Nicht verwerfen

Heute mal wieder eine Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht. Alle waren erschienen. Nur der Angeklagte nicht. Er hatte sich heute morgen krank gemeldet, ein Attest sollte zum Gericht gebracht werden. Als der Vorsitzende die Sache aufrief, konnte ich einige Details zur Erkrankung berichten, die mir telefonisch zugerufen worden waren.

Aber belegen konnte ich nichts.

Der Staatsanwalt gab sich milde:

Wenn der Verteidiger das hier alles so nachvollziehbar schildert, werde ich keine Verwerfung der Berufung beantragen. Ich rege einen neuen Termin an.

So kam es dann auch.

Verzögern und Verhindern

In dieser Geschichte hatte ich schon vermutet, dass alle Register gezogen werden. Was ich beim Schreiben des Beitrags noch nicht wusste: Die Gegenseite hatte schriftlich beim Gericht beantragt, den Termin zu verlegen. Die Umladung kam Samstag bei uns an. Als ich am Montag gerade meine Jacke anzog, sagte mir meine Sekretärin Bescheid. Ich konnte mir die Fahrt hinter den Hauptbahnhof, dort ist das Düsseldorfer Arbeitsgericht, sparen.

Im nächsten Schreiben der Anwälte hieß es, ihr Mandant habe die Klageforderung soeben überwiesen. Außerdem würden sie jetzt das Mandat niederlegen. Wahrscheinlich wurde ihre Kostennote genauso zuverlässig bedient wie die Gehaltsabrechnung meines Mandanten.

Dementsprechend wenig gab ich auf die Behauptung, das Geld sei gezahlt. Heute, eine Woche nach dem ursprünglichen Termin, habe ich das Versäumnisurteil beim Arbeitsgericht erhalten.

Mal sehen, wie sich der Wechsel vollzieht. Wer im Verzögern leidlich gut ist, dürfte auch im Verhindern Routine haben.

Wer die Wette verliert, muss töten

In der Affäre um Misshandlungen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Gelsenkirchen schildert erstmals der Anwalt des Opfers H. Einzelheiten der brutalen Tat. Die beiden beschuldigten Häftlinge spielten im März vorigen Jahres Schnick-Schnack-Schnuck. Sie wetteten um das Leben des dritten Häftlings namens H. …

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„Präzisionsschleudern“

Weil er sich in Amerika eine Zwille kaufte, stand ein Düsseldorfer jetzt vor dem Amtsrichter. Er soll gegen das Waffengesetz verstoßen haben, berichtet die Rheinische Post.

Zwillen fallen nicht grundsätzlich unter das Waffengesetz. Verboten sind nur

Schleudern, die zur Erreichung einer höchstmöglichen Bewegungsenergie eine Armstütze oder eine vergleichbare Vorrichtung besitzen oder für eine solche Vorrichtung eingerichtet sind (Präzisionsschleudern) sowie Armstützen und vergleichbare Vorrichtungen für die vorbezeichneten Gegenstände.

Es kommt also darauf an, ob die Zwille für eine Armstütze oder eine vergleichbare Vorrichtung vorbereitet ist. Ob die Armstütze tatsächlich angebracht ist, spielt keine Rolle.

Nichts fürs Reisegepäck

Wer einen außergewöhnlichen Kalender sucht, wird beim U.S. National Counterterrorism Center fündig. Dort steht der offizielle Counterterrorism Kalender für 2009 zum Download bereit. Die Datei ist zwar 70 MB groß, dafür bekommt man aber nicht nur einen gregorianischen, sondern auch einen islamischen Kalender.

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Außerdem gibt es ausführliche Informationen zu gesuchten Terroristen, zum Umgang mit Anthrax, Ricin, Sarin, Plastiksprengstoff und sonstigen Kampfstoffen. Hervorgehoben sind außerdem Daten, die Anlass für Anschläge im “commemoration-style” sein könnten.

Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob man den Kalender unbedingt im Reisegepäck oder auf dem Notebook haben sollte. Zwar lässt sich ja alles klären, aber der eine oder andere Anschlussflug dürfte weg sein und mancher Einreisestempel eher widerwillig gewährt werden.

(Quelle des Links)

Wem ich eine Vorstrafe wünsche

Für das Aufmacherfoto, das Ex-Terrorist Christian Klar zeigt, wie er durch Berlin „spaziert“, wird die Bild-Zeitung Geld bezahlen müssen. Viel Geld. Geldsorgen dürfte Klar somit erst mal nicht haben. So trägt der Springer Verlag zur Resozialisierung bei.

Ansonsten wäre dieser kaltschnäuzige Rechtsverstoß ein guter Anlass, dem Bild-Chefredakteur und seinen Kampagneros eine Vorstrafe reinzudrücken. Die unerlaubte Veröffentlichung von Porträts ist nämlich auch strafbar (§§ 22, 23, 33 Kunsturheberrechtsgesetz).

Nachtrag: Klar erwirkt einstweilige Verfügung

Oft eingeladen

Da ich mich nicht zweiteilen kann, muss ich ab und zu darum bitten, einen Hauptverhandlungstermin zu verlegen. Heute habe ich erstmals den Fall, dass weder ich noch mein Mandant können. Wir müssen an dem Tag, an dem das Gericht verhandeln möchte, schon an einem anderen Gericht mit einer anderen Anklage gegen ihn kämpfen.

Im Verlegungsantrag werde ich aber – wie üblich – keine Namen nennen und nur erwähnen, dass ich an dem Tag bereits wegen einer „anderen Strafsache“ verhindert bin. Ich hoffe nur, dass der Richter keine „Glaubhaftmachung“ verlangt.

Erledigung gefunden

Brief von einer Bank:

Die Pfändung wurde seit längerer Zeit mit kleineren Beträgen bedient. Wir fragen an, ob die Pfändung zwischenzeitlich ihre Erledigung gefunden hat. Sollte dies nicht der Fall sein, bitten wir um eine aktuelle Forderungsaufstellung.

Eigentlich ist unschwer zu erkennen, dass die „kleineren Beträge“ gerade mal die Zinsen abdecken. Die Hauptforderung wird nur minimal getilgt. Ursprüngliche Forderung am 1. November 2002: 6.253,56 Euro. Forderung heute: 5.387,90 Euro.

Das müsste eigentlich auch der Computer der Bank berechnen können…

Ausweiskopien können strafbar sein

Wer vorsorglich nur Kopien seiner Papiere mitnimmt, lebt möglicherweise gefährlich. Jedenfalls wenn er an dienstbeflissene Polizisten gerät. Die zeigten letztes Jahr eine 54-Jährige in Krefeld an. Die Frau hatte Farbkopien ihres Führerscheins, Fahrzeugscheins und Personausweises gemacht und diese in Plastik einschweißen lassen.

Urkundenfälschung, meinten Polizisten bei einer Verkehrskontrolle. Eine Ansicht, die auch der zuständige Amtsrichter in Krefeld teilte. Er verstand es mit plumper Prozesstaktik, die ehemalige Museumspädagogin zur Aufgabe zu bewegen. Sie hat letztlich einen Strafbefehl akzeptiert.

Man soll sich gemeinhein nicht zu viele Hoffnungen auf die nächsten Instanzen machen. Aber in diesem Fall hätte es schon reichlich dumm laufen müssen, wenn nicht in der zweiten Halbzeit (Landgericht) oder in der Nachspielzeit (Revision vor dem Oberlandesgericht) ein Freispruch, zumindest aber eine Einstellung wegen geringer Schuld drin gewesen wäre. Zu unklar die Rechtslage, zu fragwürdig der erforderliche Vorsatz der Angeklagten („Ich habe immer sofort gesagt, dass es Kopien sind, und warum ich sie habe“).

Prozessbericht in der Rheinischen Post.