Bahncard vergessen kostet nur sieben Euro

Die Bahn darf lediglich eine Gebühr von sieben Euro berechnen, wenn ein Fahrgast seine Bahncard nicht vorzeigen kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Kunde seine Bahncard innerhalb von einer Woche nach der Fahrt am Schalter vorlegt. Unter Umständen kann sich die Frist sogar verlängern – so hat es das Amtsgericht München entschieden.

Die Bahn hatte einer Müncherin ein erhöhtes Beförderungsentgelt verlangt. Die Frau hatte sich eine Bahncard gekauft, aber zunächst nur eine vorläufige Bahncard erhalten, die bis zum 19. März 2012 gültig war. Die eigentliche Bahncard ließ auf sich warten. Dennoch fuhr die Frau Ende April mit dem Zug nach Düsseldorf. Dem Schaffner konnte die Reisende nur ihre (abgelaufene) vorläufige Bahncard zeigen.

Das akzeptierte der Kontrolleur nicht. Er berechnete erneut einen erhöhten Fahrpreis von 109 Euro, also etwa das Doppelte des Bahncard-Tarifs. Die Bahnkundin zahlte jedoch nicht, sondern legte im Juli ihre Bahncard 50 an einem Schalter vor. Die Bahn verlangte nach wie vor die 109 Euro Fahrpreis, blitzte beim Amtsgericht München jedoch ab.

Gemäß § 12 der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO), so das Gericht, sei der Reisende zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet, wenn er sich einen gültigen Fahrausweis beschafft habe, ihn jedoch bei einer Prüfung der Fahrausweise nicht vorzeigen könne.

Der erhöhte Fahrpreis ermäßige sich jedoch auf 7 Euro, wenn der Reisende innerhalb einer Woche an einem Bahnhof belege, dass er am Reisetag einen gültigen Fahrausweis hatte.

Diese Norm ist laut Gericht erweiternd so auszulegen, dass auch für den Fall einer erworbenen Bahncard, die lediglich noch nicht übersandt worden sei, nur ein Betrag von 7 Euro geschuldet werde. Die Fristbestimmung von 1 Woche gelte insoweit nicht, da die Einhaltung der Frist nicht in der Sphäre des Kunden liege.

Schließlich verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn die Bahn durch spätere Übersendung der Bahncard 50 erreichen könnte, dass die Beklagte für eine Fahrt den vollen Fahrpreis zahlen müsse. Zahlen müsse die Beklagte jedoch die als Verwaltungsgebühr anzusehenden 7 Euro.

Für Bahnkunden kann das Urteil Signalwirkung haben. Jedenfalls wird hierdurch anerkannt, dass man eine vergessene Bahncard problemlos innerhalb von einer Woche nachträglich vorzeigen kann. An sich müssten dann auch zu viel gezahlte Fahrtkosten erstattet werden – wenn der Zugbegleiter die Weiterfahrt von einer Barzahlung im Zug abhängig macht. 

Amtsgericht München, Urteil vom vom 27. Dezember 2012, Aktenzeichen 173 C 21023/12

Uhlandgymnasium – die Gewinner

Hier im law blog gab es drei Exemplare des neuen Romans von Lothar Müller-Güldemeister zu gewinnen (Einzelheiten hier). Der Rechtsanwalt und Autor erzählt in seinem Buch, erzählt, wie aus einem jugendlichen Straftäter ein von Skrupeln geplagter Rechtsanwalt wird, der auf der Suche nach der Vergangenheit erneut in tödliche Machenschaften verstrickt wird.

Die Gewinner habe ich aus den Kommentatoren ausgelost. Es sind

Mauermer,

Praktikantin und

Meisterkind.

Die Gewinner kriegen eine Mail, damit sie mir die Versandadresse für das Buch mitteilen können. Autor und Verlag kümmern sich dann um alles weitere.

Wer kein Glück hatte, kann “Uhlandgymnasium” natürlich auch im Buchhandel oder bei Amazon erhalten.

Bandbreitenreduzierungsklausel

“Schnelles Internet ist da,“ wirbt aktuell die Düsseldorfer Telefongesellschaft Vodafone, „wo du bist“. Aber was ist „schnell“? Und „wo“ ist der Kunde gerade? Schließlich: Wie viel kostet so ein Anschluss denn?

Diese Fragen hatte sich Frau T. in Saarbrücken nicht gestellt. Sie hatte auf das Versprechen der Gesellschaft vertraut, einen DSL-Anschluss namens "Internet 6000" zu bekommen. Sie wurde enttäuscht, denn Vodafone teilte ihr mit, sie müsse aus technischen Gründen mit “Internet 2000“ zufrieden sein.

Angeblich hatte Frau T. einen einschränkenden Passus unterschrieben. „Sollte Vodafone-Internet mit der von mir gewünschten Bandbreite nicht zur Verfügung stehen”, heißt es dort, “möchte ich das von mir ausgewählte Paket inkl. der ausgewählten Sprach-Extras mit der maximal verfügbaren Bandbreite erhalten.“

Gegen diese „Bandbreitenreduzierunsklausel“ ging der Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin an, klagte schließlich vor dem Landgericht Düsseldorf. Dort wurde Vodafone die Klausel verboten. Doch der Konzern wollte es wissen, er stritt bis in die zweite Instanz – und hat auch die rechtskräftig verloren.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf, so wurde jetzt bekannt, untersagte nicht nur die Klausel, sondern auch „inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen mit Verbrauchern“.  Für jeden Verstoß droht der 6. Zivilsenat dem Konzern ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro an.

Vergeblich hatte sich Vodafone mit dem Argument gewehrt, die Klausel sei eine „reine Leistungsbeschreibung“ und damit für den Verbraucher zumutbar. Die einschränkende Klausel lasse nämlich die („ausschließlich technischen“) Gründe für eine etwaige Abweichung von dem ursprünglich vereinbarten Leistungsinhalt „durchaus mit ausreichender Deutlichkeit“ erkennen.

Diese angeblich reine Leistungsbeschreibung, so hielt der Bundesverband der Verbraucherzentralen dagegen, sei bereits durch den Wortlaut der Klausel nicht gedeckt. Der Verbraucher falle womöglich darauf herein, dass ihm ein anderes als das von ihm eigentlich gewünschte Produkt geliefert werde.

Das Oberlandesgericht schloss sich dieser Auffassung an. „Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Klausel mehrdeutig ist.” Das Oberlandesgericht ließ die Revision zu, aber davon macht Vodafone keinen Gebrauch.

Inzwischen macht die Marketing-Abteilung von Vodafone aus dem verlorenen Prozess ein Versprechen. Der umstrittene Passus sei aus den Vertragsunterlagen gestrichen worden. Sollte künftig die vereinbarte Bandbreite nicht erreicht werden, verspricht Konzernsprecher Thorsten Höpken, werde der Vertrag storniert. (pbd)

Aurich hat keinen Bahnhof

Mit der Suche nach einem genehmen “fliegenden Gerichtsstand” kann man es auch übertreiben. Das erlebten jetzt ein Abmahnanwalt und seine Klientin. Sie fielen mit einem Prozess vor dem Landgericht Aurich auf die Nase – das Gericht hält sich für zu abgelegen und damit nicht zuständig.

Dabei hatte die Abmahnerin das Gesetz erst mal auf ihrer Seite. Sie verwies darauf, dass es  auch in Aurich Internet gibt. Deshalb sei das dortige Landgericht auf jeden Fall zuständig, um eine einstweilige Verfügung zu erlassen. Der “fliegende Gerichtsstand” ermöglicht es nämlich, bei einer Online-Geschichte (es ging um angeblich fehlerhafte Vertragsbedingungen und Widerrufsbelehrungen) an jedem beliebigen Ort zu klagen, sofern das Angebot dort abrufbar war.

Allerdings fiel auch dem Landgericht Aurich auf, dass weder die Klägerin, deren Anwalt noch die Beklagte oder deren Prozessvertreter in Aurich sitzen. Oder zumindest in der Nähe. Dem Gericht stellte sich damit die Frage, wieso ausgerechnet so weit im Norden geklagt wird.

Als einzige Erklärung blieb der offensichtliche Wunsch der Klägerin oder ihres Anwalts, die Gegenseite zu schikanieren. Das Gericht:

Daraus erschließt sich die Absicht, den Antragsgegner durch die Wahl eines im Bundesgebiet abgelegenen und von seinem Geschäftssitz verkehrsmäßig nur schwer (Aurich hat keinen Bahnhof für Personenbeförderung) zu erreichenden Gerichtsortes zu benachteiligen. Er müsste nämlich für den Widerspruch gegen eine etwaige einstweilige Verfügung entweder einen ihm unbekannten Rechtsanwalt am Gerichtsort beauftragen oder einen am Wohnort ansässigen Anwalt für die Tagesreise nach Aurich und zurück honorieren.

Vor diesem Hintergrund war die Klage unzulässig. Auch wenn andere Städte einen Bahnhof haben, könnten sie sich eine Scheibe von der Argumentation abschneiden. Immerhin stellt sich auch in anderen Fällen die berechtigte Frage, wieso ohne jeden örtlichen Bezug eines Beteiligten zum Beispiel in Hamburg, Köln oder Berlin geklagt wird.

 Landgericht Aurich, Beschluss vom 22. Januar 2013, Aktenzeichen 6 O 38/13 (5)

Heise will sich nicht auf Leistungsschutz berufen

Das Leistungsschutzrecht wird auch von Verlagen nicht unbedingt als Geschenk empfunden. Der Heise Zeitschriften Verlag geht jetzt in die Offensive.

Das Verlagshaus veröffentlichte heute eine Erklärung, wonach trotz Leistungsschutzrecht bei Heise alles beim alten bleibt. Wörtlich heißt es:

Grundsätzlich halten wir, unabhängig von allen ökonomischen, betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Überlegungen, eines für elementar: Die Freiheit der Berichterstattung, der Verlinkung und des Zitierens, wer immer sie auch in Anspruch nimmt, darf keinesfalls gefährdet werden. Oder, um es allgemeiner zu formulieren: Wir akzeptieren keine Einschränkungen der Freiheiten und Möglichkeiten des Internet.

Konkret bedeutet das laut Heise folgendes:

Daher legen wir Wert darauf, unseren Nutzern noch einmal klar öffentlich zu erklären, dass Links auf und kurze Textausschnitte/Snippets aus unseren Publikationen weiter höchst willkommen sind und dass dies weiterhin keiner Erlaubnis des Verlages bedarf oder gar Geld kostet. Selbstverständlich werden wir auch niemanden deswegen abmahnen oder auf eine andere Weise dagegen juristisch vorgehen. Als Richtlinie hier gilt: Erlaubt ist zum Beispiel die Übernahme der Artikelüberschrift nebst Anrisstext oder eine vergleichbare Textlänge.

Heise orientiert sich also weiter am bislang geltenden Zitatrecht, das lediglich Groß- oder Komplettzitate untersagt. In diesen Fällen will der Verlag zumindest gefragt werden. Das gelte auch für die gewerbliche Nutzung von Texten, etwa für Werbung.

Vielleicht macht das Beispiel Heise ja Schule. Für Blogger und andere Online-Publizisten wäre es dann sehr viel einfacher, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Indem sie bevorzugt nur noch dort zitieren, wo dies nicht mit einem Abmahnrisiko verbunden ist.

Nachtrag: Ein ebenso klares Statement kommt von golem.de

Wie lange dauert eine siebentägige Reise?

Wie viele Übernachtungen muss eine “siebentägige Reise” umfassen? Diese Frage stellte sich den Richtern am Oberlandesgericht Köln in einem Streit ums Wettbewerbsrecht. Verklagt war ein Reiseunternehmen, weil es für eine siebentägige Pauschalreise geworben hatte – obwohl der Aufenthalt vor Ort nur sechs Nächte dauerte.

Auch wenn Verbraucherschutz ansonsten groß geschrieben wird, mochten die Richter sich nicht mit der doch etwas sonderbaren Auslegung des Zeitraums “siebentägig” anfreunden. Üblicherweise verstehe niemand das Angebot einer siebentägigen Reise so, dass diese auch sieben Übernachtungen umfasst. Ganz im Gegenteil, so das Oberlandesgericht:

Vielmehr ist es bei Reisen üblich, dass sowohl der Anreise- als auch der Abreisetag als Reisetage mitgezählt werden, so dass von einer siebentägigen Reise bereits dann gesprochen werden kann, wenn diese sechs Übernachtungen umfasst. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Reiseangebot – wie bei dem der Antragsgegnerin – optional auch An- und Abreise umfasst.

Niemand – außer den Klägern – gehe davon aus, dass er bei einer siebentätigen Reise auch tatsächlich 7 x 24 Stunden vor Ort ist. Dementsprechend gebe es auch keinen Anspruch darauf, dass eine siebentägige Reise auch sieben Übernachtungen umfasst.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 22.01.2013, Aktenzeichen 6 W 17/13

Ein Grauen für alle, die ins Netz schreiben

Die Debatte um das Leistungsschutzrecht nimmt absurde Züge an. In letzter Minute vor der abschließenden Beratung im Bundestag hat die Regierungskoalition das Gesetz um genau den Punkt entschärft, der offiziell eigentlich noch eine Rolle spielte. Auch Suchmaschinen, insbesondere Google, sollen künftig weiter kostenlos Texte anreißen dürfen.

Da sich auf diesem Gebiet also nichts ändern wird, stellt sich die Frage: Wer braucht eigentlich das Leistungsschutzrecht? Ich habe nach wie vor die große Befürchtung, dass es in Wirklichkeit gar nicht gegen Google geht. Sondern darum, die Deutungshoheit der Verlage im Netz gegenüber Blogs, Facebook und Twitter zurückzugewinnen.

Um es vorwegzunehmen: Das Projekt kann nur um den Preis der Meinungsfreiheit gelingen. Ziel der Verleger ist es, die öffentliche Beschäftigung mit Nachrichten riskant zu machen. Wer sich in seinem Blog, auf Facebook oder Twitter mit aktuellen Ereignissen auseinandersetzt, soll sich abmahngefährdet fühlen. Mit der Folge, dass viele lieber gar nichts mehr schreiben, weil sie keinen Bock und schon gar nicht das Geld haben, um Verlagsabmahnungen wegen angeblich illegal übernommener Textpassagen abzuwehren.

Trotz der Entschärfung der ursprünglichen Entwürfe gibt es noch genug Einfallstore, um die Abmahnmeute auf Menschen zu hetzen, die im Netz ihre Meinung sagen. Man kennt das System doch zur Genüge von den Filesharing-Abmahnungen.

Die Rechtslage dort ist in vielen Punkten ungeklärt. Vieles spricht sogar dafür, dass der weitaus größte Teil der Abmahnungen nie und nimmer vor Gericht Bestand hätte. Aber hat das die Rechteverwerter daran gehindert, eine gigantische Abmahnwelle über deutsche Haushalte schwappen zu lassen?

Es geht nämlich gar nicht darum, ob die Abmahner eindeutig Recht haben. Den Abmahnern reicht es schon, nicht offensichtlich im Unrecht zu sein. Den Rest besorgt das strukturelle Ungleichgewicht. Anwaltsbriefe, noch dazu mit hohen Geldforderungen, versetzen die meisten Menschen nach wie vor in Angst. Für viele stellt sich schon aus finanziellen Gründen gar nicht die Frage, ob sie sich gegen Abmahnungen wehren. Vielmehr bevorzugen viele notgedrungen eine andere Lösung: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Nicht anders wird es mit dem Leistungsschutzrecht sein. Die Verlage werden abmahnen. Es reicht für dieses Vorgehen ja schon, wenn sie sich auf einen einigermaßen plausiblen Rechtsstandpunkt stellen. Ob und wie die Gerichte später darüber mal urteilen, spielt doch gar keine Rolle. Hauptsache, die Abmahnkarte zieht die ersten paar Jahre. Dann sieht man halt weiter.

Wie lange die Welle geritten werden kann, kann man schön an der Frage sehen, wie teuer einfache Abmahnungen eigentlich sein dürfen. Der Gesetzgeber wollte die Kosten auf 100 Euro deckeln. Weil die Formulierung, etwa zur Frage der Gewerblichkeit, auch nur ein wenig schwammig geraten ist, wurde dieses Einfallstor genutzt. Abmahnkosten von 100 Euro? Über die hehren Ziele des Gesetzgebers lachen sich die beteiligten Anwälte heute immer noch kaputt. Zumal eine jetzt in Angriff genommene Reform die alten Fehler wiederholt. Das Spiel geht also weiter.

Diese Einfallstore gibt es auch beim Leistungsschutzrecht. Alle Hinweise in den Gesetzesentwürfen, dass die Regeln nicht für Menschen gelten sollen, die privat ins Internet schreiben, werden bald vergessen sein. Oder schon von Anfang an keinen interessieren. Die Abmahnungen, welche Anwälte im Auftrag der Verlage wegen angeblicher Copyright-Verletzungen verfassen, werden jedenfalls ebenso überzeugend und bedrohlich klingen wie Post von Filesharing-Kanzleien.

Dies gilt umso mehr, als die Verleger niemals eine realistische Chance hatten, von Google nennenswerte Gelder zu bekommen. Entweder dreht Google den Hahn ab, indem die Firma alle Zeitungsangebote aussperrt. Oder es läuft auf eine symbolische Zahlung Googles für irgendeinen guten Zweck hinaus, welche die Finanzierungslücke der Verlage nie und nimmer schließt.

Der Glaube an das Gute im deutschen Verleger wird am Ende auch nicht weiterhelfen. So wie die Branche unter Führung des Axel Springer Verlages bislang agiert hat, wird sie es sich nicht nehmen lassen, bei uns allen wenigstens einige Früchte des Leistungsschutzrechts zu ernten.

Massenabmahner geht in die Insolvenz

Lange war die Firma DigiProtect eine feste Größe auf dem Abmahnmarkt. Das Unternehmen schickte unzähligen Internetnutzern Schreiben, in denen diese zur Zahlung stattlicher Beträge aufgefordert wurden. Fast immer ging es um angebliches Filesharing. Nun kommt eine überraschende Nachricht zu DigiProtect. Das Unternehmen hat Insolvenz angemeldet – nachdem es sich kurz vorher noch umbenannt hat.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat bei der Firma "FDUDM2 GmbH" das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet. Natürlich kam schnell heraus, dass es sich bei FDUDM2 um die frühere DigiProtect handelte.

Die Hintergründe der möglichen Pleite sind bislang unklar. An sich gilt das Abmahngeschäft im Filesharing-Bereich bislang als sichere Bank. Die Abmahnungen bestehen regelmäßig aus Textbausteinen, die Forderungen sind hoch. Ebenso die Zahl der Menschen, die sich von den Vorwürfen beeindrucken lassen und zügig Abmahnkosten und Schadensersatz überweisen.

Allerdings spricht einiges dafür, dass die Zahl der “Sofortzahler” stetig sinkt. Zum einen ist die Rechtslage keineswegs so eindeutig, wie es die Abmahner gerne darstellen. Zum anderen bedeutet Leute verklagen natürlich einen viel größeren Aufwand als der tumbe Versand von Massenbriefen. Wobei hinzu kommt, dass jeder öffentlich verlorene Prozess (und davon gibt es eine ganze Menge) natürlich die Neigung vieler Betroffener sinken lässt, freiwillig auf die Forderungen einzugehen.

Mittlerweile verjähren mit jedem Jahreswechsel auch immer zigtausende Forderungen, weil dann eben doch nicht geklagt wird. Überdies war DigiProtect schon immer bekannt dafür, sehr schnell die Anwälte zu wechseln. So ganz reibungslos scheint das Geschäft also nicht gelaufen sein.

Was mit dem Geld passiert ist, das DigiProtect über die Jahre eingenommen hat, wird nun der Insolvenzverwalter klären müssen. Noch interessanter ist natürlich die Frage, was aus den Abmahnungen wird. Die heute noch Betroffenen wurden im Zweifel ja schon etliche Male angeschrieben. Sie haben sich aus guten Gründen nicht weichklopfen lassen.

Ob sich da noch jemand findet, der die Forderungen ernsthaft anpackt, darf bezweifelt werden.

Airlines haften auch für verpasste Anschlussflüge

Wenn es darum geht, eine Flugverspätung zu rechtfertigen, sind Fluggesellschaften um keine Ausrede verlegen. Einen Bärendienst hat jetzt die Air France ihren Mitbewerbern geleistet. Eine Klage gegen die Airline führte jetzt dazu, dass der Europäische Gerichtshof nun klare Vorgaben gemacht hat, wie eine Flugverspätung zeitlich zu berechnen ist. Reisende werden sich über das Urteil freuen.

Eine Frau hatte wegen der Verspätung ihres Zubringerfluges ihre Anschlussflüge nach Brasilien und Paraguay verpasst. Deshalb kam sie erst mit elf Stunden Verspätung in Paraguay an. Sie verlangte dafür die gesetzliche Entschädigung von 600 Euro, die bei mindestens dreistündiger Verspätung eines Fernfluges in Höhe von 600 Euro fällig ist.

Air France wollte dagegen gar nichts zahlen. Und zwar mit kreativer Begründung: Der Zubringerflug sei zwar verspätet gewesen, aber weniger als drei Stunden. Dafür gebe es aber keine Entschädigung. Dass die Frau wegen der Verspätung des Zubringerfluges die Anschlussflüge verpasst habe, spiele keine Rolle. Denn die Zubringerflüge seien ja ansonsten pünktlich gestartet.

Der Europäische Gerichtshof sagt hierzu klipp und klar: Es kommt nicht darauf an, um wie viel Einzelflüge verspätet sind. Bei verspätungsbedingt verpassten Anschlussflügen komme es nur darauf an, wie groß die Verspätung am Ziel der Reise ist. Air France muss der Kundin also die Entschädigung von 600 Euro zahlen.

Erst vor kurzem hatte der Europäische Gerichtshof ein weiteres wichtiges Urteil gefällt. Airlines können sich bei Verspätungen nicht auf “höhere Gewalt” berufen und den Kunden das Reiserisko aufbürden. In diesem Fall setzte sich eine Reisende durch, die wegen des Vulkanausbruchs eine Woche auf Island festsaß. Hier hatte sich Ryanair geweigert, Hotel und Verpflegung zu zahlen.

Auch Fußballtrainer haben Rechte

Der Kündigungsschutz ist vielen Arbeitgebern ein Dorn im Auge. Deshalb werden auch immer wieder kreative Lösungen gesucht, um sich zu einem angenehmen Zeitpunkt von Mitarbeitern trennen zu können. Ein bekannter Aachener Fußballverein verließ sich da womöglich zu sehr auf die Empfehlungen der Hausjuristen. Jedenfalls erlitt der Club jetzt vor dem Arbeitsgericht Aachen eine juristische Niederlage. Das Gericht erklärte die Kündigungen des Cheftrainers, der Co-Trainer und des Torwarttrainers für unwirksam.

Das Arbeitsgericht sah sich mit einem “Klauselwerk” konfrontiert, das zunächst mal ganz plausibel klang. Danach verzichteten die drei Trainer auf Klagen gegen eine eventuelle Kündigung. Im Gegenzug sagte der Verein ihnen zu,  im Falle einer Kündigung eine Abfindung von drei Monatsgehältern zu zahlen.

Auch wenn solche Regelungen im Sport gar nicht selten vorkommen, hatte sie keinen Bestand vor den Augen der Richter. Die Vereinbarung entziehe dem Arbeitnehmer ein quasi unveräußerliches Recht. Nämlich die Möglichkeit, sich vor Gericht gegen eine unberechtigte Kündigung zu wehren. Dieses Recht dürfe nicht unzulässig beschnitten werden, auch nicht durch die Zusage einer Abfindung.

Das ist natürlich plausibel. Würde man solche Regelungen abnicken, gäbe es wohl bald keine Kündigungsschutzklagen mehr. Denn Arbeitgeber würden regelmäßig solche Klauseln in ihre Verträge aufnehmen. Und sicher auch nur Mitarbeiter einstellen, die sich mit einer Abfindung von vornherein einverstanden erklären.

Das Arbeitsgericht Aachen kassierte gleichzeitig auch noch eine weitere Kündigung der Trainer. Dabei stützte sich der Verein auf die Klausel, dass den Mitarbeitern gekündigt werden darf, wenn der Club den Aufstieg in die 2. Bundesliga verpasst. Juristen nennen das eine Verlagerung des “Unternehmerrisikos” auf die Angestellten. Auch das ist, so das Arbeitsgericht, schlicht unzulässig.

Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 22. Februar 2013, Aktenzeichen 6 Ca 3662/12

Das große Jammern

Unter dem vielsagenden Titel “Heule, heule Gänschen” berichtet die FAZ über das ständige Wehklagen der Polizeigewerkschaften. Die Interessenvertretungen stoßen sich bekanntlich an allem, was Polizibeamten möglicherweise nicht in den Kram passt. Von der vermeintlich schlechten Bezahlung bis zur Vorratsdatenspeicherung und dem Dauerbrenner Gewalt gegen Polizisten.

Der Artikel zeigt sehr schön, dass die Kakophonie auch einem sehr heftigen Konkurrenzkampf der Polizeigewerkschaften geschuldet ist. Wer am lautesten schreit, kriegt am Ende halt auch mehr “Follower”. Zu diesem Zweck wird nicht nur tagtäglich in Populismus gemacht, sondern auch hinter den Kulissen eifrig Lobbyarbeit betrieben. Meist geschieht das wenig seriös, findet die FAZ.

Zum Beitrag.

Mit dem Bierglas am Steuer

Der Anfangsverdacht bei Straftaten ist eine komplizierte Sache. Auf der einen Seite dürfen an so einen Anfangsverdacht nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Andererseits geht es (natürlich) nicht, dass die Polizei ohne jeden konkreten Anhaltspunkt vorgeht. Zum Beispiel Autofahrer zur Blutprobe oder dem Atemalkoholtest bittet. 

In Bonn ereignete sich jetzt ein Fall, der wohl über jede juristische Diskussion erhaben ist. Eine Autofahrerin, 23 Jahre alt, ignorierte in der Nacht zum Samstag alle Anhaltesignale der Polizei, Blaulicht eingeschlossen. Als sie schließlich anhielt, hatte sie noch ein Glas Kölsch in der Hand. Da dürften weitere Maßnahmen wohl unausweichlich gewesen sein, selbst wenn vor Ort nicht noch kräftiger Alkoholgeruch festgestellt worden wäre.

Für die Beamten war es jedenfalls nur noch eine Formsache, kräftigen Alkoholgenuss zu vermuten. Was sich dann auch bestätigte. Die Frau hatte 2,5 Promille im Blut.

Auch eine Folge von VETTER’S LAW beschäftigt sich mit dem Thema Alkohol am Steuer.

Hat Google die “BoKraft” nicht gelesen?

Auf 600 Kopfstützen in Berliner Taxis wirbt Google derzeit für seinen Standpunkt in Sachen Leistungsschutzrecht. Google bringt den Aberwitz des Leistungsschutzrechts auf eine griffige Formel:

Mit der gleichen Logik könnte ein Restaurantbesitzer von Taxifahrern Geld verlangen, die ihm Gäste bringen.

Mittlerweile gibt es schon Diskussionen, von wem der Spruch eigentlich stammt. Der Berliner Journalist Mario Sixtus soll die Sentenz erstmals in seiner Kolumne im Berliner Tagesspiegel geprägt haben – sozusagen auf Feindesland.

Aber andere nehmen ein früheres Copyright in Anspruch. Unter anderem wird von weit davor liegenden Tweets geraunt. Wie auch immer, Sixtus hat Google jedenfalls das Zitat erlaubt und kriegt dafür nach eigenem Bekunden noch nicht mal Geld.

Wie lange der Spruch allerdings Taxigäste erfreuen bzw. Verlagsmanager und Lobbyisten sticheln wird, ist derzeit offen. Die Kampagne, ursprünglich auf mehrere Wochen angelegt, steht juristisch möglicherweise auf wackeligen Beinen. Die Gefahr droht aus Richtung einer unscheinbaren Verordnung.

Unter dem Begriff “BoKraft” würde man eher was Gutes zur Pferdemast verorten, jedoch handelt es sich um Ausführungsbestimmungen zum Personenbeförderungsgesetz. Darin ist unter anderem geregelt, wie eine anständige Taxiquittung auszusehen hat. Aber auch, dass Werbung auf den Außenflächen – aber nur den Seitentüren – und im Innenraum eines Taxis grundsätzlich zulässig ist.

Das gilt allerdings nicht für poltische oder religiöse Kampagnen. Dem Taxigast soll die BoKraft nämlich davor schützen, mit mehr oder weniger subtilen Botschaften in seiner Lebenshaltung gestört zu werden. Das ist natürlich im Grundsatz nachvollziehbar.

Wie das Branchenblatt “taxi heute” berichtet, könnte allerdings jetzt auch Googles Kampagne als politische Werbung eingestuft werden. Jedenfalls soll das Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) sich so geäußert haben. Dabei handelt es sich nicht um irgendeine Behörde. Das LABO ist für die Taxiaufsicht in Berlin zuständig.

Ob den Taxifahrern allerdings tatsächlich die Werbung verboten wird, ist noch offen. Die Einordnung als politische Werbung ist ja offenkundig Wertungssache. Google würde sich wahrscheinlich freuen, wenn die Kampagne ein so abruptes Ende nimmt. Dann hätten die Leute jedenfalls reichlich was zu googeln – und zu lachen.