei jedem Haftantritt am Anfang steht. Da gibt es viele Formalien zu erledigen, Gespräche mit dem Psychologen, Beurteilungen etc. Also sicherlich kein Zeitraum, während dem schon mal ein Knasturlaub genehmigt würde.

Die Alternative für die Justiz wäre, meinen Mandanten als Gefangenen auf die Reise zu schicken. Entweder mit dem normalen Schubbussen über das Justiz-Transportsystem. Da gibt es einen festen Linienplan. Was dazu führt, dass eine Reise quer durch die Republik schon mal 14 Tage dauern kann und der Gefangene dabei jede Nacht in einem anderen Knast verbringt. Offensichtlich ist auch das nichts für die Eingewöhnungsphase.

Bliebe nur der Individualtransport. Allerdings muss mein Mandant nicht an seinem Wohnsitz, sondern an einem anderen Gericht erscheinen. Das ist knapp 300 Kilometer entfernt.

An den damit verbundenen Kosten hatte der Staatsanwalt dann auch ersichtlich kein Interesse. Er gewährte weiteren Strafaufschub, knapp drei Wochen zusätzlich.

Die Strafjustiz hilft (manchmal)

Mein Mandant ist auf einen ebay-Betrüger reingefallen. 250 Euro überwies er als Vorkasse für eine Uhr. Bekommen hat er – nichts.

Aber immerhin scheint die Strafanzeige gegen den betreffenden jungen Mann gefruchtet zu haben. Dieser hat wohl etliche Leute übers Ohr gehauen. Heute kriegte ich einen Brief des Amtsgerichts Tiergarten:

Der Angeklagte hat durch Ableistung von Freizeitarbeiten einen Betrag von 250,00 Euro als Schadensersatz für Sie erarbeitet. Ich bitte um Mitteilung einer Bankverbindung binnen zwei Wochen, auf die das Geld überwiesen werden kann.

Da wird der Mandant sich aber freuen. Ein Dankeschön an die Richterin dafür, dass sie nicht nur an Strafe, sondern auch an die finanziellen Interessen der Geschädigten gedacht hat.

Wenn sich niemand verantwortlich fühlt

Aus dem dreiseitigen Merk- und Anmeldeblatt für die Skifreizeit einer Privatschule:

Sollte ein Schaden entstehen, für den sich niemand verantwortlich fühlt, werden die Kosten unter den in diesem Raum wohnenden Personen aufgeteilt.

Ich denke, so eine Klausel kann man bedenkenlos unterschreiben. Sie ist sowieso von vorne bis hinten unwirksam.

Fließende Grenzen

Was ist ein „bedeutender Schaden“ bei einer Fahrerflucht? An diese Frage knüpfen sich für mutmaßliche Verkehrssünder erhebliche Folgen. Wird der Schaden nämlich als nicht bedeutend eingestuft, kann das das vor einer vorläufigen oder gar endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis retten.

Die Grenze für den bedeutenden Schaden pendelte viele Jahre irgendwo zwischen 1.500,00 und 1800,00 Euro. Mittlerweile sehen viele Gerichte aber gute Gründe, die Grenze nach oben anzupassen. Sehr deutlich tut dies das Landgericht Nürnberg-Fürth. In einem aktuellen Beschluss legen die Richter die Bagatellgrenze für einen Fremdschaden bei 2.500,00 Euro (netto) fest.

Den Beschluss kann man hier nachlesen. Wichtig ist aber eigentlich nur, dass man von der aktuellen Bewegung nach oben bei den Wertgrenzen schon mal gehört hat (Link zum Beschluss).

Risiko Whats-App-Gruppe

Ihr seid Mitglied in einer dieser Whats-App-Gruppen, in denen unzählige Menschen jeden Tag Katzenbilder, doofe Sprüche und auch sonst jeden Blödsinn weiterleiten, den es so im Internet gibt? Ich will euch den Spaß daran nicht verderben, aber vielleicht lest ihr dann besser nicht weiter.

Die Geschichte beginnt banal. Eine 17-Jährige soll nicht nur brav zur Schule gegangen sein. Vielmehr regte sich der Verdacht, dass sie ihren eigenen Marihuana-Konsum dadurch finanziert, dass sie Mitschülern auch mal was verkauft. Die Polizei kriegte einen Tipp, es kam zur Hausdurchsuchung bei der Schülerin.

Die Polizei wertete das Handy der jungen Frau aus. Und zwar extrem ordentlich. Unter anderem scrollten sich die Beamten durch alle Whats-App-Gruppen durch, in denen die Betroffene Mitglied war. Es sind viele Gruppen. Darunter eine mit knapp 600 aktiven Teilnehmern. Eben so eine typische Quatsch-Gruppe, in der fast sekündlich was gepostet wird.

Dumm nur, dass vor einigen Monaten wohl auch jemand mal zwei, drei Fotos gepostet hat, die spärlich bekleidete junge Menschen zeigen. Möglicherweise handelt es sich sogar um Jugendpornografie. Diese Wertung trafen jedenfalls die verantwortlichen Polizeibeamten.

Messerscharf zogen sie folgenden Schluss: Wenn die Bilder noch auf dem Handy der Schülerin sind, dürften sie auch noch bei allen anderen Teilnehmern der Whats-Gruppen auf den Handys sein. Also bejahten die Polizisten einen Anfangsverdacht auf den Besitz von Jugendpornografie.

Gegen jedes Mitglied der Whats-App-Gruppe wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Beamten hätten auch gerne Durchsuchungsbeschlüsse für jedes Gruppenmitglied bekommen. Also wohlgemerkt nicht nur für jene Teilnehmer, die sich mit dem Urheber des Posts irgendwie zu dem Thema ausgetauscht haben (wobei es so gut wie kein Feedback aus der Gruppe gab). Vielmehr sollte alle Gruppenmitglieder morgens um halb sieben Besuch von der Polizei bekommen.

Glücklicherweise kam der Fall zu einem Staatsanwalt, der sich vielleicht fragte, ob er selbst stets und ständig seine Kanäle in den sozialen Medien so toll im Blick hat, dass ihm rein gar nichts entgeht. Jedenfalls entschied er, dass die Betroffenen zwar zur Vernehmung vorgeladen werden sollen. Dabei solle die Polizei aber „schonend“ vorgehen, ggf. die noch auffindbaren Bilder von den Betroffenen löschen lassen und ansonsten für Problembewusstsein sorgen. Am Ende dürfte dann eine eher sang- und klanglose Einstellung des Verfahrens stehen.

Ich persönlich hätte es richtiger gefunden, wenn der Staatsanwalt gleich gesagt hätte, dass ein möglicher Besitzvorsatz doch höchstens bei den Leuten vorliegen erwogen werden kann, bei denen es Anhaltspunkte gibt, dass sie zur fraglichen Zeit online waren und die Bilder womöglich gesehen haben.

Aber nun ja, ihr wisst jetzt, auf welch ebenso zufällige wie simple Art und Weise man als – möglicherweise sogar inaktives – Mitglied einer Whats-App-Gruppe ins Visier der Ermittler geraten kann. Ich wünsche noch viel Spaß…

Domina klagt gegen unartigen Kunden

Vor dem Amtsgericht München klagte eine Domina gegen einen unartigen Kunden. Sie wollte 1.451,80 Euro Honorar, das ihr entgangen ist. Für den Kunden hatte sie extra Termine freigehalten, dieser war jedoch nicht erschienen. Zwei anderen zahlungskräftigen Kunden habe sie absagen müssen, erklärte die Domina.

Vor Gericht ging es zunächst um die Frage, wieso die Dienstleisterin ausgerechnet den Beklagten in Anspruch nahm. Sie hatte nämlich nur mal mit dem Interessenten telefoniert und zwei SMS von ihm bekommen. Ob ihr Gesprächspartner tatsächlich der Beklagte war, konnte sie jedoch nicht ausreichend belegen. Und das, obwohl sie nach eigenen Angaben den Namen des Anrufers notiert und ihm bis in dessen Heimat Rumänien hinterherrecherchiert habe.

Der Beklagte beteuerte dagegen, er sei zur fraglichen Zeit nicht in Deutschland gewesen. Möglicherweise habe ein ihm flüchtig bekannter Geschäftspartner seine Daten missbraucht. Überdies wies der Beklagte darauf hin, er habe kein Interesse an Dominas – und seine Frau habe ihn wegen der Sache schon genug gestraft.

Das Gericht konnte die Klägerin davon überzeugen, dass sie mit solch dürftigen Belegen ihre Forderung nicht durchsetzen kann. Die Frage, ob die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der Domina wirksam sind, musste das Gericht nicht beantworten. Diese berechnet ihren Kunden das volle Honorar für einen geplatzten Termin am Wochenende, wenn die Kunden sich nicht mindestens 24 Stunden vor dem Termin ausreichend entschuldigen (Aktenzeichen 275 C 4388/18).