Zu Gast auf der SIGINT 09

Ich werde auf der SIGINT 09 in Köln einen Vortrag halten und mit den Besuchern diskutieren.

Vorläufiges Thema: Unter Beobachtung – Internet und Strafverfolgung.

Der Vortrag wird entweder am Samstag, 23. oder Sonntag, 24. Mai 2009, stattfinden.

Simply the best!

„Simply the best!“

Mit diesem Slogan warb der Hersteller eines Rasierers. Das Hambuger Oberlandesgericht hält das für wettbewerbswidrig. Die Gründe der Entscheidung hat der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Bahr zusammengefasst:

Im vorliegenden Fall verstehe der Kunde die Aussage so, dass dieses Attribut anhand objektiver Qualitätsmerkmale verwendet werde. Gerade im Bereich von Nassrasierern sei bezüglich der Merkmale Qualität, Gründlichkeit, Komfort und Verletzungsfreiheit eine Nachprüfbarkeit gegeben. Die zusätzlichen Aussagen „Testen sie unsere Besten“ und „Geld-zurück-Garantie“ verstärkten die Aussagerichtung des Slogans in einer Weise, dass maßgebliche Verkehrskreise darin jedenfalls in diesem Zusammenhang eine Tatsachenbehauptung verstünden.

Schließlich gehe der Durchschnittskunde zu Unrecht davon aus, dass das Prädikat „Simply the best!“ im Zusammenhang mit einem Vergleichstest von einem neutralen Dritten vergeben worden sei. Dafür spreche auch die Tatsache, dass die Äußerung in Anführungszeichen gesetzt sei, was üblicherweise für die Wiedergabe einer Aussage eines Dritten spreche.

Ich würde bei einem Werbeslogan in englischer Sprache beim besten Willen nicht an einen Warentest denken, nicht mal bei Verwendung von Anführungszeichen. Überdies: Was ist mit dem Ausrufezeichen?

Aber lassen wir das, es hat ja schon was für sich, nicht Durchschnitt zu sein.

Mikado: Kreditkartenscreening ist erlaubt

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Aktion „Mikado“ nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Pressemitteilung:

Die Staatsanwaltschaft Halle leitete im Jahr 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein, nachdem sie auf eine Internetseite aufmerksam geworden war, die den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten vermittelte. Der Zugang zur Internetseite kostete 79,99 $, die von den Kunden per Kreditkarte gezahlt werden mussten. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens schrieb der ermittelnde Staatsanwalt die Kreditinstitute an, die Mastercard- und Visa-Kreditkarten in Deutschland ausgeben. Er forderte sie auf, alle Kreditkartenkonten anzugeben, die seit dem 1. März 2006 eine Abbuchung von 79,99 $ zugunsten der philippinischen Bank aufwiesen, über die der
Geldtransfer für den Betreiber der Internetseite unter einer bestimmten Empfänger-Kennziffer abgewickelt wurde. Die Unternehmen ermittelten insgesamt 322 Karteninhaber, deren Daten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wurden.

Die Beschwerdeführer sind Karteninhaber der von der Staatsanwaltschaft kontaktierten Unternehmen und waren unter den insgesamt etwa 20 Mio. Kunden, die von der obigen Suchanfrage berührt wurden; die Daten der Beschwerdeführer wurden jedoch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen sie die Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Abfrage der Kreditkartendaten durch die Staatsanwaltschaft stellt keinen Ein-griff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer dar. Ihre Kreditkartendaten wurden bei den Unternehmen nur maschinell geprüft, mangels Übereinstimmung mit den Suchkriterien aber nicht als Treffer angezeigt und der Staatsanwaltschaft daher auch nicht übermittelt.

Für die Annahme eines Eingriffs genügt es nicht, dass die Daten bei den Unternehmen in einen maschinellen Suchlauf eingestellt werden. Denn im Fall der Beschwerdeführer wurden die Daten anonym und spurenlos aus diesem Suchlauf ausgeschieden und nicht im Zusammenhang mit dieser Ermittlungsmaßnahme behördlich zur Kenntnis genommen.

Zudem wäre die Maßnahme auch dann gerechtfertigt, wenn die Daten der Beschwerdeführer an die Ermittlungsbehörde weitergeleitet worden wären.
Eine Rasterfahndung im Sinne von § 98a StPO oder eine ähnliche Ermittlungshandlung, die an den Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zu messen wäre, liegt nicht vor, da kein Abgleich zwischen den Datenbeständen verschiedener Speicherstellen
stattfand.

Es wurde stattdessen gezielt nach Personen gesucht, die eine genau bezeichnete, nach dem damaligen Ermittlungsstand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit strafbare Handlung vorgenommen haben: das Zahlen eines bestimmten Betrages per Kreditkarte an einen bestimmten Empfänger innerhalb eines bestimmten Zeitraums, wodurch sie
sich wahrscheinlich den Besitz kinderpornographischer Schriften
verschafften.

Die Maßnahme beruhte vielmehr auf der Ermittlungsgeneralklausel des § 161 Abs. 1 StPO. Die Übermittlung von Daten jener Kreditkarteninhaber, welche die Tatkriterien erfüllten, berührt diese zwar in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. § 161 Abs. 1 StPO ist jedoch eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für diesen Eingriff, da die Norm Ermittlungen und damit auch die Datenerhebung auf den Zweck der
Tataufklärung begrenzt.

Die Maßnahme hält sich auch innerhalb der Grenzen, die der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allen Ermittlungshandlungen setzt. Der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kommt nach d em Grundgesetz eine hohe Bedeutung zu. Zur
Erreichung des Zwecks, die einer Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB
verdächtigen Personen zu ermitteln, war die Maßnahme geeignet.

Außerdem waren mildere, ebenso geeignete Mittel hier nicht ersichtlich.
Schließlich ist in der Abwägung mit dem Zweck, Täter zu ermitteln, die
sich den Besitz kinderpornographischer Schriften verschafft haben, das
Gewicht des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das mit der Abfrage der Kreditkartendaten verbunden war, geringer zu bewerten. Denn betroffen wurden dadurch regelmäßig nur Personen, die durch ihr Verhalten den hinreichenden Verdacht einer Straftat begründet hatten.

Beschluss vom 17. Februar 2009

Weitere Beiträge zum Thema:

2 BvR 1372/07
Ein Sinn für Scham
Mikado: The Final Round
Verfassungsbeschwerde gegen Mikado
Mikado: Gericht bejaht „niedrigste Verdachtsstufe“
Amtsgericht Halle entscheidet pro Mikado
Mikado: Entscheidung kann noch dauern
Generalverdacht und Verhältnismäßigkeit
Mikado-Fahndung traf auch Unschuldige
AG Halle-Saalkreis 395 Gs 34/07
Falscher Kinderporno-Verdacht gegen Kreditkartenbesitzer
“ Volksstimme“: Interview zu Mikado
20 Anträge gegen „Mikado“
Mikado: Weiterer Antrag, neue Argumente
Kartenscreening für Datenschützer kein Problem
Citibank garantiert: Mikado war rechtmäßig
Mikado: Gefahr strafrechtlicher Verfolgung;
Telepolis: Fragen zu Mikado
Mikado: Strafanzeige gegen Verantwortliche und SAT 1
Weiterer Antrag gegen Mikado
Kinderpornografie: ein Blick ins Gesetz
Mikado: Stäbchen für Stäbchen
Vorfeldermittlungen
Mikado

Adressmissbrauch: Polizisten entlastet

Nach mehr als zwei Jahren Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei Essen und vier Durchsuchungen hat die Staatsanwaltschaft Duisburg ihr Verfahren gegen drei Funktionäre der Gewerkschaft der Polizei (GdP) eingestellt.

Das Trio, so der anfängliche Verdacht, sollte sich von Polizei-Anwärtern private Adressen und persönliche Daten beschafft haben, um damit Versicherungspolicen zu verkaufen. „Ein solches Geschäft konnte den Beschuldigten nicht nachgewiesen werden“, sagte gestern Behördensprecher Detlef Nowotsch auf Anfrage. (pbd)

Zur Ablieferung wird aufgefordert

Muss mein Blog in die Deutsche Nationalbibliothek?

Über die im Gesetz vorgesehene „Pflichtablieferung“ auch für elektronische Publikationen gab es Verwirrung. Die Pflichtablieferung besteht zwar fort, aber die Deutsche Nationalbibliothek hat jetzt klargestellt:

Ohne vorherige Aufforderung durch die Deutsche Nationalbibliothek ist „keine Durchsetzung einer Ablieferungspflicht“ und „insbesondere nicht die Einleitung entsprechender Bußgeld- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren“ zu erwarten.

Möge dieser Kelch auch künftig an mir vorübergehen.

Drogen, Kinderporno, Killerspiele

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann:

Killerspiele widersprechen dem Wertekonsens unserer auf einem friedlichen Miteinander beruhenden Gesellschaft und gehören geächtet. In ihren schädlichen Auswirkungen stehen sie auf einer Stufe mit Drogen und Kinderpornografie, deren Verbot zurecht niemand infrage stellt.

Die Betonung liegt hier übrigens auf „unserer … Gesellschaft“. Die Gesellschaft in der geistigen Geiselhaft solcher Politiker ist aber keineswegs auf friedliches Miteinander ausgelegt. Sondern auf Simplifizierung, Bevormundung, Diffamierung, Angst, Ausgrenzung und Demagogie. Und noch ein paar andere unschöne Dinge, die ich lieber nicht schreibe.

Zitiert nach golem.de

Pressemitteilung

Von privat bekannt

Polizisten sind mitunter skeptisch, wenn sie von Anwälten angerufen werden. Es muss ja kein Anwalt sein, der sich da meldet. Ich verstehe natürlich die Vorsicht. Datenschutz und so.

Andererseits scheint der tatsächliche Missbrauch nicht sonderlich groß zu sein. Meine Erfahrung aus Kripo-Büros, in denen ich ja öfter sitze, mitunter Stunden: Das Telefon klingelt schon mal eher selten bis gar nicht. Und wenn, sind es erkennbar keine Leute in der Leitung, die sich als Rechtsanwälte ausgeben.

Aber gut, ich empfehle meinen Mandanten ja auch, niemandem Auskunft zu geben, der sich am Telefon als Polizist ausgibt. Und wenn es denn gewünscht wird, weise ich meine Vollmacht auch per Fax oder, wenn auf der Gegenseite vorhanden, mit diesem E-Mail-Dings nach. Heute allerdings war das doch nicht nötig, obwohl der Beamte in einer niedersächsischen Kleinstadt zunächst eher sperrig reagierte. Als ich das Fax mit der Vollmacht ankündigte, fragte er noch mal nach meinen Namen.

Vetter? Ist das Ihre Seite, dieser, na wie heißt er doch, law blog?

Ich fürchtete zuerst, dass er die Vollmacht in diesem Fall im Original sehen möchte. Aber das Gegenteil war der Fall. Nun könne er mich ja einordnen und mit mir sprechen. Ich sei ja quasi „von privat bekannt“.

Dieser Blogeintrag, über den wir am Rande scherzten, ist natürlich nicht als Bestechung gedacht.

Ansprüche

„Herr J. bittet heute ab 22.30 Uhr um Rückruf.“

Ich bin recht flexibel. Aber die Ansprüche mancher Mandanten gehen dann doch darüber hinaus.

Übertragungsfehler

„Herr S. hat im großen und ganzen bestätigt, was Ihr Anwalt geschrieben hat. Auch das mit den Zinsen.“ So lautet, auszugsweise, die freundliche Nachricht, welche der Filialleiter einer Düsseldorfer Bank meinem Mandanten auf die Mailbox gesprochen hat.

Es geht darum, dass ein ehemaliger Kundenberater Wertpapiere über den grünen Klee gelobt und Risikofaktoren verschwiegen beziehungsweise völlig falsch dargestellt hat. Weil er, wie er später selbst zugab, den Prospekt überhaupt nicht gelesen hat.

Bevor über die Schadensersatzansprüche meines Mandanten in der Rechtsabteilung entschieden wird, sollte der Filialleiter noch einmal mit dem Kundenberater sprechen und klären, was dieser nun gesagt hat.

Die Nachricht auf der Mailbox meines Mandanten empfinde ich als hilfreich. Immerhin könnte ja der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass es es in der Kommunikation zwischen Filialleiter und Rechtsabteilung Übertragungsfehler gibt. Etwa in dem Sinne, dass in den Satz „Das hat unser Mitarbeiter so gesagt“ ein „nicht“ rutscht.

Der Mandant arbeitet inzwischen daran, die Nachricht auf einer DVD zu sichern.

Gericht darf Punkte nicht erlassen

Das Amtsgericht Essen ließ ungewöhnliche Nachsicht walten. Gegen einen Temposünder verdoppelte es zwar die an sich fällige Geldbuße auf 100 Euro, ordnete dafür aber an, dass der Betroffene keinen Punkt in Flensburg erhält – es wäre sein erster gewesen.

Damit trug das Gericht offensichtlich dem Umstand Rechnung, dass viele Verkehrssünder mehr unter einem Punkt leiden als unter der Geldbuße.

Das Oberlandesgericht Hamm konnte dem Urteil nichts abgewinnen. Der Amtsrichter war nämlich gar nicht dazu berechtigt, über Punkt oder nicht Punkt zu entscheiden:

Die Eintragung im Verkehrszentralregister ist keine mit einem Fahrverbot vergleichbare Nebenfolge, welche neben der Geldbuße als zusätzliche Sanktion zur Einwirkung auf den Betroffenen verhängt werden kann. Vielmehr soll die Bestimmung des § 28 III Nr. 3 StVG sicherstellen, dass Ordnungswidrigkeiten ab einer gewissen Bedeutung zentral erfasst und bei zukünftigen Entscheidungen berücksichtigt werden können (vgl. OLG Hamm, VerkMitt. 1997, Nr. 39 m.w. Nachw.).

Das Punktsystem bezweckt eine Vereinheitlichung der Behandlung von Mehrfachtätern (vgl. Hentschel, StraßenverkehrsR, 39. Aufl., § 4 StVG Rdnr. 2) und stellt damit keine Sanktion dar, die Aufnahme in den Urteilstenor eines ordentlichen Gerichts finden kann.

OLG Hamm, Beschluss vom 27. 11. 2008, 2 Ss OWi 803/08

Mitgedacht

Der Beschuldigte war nicht zu Hause. Die Polizeibeamten, versehen mit einem Durchsuchungsbeschluss, ließen die Tür aufbrechen. Hierzu folgender Vermerk:

Aufgrund der Altersstruktur der Hausbewohner und der scheinbar sehr funktionierenden Hausgemeinschaft wurde auf das Hinzuziehen eines Nachbarn als Zeugen wegen des bestehenden Tatvorwurfs verzichtet. Da ansonsten damit gerechnet werden kann, dass Herr J. einen Wohnungswechsel vornehmen kann.

Auslagen werden erstattet

Hurrameldungen im Rundfunk. Schäuble verbietet das Fähnlein Fieselschweif der Neonazis.

Gibt es auch Informationen darüber, wie viele der Feriencamps, Nachtwanderungen, Museumsführungen, Liederabende und Bastelstunden von V-Leuten organisiert wurden? Mit freundlicher Duldung und Auslagenersatz?

Und welchen Aufgaben widmen sich jene V-Leute nun? Doch nicht etwa dem Aufbau einer Nachfolgeorganisation, damit man in ein paar Jahren wieder was publikumswiksam zerschlagen kann?

Gelegenheit zur Stellungnahme

Das Landgericht gibt mir Gelegenheit, bis zum 15. April 2009 zum Schriftsatz der anderen Seite Stellung zu nehmen.

Das ist nett, zumal im Schriftsatz, zu dem ich mich äußern soll, nur steht:

Wir bestreiten den tatsächlichen Vortrag im gegnerischen Schriftsatz und verweisen zur Vermeidung von Wiederholungen auf unseren bisherigen Sachvortrag.

Ich werde mich also kurz fassen können.