Verstärkte Nutzung der Informationstechnik

Neue Besen kehren gut – die frisch gekürte Chefin der Staatsanwaltschaft will in der „sehr hoch belasteten“ und unter Personal-Not leidenden Behörde jetzt aufräumen. Petra Berger-Zehnpfund nahm gar das Wort „Neu-Organisation“ in den Mund. Dazu gehören die Überprüfung der bislang eher schleppenden Arbeitsabläufe und die gesteigerte Nutzung von Informationstechnik.

Die 52-Jährige will auch analysieren, woher die Überlastung kommt und alle 320 Mitarbeiter nach deren Problemen fragen. Der Personalrat der Behörde hatte kürzlich, wie berichtet, Land unter gemeldet und nach Hilfe gerufen.

Erste Hilfe soll ein Aufruf an Amts- und Staatsanwälte in anderen Bundesländern bringen, sich nach Düsseldorf zu bewerben. Auch die Schwerpunktabteilung „Wirtschaftskriminalität“ werde verstärkt. Berger-Zehnpfund will das Ergebnis ihrer Arbeit nach 100 Tagen vorstellen. Bis dahin gelte aber auch, so bemühte sie ein derzeit oft benutztes Motto der Politik, dass die Justiz ihren Beitrag zur Festigung des Landes-Haushaltes leisten müsse. (pbd)

Noch mehr Laufzeiten

Eine Richterin am Amtsgericht bittet darum, die uns zur Einsicht überlassene Akte direkt auf ihrer Geschäftsstelle abzugeben. „Wenn Sie die Akte mit der Post schicken oder am Eingang abgeben, habe ich die Akte unmöglich bis zum Verhandlungstermin.“

Zwischen dem zugesagten Rückgabetermin der Akte und dem Gerichtstermin liegen zehn Tage.

Überfällig

Gerade gucke ich auf die Uhr und stelle fest: Der 15-Uhr-Mandant ist überfällig. Hätte mich auch gewundert, wenn er kommt. Seit April letzten Jahres wollte er in einer Sache Raten zahlen; angekommen ist bis heute kein Cent. Ich schätze mal, schon nach der Diskussion dieses Themas hätten sich unsere Wege wieder getrennt.

Das erinnert mich an einen ähnlichen Fall. Eines Nachmittags saß Herr N. bei mir im Besprechungszimmer. Auch so einer, der viel zusagt, aber nichts hält. Er guckte mich an und stammelte: „Nein, mit Ihnen wollte ich doch gar nicht sprechen.“ Leider konnten wir im Haus den von ihm gesuchten Anwalt nicht finden…

Alle krank

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich den Staatsanwalt bei unserem Telefonat richtig verstanden habe. Er sagte ungefähr was in die Richtung, alle Männer, die im Internet surfen und Pornoseiten besuchen, sollen ruhig Angst vor Durchsuchungen haben. Porno sei die logische Vorstufe, am Ende stehe immer die Kinderpornografie. Die einen wie die anderen seien krank und sollten sich behandeln lassen. Je früher, desto besser.

Manche Äußerungen lässt man besser unkommentiert, zumal es zwar um eine Durchsuchung ging, das zentrale Problem aber andere Dinge betraf. Trotzdem wurmt es mich nachträglich, dass ich den Staatsanwalt nicht auf den bekannt hohen Krankenstand in seiner Behörde angesprochen habe.

Inzest bleibt strafbar

Die Strafvorschrift des § 173 Abs. 2 S. 2 StGB, die den Beischlaf zwischen leiblichen Geschwistern mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts.

Der Gesetzgeber hat seinen Entscheidungsspielraum nicht überschritten, indem er die Bewahrung der familiären Ordnung vor schädigenden Wirkungen des Inzests, den Schutz der in einer Inzestbeziehung „unterlegenen“ Partner sowie ergänzend die Vermeidung schwerwiegender genetisch bedingter Erkrankungen bei Abkömmlingen aus Inzestbeziehungen als ausreichend erachtet hat, das in der Gesellschaft verankerte Inzesttabu strafrechtlich zu sanktionieren.

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Er ist dann mal weg

Ein guter Bekannter von mir verlässt Deutschland in Richtung Asien. Er hat dort einen Job gekriegt. Für unwesentlich mehr Geld als für seine bisherige Tätigkeit in Deutschland. Aber von der Kaufkraft her mutiert er zum Mitglied der Oberschicht.

Früher wäre es keine Frage gewesen, dass man bei so einem Schritt erst mal ein Standbein in Deutschland behält. Aber nicht so bei ihm. Wohnung und Auto sind verkauft, Verträge gekündigt und die wenigen Dinge, die es sich mitzunehmen lohnt, auf dem Weg.

Bei einem, den der Gerichtsvollzieher sucht wird und der keine Freunde hat, wäre das alles nicht erwähnenswert. Aber der Bekannte ist eigentlich genau das Gegenteil. Ein etablierter Spießer eben.

So gut wie nach seinem Entschluss, sagt er zum Abschied, habe er sich seit Jahren nicht gefühlt.

StA Düsseldorf: Die Spitze ist erstmals weiblich

Über den Dächern der Staatsanwaltschaft Düsseldorf weht weißer Rauch; sie feiert, sie hat erstmals eine Frau an der Spitze: Seit gestern, 11 Uhr, leitet Petra Berger-Zehnpfund die Strafverfolgungsbehörde der Landeshauptstadt.

Die 52-jährige hat zunächst eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen, dann das Abitur am Abendgymnasium gemacht. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften war sie bei den Staatsanwaltschaften Essen und Bochum sowie in der Strafrechtsabteilung des nordrhein-westfälischen Justizministeriums tätig.

Nach dieser Erprobung wurde sie Oberstaatsanwältin, vor 6 Jahren dann Leitende Oberstaatsanwältin bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm. Vor knapp einem Jahr wurde sie zur Leitenden Ministerialrätin im Justizministerium ernannt, dort war sie als ständige Vertreterin des Leiters der Personalabteilung tätig.

Mit ihrer gestrigen Ernennung durch Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) nimmt Petra Berger-Zehnpfund den Platz von Gregor Steinforth ein – er wurde vor fünf Monaten zum Generalstaatsanwalt in Düsseldorf berufen. (pbd)

Ebenso schlau wie der Dirktor

In einer Justizverwaltungssache hatte das Amtsgericht meinen Antrag abgelehnt. In der Rechtsbehelfsbelehrung hieß es, ich könne nun gerichtliche Entscheidung beim Landgericht beantragen. Da ich nicht jeden Tag mit solchen Verfahren zu tun habe, vertraute ich darauf und wandte mich ans Landgericht.

Ein Fehler, denn eigentlich war das Oberlandesgericht zuständig. Der zuständige Senat beim Oberlandesgericht hat mir aber großzügig Wiedereinsetzung von Amts wegen gewährt, und zwar mit folgender Begründung:

… doch darf ein Rechtsanwalt auf die ausdrücklich erteilte Belehrung eines Gerichts vertrauen. Der Anwalt muss grundsätzliche umfassende Gesetzeskenntnisse haben, inbesondere das richtige Rechtsmittel gegen die ergangene Entscheidung kennen, er muss jedoch nicht klüger sein als die bundesweit für dieses Verfahren zuständige Justizbehörde und die erteilte Rechtsmittelbelehrung überprüfen.

Zum Glück hat das Oberlandesgericht nicht darauf abgestellt, dass mich der Bescheid des Amtsgerichts schon von seiner äußeren Form her hätte stutzig machen müssen, so dass sich eine eigenständige Überprüfung der Rechtsmittelbelehrung förmlich aufdrängte. Es handelte sich nämlich um dieses Schreiben.

Das ist nichts wert

Vorhin mit dem Sachbearbeiter einer Haftpflichtversicherung telefoniert. Grund war, dass es erst hieß, ein Kostenvoranschlag reiche aus. Jetzt soll plötzlich ein Gutachten erstellt werden. Natürlich will die Versicherung den Gutachter beauftragen.

Ich habe dem Herrn gesagt, in diesem Fall mache mein Mandant von seinem Recht Gebrauch, selbst ein Gutachten einzuholen. Mein Mandant werde also den Gutachter beauftragen. Worauf der Sachbearbeiter erwiderte:

Das ist nichts wert. Das wäre doch ein Parteigutachten.

Die Frage, ob das umgekehrt nicht eher der Fall ist, hab ich gar nicht gestellt. Keine Lust, auf so einem Niveau zu diskutieren.

Interne Laufzeiten

Die Staatsanwaltschaft Schwerin gibt immer zwei Daten auf ihren Schreiben an. Einmal den Tag, an dem das Schreiben gefertigt wurde. Daneben gibt es die Rubrik „abgesandt“. Hier wird offensichtlich der Tag eingestempelt, an dem der Brief zur Post ging.

Auf einem Brief, der heute einging, sieht das so aus:

Schwerin, den 09.02.2008

abgesandt: 11. März 2008

So kann man sich jedenfalls Irritationen beim Empfänger sparen. Und vielleicht auch tagtäglich dokumentieren, dass die internen Abläufe weit vom Idealzustand entfernt zu sein scheinen.

Dienstwege

Für meinen Mandanten begann der Abend nicht vielversprechend. Vor seiner Haustür stand vorhin die Polizei und nahm ihn fest. Aufgrund eines Haftbefehls vom 25. August 2007.

Den Haftbefehl gibt es wirklich. Nur das Amtsgericht hat ihn kurz nach Erlass außer Vollzug gesetzt. Seitdem ist mein Mandant auf freiem Fuß. Er muss sich regelmäßig bei der Polizei melden.

Pech, dass er keine Kopie des Beschlusses vorzeigen konnte, mit dem ihn der Ermittlungsrichter rausgelassen hat. Glück aber schon mal, dass der zuständige Polizeibeamte kein Betonkopf ist. Er wunderte sich, so sagte er mir am Telefon, selbst ein wenig, dass er diesen Haftbefehl heute bei Antritt der Nachtschicht einfach so auf seinem Schreibtisch fand. Ohne weiteres Anschreiben scheint das Papier auf die Wache gefaxt und dann in seinem Eingangskörbchen deponiert worden zu sein. Vermutet jedenfalls der Polizist.

Pflichtbewusst wie er ist, wertete er das als Auftrag. Wenigstens hatte er kein Problem damit, dass mein Mandant nach der Festnahme seinen Vater anruft. Der wiederum alarmierte mich. Ich war um kurz vor neun schon zu Hause, konnte aber meine Kollegin noch erreichen. Sie wohnt ein paar Schritte vom Büro entfernt, ging für mich rüber, kramte in der Akte und faxte unsere Kopie des Außervollzugsetzungsbeschlusses an die Polizei.

Wenige Minuten später durfte mein Mandant dann wieder gehen. Mit ein bisschen weniger Glück hätte er die Nacht auf dem Revier verbracht.

Ein kleines Schwarzes

Von der gedruckten Tageszeitung lese ich meist nur die Prospekte. So erfuhr ich gestern, dass bei Karstadt eins dieser Internetradios, mit denen ich schon länger geliebäugelt habe, für beeindruckend günstige 89 Euro zu kriegen war…

Das IPdio mini kommt mit einer außerordentlich schlanken Bedienungsanleitung. Und selbst die muss man nicht lesen. Gerät anschalten, WLAN suchen lassen, WPA-Code eingeben, schon dudelt das Gerät in bester Kofferradio-Manier los.

Man kann die unzähligen Stationen nach Genre oder Standort wählen. Oder sich mit der im Gerät gespeicherten Zugangsnummer auf Reciva.com anmelden und Favoritenlisten erstellen. Diese Listen aktualisiert das IPdio mini 1 x täglich. (Und, falls es mal schnell gehen soll, wenn es von der der Stromversorgung getrennt und wieder angeschlossen wird.)

Podcasts lassen sich ebenfalls abonnieren. So wie ich es verstanden habe, taugt das Radio sogar als Abspielgerät für andere im Netzwerk hängende Geräte, wie den PC oder das Notebook.

Insgesamt also ein Teil, bei dem ich mich wohl bald frage, wie ich jemals ohne ausgekommen bin.

Provider liefert falsche Daten ans BKA

Beim Bundeskriminalamt ging dieser Tage ein bemerkenswertes Schreiben ein. Ein großer Internetprovider zog mit dem Ausdruck des Bedauerns eine Auskunft zurück. In dieser Auskunft hatte der Provider dem Bundeskriminalamt mitgeteilt, welcher Kunde am 29. August 2007 mit einer bestimmten IP-Adresse im Netz unterwegs war.

Das Bundeskriminalamt hatte die Auskunft verlangt, weil bei „anlassunabhängiger Recherche“ die IP-Adresse in einer Tauschbörse aufgefallen war. Über den zugeordneten Rechner standen eine Menge Kinderpornos zum Download bereit.

Für den benannten Kunden hatte die Auskunft dramatische Folgen. Hausdurchsuchung, Beschlagnahme des Heim-PCs und des Firmennotebooks, Vernehmung und sicherlich auch einige nicht sehr lustige Gespräche im Familienkreis. Das volle Programm eben, mit all seinen mitunter katastrophalen Folgen.

Stutzig machte den Betroffenen und mich die merkwürdig formlose Auskunft an das Bundeskriminalamt. Das Anfragefax schickte der Provider einfach zurück. Darauf waren mit der Hand Name und Adresse des Kunden notiert sowie „Gruß (unleserliche Unterschrift)“, Firmenstempel. Das war’s.

Der Datenschutzbeauftragte des Providers legte unsere Nachfragen nicht einfach in die Ablage P, sondern kümmerte sich um die Sache. Und stellte Besorgniserregendes fest. In seiner Sprache: „Die Prozesse bei der Überprüfung von IP-Adressen liefen nicht optimal. Die operative Einheit hat sich vertan.“ Mit anderen Worten: Irgendwo beim Blick ins Firmennetz (es handelte sich um eine Echtzeit-Abfrage), der Dokumentation der Daten oder der Zuordnung zu den Kundenstammdaten ist geschlampt worden.

Immerhin konnte das nachträglich noch festgestellt werden und die Firma ist so ehrenhaft, ihre Fehler nicht unter den Teppich zu kehren. Deshalb die Richtigstellung ans Bundeskriminalamt und die prompte Reaktion der zuständigen Staatsanwaltschaft: Der Betroffene darf seine Rechner abholen; die Einstellung des Verfahrens dürfte nur noch Formsache sein.

Mir gegenüber hat der Provider angedeutet, dass die zuständigen Mitarbeiter ab sofort durch „Controller“ verstärkt werden, die alle Arbeitsschritte in der Abteilung überprüfen. Außerdem soll jeder Abfragepunkt durch Screenshots dokumentiert werden, was bislang nicht der Fall gewesen ist.

Angesichts der sich daraus ergebenden bisherigen Zustände kann man wohl nur spekulieren, wie viele Kunden der Firma schon zu Unrecht morgens von der Polizei aufgesucht wurden.

Streng bewacht

Um 11.35 Uhr ist das kleine Amtsgericht Mettmann ein Hochsicherheitstrakt. Jedenfalls gibt sich der Mitarbeiter am Eingang alle Mühe, diesem Anspruch gerecht zu werden. Besucher ohne Dienst- oder Anwaltsausweis müssen alle Taschen leeren und den Inhalt überprüfen lassen. Mobiltelefone sind auszuschalten und zwar dauerhaft, wird man belehrt.

Knappe 20 Minuten später, als ich aus meinem Termin komme und in anderen Sälen noch fleißig verhandelt wird, ist die Eingangskontrolle verwaist. Jeder, der will, kann rein und raus marschieren. So lange ich mit meinem Mandanten am Eingang stehe und mit ihm noch ein wenig plaudere, bleibt der Eingang unbewacht.

Ich stelle das nur mal fest. Als Steuerzahler und so.

Perfekt

„Ich würde schon sagen“, erklärt der Polizist als Zeuge vor dem Amtsgericht, „dass wir im Bereich der Lasermessung perfekt arbeiten. Zu 100 Prozent, wir machen keine Fehler.“

Ich weiß nicht, ob ich bei solchen Sprüchen als Richter andächtig nicken würde. Es gibt aber solche Richter, wie ich seit heute weiß.