Kachelmann lässt sich nicht nachreden

Wettermoderator Jörg Kachelmann geht derzeit erfolgreich gegen Personen vor, die seinen Freispruch offenbar nicht verwinden können. So verurteilte das Landgericht Köln nun rechtskräftig seine frühere Freundin wegen eines Interviews in einer Zeitschrift. Die Frau darf Kachelmann nicht länger beschuldigen.

Auch eine Staatsanwältin muss eine juristische Schlappe gegen Kachelmann hinnehmen. In einem Gastbeitrag in der FAZ hatte die Staatsanwältin den Eindruck erweckt, Kachelmann habe die Tat begangen. Unter anderem bezeichnete sie seine frühere Freundin konsequent als “Geschädigte”. Gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln legte die Staatsanwältin zwar Widerspruch ein. Sie zog den Widerspruch aber auf Anraten des Gerichts zurück.

Nun trifft es die Polizei. Die Polizeidirektion Sigmaringen hatte zu einem Opferschutztag eingeladen. In der Ankündigung hieß es unter anderem:

Nach einer Pause darf man auf die Ausführungen von Rechtsanwalt Thomas Franz höchst gespannt sein. Er ist Fachanwalt für Strafrecht in Mannheim und war Anwalt des Opfers im Kachelmann-Prozess.

Kachelmann setzte nun eine Richtigstellung durch. Heute erklärte die Polizeidirektion Sigmaringen:

Soweit hierdurch der Eindruck erweckt wurde, Herr Kachelmann sei Täter einer Straftat stellen wir richtig:

Herr Kachelmann wurde von dem ihm zur Last gelegten Tatvorwurf mit inzwischen rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Mannheim freigesprochen und durfte daher zu keinem Zeitpunkt als Täter bezeichnet werden.

Berlin: Keine Strafen für Anwälte ohne Robe

Die Rechtsanwaltskammer Berlin hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Anwälte vor Gericht auch künftig eine Robe tragen müssen. In der Vergangenheit gab es, nicht nur in Berlin, immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Gerichten und Juristen, welche die schwarze Kutte für antiquert halten.

Die Berliner Anwaltskammer stellt nun fest, das Tragen einer Robe sei an den Berliner Gerichten “üblich”. Wer sich gegen diese Übung stelle, verstoße auch gegen das Berufsrecht. Sanktionen seien aber nur erforderlich, “wenn dadurch eine konkrete Gefahr für eine geordnete Rechtspflege, insbesondere eine Störung der für die Rechtsprechung erforderlichen Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität, entsteht.”

Mit anderen Worten: Die Kammer geht künftig gegen einen Robenverweigerer nur vor, wenn das Fehlen des Kleidungsstücks sich tatsächlich negativ auf das Verfahren auswirkt.

Fritz Teufel antwortete als Angeklagter in den Sechzigern auf die Aufforderung eines Richters, sich zu erheben, mit den Worten: “Wenn’s der Wahrheitsfindung dient.” So ähnlich dürfte es nun auch in Berlin mit der Robe sein. Ob der Anwalt nun in schwarzen Stoff gehüllt ist oder nicht, sollte die Atmosphäre einer Verhandlung ebenso wenig wie die Qualität der anwaltlichen Arbeit beeinflussen können. Jedenfalls dann, wenn der Richter sich einigermaßen zu zügeln vermag…

Die Diskussion im Vorstand der Anwaltskammer kann man hier nachlesen

Verlinkungsverbote

Ich bin jetzt mal mutig – mit diesem Link zur Industrie- und Handelskammer Leipzig. Dort heißt es nämlich:

Verlinkungsverbot

Eine Verlinkung mit der Homepage der IHK zu Leipzig ist nur mit ihrer ausdrücklichen Genehmigung zulässig. Ansonsten besteht ein Verlinkungsverbot.

Es ist eine Sache, wenn Blogger, Hoteliers und Ingenieurbüros so einen Unsinn auf ihre Homepages schreiben. Es lassen sich so einige googeln, die sich gegen ungenehmigte Links verwahren. Etwas anderes ist es, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wie eine IHK den Quatsch vom Verlinkungsverbot ernst zu nehmen scheint.

Die Möglichkeit, sich gegen fremde Links zu wehren, gab es nicht, gibt es nicht und wird es auch nie geben. Hoffnung für diese Prognose gibt mir der Umstand, dass es schon aus biologischen Gründen immer mehr Richter gibt, welche die Funktionsweise des Internets im Ansatz verstanden haben.

Aber immerhin ist die IHK Leipzig nicht alleine in der Behördenwelt. Auch die Mordkommission Frankfurt Oder möchte nicht, dass jemand ohne Genehmigung auf ihre Internetseite verlinkt. Warum das jetzt ausgerechnet der Fall ist, kann man nicht mal ahnen. Immerhin besteht die Seite zu 100% aus einem, Überraschung, Informationsangebot für die Öffentlichkeit.

So, nachdem ich gegen das Verlinkungsverbot verstoßen habe, packe ich schon mal die Zahnbürste ein.

Update: Die IHK Leipzig hat ihre Seite noch heute geändert.

Update 2: Die Mordkommission mittlerweile auch.

Einbrecherin grillt sich Würstchen

Einbrecher sind bei der Arbeit normalerweise nicht an Gesellschaft interessiert. Ganz anders sah es bei einer Frau aus, die gestern in Grevenbroich übers Kellerfenster in ein Einfamilienhaus eingestiegen ist. Sie ließ sich nicht mal durch die Kinder der Familie beirren, die während ihres Beutezuges nach Hause kamen.

In dem zunächst leeren Haus hatte die 42-jährige Einbrecherin erst Brauchbares zusammengesucht. Dazu gehörten Kosmetik, Lebensmittel, Spirituosen und vermutlich auch Kleingeld. Als sie die Sachen zum Abtransport bereitgestellt hatte, kam der jugendliche Nachwuchs der Familie nach Hause.

Die Einbrecherin ließ sich von den Kindern nicht aus der Ruhe bringen. Sie ignorierte die Kinder einfach, obwohl diese sie ansprachen. Während die Kinder dann die Polizei riefen, ging die Frau in den Garten.

Sie dachte dabei jedoch keineswegs an Flucht. Als die Polizeibeamten eintrafen, stand die Einbrecherin am Grill und garte einige Würstchen. Zum Essen kam sie jedoch nicht mehr, denn sie wurde festgenommen.

Gegenüber den Polizeibeamten erklärte die Frau, sie habe mit dem Zug nach Köln fahren wollen. Da sie hungrig war, sei sie aber in Grevenbroich ausgestiegen und habe sich auf die Suche nach Essbarem gemacht. Bevor sie im Haus den Grill anwarf, will sie schon einiges aus dem Kühlschrank gegessen habe.

Außerdem, so räumte die Einbrecherin schließlich ein, habe sie sich auch am Sektvorrat der Familie bedient. Was ihr Verhalten etwas nachvollziehbarer macht.

“Wir spielen mit dem Reiz des Verbotenen”

"Hier saugen Profi-Piraten", heißt es auf der Titelseite einer Computerzeitschrift. Oder auf dem nächsten Blatt: "So haben Polizei und Abmahner keine Chance". Eine andere Titelgeschichte stellt (und beantwortet) die Frage: "Wie legal ist illegal?" Nach Recherchen des NDR-Medienmagazins "Zapp" berichten viele deutsche Computerzeitschriften immer wieder detailliert und ausführlich über die verschiedensten Möglichkeiten, urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal aus dem Internet zu beziehen. Zapp beleuchtet den Hntergrund dieser permanenten Schlagzeilen. Die Sendung läuft heute abend um 23.20 Uhr. 

Offenbar als Folge des starken Konkurrenzdruckes in der Branche locken viele PC-Magazine ihre Leser mit raffinierten Schlagzeilen, etwa "Filme, Musik, Software: Die verbotensten Quellen!". Sie operieren damit womöglich am Rand der Legalität, jedenfalls aber strapazieren sie die Presseethik.

In den Artikeln wird nämlich meist Schritt für Schritt beschrieben, wie man sich Daten und Dateien aus dem Internet herunterlädt, es werden sogar die Namen von benötigten Tools und Internetseiten genannt. Die Inhalte, die auf diesen Seiten angeboten werden, sind häufig illegal. Im Kern geht es entweder darum, kostenlos an nahezu jedes beliebige Musikstück zu kommen, oder darum, Film- oder Software-Dateien aus dem Internet zu "saugen".

Hinter Titeln wie "So schalten Hacker Windows illegal ohne Seriennummer frei!" in der "PC Welt", Ausgabe 06/2011, verbergen sich außerdem genaue Anleitungen, wie auch unerfahrene Computernutzer Kopierschutzvorrichtungen umgehen können. Dazu werden den Lesern noch Hinweise geliefert, inwieweit sie Gefahr laufen, für ihr dubioses Handeln bestraft zu werden. "User können derzeit von der Polizei fast nie namentlich ermittelt werden!", lautet beispielsweise in der "PC Praxis" 06/2010 die Einschätzung eines Rechtsanwaltes.

Markus Mizgalski, stellvertretender Chefredakteur bei der Data Becker GmbH, antwortete "Zapp" für die "PC Praxis": "Der Leser erfährt durch unsere Berichterstattung, dass bestimmtes Verhalten illegal ist, unabhängig davon, wie groß das Risiko ist, erwischt zu werden. Wir animieren ihn nicht, sich illegal zu verhalten."

Andreas Hentschel, stellvertretender Chefredakteur von "Chip", sagte "Zapp": "Wir spielen natürlich mit dem Reiz des Verbotenen. Den gibt es ja ganz ohne Frage. Und wenn die Leute so das Gefühl haben, ‚Ah, vielleicht darf ich das gar nicht, das bewegt sich so in eine Richtung!‘, dann wird es auch wieder interessant. Und dann sind wir wieder bei dem Thema, wie wecke ich Neugier bei dem Leser. Wie kriege ich ihn vielleicht doch dazu, mein Heft zu kaufen?"

Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer Bundesverband Musikindustrie, will aufgrund der Erkenntnisse aus der "Zapp"-Recherche erneut eine Beschwerde gegen einzelne Computerzeitschriften beim Presserat prüfen. "Die Journalisten sind hier an einer sehr verantwortungsvollen Stelle und adeln diese illegalen Angebote noch durch den Print-Artikel".

Der Presserat hatte schon 2006 wegen ganz ähnlicher Berichte gegen die Computerzeitschriften "PC Go" und "PC Magazin" eine Rüge ausgesprochen. Grundsätzlich vertritt er die Meinung: "Unter presseethischen Gesichtspunkten ist es nicht akzeptabel, wenn den Lesern in Form einer derart detaillierten Darstellung in den Artikeln die Möglichkeit gegeben wird oder aufgezeigt wird, wie sie illegal Software downloaden können."

Mütter müssen Vater ihres Kindes nennen

Mütter von Kuckuckskindern dürfen über die Person des wirklichen Vaters nicht schweigen. Zumindest dann nicht, wenn ein Scheinvater Unterhalt für das Kind, das gar nicht von ihm stammt, gezahlt hat und er das Geld nun vom wirklichen Erzeuger zurückhaben möchte. Der Bundesgerichtshof bejaht in einem heute veröffentlichen Urteil einen Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter.

Insgesamt 4.575 Euro zahlte ein Mann als Unterhalt für ein Kind, das im Januar 2007 zur Welt gekommen war. Der vermeintliche Vater hatte mit der Mutter bis zum Frühsommer 2006 zusammengelebt. Nachdem sie ihn aufgefordert hatte, Verantwortung für das “gemeinsame Kind” zu übernehmen, erkannte er die Vaterschaft an.

Später kam es dann zu einem Unterhaltsprozess und anderen Rechtsstreitigkeiten. In diesem Rahmen wurde ein Vaterschaftsgutachten eingeholt. Danach ist der Mann eindeutig nicht der Vater des Kindes. Seine Vaterschaftsanerkennung wurde gerichtlich aufgehoben.

Das Gesetz sieht für diesen Fall vor, dass der Scheinvater nun vom wirklichen Vater den irrtümlich gezahlten Unterhalt verlangen darf. Zwar wusste der Scheinvater, dass mittlerweile ein anderer Mann Unterhalt für das Kind zahlt. Dessen Namen kannte er jedoch nicht. Deshalb verlangte er von der Mutter des Kindes Auskunft darüber, mit wem sie in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr hatte.

Schon die Instanzgerichte verurteilten die Mutter zur Auskunft. Diese Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof nun endgültig bestätigt. Nach Auffassung der Karlsruher Richter ergibt sich der Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben. Die Mutter könne unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt, so der juristische Fachbegriff, hat und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leistet. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den  Beteiligten ergebe sich aus dem seinerzeitigen Vaterschaftsanerkenntnis, das der Mann abgegeben hat.

Zwar berühre die Auskunftspflicht das Persönlichkeitsrecht der Mutter, denn die Frage greife in ihre Privat- und Intimsphäre ein. Dieser Schutz sei aber nach dem Grundgesetz eingeschränkt durch die Rechte Dritter.

Bei der erforderlichen Abwägung berücksichtigen die Richter, dass die Mutter den Mann ausdrücklich als Vater benannt hat. Damit habe sie gleichzeitig erklärt, dass niemand anderer als Vater in Betracht kommt. Schon diese Art “Falschaussage” führt nach Auffassung der Richter dazu, dass das Auskunftsrecht des Scheinvaters überwiegt.

Der Betroffene kann seinen Auskunftsanspruch jetzt gerichtlich durchsetzen. Im Falle einer Weigerung müsste die Mutter Ordnungsgelder zahlen oder sogar in Erzwingungshaft, die bis zu sechs Monate dauern darf.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. November 2011, Aktenzeichen XII ZR 136/09

Keine Fünfprozentklausel bei Europawahlen

Eine Fünfprozentklausel bei Europawahlen ist in Deutschland rechtswidrig. Dies hat das Bundesverfassungsgericht für die Europawahl 2009 entschieden. Die Karlsruher Richter vermissen einen ausreichenden Grund dafür, Parteien mit weniger als fünf Prozent Stimmen den Einzug ins Europaparlament zu verweigern.

In seiner Entscheidung hebt das Gericht den Grundsatz hervor, dass jede Wählerstimme gleiches Gewicht haben muss. Hiervon dürfe nur abgewichen werden, wenn es aus wichtigen Gründen erforderlich sei. Die Fünfprozentklausel wird stets mit Lehren aus der Weimarer Republik begründet. Danach soll eine Zersplitterung des Parlaments in viele Fraktionen vermieden werden, die zur Selbstlähmung führen kann.

Auf europäischer Ebene hält das Verfassungsgericht solche Vorsorge nicht für notwendig. Die Richter verweisen darauf, dass schon heute 162 Parteien Abgeordnete ins Europaparlament entsenden, weil es die Fünfprozenthürde in anderen europäischen Ländern nicht gibt. Ohne deutsche Sperrklausel wären es 169 Parteien gewesen. Das macht nach Auffassung der Richter keinen großen Unterschied.

Trotz einer großen Zahl von Parteien funktioniere das Europaparlament auch. Die teilweise kleinen Gruppen hätten sich meist entsprechend ihrer Grundausrichtung zu größeren Fraktionen zusammengeschlossen. Diese Blöcke ermöglichten eine funktionierende Arbeit.

Außerdem wähle das Europaparlament keine Regierung. Eine eventuelle Zersplitterung führe deshalb nicht unbedingt zu Blockaden oder einer Handlungsunfähigkeit der Exekutive.

Das Verfassungsgericht betont ausdrücklich die großen Unterschiede zwischen europäischer und deutscher Ebene. Aus der Entscheidung kann man deshalb herauslesen, dass Klagen gegen die Fünfprozenthürde in Deutschland wohl keinen Erfolg hätten.

Die Kläger hatten sich auch gegen das starre Listenwahlsystem für die Euopawahl gewandt. Hieran hat das Bundesverfassungsgericht jedoch nichts auszusetzen.

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. November 2011, Aktenzeichen 2 BvC 4/10, 2 BvC 6/10, 2 BvC 8/10

Nachschlag für die Brille

Eine unachtsame Armbewegung, und die Brille unseres Mandanten zersplitterte auf dem Asphalt. Gestell und Gläser waren hinüber. Immerhin hatte der Übeltäter eine Haftplichtversicherung. So ging unser Mandant davon aus, dass er den Schaden ersetzt erhält.

Doch genau hier lag das Problem. Was ist der Schaden? Der Neuwert der Brille, die vor anderthalb Jahren 600 Euro kostete? Oder doch nur der “Zeitwert”, wie auch immer man diesen ermitteln mag? Wenig überraschend setzte die Versicherung auf letztere Variante. Sie überwies gerade mal 300 Euro. Mit der Begründung, schon durch den Gebrauch habe die Brille deutlich an Wert verloren. Und außerdem müsste die Sehstärke unseres Mandanten ja ohnehin bald wieder angepasst werden.

In mehreren Stellungnahmen zitierte die Versicherung knapp zehn Urteile von Amtsgerichten, die das angeblich genau so sehen wie sie. Wir dagegen verwiesen auf ein Urteil des Landgerichts Münster, wonach auch bei älteren Brillen der Kaufpreis zu erstatten ist, wenn besondere Umstände Vorliegen. Zum Beispiel wenn jemand schnell auf eine neue Brille angewiesen ist.

Beim Mandanten kam noch hinzu, dass er nach dem Kauf der Brille seinen Arbeitsplatz verloren hat. Heute hätte er gar nicht das Geld, um die gezahlten 300 Euro aufzustocken, damit er wieder an eine gleichwertige Brille kommt. Wir erlaubten uns mal, dies ebenfalls als besonderen Umstand zu sehen.   

Die Briefe der Versicherung klangen zunächst ultratrocken. Weitere Zahlungen kämen definitiv nicht in Betracht, hieß es sogar einmal. Wir haben dann unmissverständlich erklärt, es sei an der Zeit, die Sache vor Gericht zu klären. Was auch wirklich möglich gewesen wäre, denn der Mandant ist rechtsschutzversichert.

Offenbar hat die Versicherung nur geblufft. Oder nach der Klagedrohung hat Bernd Stromberg die Akte übernommen und entschieden, bevor ich mir Arbeit mache, gebe ich lieber das Geld meines Arbeitgebers aus. So kamen etwas überraschend dann noch mal 200 Euro. Das sind 5/6 des damaligen Kaufpreises.

Damit will es der Mandant dann auch gut sein lassen.

Schweizer Bahnen: Handtuchverbot auf dem Nebenplatz

Die Schweizerischen Bundesbahnen greifen durch: Fahrgäste, die mit Jacken oder Taschen den Sitzplatz neben sich blockieren, müssen künftig einen extra Fahrschein lösen. Die Schaffner sind angewiesen, uneinsichtige Sitzplatzblockierer in den Zügen auch wirklich zur Kasse zu bitten.

Um Fahrgästen Herr zu werden, die niemand neben sich dulden, ändern die Schweizerischen Bundesbahnen zum 11. Dezember extra die Hausordnung. Bislang, so der Tagesanzeiger, hätten die Zugbegleiter gerade in den vollen Pendlerzügen immer an den gesunden Menschenverstand appelliert. Oftmals aber erfoglos, weshalb ihnen die Bahnspitze nun eine Handhabe gegen Sitzblockierer verschaffe.

Eine Idee, über die man auch mal in Deutschland diskutieren könnte. Ganz unbekannt ist das Problem bei uns ja auch nicht.

(via)

Polnisch für Volljuristen

Der Vorwurf lautete auf Erpressung. Angeblich soll mein Mandant versucht haben, durch Drohung einen Mann um 25.000 Euro zu erleichtern. Schon als ich seinerzeit die Ermittlungsakte las, hielt ich das für eine weitgehende Interpretation. Das vermeintliche Opfer erklärte der Polizei nämlich, mein Mandant habe gesagt, er werde “unbrav”, wenn er kein Geld kriege.

So ein Begriff ist natürlich auslegungsbedürftig. Unbrav könnte, jedenfalls nach meinem Verständnis, auch bedeuten, dass man vor Gericht klagt. Oder was über den Streit ins Internet schreibt, damit keiner den vermeintlichen Schuldner mehr lieb hat. Auch das sind Übel, aber eben keine “empfindlichen”, wie sie der Erpressungsparagraf verlangt.

Mit dem Wort unbrav mussten wir uns aber gar nicht beschäftigen. Der Zeuge, der nur polnisch spricht, hatte vor Gericht plötzlich eine ganz andere Erinnerung. Mein Mandant habe gar nicht unbrav gesagt. Vielmehr habe er ein anderes Wort  gebraucht, das im Polnischen unwirsch bedeutet. Oder auch unhöflich. Je nach Betonung auch beides zusammen. So jedenfalls erklärte es uns der vereidigte Dolmetscher.

Unwirsch und/oder unhöflich – sind wir das nicht alle mal? Die Sache mit der Drohung schien dem Staatsanwalt spätestens mit dieser Klarstellung auch nicht mehr geheuer.

Dabei hatten wir noch gar nicht diskutiert, dass mein Mandant ja gar kein Polnisch spricht. Deshalb hatte er einen polnischen Freund dabei, der seine Worte dolmetschte. Wer sagt denn, dass das, was aus dem Mund des Dolmetschers kam, eine korrekte Übersetzung der Worte meines Mandanten war? (Der Freund sagte es jedenfalls nicht, denn auch er war angeklagt und besaß ein Schweigerecht.)

Das Verfahren wurde eingestellt. Wir dürfen somit alle weiter unhöflich sein, ohne dafür Gefängnis fürchten zu müssen. 

Wir schalten um

Für das ZDF-Blog “Hyperland” habe ich die bislang bekannte Geschichte des Schultrojaners aufgeschrieben und mir Gedanken gemacht, wie es zu so einem politischen Totalausfall kommen kann.

Der Beitrag heißt “Schultrojaner: Pädagogisch kontraproduktives Spitzelmodell”. Er  ist hier zu lesen.

Telefonate aus der Psychiatrie: Mondpreise sind unzulässig

Strafgefangene in psychiatrischen Krankenhäusern dürfen für Telefonate nicht übermäßig zur Kasse gebeten werden. Einen Tarif von 15 Cent pro Minute hält das Verwaltungsgericht Dresden für zu hoch. So viel hatte das Sächsische Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Arnsdorf (Landkreis Bautzen) einem Patienten für Festnetztelefonate in Rechnung gestellt.

Die Klinik selbst zahlt für die Telefonminute nur 1,98 Cent. Dennoch verteidigte das Land Sachsen als Träger der Klinik den Aufschlag von rund 650 Prozent. Es entstehe Aufwand für die Wartung der Telefonanlage, außerdem müssten für die häufig wechselnden Patienten Rufnummern programmiert werden, sofern deren Gespräche nach draußen beschränkt seien.

Die Richter sahen das nicht als ausreichende Gründe an. Nach den gesetzlichen Vorgaben müsse das Leben im Maßregelvollzug den allgemeinen Lebensbedingungen angeglichen werden, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zwecks der Unterbringung möglich sei. Dazu gehöre auch, dass Telefongespräche – ebenso wie sonstige Angebote – marktgerechten Preisen entsprechen.

Der marktgerechte Preis könne allerdings über dem Tarif liegen, den die Klinik bei einem besonders günstigen Anbieter zahlt. Das Verwaltungsgericht Dresden lässt es deshalb zu, dass die Entgelte der Deutschen Telekom zu Grunde gelegt werden. Der Kläger hatte bei der Telekom Minutenpreise zwischen 1,6 und 5,03 Cent ermittelt. Den Maximalsatz darf die Klinik nicht überschreiten, sofern das Urteil rechtskräftig wird. Damit müsste der Betroffene nur noch ein Drittel für seine Telefonate zahlen.

Das Urteil kann erhebliche Bedeutung gewinnen. Die meisten Kliniken berechnen unfreiwillig Untergebrachten stattliche Sätze. Das gilt aber auch für Gefangene in normalen Haftanstalten. Ich habe schon von Minutenpreisen von bis zu 40 Cent gehört – auch für Telefonate mit dem eigenen Verteidiger. Dabei handelt es sich faktisch um Zwangsgebühren, denn Untersuchungsgefangene dürfen nach der Strafprozessreform zwar endlich ihren Anwalt anrufen, kriegen aber normalerweise keine eingehenden Gespräche durchgestellt.

Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 18. Oktober 2011, Aktenzeichen 2 K 1431/08