Nummernschild-Scanning geht nicht so einfach

Das Bundesverfassungsgericht hat heute die automatische Erfassung von Autokennzeichen in Hessen und Schleswig-Holstein für verfassungswidrig erklärt. Der massenhafte Abgleich von Nummerschildern mit Fahndungsdatenbanken sei nicht zulässig, entschieden die Richter. Nach ihrer Auffassung verletzt das Verfahren das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Näheres zum Beispiel bei Spiegel online.

Geschickt formuliert

Der gegnerische Anwalt schreibt einen Tag vor dem Verhandlungstermin:

… bedarf der erst jetzt vorgelegte Klageabweisungsantrag folgender Erwiderung.

Ja, es gibt einen Unterschied zwischen vorgelegt und eingegangen.

Aufschlüsseln, beifügen, benennen

Die Staatsanwaltschaft teilt mit, dass mein freigesprochener Mandant jetzt grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung für die zu Unrecht erfolgte Freiheitsentziehung hat. Elf Euro kriegt er für jeden Tag Knast. Aber nur, wenn er innerhalb von sechs Monaten (keinen Tag später!) einen formgerechten Antrag stellt, seine Forderungen in Einzelposten aufschlüsselt, Belege beifügt und sonstige Beweismittel benennt.

Wirklich eine unnachahmliche Art, dem Bürger auch in so einer Situation noch das Gefühl zu geben, ein Bittsteller zu sein. Unabhängig davon machte mich im vorliegenden Fall der Zeitraum stutzig, für den man bezahlen will:

20.08.07 bis 28.10.07 sowie 08.12.07 bis 19.12.07

Das hat dann aber doch seine Richtigkeit. Vom 29.10. bis 07.12.2007 hat mein Mandant nicht etwa ohne mein Wissen „Urlaub“ gehabt, sondern eine nicht bezahlte Geldstrafe abgesessen.

Hans Wurst ermittelt

Es war ja schon schlimm. Aber es ist noch viel schlimmer. Was am Ende zu einer völlig unverständlichen Hausdurchsuchung führte, hatte folgende Vorgeschichte:

Über das Online-Formular der Polizei meldet ein besorgter Bürger, im Internetforum D. gebe es einige Beiträge mit Links zu Rapidshare. Da seien wohl Filme dahinter. Screenshots der Links fügt er bei.

Die Polizei sieht sich außerstande, das Forum selbst zu überprüfen. Denn die Polizei ist kein registrierter Nutzer. Eine Registrierung unter „Hans Wurst“ schlägt fehl, weil der zuständige Beamte nicht begreift, dass er den Link in der Bestätigungsmail anklicken muss.

Auf die Idee, den ausgedruckten Links zu Rapidshare zu folgen, kommt niemand. (Heute sind sie alle tot. Wie praktisch für die Verteidigung.)

Stattdessen macht Hans Wurst der ermittelnde Polizeibeamte einen altklugen Vermerk. Ausweislich der Daten seien die drei Beiträge mit Links schon mehrere Monate alt. Somit habe sich der Betreiber des Forums diese Links jedenfalls zu eigen gemacht. Denn er hätte ja die Möglichkeit gehabt, die Links zu löschen. Man muss nur mal in § 7 und insbesondere § 10 Telemediengesetz gucken, um zu erkennen, die Welt ist kein Kinderteller.

Weder dem Staatsanwalt noch dem Richter fiel irgendwas auf. Oder ein. Man hätte sich doch zumindest fragen können, ob Links zu rapidshare.com wirklich auf den Rechner / Server eines Forenbetreibers führen. Der Satz: „Im Zeitraum … stellte der Beschuldigte über seinen Rechner am XY-Platz in K. das Computerspiel “…” für eine Vielzahl von Internetnutzern über sein Internetforum www. … .net zum Herunterladen zur Verfügung“ hat schon was. In Richtung Juniortüte.

Ohne jemals selbst in das Forum (mit ein paar hundert Beiträgen täglich) geguckt bzw. die Links geprüft zu haben, wird also der Verdacht auf gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzung gestrickt, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht und fröhlich durchsucht. Meine Beschwerde möchte der Staatsanwalt übrigens verworfen haben. Er meint, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung hätten vorgelegen. Zu meinen Argumenten verliert er kein Wort.

Think global, act local

„Bei den Fahrtkosten“, sagt der Handwerker, „drücke ich Ihnen nur 15 Euro auf. Sonst ist die Pauschale 30 Euro. Aber wir hatten es ja nicht so weit von der Werkstatt.“

Kann man so sagen. 200 Meter laut Google Maps.

Gereizte Polizei

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) macht Krach. Von einem „Sicherheitsrisiko“ gar spricht der NRW-Landesvorsitzende Frank Richter und von einer „Spaltung“ der Polizei. Denn die Spezialisten der Kriminalpolizei bieten seit Jahren zwei wieder eigenständig der Kriminalität die Stirn. In den Städten und Landkreisen gibt es jeweils eine Kripo-Direktion, die den Staatsanwaltschaften anklagereife Ermittlungen vorlegen soll. Das war von 1994 bis 2006 anders: Auch nicht speziell geschulte Schutzleute sollten etwa Diebstähle und Einbrüche aufklären.

Bis Innenminister Ingo Wolf (FDP) nach der Ablösung seines Vorgängers Fritz Behrens (SPD) erkannte: Wir brauchen wieder eine fachliche Bündelung. Die aber ist dem GdP-Chef ein Dorn im Auge. „Wir können uns keine Spaltung der Polizei leisten“, schimpft Frank Richter, der wohl auch die Position der GdP zwei Monate vor den Personalratswahlen gegen andere Berufsverbände stärken will.

Mehr Eigenständigkeit der Kripo-Direktion führe zu „Funkstörungen“ innerhalb der Behörden. „Dass die Kripo wieder selbständig ist, begrüßen wir“, hält Oberstaatsanwalt Johannes Schüler vom Deutschen Richterbund (DRB) dagegen. Alleskönner gebe es nicht: „Entweder kann ich einen Unfall aufnehmen oder einen Betrug ermitteln“. Die Qualität der Ermittlungen habe in den vergangen Jahren „gelitten“. Kriminalbeamte seien nun mal Fachleute.

Wilfried Albishausen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) pflichtet bei: „Kriminalität ist eben nicht durch die „Polizei auf der Straße“ zu bekämpfen, sondern durch hochmotivierte und hochqualifizierte Kriminalistinnen und Kriminalisten“. Allerdings: Etwa 7.000 Beamte, kritisiert der BDK-Landesvorsitzende, seien zu wenig. Außerdem liege das Durchschnittsalter jenseits der 50.

Für Albishausen ist es kein Trost, dass der meiste für die Kripo erforderliche Nachwuchses aus jungen Beamtinnen und Beamten der Schutzpolizei bestehen soll: „Dass ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, reicht aber dauerhaft nicht aus!“ (pbd)

Abseitsfalle

Die FDP löst ihre Verlobung mit der CDU. Das scheint mir die gute Nachricht des Tages. Wenn auf dieses Signal hin die Liberalen in Hessen endlich Roland Koch fallen lassen, gibt’s auch Bewegung in Berlin.

Dann fehlt noch Steinmeier als Kanzlerkandidat der SPD. Und es gibt ruckzuck eine tragfähige Mehrheit jenseits der Union, ohne die Linke.

Rot-gelb-grün müsste sich schon sehr dumm anstellen, damit es noch grausamer wird.

Eindeutige Sache

In der Bäckereifiliale in einem Supermarkt sollen die Tageseinnahmen aus dem Tresor verschwunden sein. Die Inhaberin erklärt der Polizei, dass am fraglichen Tag mindestens fünf Mitarbeiter Zugang zum Tresor hatten. Überdies sei nicht ausgeschlossen, dass Mitarbeiter des Supermarktes im Laufe der Zeit mitbekommen haben, wo das „Versteck“ für den Tresorschlüssel ist – auf einer Ablage im Büroraum. Das Büro werde nicht abgeschlossen. Es sei für jeden frei zugänglich, der die halboffene Verkaufsecke betritt.

Nach diesen einleitenden Worten erklärt die Geschäftsführerin, sie wisse aber genau, welche Mitarbeiterin das Geld geklaut hat. Meine Mandantin. Begründung: Die junge Frau habe sich wenige Tage nach dem Verlust des Geldes eine neue Jacke gekauft. Und schicke, neue Stiefel sowie ein aktuelles Handy habe sie auch. Dabei habe sie früher schon mal über Geldsorgen geklagt.

Sieht nicht so aus, als müsste ich meinen Einstellungsantrag näher begründen.

Auf der Sonnenseite

Beim Klicken durch den Reader kann man gut sehen, welche Blogbetreiber finanziell auf der Sonnenseite stehen. Deshalb haben sie auch kein Problem damit, ein Video auf ihre Seite zu stellen, das einen ehemaligen Richter und Politiker in ersichtlich privater Runde beim Drogenkonsum zeigen soll.

Die möglicherweise drohenden Abmahnungen und Unterlassungsprozesse bezahlen diese Blogger aus der Portokasse. Und wer weiß, vielleicht gewinnen sie am Ende sogar…

Akten gehen ihren Weg

Irgendwie hatte ich es schon geahnt, dass es mir im Fall mit der Anwaltsverhinderung auch am Montag verwehrt sein wird, einmal persönlich Argumente gegen den Haftbefehl vorzutragen.

Der Termin ist abgesagt.

An sich ist der Grund nicht unerfreulich. Die Staatsanwaltschaft soll Anklage erhoben haben. Das wäre zügig und zu begrüßen, auch wenn man darüber nachdenken kann, wieso mir nicht spätestens nach Abschluss der Ermittlungen die beantragte Akteneinsicht gewährt worden ist. Mit der Anklage ist aber jedenfalls nicht mehr der Ermittlungsrichter zuständig, sondern das mit der Sache betraute Gericht.

Dort erfahre ich nun, die Akte wurde gar nicht der Richterin vorgelegt, sondern an die Staatsanwaltschaft geschickt. Die Richterin hätte an sich schnellstmöglich einen Haftprüfungstermin machen müssen, denn der Antrag auf Haftprüfung ist ja nicht hinfällig geworden. Außerdem ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die Maximalfrist von zwei Wochen zwischen Antragstellung und mündlicher Verhandlung nicht mehr gilt, wenn die Zuständigkeit wechselt.

Wieso die Akte vor diesem Hintergrund erst mal zur Staatsanwaltschaft tingeln muss, ohne dass die Richterin sie überhaupt gesehen hat, ist mir schleierhaft. Zumal es ja auch die Möglichkeit gibt, Zweit- oder Drittakten anzulegen. Die zuständige Richterin ist momentan jedenfalls der Meinung, dass sie die Sache nicht kennt und deshalb nichts machen kann. Sie meint lakonisch, wir müssten eben warten, bis die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft zurückgesendet werden.

Da redet man mitunter gegen Watte. Ich habe deshalb meine Sicht der Dinge noch einmal in einem Fax festgehalten und unmissverständliche Anträge gestellt. Wenn sich jetzt immer noch nichts tut, muss ich wegen der Überschreitung der Zwei-Wochen-Frist wohl Beschwerde einlegen. Davor scheue ich mich momentan noch, weil dann die Akten garantiert ans Beschwerdegericht geschickt werden und man wieder meint, nichts machen zu können.

Typisch deutsche Bürokratie, könnte man schmunzeln. Kleines Problem ist allerdings, dass deswegen jemand möglicherweise länger hinter Gittern sitzt als nötig. Genau das wollte der Gesetzgeber mit seinen klaren Vorschriften vermeiden, die hier doch etwas über Maß hinaus unter die Räder kommen.

Oberflächliche intimere Kontakte

Manchmal lassen Richter ganz subtil Lebenserfahrung raushängen. So in einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf, wo es heißt:

Auf Vorschlag eines der Angeklagten kam man überein, zum Zeitvertreib „Flaschendrehen“ zu spielen. Im Verlaufe des Spiels – das nach seinem Charakter auf die Anbahnung jedenfalls oberflächlicher intimerer Kontakte angelegt ist – entledigten sich die Angeklagten jeweils auf Anweisung eines Mitspielers nach und nach ihrer Hosen und saßen schließlich in Unterhosen da.

Handy am Steuer: Motor muss aus sein

Eine verbotene Benutzung eines Mobiltelefons liegt nach einer aktuellen Entscheidung des 2. Senats für Bußgeldsachen des OLG Hamm nicht vor, wenn das Fahrzeug vor einer Rotlicht zeigenden Ampel steht und der Motor ausgeschaltet ist. Das Oberlandesgericht hat damit ein Urteil des Amtsgerichts Iserlohn, das den Fahrer noch zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 40,00 Euro verurteilt hatte, aufgehoben und den Fahrer freigesprochen.

Der Fahrer hatte sich mit dem Pkw einer Rotlicht zeigenden Ampel in Hemer genähert. Da die Ampel rot zeigte, schaltete er den Motor ab, nahm dann sein Mobiltelefon und telefonierte kurz mit einem Bekannten. Sodann beendete er das Telefongespräch. Anschließend schaltete die Ampel auf grün. Der Fahrer startete den Motor und fuhr weiter.

Nach Auffassung des OLG-Senats liegt kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung vor, wonach einem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt ist, wenn er hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält. Dieses Verbot gilt nämlich nicht, wenn das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Eine Auslegung der Vorschrift, dass dem Ausschalten des Motors eines vor einer Rotlicht zeigenden Ampel stehenden Kraftfahrzeugs keine Bedeutung beizumessen sei, stelle eine nicht zulässige Ausdehnung der Bußgeldbewehrung zu Lasten des Betroffenen dar.

Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.09.2007 – 2 Ss OWi 190/07

Laaaaaaaaaaaadung

Der Anwaltsverhinderer hat am 27. Februar 2008 Haftprüfungstermin anberaumt. Jedenfalls datiert von diesem Tag die Ladung, die heute (6. März), also schon acht Tage später, bei uns in der Post ist.

Der Haftprüfungstermin ist am Montag, 10. März 2008. Da kann ich ja von Glück reden, dass ich noch vor dem Termin vom Termin erfahre…

Ernsthaft: Normalerweise werden Ladungen in Haftsachen gefaxt. Immerhin ist ja auch bei Gericht bekannt, wie lahm die normale Post versendet wird. Oft ruft auch jemand an und gibt den Termin vorab durch. Sehr häufig ruft sogar jemand an und stimmt den Termin ab. Einen Anspruch darauf gibt es aber nicht, wie man sieht.

Ich hatte so einen Gang der Dinge schon geahnt und mich wohlweislich selbst erkundigt, wann die Haftprüfung sein wird. Die bemerkenswert langsame Schneckenpost wirft mich terminlich deshalb nicht aus der Bahn.

Ich habe am Montag reichlich Zeit, falls es was zu besprechen gibt. Aus meiner Sicht ist das der Fall.