Abmahnung für Staatstrojaner-Hersteller

Staatstrojaner-Hersteller DigiTask kriegt jetzt Ärger von der Konkurrenz. Die Firma Wavecon, ebenfalls auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik tätig, hat das Unternehmen wegen Wettbewerbsverstößen abgemahnt. Durch den (bewussten) Verstoß gegen geltendes Recht habe sich DigiTask unberechtigte Vorteile verschafft.

Wavecon-Anwalt Dominik Boecker aus Köln erklärt den Hintergrund:

Es ist wettbewerbsrechtlich unzulässig, einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderzuhandeln, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Die von DigiTask hergestellte und an Strafverfolgungsbehörden verkaufte Software erfüllt die strafrechtlichen Merkmale des unbefugten Ausspähens von Daten (§ 202a StGB). Die Software kann Daten ausspähen und an den Einsetzenden übermitteln. Das Merkmal "unbefugt" ist deswegen erfüllt, weil es für das Abhören von Voice-over-IP-Gesprächen derzeit keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Strafverfolgungsbehörden gibt.

Jedenfalls durch die in der Software auch vorhandene Möglichkeit Bildschirmfotos herzustellen und die Software online mit weiterer Software auszustatten wird die gesetzliche Grenze für die Ermittlungsbehörden überschritten.

Boecker verweist darauf, DigiTask habe die illegalen Vorzüge des Staatstrojaners sogar in einer Präsentation herausgestellt. Danach soll die Software die "core area of private life" auslesen können. DigiTask soll jetzt eine Unterlassungserklärung abgeben, sonst will Mitbewerber Wavecon die Sache vor Gericht bringen.

Update: Die Firma Wavecon bittet um Klarstellung, dass sie ein ähnliches Marktumfeld bearbeitet wie DigiTask, nämlich die Herstellung von Individualsoftware. Das bedeute aber nicht, dass Wavecon selbst Trojaner produziert. Der Begriff “Konkurrenz” bezieht sich somit auf das für eine Abmahnung erforderlich Wettbewerbsverhältnis im Bereich Individualsoftware, nicht auf ein einzelnes Produkt. 

Weniger Umsatzsteuer fürs Popcorn im Kino

In Fastfood-Restaurants und Imbissbuden muss der Kassierer fein unterscheiden: Will der Kunde Pommes, Hamburger oder Currywurst auf die Hand, fallen nur 7 Prozent Umsatzsteuer an. “Hier essen” kostet dagegen 19 Prozent, zumindest wenn für den Verzehr Tische und Stühle und nicht nur ein Tresen zur Verfügung stehen.

Ein cleveres Finanzamt wollte diese Regelung auf Kinos übertragen und für Popcorn wie Nachos den höheren Steuersatz kassieren. Doch der Bundesfinanzhof erteilte dem eine Absage – für den Snack im Kino gilt einheitlich der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent.

Es waren die Tische und Stühle im Kinofoyer, welche die Finanzbeamten ins Grübeln brachten. Dort hatten Kinogäste Gelegenheit, Platz zu nehmen und die Snacks zu verzehren. Doch das wollten weder der betroffene Kinobetreiber noch die Richter am Bundesfinanzhof so einfach schlucken. Immerhin, so das Gericht, dürfe sich jeder Gast an einen Tisch setzen, auch wenn er gar nichts gekauft habe. Durch die allgemein nutzbaren Tische werde das Kino deshalb nicht zum Restaurant.

Rechtlich gesehen sind Nachos und Popcorn im Kino also nur eine “Lieferung”, auch weil es sich um Standardprodukte handelt, deren Zubereitung simpel ist. Den erhöhten Steuersatz lassen die Richter erst dann anfallen, wenn es eine “Dienstleistung” erbracht wird. Eine Dienstleistung  liegt aber nur vor, wenn die Arbeit bei der Zubereitung ins Gewicht fällt und es noch anderen Service gibt, zum Beispiel Beratung und Bedienung an den Tischen.

Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs

Den Richter kann man sich auch sparen

Rettet den Richtervorbehalt forderte vor einigen Tagen Zeit online. Angesichts mancher Entscheidungen frage ich mich allerdings, ob damit wirklich viel gewonnen wäre. Als Beispiel folgender Fall:

Jemand ergaunert mit einer gefälschten Unterschrift und einer Maestrokarte zweifelhaften Ursprungs bei einem Elektrohändler einen Finanzierungsvertrag, über den er gleich ein neues iPhone 4 mitnehmen kann. Der Schaden beträgt 696 Euro. Strafrechtlich ist das Betrug und Urkundenfälschung.

Der ermittelnde Polizeibeamte war clever. Er wusste, dass die deutschen Mobilfunkanbieter problemlos feststellen können, mit welchem Handy telefoniert wird. Möglich macht das die IMEI-Nummer. Jedes Mobiltelefon hat diese individuelle Kennung. Die IMEI-Nummer wird von den Providern auch gemeinsam mit Gesprächsdaten gespeichert.

Es lag also nahe, einmal bei Vodafone, Telekom, O2 und E-Plus nachzufragen, ob und mit welcher SIM-Karte das iPhone genutzt wird. Hierfür bedarf es nicht nur eines richterlichen Beschlusses, sondern es müssen auch rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem jene, wonach es sich um eine “Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung” handeln muss.

Als Beispiele nennt das Gesetz die in § 100a Absatz 2 Strafprozessordnung genannten Delikte. Man braucht nur einen Blick auf den Katalog zu werfen, um zu erkennen, dass es sich ausschließlich um schwerste und schwere Straftaten handelt. Bei Betrug und Urkundenfälschung bedeutet dies etwa, dass der Schaden besonders hoch (so ab 50.000 Euro) sein muss oder etwa eine Bande agiert hat.

Nichts davon war der Fall. So ein alltäglicher Betrug mit noch nicht mal 1.000 Euro Schaden ist keine “Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung”. Sonst wäre nämlich praktisch alles eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung. An sich hätte die Idee des Polizeibeamten also schon auf dem Schreibtisch des Staatsanwalts platzen müssen. Doch wie das halt so bei modernen Strafverfolgern ist: Versuchen kann man es ja mal…

Ich weiß nicht, ob die Amtsrichterin den vorformulierten Antrag überhaupt gelesen hat. Mir wäre es fast wohler, wenn sie blind unterschrieben hätte. Jedenfalls war wohl zumindest dem Staatsanwalt, im ungünstigeren Fall auch der Richterin klar, dass man besser gar nicht den Versuch macht, in der vorgeschriebenen Begründung den Fall konkret mit dem Gesetz in Einklang zu bringen.

So steht es dann auch kurz und bündig, überdies reichlich nebulös im positiven Beschluss:

Es handelt sich aufgrund der Vorgehensweise um eine erhebliche Tat.

Wie gesagt, bei so einer Arbeitsweise oder derart gering ausgeprägtem Skrupel vor dem Gesetz kann man sich den Richter auch sparen.

Links 673

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Keine Wellness für rechten Politiker

Dass Hotels und Fluggesellschaften mitunter einen robusten und mehr als fragwürdigen Umgang mit Minderheiten pflegen, kann man fast täglich in der Zeitung lesen. Vor allem Behinderte werden gern mal als Gäste zweiter Klasse behandelt – auch aus Sorge vor Beschwerden “normaler” Reisender.

Es kann aber auch Menschen treffen, die zumindest äußerlich eher unauffällig sein dürften. So etwa den Vorsitzenden der NPD. Dem erteilte ein Hotel Hausverbot, als er zu einem von seiner Frau gebuchten Wellness-Kurzurlaub anreisen wollte.

Begründung des Hotels: Die politische Überzeugung des unerwünschten Gastes sei nicht mit dem Ziel zu vereinbaren, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der NPD-Vorsitzende wendet hiergegen ein, er habe sich bei privaten Aufenthalten in Hotels nie gegenüber anderen Gästen politisch geäußert, und er wolle dies auch künftig nicht tun.

Bisher hat der Politiker vor den Gerichten verloren. Die Sache scheint dem Bundesgerichtshof aber nun offenbar wichtig genug, um mündlich über die Grenzen privater Hausverbote zu verhandeln. Am Freitag dieser Woche gibt es also einen Showdown vor dem höchsten deutschen Zivilgericht.

Ob der NPD-Vorsitzende für den Termin ein Hotelzimmer braucht und wie lange er danach suchte, ist nicht bekannt.

Terminsvorschau des Bundesgerichtshofs

Gericht: Sturheit ist keine Frage des Alters

Bloß weil es, selbstverständlich mit Ausnahme von Silvio Berlusconi, mit der Leistungsfähigkeit im Alter bergab geht, darf die Führerscheinbehörde keine Zweifel an der Fahreignung eines Bürgers hegen. Ohne konkrete Anhaltspunkte, dass der Betreffende wirklich körperlich bedingte Ausfallerscheinungen beim Autofahren hat, darf das Amt ihn deshalb auch nicht zu einem ärztlichen Gutachten verpflichten. Das hat das Verwaltungsgericht Saarlouis im Fall eines 80-jährigen Autofahrers entschieden.

Der Senior hatte beim Ausparken einen Blechschaden verursacht. Die Polizei nahm den Unfall auf. In ihrer Anzeige vermerkten die Beamten, der Autofahrer habe etwas verwirrt gewirkt und seine Schuld nicht eingesehen. Aber das sind Reaktionen auf einen Unfall, die nach Auffassung der Richter in jeder Altersklasse vorkommen:

Weder ein Mangel an Einsicht noch bloße Sturheit lassen das Vorliegen altersbedingter Einschränkungen der Kraftfahreignung als naheliegend erscheinen.

Eine Behörde braucht also in jedem Fall mehr Belege für ein Eignungsgutachten als das Alter des Betroffenen und irgendwelche Reaktionen, die mit seinem konkreten Fahrverhalten nichts zu tun haben. Der Antragsteller muss sich nun erst mal nicht untersuchen lassen und darf weiter Auto fahren.

Verwaltungsgericht Saarlouis, Beschluss vom 28. September 2011, Aktenzeichen 10 L 790/11

Ungebührlichkeitszuschlag

Womöglich ist der Mandant auf der Autobahn zu schnell gefahren. Was den Zivilpolizistinnen im Wagen hinter ihm nicht gefiel. Sie winkten ihn an der nächsten Ausfahrt raus, hielten aber nicht gleich an.

Vielmehr zockelten sie, meinen Mandanten im Schlepptau, noch stattliche drei Kilometer weiter. Vorbei an diversen Bushaltestellen und Parkbuchten. Bis zu einem abgelegenen Waldparkplatz, der zu einem Zoo gehört. Dort war es nicht nur menschenleer, sondern mangels Beleuchtung auch verdammt dunkel.

Mein Mandant war dementsprechend begeistert. Was er den beiden Beamtinnen auch deutlich sagte. Aber erst zum Schluss, als sie ihm bereits mitgeteilt hatten, er sei mit 160 Stundenkilometern gemessen worden. (Was gar nicht so dramatisch gewesen wäre, denn beim Einsatz eines ungeeichten Tachos müssen grundsätzlich 20 % des Ablesewertes als Toleranz abgezogen werden.) Die verantwortliche Polizistin reagierte auf die Kritik etwas angesäuert. Man trennte sich wohl in eisigem Schweigen.

Heute bedauert mein Mandant, dass er sich eine Ungebührlichkeit geleistet hat. Im Anhörungsbogen, der ein paar Tage später eintraf, hat sich die vorgeworfene Geschwindigkeit nämlich erhöht. Auf 180 Stundenkilometer. Und ja, mein Mandant ist sicher, dass an Ort und Stelle von 20 Kilometern weniger die Rede war.

Nichts – und das 72 Monate

Ich liebe die Vorschläge von Schuldnerberatungen:

Der Schuldner kann keine Zahlungen leisten. Diese Summe wird prozentual, entsprechend des Anteils an den Gesamtverbindlichkeiten, auf alle Gläubiger verteilt und 1 x jährlich zur Auszahlung gebracht. Dies gilt für einen Zeitraum von 72 Monaten.

Ein wirklich vielversprechendes Angebot. Wer würde dazu schon nein sagen?

“Fremdgelder”, die es gar nicht gibt

Betrüger haben sich anscheinend international tätige Anwaltskanzleien als Angriffsziele ausgesucht. Die Rechtsanwaltskammer Hamburg veröffentlicht den Erfahrungsbericht eines Anwalts, dessen Sozietät um rund eine halbe Million US-Dollar geprellt werden sollte.

Die “Vorarbeiten” sahen so aus:

Anfang September 2011 wurden wir über unser Shanghaier Büro von einem vermeintlich japanischen Unternehmen kontaktiert. Dieses gab an, eine Kaufpreisforderung in Höhe von ca. 1,9 Millionen USD gegen eine tatsächlich existierende Firma in Hannover zu haben. Es wurde eine Passkopie des Anfragers übermittelt.

Außerdem erhielten wir diverse Dokumente, die ihrem äußeren Anschein nach einen normalen kaufmännischen Vorgang zu dokumentieren schienen.

Bevor wir an den Gegner herantreten konnten, hatte die Mandantschaft
diesen bereits informiert. Der Gegner meldete sich daraufhin per Email, uns anzukündigen, dass er zur Vermeidung einer streitigen Auseinandersetzung in Kürze eine halbe Million USD an uns zahlen werde. Mit Email wurde uns sodann vom Schuldner bestätigt, dass die Zahlung „abgeschickt“ wurde und bei uns „abgegeben“ werden würde.

Die Anwälte waren aber vom Bundeskriminalamt, das wohl schon in vergleichbaren Fällen ermittelt, vorgewarnt. Sie kündigten sofort das Mandat, das wahrscheinlich ohnehin keines war. Ansonsten wäre es wahrscheinlich wie folgt gelaufen:

Wir erhalten einen Verrechnungsscheck über 500.000,00 USD, den wir zum Einzug geben und der uns bedingungsgemäß am nächsten Banktag gutgeschrieben wird („Eingang vorbehalten“). Sodann werden wir gebeten, wegen des dringenden Liquiditätsbedarfes der Mandantin den Fremdgeldbetrag schnellstmöglich an diese weiterzuleiten, dabei jedoch unser Honorar einzubehalten. Wenige Tage später käme der Rückscheck und wir säßen auf einem Schaden von einer halben Million USD.

Wer also einen Scheck auf dem eigenen Konto einlöst, darf sich zwar über den Eingang freuen, sollte sich aber nicht in Sicherheit wiegen. Zwar schreibt die eigene Bank den Scheckbetrag meist innerhalb von ein, zwei Tagen gut. Dies geschieht aber immer unter dem Vorbehalt, dass die Bank des Scheckausstellers das Geld tatsächlich überweist.

Platzt der Scheck, wird auch die Gutschrift auf dem eigenen Konto rückgängig gemacht. Und dabei spielt es keine Rolle, ob der Scheckempfänger das vermeintlich erhaltene Geld vielleicht schon an Dritte gezahlt hat. Im Zweifel zahlt also der leichtgläubige Scheckempfänger zunächst die Zeche. Ob und von wem er sein Geld wiederkriegt, ist dann seine Sache.

Wer auf Nummer Sicher gehen will, lässt sich also von der eigenen Bank bestätigen, dass sie das Geld bekommen hat und die Gutschrift deshalb wasserdicht ist. Ich werde bei mir im Büro auch gleich noch mal darauf hinweisen…

Staatsanwaltschaft lässt sich bestehlen

Wenig Freude an seiner Beute dürfte ein Bilderdieb haben, der sich ausgerechnet im Panzerschrank der Staatsanwaltschaft Essen bediente. Aus dem Tresor verschwand zwischen 2005 und 2006 ein beschlagnahmtes Gemälde, bei dem es sich um einen echten Renoir gehandelt haben könnte. Aber, so das Landgericht Dortmund, nicht hat.

Der Eigentümer des Gemäldes, gegen den strafrechtlich ermittelt wurde, wollte sich verständlicherweise nicht damit abfinden, dass offensichtlich Langfinger ausgerechnet zur  Asservatenkammer einer deutschen Staatsanwaltschaft Zugang haben. Für seinen aus der Obhut der Strafverfolger verschwundenen Renoir, der ein nach dem Motiv “Mädchen mit Orange” heißen soll, verlangte er vom Land Nordrhein-Westfalen 32 Millionen Euro Schadensersatz.

Das Landgericht Dortmund verhandelte heute die Klage. Pech für den Eigentümer: Ein Kunstsachverständiger hat 2005 das Bild in der Behörde angesehen und Fotos davon gemacht. Der Eigentümer des Bildes bestritt heute zwar vor Gericht, dass die Fotos des Sachverständigen das Gemälde zeigen. Die Richter glaubten aber dem Sachverständigen und legten die Bilder einer weiteren Expertin vor, die sich besonders gut mit Renoirs auskennen soll.

Diese Sachverständige kam zu einem eindeutigen Ergebnis. Das vermeintliche Original sei nur ein billiger Faksimiledruck und ohne eigenen Wert. Das Gericht glaubte ihr und wies die Klage heute ab. Das Land Nordrhein-Westfalen, so hieß es in der mündlichen Urteilsbegründung, habe seine Pflichten verletzt. Der Kläger gehe aber leer aus, weil er keinen Schaden habe.

Für den Ruf der Essener Staatsanwaltschaft dürfte der Prozess in doppelter Hinsicht nicht förderlich sein. Die Behörde hat sich nämlich nicht nur beklauen lassen. Sie hat es bis heute auch nicht geschafft, den Täter zu ermitteln.

Milde gegenüber zu Guttenberg

Es wird wahrscheinlich keine Anklage gegen Karl-Theodor zu Guttenberg erhoben. Das berichtet Zeit online. Die Staatsanwaltschaft Hof soll erwägen, das Verfahren wegen der plagiierten Doktorarbeit des früheren Verteidigungsministers gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen.

Strafrecht sollte unbeeinflusst bleiben von Politik. Vor diesem Hintergrund bin ich der Meinung, so eine Einstellung geht durchaus in Ordnung. Guttenberg hat zwar abgeschrieben und damit Urheberrechte verletzt. Wenn ich die bekannten Taten des Ex-Politikers mit anderen Fällen vergleiche, ist das Ergebnis ziemlich eindeutig: Auch ein Beschuldigter ohne Promibonus (bzw. –malus) müsste nicht damit rechnen, vor Gericht gezerrt zu werden – die Zuständigkeit eines umsichtigen Staatsanwalts vorausgesetzt.

Für die alltäglichen Urheberrechtsverletzungen, z.B. Filesharing, bringen die Strafverfolger schon länger kein Interesse mehr auf. Für sie gilt die Anweisung, selbst Fälle mit einigen hundert raubkopierten Liedern einfach einzustellen. Sogar bei Festplatten mit tausenden MP3s und Filmen zweifelhafter Herkunft wird nicht groß gefragt, sondern im Normalfall ohne weitere Ermittlungen gleich ein Auge zugedrückt.

Natürlich geht es im Fall zu Guttenberg nicht nur um Massenware, das heißt möglichst preisgünstiges Futter für den iPod. Er hat durch sein Verhalten seiner Universität, seinen Professoren und der Wissenschaft insgesamt geschadet. Aber in der Folgezeit hat sich ja herausgestellt, dass er nicht allein auf weiter Flur plagiiert hat. Auch andere Ertappte haben mittlerweile ihren Doktortitel abgegeben.

Der wirtschaftliche Schaden seines Verhaltens wird kaum messbar sein. Er ist, zumindest nach meiner Kenntnis nicht vorbestraft. Die Gefahr, dass er ohne einen Gang vor den Strafrichter erneut böse Dinge tun wird, ist sicher auch nicht größer als bei einem Beschuldigten, dessen Name es nie in die Presse schafft.

Eine Einstellung gegen Geldauflage lässt das Gesetz zu, wenn die Auflage das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung auf Null reduziert und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Wenn man mal den Namen zu Guttenberg und den Riesenwirbel um die Sache selbst ausblendet, darf die Staatsanwaltschaft Hof mit gutem Grund milde sein.