Berechtigtes Interesse

Nach einem langem Rechtsstreit ist mein Mandant zum Alleinerben eines größeren Vermögens, darunter Immobilien, geworden. Während des Prozesses war ein Rechtsanwalt vom Gericht beauftragt worden, sich um das Erbe zu kümmern. Nun möchte mein Mandant, der inzwischen über einen Erbschein verfügt, die Gerichtsakten einsehen. Um festzustellen, was in den Jahren seit dem Tod der Erblasserin so alles passiert ist. Und was nicht.

Das Gericht fordert meinen Mandanten auf, sein „berechtigtes Interesse“ an der Akteneinsicht nach § 34 FGG darzulegen und glaubhaft zu machen. Nun kann man schon mal mit gutem Grund daran zweifeln, dass der Erbe in so einer Sache nur „jeder“ im Sinne des Gesetzes ist. Jedenfalls müsste sich einem Richter aber von sich aus erschließen, wieso der Erbe Einblick in diese Akten benötigt.

Jetzt ist mein Mandant natürlich doppelt begierig, die Unterlagen zu sehen. Wenn so bräsig abgeblockt wird, darf man als misstrauischer Mensch durchaus Unrat wittern.

Büroklammer

Ich hätte ja gerne Einspruch gegen den Bußgeldbscheid eingelegt, den mir der Mandant reingereicht hatte. Ging aber leider nicht, weil jemand vergessen hatte, vor dem Kopieren eine dicke Büroklammer vom Bußgeldbescheid abzumachen. Die Klammer verdeckte zwei Drittel des Aktenzeichens.

Meist sind es ja die kleinen Dinge, die einen mürbe machen…

LG Berlin legt dem DFB einen Maulkorb um

Der Journalist Jens Weinreich schlägt jetzt juristisch zurück. Er erwirkte beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen eine Presseerklärung des Deutschen Fußballbundes. Darin wird dem DFB und seinen Funktionären bescheinigt, dass sie sich nicht wahrheitsgemäß und zudem unvollständig zu Weinreichs Streit mit dem Verbandspräsidenten Theo Zwanziger geäußert haben.

Näheres, auch zur Vorgeschichte, hier.

DNA-Relevanzprüfung

Eine „DNA-Relevanzprüfung“ ist selbst Google bislang unbekannt. Deshalb nehme ich an, dass es eine ganz neue Einrichtigung der Polizei in Niedersachsen ist, nach Abschluss der Ermittlungen routinemäßig ins DNA-Register zu schauen und das in einem Formblatt festzuhalten.

In der „Abverfügung“, mit der die Akten an die Staatsanwaltschaft übersandt werden, findet sich nun der Hinweis auf eine durchgeführte „DNA-Relevanzprüfung“. Es folgen Vorname und Name des Beschuldigten sowie sein Geburtsdstum. Rechts gibt’s ein grau unterlegtes Feld. Darin steht in meinem Fall: „keine DNA-Relevanz“.

Im Verfahren selbst geht es übrigens um eine angebliche Beleidigung in Form des herabsetzenden Duzens. Es gibt keinerlei Zweifel, wer die beteiligten Personen sind.

Zweifel gibt es allerdings, was die Abfrage in einem solchen Fall überhaupt soll.

Nachtrag: Ich habe bei der Polizei nachgefragt. Das Formular hat eine andere Bedeutung. Der Vermerk soll dokumentieren, dass sich der Polizeibeamte Gedanken darüber gemacht hat, ob er eine DNA-Probe anordnen muss. „Keine DNA-Relevanz“ bedeutet demnach, dass die Voraussetzungen für eine DNA-Probe verneint werden.

Der vorschnelle Staatsanwalt

Um 0.15 Uhr rief die Polizei beim Bereitschaftsstaatsanwalt an. Sie unterrichtete ihn über eine Festnahme und wollte die Erlaubnis, die Wohnung des Beschuldigten zu durchsuchen. Der Staatsanwalt rief bei der diensthabenden Eilrichterin an. Aber ihr Handy „war ausgeschaltet“, so hielt es der Staatsanwalt schriftlich fest. Er ordnete die Durchsuchung selbst an, wgen „Gefahr im Verzuge“.

Ich habe beantragt festzustellen, dass die Durchsuchung rechtswidrig war. Neben anderen (guten) Gründen führe ich ins Feld, dass der Staatsanwalt voreilig gehandelt hat. Wenn die Richterin Eildienst hatte, gab es sicher einen Grund, warum ihr Handy ausgeschaltet war. Womöglich war es gar nicht ausgeschaltet, sondern im Augenblick des Anrufs nur nicht erreichbar. Vielleicht ist die Richterin bloß durch einen Tunnel oder ein Funkloch gefahren.

Jedenfalls spricht vieles dafür, dass eine Eilrichterin während ihres Dienstes nur vorübergehend nicht erreichbar ist; sie wird ja nicht schwänzen. Deshalb hätte es der Staatsanwalt nach einigen Minuten noch einmal probieren müssen. Wie oft es der Staatsanwalt noch hätte probieren müssen, lasse ich offen. Ein einziger Versuch ist jedenfalls zu wenig – wenn man den Richtervorbehalt ernst nimmt.

Mal sehen, was die Gerichte dazu sagen.

Entrichtung

Ich kriege Post von einer Staatsanwaltschaft, offenbar ein vom Staatsanwalt selbst gefertigtes Formular. Angekreuzt ist unter anderem folgender Satz:

Auf die Entrichtung der Auslagenpauschale von 12,00 EURO (Nr. 9003 KV GKG) wird hingewiesen.

Ich nehme nicht an, dass er das Geld für mich bezahlt hat. Deshalb Kompliment für die verschwurbeltste Zahlungsaufforderung bislang.

Wer sich über Konsumschecks freut

Die Regierung erwägt laut RP-Online, jedem Bürger einen Konsumscheck über 400 Euro zu spendieren. Damit soll die Wirtschaft angekurbelt werden.

Die Politiker wissen natürlich, wie der Deutsche in der Krise veranlagt ist. Damit das Geld nicht einfach auf dem Sparkonto geparkt wird, soll ein Umtausch in Bargeld nicht zulässig sein und der Scheck eine Ablauffrist haben. Wenn man zur Überwachung dieser Spielregeln nicht gleich ein Bundesamt für die Konsumscheckkontrolle mit zig Außenstellen installieren und das Strafrecht entsprechend anpassen will, würde das aber wohl bedeuten, dass man auf einen Schlag für mindestens 400 Euro einkaufen muss.

Da werden sich die Hersteller von Flachbildfernsehern in Fernost aber freuen.

Revolver unterm Kopfkissen

Einem Waffenbesitzer, der nachts eine geladene Schusswaffe unter seinem Kopfkissen aufbewahrt, ist der Waffenschein zu entziehen. Dies hat das Verwaltungsgericht Braunschweig entschieden.

Der 56 Jahre alte Kläger, der mit seiner Ehefrau im Harz ein Reihenhaus bewohnt, war im Besitz von Waffenscheinen für mehrere Waffen. Darunter befand sich ein Gasrevolver, der so umfunktioniert war, dass mit ihm scharfe Munition verschossen werden konnte. Bei einer Hausdurchsuchung zeigte der Kläger der Polizei den geladenen Revolver, der im Schlafzimmer unter einem Kopfkissen lag.

Dazu gab er an, in der Vergangenheit seien fremde Personen auf seinem Grundstück herumgeschlichen. Deshalb bewahre er die Waffe nachts, wenn er schlafe, zur Selbstverteidigung unter seinem Kopfkissen auf. Daraufhin widerrief der Landkreis Goslar die dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarten (Waffenscheine) und untersagte ihm den Erwerb sowie den Besitz von Waffen und Munition.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Kläger besitze nicht die für einen Waffenschein erforderliche Zuverlässigkeit, weil er mit dem Revolver nicht sachgerecht umgegangen sei und ihn nicht sorgfältig verwahrt habe. Dafür bestünden strenge Anforderungen, die der Kläger nicht erfüllt habe.

Während er schlief, habe er keine unmittelbare Kontrolle über die Waffe gehabt. Einen Zugriff anderer Personen habe er nicht sicher verhindern können. Insbesondere sei der Revolver seiner Ehefrau nachts zugänglich gewesen.

Außerdem sei der Kläger als unzuverlässig anzusehen, weil die Besorgnis bestehe, dass er den Revolver missbräuchlich verwenden werde. Grundsätzlich dürfe ein Waffenbesitzer seine Waffe zwar in den gesetzlich geregelten Notwehrfällen, also zur Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs, einsetzen. Dass in der Vergangenheit unbekannte Personen auf seinem Grundstück gewesen seien, begründe aber noch keine gegenwärtige Notwehrsituation. Jeder Waffenbesitzer sei in dieser Situation dazu verpflichtet, zunächst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor er eine Waffe bereithalte. So könne der Kläger z. B. die Polizei informieren und sie um verstärkte nächtliche Kontrollen bitten.

(Urteil vom 23.10.2008, Aktenzeichen: 5 A 46/08)

Keine flüssigen Mittel

Sehr geehrte Frau Staatsanwältin,
sehr geehrter Herr Staatsanwalt,

hiermit erstatte ich in eigenem Namen Strafanzeige gegen Herrn

B. I.
B.straße …
51… Köln

wegen Betruges und aller ansonsten infrage kommenden Delikte.

Herr I. beauftragte mich am 8. … 2008, ihn in einer Verkehrsstrafsache zu vertreten. Anlass war eine Vorladung als Beschuldigter, die Herr I. vom Polizeipräsidium Köln mit Schreiben vom 29. … 2008 erhalten hatte. Herr I. erteilte mir eine schriftliche Vollmacht. Ich meldete mich mit Schreiben vom 8. … 2008 und erhielt in der zugrunde liegenden Sache Akteneinsicht.

Es handelt sich um das Ermittlungsverfahren … Js …. /08 der Staatsanwaltschaft Köln; ich beantrage gegebenenfalls die Beiziehung der Akte.

Mit Herrn I. hatte ich bei der Besprechung vereinbart, dass dieser einen Kostenvorschuss von 200,00 € zahlt. Die Gebühren sollten ansonsten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abgerechnet werden.

Am 23. … 2008 lag mir dann die Ermittlungsakte vor. Ich erinnerte Herrn I. nochmals daran, den Kostenvorschuss zu überweisen oder bar einzuzahlen. Hierzu setzte ich eine Frist zum 7. Mai 2008 und kündigte Herrn I. an, dass ich für den Fall der Nichtzahlung nicht weiter für ihn tätig sein werde.

Eine Zahlung erfolgte nicht.

Ich war dann gezwungen, unser Honorar gemäß Rechnung vom 2. … 2008 über 408,87 € gerichtlich einzuklagen.

Herr I. legte gegen den Mahnbescheid und gegen den Vollstreckungsbescheid keine Rechtsmittel ein, sodass ein Vollstreckungsbescheid rechtskräftig wurde (Amtsgericht Hagen 08-…).

Im Rahmen der Zwangsvollstreckung stellte sich dann heraus, dass Herr I. bereits am 3. … 2006 die eidesstattliche Versicherung vor dem Amtsgericht Köln abgegeben hat (… M …/06). Aus dem Vermögensverzeichnis ergibt sich, dass Herr I. weder Bargeld noch sonstige Vermögenswerte besitzt. Er hat auch kein Arbeitseinkommen. Sein Guthabenkonto weist kein Guthaben auf. Außerdem lagen Kontopfändungen vor.

Indem Herr I. mir die Zahlung des Kostenvorschusses von 200,00 € sowie der Anwaltsgebühren für meine Tätigkeit zusagte, hat er eine nicht vorhandene Zahlungsfähigkeit vorgespiegelt. Hätte mir Herr I. mitgeteilt, dass er die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und keine flüssigen Mittel besitzt, wäre ich nicht für ihn tätig geworden.

Unserer Anwaltskanzlei ist also ein Vermögensschaden entstanden. Dieser Vermögensschaden besteht nicht nur in den entstandenen, aber nicht realisierbaren Anwaltsgebühren. Wir mussten vielmehr auch als Antragsteller für die Akteneinsicht eine Aktenversendungspauschale von 12,00 € an die Kölner Gerichtskasse überweisen. Auch mit diesen Auslagen fallen wir offensichtlich aus. Im Innenverhältnis ist Herr I. verpflichtet, die Auslagen zu erstatten.

Ich bitte um eine Nachricht über den Ausgang des Verfahrens.

Folgende Unterlagen sind als Anlagen beigefügt:

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

Das wird knapp

Ich kann das ja verstehen, dass man vor einer Ladung zum Strafantritt gerne die Augen verschließt. Aber die Unterlagen, mit denen um eine Fristverlängerung nachgesucht werden kann, erst eine knappe Woche vor Ultimo einzureichen, ist schon sehr riskant.

Mich veranlasst das jedenfalls zu dem glasklaren Hinweis, dass der (natürlich sofort rausgeschickte) Antrag keine aufschiebende Wirkung hat. Sofern die für die Vollstreckung zuständige Staatsanwaltschaft bis zum letzten Tag nicht entschieden hat, muss die Strafe angetreten werden.

Sonst stehen in absehbarer Zeit die Herren in Grün vor der Tür. Die Chance auf offenen Vollzug hätte sich damit erfahrungsgemäß auch erledigt.