Hexenjagd 2009

Der Landrat des Kreises Heinsberg warnt die Bevölkerung vor einem Sexualstraftäter. Er nennt öffentlich den Vornamen des Mannes, den ersten Buchstaben des Nachnamens und den Heinsberger Ortsteil, in den der Betreffende gezogen ist.

Wie die Rheinische Post berichtet, handelt es sich um einen 57-Jährigen, der eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung verbüßt hat und aus dem Gefängnis entlassen worden ist. Das Landgericht München soll eine Sicherungsverwahrung abgelehnt haben.

Zur Rechtfertigung seiner „Warnung“ beruft sich der Landrat darauf, er verspüre „Unbehagen“ über die Entscheidung des Gerichts. Er teile dieses Gefühl mit dem bayerischen Innenminister.

Es gibt auch eine Pressemeldung der Polizei.

Nachtrag: SZ-Interview mit einem beteiligten Richter

Gewisse Freiräume beim mobilen Internet

Vorhin habe ich mit einem Journalisten über Telekommunikationsüberwachung gesprochen. Dabei stellte er auch die Frage, was für Daten bei Mobilfunkfirmen abgefordert werden. Normal sind:

– Sprachkommunikation.

– SMS-Nachrichten.

– Geodaten.

Bislang habe ich noch keinen Beschluss gesehen, der auch die Überwachung des mobilen Internetverkehrs anordnet. Aber das Internet für unterwegs nimmt ja gerade erst seinen großen Aufschwung. Mit etwas zeitlicher Verzögerung dürfte es auch ins Blickfeld der Ermittlungsbehörden geraten.

Erst mal ohne Wahlcomputer

Der Bürger muss seine Wahl und die Abstimmung insgesamt nachvollziehen und überprüfen können. Die bisher zum Beispiel bei Bundestagswahlen verwendeten Wahlcomputer genügen diesen Anforderungen nicht. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Verwendung von Wahlcomputern für grundgesetzwidrig erklärt.

Pressemitteilung des Gerichts

Dänische Sperrliste mobilisiert Polizei

Die dänische Sperrliste gegen Kinderpornografie ist ein Thema in der Diskussion um Ursula von der Leyens Pläne zum Einstieg in die Internetzensur. Kritiker weisen darauf hin, dass die Liste ein Negativbeispiel ist. Sie enthält laut Medienberichten auch zahlreiche Internetseiten, die keine strafbaren Inhalte haben.

Die Sperrliste ist mittlerweile auch auf Wikileaks aufgetaucht. Für die deutschen Ermittlungsbehörden ein willkommener Anlass, Ermittlungsverfahren einzuleiten und Hausdurchsuchungen vorzunehmen. Und zwar gegen deutsche Seitenbetreiber, die sich lediglich an der Diskussion über Internetsperren beteiligen und hierbei direkt oder indirekt auch auf die Sperrliste verlinken.

Vor einigen Tagen wurde bei jemandem durchsucht, der auf seiner Internetseite auf ein Weblog verlinkt hatte, das wiederum einen Link zur Sperrliste auf Wikileaks gebracht hatte. Gegen den Betreiber des Weblogs selbst wird mittlerweile auch wegen der „Verbreitung von Kinderpornografie“ ermittelt. Er ist zu einer Vernehmung vorgeladen worden.

Die Begründung im Durchsuchungsbeschluss gegen den Weblog-Verlinker ist bemerkenswert: Aus dem Umstand, dass der Betreffende auf das Weblog verweist, in dem die Sperrliste auf Wikileaks verlinkt wird, wird der Schluss gezogen, er habe auch auf der Sperrliste verzeichnete Seiten angesurft, so dass sich Kinderpornos zumindest im Zwischenspeicher seines Computers befinden dürften.

Mal wieder ein Beispiel dafür, dass man sich als Ermittlungsrichter auch ohne tatsächliche Anhaltspunkte – wie vom Gesetz gefordert – einen Anfangsverdacht basteln kann. Hauptsache, man verfügt über eine blühende Fantasie und ausreichende Betriebsblindheit für die Grundrechte der Betroffenen.

Hintergründe im betroffenen Weblog.

Vorneweg

Aus einer Mail:

Gleich mal vorneweg: Falls Sie zur Beantwortung der folgenden Frage einen Vorschuss sehen möchten, so teilen Sie mir bitte Ihre Vorstellung und eine Bankverbindung mit.

Klartext, aber angenehmer.

Verkehrszeichen nicht eindeutig

Weil er sein Motorrad in einem abgesperrten Bereich geparkt hatte, sollte ein Motorradfahrer in Karlsruhe 15 Euro blechen. Der Mann wandte aber ein, dass es an der fraglichen Stelle, einem Seeufer bei Karlsruhe, kein Halte- oder Parkverbot für Motorräder gibt. Außerdem habe er sein Motorrad geschoben.

Die Behörde berief sich auf dieses Verkehrszeichen:

090228a

Dem Schild konnte das Oberlandesgericht Karlsruhe aber weder ein Schieb- noch ein Parkverbot entnehmen. Das Zeichen diene nur dazu, Kraftfahrzeuge am Ein- und Rumfahren im Gültigkeitsbereich des Schildes zu hindern. Eine andere Nutzung des Areals sei aber nicht untersagt. Jedenfalls sei es für einen normalen Verkehrsteilnehmer nicht zu erkennen, dass er sein Motorrad nicht mal schieben dürfe.

Vom angeblichen Parkverbot durch das Schild hielt das Gericht ebenfalls nichts. Parkverbote würden durch andere Schilder angeordnet.

(Pressemitteilung des Gerichts / Bild aus Wikimedia Commons)

Trampolin: Richter machen Selbstversuch

Um ein gerechtes Urteil zu finden, sind Zivilrichter des Oberlandesgerichts Köln (OLG) auf Trampoline geklettert – und hatten nach einigen Sprüngen erhebliche Schwierigkeiten, auf ihrem Gesäß zu landen. Unter diesem Eindruck sprachen sie einem 41-jährigen Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche von vorläufig 1 Millionen Euro zu, der sich im Oktober 2004 auf einem der Sportgeräte unter den Augen seiner Tochter das Genick gebrochen hatte und seitdem querschnittsgelähmnt ist.

Der ungeübte Familienvater hatte nach ein paar Aufwärmversuchen einen Salto versucht, der mißlang. Er klagte gegen den Betreiber der Spielsporthalle, die sich auf ausgehängte „Wichtige Hinweise“ berief. Danach durfte die Sprunganlage von Kindern ab 4 Jahren und Erwachsenen benutzt werden, wenn die sich vor Saltosprüngen mit dem Gerät vertraut gemacht hatten machen und auch darauf achteteten, die Beine möglichst gestreckt zu halten, um einen Rückschlag beim Aufprall zu vermeiden.

Im ersten Prozess vor dem Landgericht Köln versicherte der Betreiber außerdem, die Trampolinanlage entspreche allen DIN-Vorschriften und sei auch vom TÜV abgenommen worden. Daraufhin rechnete das Landgericht dem 41-jährigen eine 50-prozentige Mitschuld an. Die reduzierte der 20. Zivilsenat des OLG jetzt nach seiner Sprungerfahrung auf 30 Prozent (AZ: 20 U 175/06). Der Mann habe das Trampolin als ein Spielgerät angesehen und grundsätzlich auf dessen Ungefährlichkeit vertraut. (pbd)

Analphabet kann nicht Deutscher werden

Ein Ausländer, der weder lesen noch schreiben kann, kann mangels Kenntnis der deutschen Schriftsprache nicht eingebürgert werden. Das hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) entschieden.

Der 1970 geborene Kläger – ein türkischer Staatsangehöriger – lebt seit 1989 in Deutschland. Er hat nach eigenen Angaben nie die Schule besucht und kann weder lesen noch schreiben. Seit 1993 ist er als Asylberechtigter anerkannt und im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Seinen Antrag auf Einbürgerung lehnten die Stadt Pforzheim und das Regierungspräsidium Karlsruhe ab, weil er nicht die sprachlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfülle. Seine dagegen gerichtete Klage wurde nun in der Berufungsinstanz abgewiesen.

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Nichts für Kinder

Die Kindersicherung der Firma F-Secure hält nicht viel vom law blog. Sie sperrt ihn wegen „Erotik“.

Wo, frage ich mich nur.

090226b

(Danke an Gunther Schenk für den Hinweis)

Nachtschwärmer sind keine Foto-Objekte

In Diskotheken und Clubs wird ja gerne fotografiert. So mancher Gast findet sich dann auch schnell auf diversen Internetseiten wieder. Bei vielen bedient das die Eitelkeit, manche sind weniger erfreut.

Etwa der Besucher einer Münchner Diskothek, der sich nach der „Popparty“ plötzlich an prominenter Stelle auf einer Nachtschwärmer-Seite im Internet fand. Er hatte der Veröffentlichung seiner Bilder nicht zugestimmt.

Das Amtsgericht Ingolstadt untersagte dem Seitenbetreiber jetzt per einstweiliger Verfügung, die Bilder zu veröffentlichen.

Ein lesenswertes Urteil.