Alle Jahre wieder: Anwaltskalender zu gewinnen

Die Tage werden kürzer, Weihnachten rückt näher. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass es im law blog mal wieder was zu gewinnen gibt. Wir bleiben der Tradition treu: Auch dieses Jahr verlose ich unter allen Leseren den Anwaltskalender des Düsseldorfer Karikaturisten wulkan.

Praktischerweie handelt es sich um den Kalender für das Jahr 2021. Die Teilnahme erweist sich somit als zukunftssicher. Der Anwaltskalender enthält wie immer zwölf Motive aus dem Juristenalltag. Insgesamt gibt es 20 Kalender zu gewinnen. Zehn bezahlt das law blog, die anderen wirft der Karikaturist in den Ring. Letztes Jahr nahmen an der Verlosung knapp 1.200 Leser teil; die Gewinnchance steht demnach nicht allzu schlecht.

Es ist denkbar einfach, einen Kalender zu gewinnen. Bitte schickt eine Mail mit euren Kontaktdaten (Postanschrift für den Versand) an folgende Adresse:

anwaltskalender@web.de

Ihr könnt statt der Mail auch gerne mit einem Kommentar unter diesem Beitrag teilnehmen. Dann müsst ihr aber eure E-Mail-Adresse auf jeden Fall im Textfeld angeben, so dass diese von jedermann gelesen werden kann. Die Angabe im Absenderfeld des Kommentarformulars reicht leider nicht, weil das Kommentarsystem die Absender aus Datenschutzgründen auch für mich nicht vollständig auswirft.

Die Gewinner werden ausschließlich über die angegebene E-Mail-Adresse informiert. Sie erhalten den Kalender rechtzeitig vor Weihnachten ins Haus. Möglich ist auch der Versand an eine andere Adresse, zum Beispiel als Geschenk.

Wichtig: Wer sich nicht auf sein Glück verlassen oder gar mehrere Kalender haben möchte, kann diese auch kaufen. Es gibt den Kalender nur im Direktvertrieb bei wulkan. E-Mail: wulkan@arcor.de. Telefon: 0172 200 35 70. Der Kalender kostet 20,95 Euro zuzüglich 5,80 Euro Versandpauschale. Der Kalender ist auf hochwertigem Papier gedruckt und mit einer Spiralbindung versehen.

Oder um es kurz zu sagen: Der Anwaltskalender 2021 ist das ideale Weihnachtsgeschenk für jeden, der mit Paragrafen zu tun hat.

Hier noch mal die Adressse für die Teilnahme: anwaltskalender@web.de Die Verlosung geht bis zum 24. November. Allen Teilnehmern viel Glück.

(Hinweis: Alle Daten werden nur für die Verlosung genutzt. Sie gehen nicht an Dritte und werden nach Versand der Kalender gelöscht.)

Tragisches Ende einer Ehe

Wenn in den letzten Jahren Menschen in sehr fortgeschrittenem Alter öffentlichkeitswirksam angeklagt wurden, ging es meist darum, dass ihnen Taten im Rahmen des Holocaust vorgeworfen wurden. Momentan steht aber ein 92-Jähriger vor Gericht, weil er seine demente Ehefrau umgebracht haben soll.

Laut Spiegel hat der Angeklagte die Tötung zugegeben. Als Grund gab er über seinen Verteidiger an, er habe seine Ehefrau jahrelang gepflegt, es aber nicht mehr geschafft. Eine Heimunterbringung habe im Raum gestanden.

Der Angeklagte sagte, die Eheleute hätten beide in der Vergangenheit vereinbart, dass sie gemeinsam sterben wollten. Sie seien 70 Jahre glücklich verheiratet gewesen. Nach der Tat wollte der Angeklagte auch sich selbst töten; dies scheiterte jedoch.

Die Staatsanwaltschaft geht von einer verminderten Schuldfähigkeit wegen einer Depression aus. Verantworten muss sich der Angeklagte deshalb (nur) wegen Totschlags. Hintergrund dürfte sein, dass eine heimtückische Tötung nach ständiger Rechtsprechung auch in feindlicher Willensrichtung geschehen muss. Dieses Merkmal kann bei sogenannten Mitnahme-Suiziden der Tötungen aus Mitleid auch verneint werden, je nach konkreter Situation.

Eine Tötung auf Verlangen nach § 216 StGB kommt wahrscheinlich nicht in Betracht, weil die Ehefrau sich nicht dahingehend geäußert hat und dies vermutlich auch nicht mehr konnte.

Autor: RA Dr. André Bohn

Drei Scheiben, mehr als zwei Jahre Haft

Als Reaktion auf die Krawallen in Stuttgart vor einigen Monaten ist ein 18-Jähriger wegen besonders schweren Landfriedensbruchs zu einer Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Ab zwei Jahren Freiheitsstrafe ist eine Bewährung nicht möglich.

Der Angeklagte gestand, die Heckscheibe und zwei Seitenscheiben eines Polizeiautos zerstört zu haben. Mir drängt sich – ausgehend von den Presseberichten – der Eindruck auf, dass insbesondere aus generalpräventiven Gründen, also um potenzielle andere Täter abzuschrecken und das Vertrauen der Gesellschaft in die Geltung von Verboten zu stärken, eine so hohe Strafe verhängt wurde.

Dies ist rechtlich zulässig, aber nur innerhalb gewisser Grenzen. Wird der Spielraum schuldangemessenen Strafens verlassen, so ist dies nicht zulässig. Im Mittelpunkt muss jedenfalls immer die konkrete Tat stehen. In der juristischen Literatur wird die Berücksichtigung der Generalprävention im Rahmen des Strafens unter anderem deshalb kritisiert, weil die Verurteilten zu einem reinen Objekt staatliches Handelns gemacht würden und dies gegen die Menschenwürde verstoße.

Autor: RA Dr. André Bohn

Wenn die Polizei mal deeskaliert …

Nach der aus dem Ruder gelaufenen Demonstration der Querdenker am Wochenende in Leipzig hagelt es Kritik an dem Gericht, das die Veranstaltung in der Innenstadt erlaubt hat. Aber es hagelt auch harte Worte gegen Innenminister Roland Wöller (CDU) und an der Polizei. Siehe zum Beispiel hier.

Gegen sachliche Bedenken ist nichts einzuwenden, aber gerade die Kritik an der
Polizei schießt doch etwas über das Ziel hinaus. Sobald die Polizei körperlichen Zwang bei Demonstrationen anwendet, kann sie sich der Kritik normalerweise sicher sein. Stichworte: übertriebene Härte, Polizeigewalt. Versucht die Polizei aber mal zu deeskalieren, ist genau das plötzlich ein unverzeihlicher Fehler.

In der Sache selbst kann doch nicht ernsthaft erwartet werden,
dass die Polizei mit körperlichen Zwang 16.000 Menschen daran hindert, sich in einem genehmigten Demonstrationszug fortzubewegen. Die Polizei muss oft innerhalb von Minuten über die richtigen Maßnahmen entscheiden. Auch das sollte berücksichtigt werden.

Autor: RA Dr. André Bohn

Fahrlässigkeit – oder versuchter Mord?

Durchaus spektakulär ist die Wende in einem Fall, in dem ein Autofahrer wegen einer Trunkenheitsfahrt zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde. Der Angeklagte hatte eine Mutter und ihr Kind schwer verletzt. Nun beschäftigte der Fall erneut das Berliner Landgericht – der Bundesgerichtshof hatte das erste Urteil kassiert.

Am Ende bleibt vom Vorwurf des versuchten Mordes nichts übrig. Stattdessen muss sich der Angeklagte „nur“ wegen fahrlässiger Körperverletzung, tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Trunkenheit im Verkehr und Unfallflucht verantworten. Im Ergebnis ergab das eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten, außerdem Führerscheinverlust und eine Entziehungskur.

Wie es zu der Wende kam, kann man bei Spiegel Online nachlesen. Dieses Urteil zeigt, dass die – keineswegs eindeutige – Abgrenzung zwischen
Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit einen fast unglaublichen Unterschied beim Strafmaß mit sich bringen kann.

Autor: RA Dr. André Bohn

Deutschland Taserland

Personen in Berlin, Frankfurt a. M. und Kaiserlautern aufgepasst: Seit Montag setzt die Bundespolizei probeweise in diesen Städten Taser ein. Begründung: Man wolle Angreifer und sonstige Adressaten nicht dem tödlichen Risiko des Schusswaffeneinsatzes aussetzen.

Allerdings tut ein Angriff mit dem Taser nicht nur weh, sondern kann leider auch tödlich enden. Zum Beispiel hat Amnesty International entsprechende Todesfälle in den USA dokumentiert. Es wird interessant sein zu sehen, ob die Hemmschwelle für den Gewalteinsatz durch Taser sinkt.

Autor: RA Dr. André Bohn

Das (übertragbare) Ticket liegt zu Hause…

Heute morgen war ich auf dem Weg zu einem auswärtigen Prozess. Just in dem Moment, in dem ich in den Zug stieg, merkte ich, dass ich mein Portemonnaie, in dem unter anderem mein übertragbares Ticket 2000 war, vergessen hatte.

Aussteigen, nach Hause das Portemonnaie holen und zum Prozess fahren, wäre knapp geworden, zumal der Zug bereits langsam anfuhr. Ein paar Sekunden später kam bereits der Kontrolleur, dem ich meine Situation erklärte. Er beharrte darauf, mir das erhöhte Beförderungsentgelt in Rechnung zu stellen. Ich könne ja versuchen, das Ticket nachzureichen. Dies würde aber in der Regel nur bei nicht übertragbaren Tickets akzeptiert.

Ausweisen konnte ich mich natürlich auch nicht, weil ich ja kein Portemonnaie dabei hatte. Meinen Namen und meine Adresse wollte der Kontrolleur trotzdem wissen. Man ist zwar nicht verpflichtet, ihm die Daten zu geben; dann hätte er aber wahrscheinlich die Polizei hinzugezogen. Ich spielte mit dem Gedanken, ihm einfach falsche Informationen zu geben, hatte aber juristentypische Bedenken, ob das strafbar wäre. In Betracht käme auf jeden Fall ein Betrug. Problematisch erscheint mir, ob damit, dass er auf die Richtigkeit meiner Angaben vertraut, eine Vermögensverfügung oder zumindest -gefährdung verbunden ist, die ja auch für einen Betrug ausreichen kann. Das kann man – wie fast immer – so und auch anders sehen.

Ich habe richtige Angaben gemacht und darf mich dafür nun mit dem Reisecenter der Bahn auseinander setzen. Damit dürfte der nächste Blogeintrag garantiert sein.

Autor: RA Dr. André Bohn

Maskenpflicht in Düsseldorf rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf vom 3. November, mit der eine gesamtstädtische Pflicht zum Tragen von Alltagsmasken angeordnet wurde, rechtswidrig ist.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Allgemeinverfügung unbestimmt. Unter Punkt 1 heiße es: „Auf öffentlichen Straßen und Wegen innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile von Düsseldorf ist eine Alltagsmaske zu tragen, sofern und solange nicht aufgrund von Tageszeit, räumlicher Situation und Passantenfrequenz objektiv ausgeschlossen ist, dass es zu Begegnungen mit anderen Personen kommen kann, bei denen ein Abstand von 5 m unterschritten wird.“ Für den Bürger sei nicht eindeutig erkennbar, wo und wann er der Maskenpflicht unterliege. Vielmehr müsse er anhand der unbestimmten Begriffe „Tageszeit, räumliche Situation und Passantenfrequenz“ selbst über das Vorliegen einer Situation entscheiden, in der ein Begegnungsverkehr „objektiv ausgeschlossen“ sei. Dem Bestimmtheitsgebot sei nicht genügt, wenn der Bürger – wie hier – nicht ohne weiteres in der Lage sei zu erkennen, welches Verhalten von ihm gefordert werde, zumal dann, wenn ein Verstoß bußgeldbewehrt sei.

Das VG Düsseldorf hat außerdem Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festlegung einer Abstandsregelung von 5 m geäußert. Diese gehe deutlich über die Vorgaben in § 2 der aktuellen Coronaschutzverordnung hinaus (Mindestabstand von 1,5 m). Auf welchen Erkenntnissen die weitergehende Regelung beruhe, sei nicht ersichtlich (Aktenzeichen 26 L 2226/20).

Fitnessstudios bleiben in NRW bis mindestens 30. November geschlossen. Das Oberverwaltungsgericht Münster sieht in einem Eilbeschluss die Lockdown-Regelungen als voraussichtlich rechtmäßig an. Das gesellschaftliche Konzept, etwa Schulen und Firmen weitgehend offen zu lassen und vor allem den Freizeitbereich einzuschränken, sei sachlich jedenfalls nachvollziehbar (13 B 1657/20.NE).

Nachtrag: Die Stadt hat die Maskenpflicht ausgesetzt. Am Dienstag soll allerdings schon eine neue Allgemeinverfügung erlassen werden, berichtet tagesschau.de.

Niedersachsen: Lokale und Sportstudios bleiben zu

In Niedersachsen bleiben Gaststätten und Fitnessstudios geschlossen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg lehnt es mit heute veröffentlichten Entscheidungen ab, die ab dem 2. November geltenden Corona-Regeln außer Kraft zu setzen. Im Rahmen einer Folgenabwägung geben die Richter dem Gesundheitsschutz Vorrang.

Die klagenden Unternehmen hatten unter anderem darauf hingewiesen, dass trotz Kontaktverfolgung keinerlei Infektionen in ihren Betrieben festgestellt wurden. Dieses Argument reicht den Richtern jedoch nicht. Sie verweisen darauf, mittlerweile könne die Ursache vieler Infektionen gar nicht mehr zurückverfolgt werden. Das Ziel der Regierung, soziale Kontakte weitgehend einzuschränken, sei grundsätzlich nachvollziehbar.

Genau dieser Aspekt führt aber zu einem Punkt, mit dem die Betriebe irgendwann doch noch einmal Recht bekommen können. Die große Frage ist nämlich, ob dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung getragen wird. So dürfen andere Unternehmen, und der Handel geöffnet bleiben, ebenso Kitas und Schulen. Hier müsse geprüft werden, ob die Regelungen tatsächlich eine „auf hinreichenden Sachgründen beruhende und angemessene Differenzierung“ darstellen. Das seien komplizierte Rechtsfragen, so das Gericht. Diese Fragen müssten im Hauptsache- und nicht im Eilverfahren geklärt werden (Aktenzeichen 13 MN 411/20, 13 MN 433/20).

„Kennzeichen“

Bei der Verfolgung von Corona-Sündern sind die Bußgeldstellen allerorten ja recht eifrig. Die Software für die Textbausteine hinkt mitunter allerdings hinterher:

IfSG steht für Infektionsschutzgesetz.

Fingerabdrücke im Perso

Der Bundestag hat für den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesen gestimmt. FDP, die LINKE und die Grünen stimmten gegen den Entwurf. Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem die Speicherung von zwei Fingerabdrücken auf dem Speichermedium des Personalausweises als verpflichtend vor. Hier kann man Näheres nachlesen.

Wer sich jetzt noch sehr schnell einen neuen Personalausweis holt, muss noch keine Fingerabdrücke abgeben. Der Ausweis in alter Form bleibt dann auch zehn Jahre gültig.

Nachtrag: Die Fingerabdruckpflicht tritt nach derzeitiger Planung am 2. August 2021 in Kraft. Bis dahin besteht also die Möglichkeit, den Personalausweis ohne Abgabe von Fingerabdrücken zu erhalten.

Autor: RA Dr. André Bohn

Täter tragen volles Risiko

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines Angeklagten wegen Raubs mit Todesfolge zu elf Jahren Freiheitsstrafe bestätigt. Laut dem Urteil des Landgerichts, welches der Bundesgerichtshof prüfte, hatte der Angeklagte eine 84-jährige Frau überfallen, die zuvor 600 € bei der Bank abgehoben hatte. Das Geld steckte sie in ihre Handtasche, die sie in den Korb ihres Rollators legte. Den Gurt der Tasche legte sie um den Rollatorgriff.

Der Angeklagte kam von hinten mit dem Fahrrad und riss an dem Gurt, was dazu führte, dass die Frau den Kontakt zu dem Rollator verlor und ungebremst mit dem Kopf auf dem Gehsteig fiel. Die Frau erlitt erhebliche Verletzungen, musste operiert werden und erlangte wegen hohen Blutverlustes während der Operation und einer Kreislaufschwäche das Bewusstsein nicht wieder. Ihr Zustand verschlechterte sich weiter. Das veranlasste Ärzte und Angehörige dazu, entsprechend einer Patientenverfügung das Opfer nur noch palliativ zu versorgen. Die Frau starb kurz darauf.

Die Frage war hier, ob zwischen dem Raub und dem Tod der erforderliche „gefahrspezifische Zusammenhang“ vorliegt. Man könnte nämlich überlegen, ob das Opfer mit seiner Patientenverfügung nicht selbst eine Art Ursache für den Tod gesetzt oder zumindest mit gesetzt hat. Der Bundesgerichtshof meint allerdings, ein eigenverantwortliches Handeln des Opfers bzw. seiner Angehörigen lasse den Gefahrzusammenhang nicht entfallen. Die Frau habe kein neues Todesrisiko gesetzt, sondern sie habe dem durch die Tat gesetzten Risiko nur seinen Lauf gelassen. Anders könnte es sein, wenn das Opfer ohne vernünftigen Grund eine erfolgversprechende Behandlung ablehnt. Da dies hier aber nicht der Fall war, lässt das Gericht die Frage offen.

Der Beschluss steht im Einklang mit der sehr weiten Auslegung des spezifischen Gefahrzusammenhangs durch die Instanzgerichte. So genügt es beispielsweise auch, dass das ansonsten gesunde Opfer sich bei dem Gewaltdelikt einen Arm bricht und an Krankenhauskeimen stirbt (Aktenzeichen 3 StR 574/19).

Autor: RA Dr. André Bohn

123 x Passwort

Ich finde es gut, wenn Bußgeldstellen Akteneinsicht elektronisch gewähren. Spart Arbeit.

Es sei denn natürlich, man ist eine ostdeutsche Kreisverwaltung und schickt dem Anwalt eine ZIP-Datei, in der jedes Blatt (123 insgesamt) einzeln als PDF abgespeichert ist. Aber nicht genug, jedes PDF ist auch einzeln passwortgeschützt. Das heißt, ich soll jetzt 123-mal das Passwort eingeben, um an alle Seiten zu kommen.

Ich rufe da morgen mal an und bitte darum, mir die Akte ganz altmodisch per Post zu übersenden. Schont Nerven.

Zu Hause fühlen wir uns sicher

Eine Dunkelfeldstudie, in deren Rahmen rund 24.000 Menschen in NRW zu ihrem Sicherheitsempfinden und ihrer Erfahrung mit Gewaltkriminalität Auskunft gaben, bestätigt kriminologische Erkenntnisse.

Laut der Studie, durchgeführt von der Kriminalistisch-Kriminologischen Forschungsstelle (KKF) des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen, fühlen sich Menschen in ihrer Nachbarschaft sicher. Das Gefühl der Unsicherheit nimmt zu, je weiter sie sich aus der Nachbarschaft bewegen. Die Tendenz deckt sich mit älteren kriminologischen Erkenntnissen. Frauen fühlen sich zudem nachts und im ÖPNV unsicherer als Männer, und sie schätzen das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, höher ein. Gleiches gilt für nicht heterosexuelle Personen und Menschen mit Migrationshintergrund in Bezug auf Straftaten, die ihnen wegen der Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen zugefügt werden (sog. Vorurteilskrimininalität).

Generell ist die Furcht vor Eigentums- und Vermögensdelikten höher als vor Gewalt- und Sexualstraftaten. Zumindest dies deckt sich mit dem stetigen Rückgang der Gewaltkriminalität in den letzten Jahren, den die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet.

Das generelle Risiko, selbst Opfer von Kriminalität zu werden, wird laut der Studie gering eingeschätzt. Andererseits steigt das subjektive Unsicherheitsempfinden parallel zu Wahrnehmung von Unordnung (z.B. Müll in den Straßen, Graffitis). Dieses Symptom ist schon länger bekannt als Broken-Windows-Theorie.

Die Studie kann man hier nachlesen.

Autor: RA Dr. André Bohn

Niedrige Promillegrenze für E-Scooter

Der E-Scooter an der Ecke ist eine gute Möglichkeit, schnell und unkompliziert nach Hause zu kommen. Nach ein paar alkoholischen Getränken sollte man das aber nicht riskieren, wenn einem der Führerschein lieb ist. Denn auch für E-Scooter gelten die Promillegrenzen für Kraftfahrzeuge, hat das Landgericht Osnabrück entschieden.

1,54 Promille wurden bei einem jungen Mann gemessen, den die Polizei auf einer Fahrt mit dem E-Scooter stoppte. Das Amtsgericht entzog ihm vorläufig den Autoführerschein, weil die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit für Kraftfahrzeuge (1,1 Promille) deutlich gerissen wurde. Der Betroffene meinte dagegen, E-Scooter seien eher wie Fahrräder einzustufen. Bei Radfahrern wird die Fahruntüchtigkeit aber erst ab 1,6 Promille unwiderleglich vermutet.

Das Landgericht Osnabrück sieht keinen Grund, E-Scooter nicht als Kraftfahrzeuge zu behandeln. Insbesondere sprächen die Sonderbestimmungen für „elektrische Kleinfahrzeuge“ dafür, diese im Gegensatz zu Fahrrädern als Kraftfahrzeuge einzustufen. Es gebe auch keinen Grund, Kraftfahrzeuge wiederum in Gefährlichkeitsklassen einzuteilen. Im Ergebnis muss der Mann also damit rechnen, dass ihm die Fahrerlaubnis endgültig entzogen wird. Auch das Bayerische Oberste Landesgericht hat im Sommer schon ähnlich geurteilt (Aktenzeichen 10 Qs 54/20).