Große Explosion, milde Folgen

Arbeitnehmer handeln nicht im luftleeren Raum. Verursachen sie bei ihrer Tätigkeit einen Schaden, können sie zum Ersatz verpflichtet sein. Diese Erfahrung machte auch ein Schlosser, der durch unsachgemäße Arbeit in einem Milchwerk 17 Tonnen Milchpulver zur Explosion brachte. Am Ende sollte er 142.000 Euro Schadensersatz zahlen. Ein Betrag, für den er etwa zweieinhalb Jahre arbeiten muss.

Dass der Mann Mist gebaut hatte, stand außer Frage. Bei laufendem Betrieb hatte er mit Schweißgerät und Trennschleifer Schlitze in die Außenwand des Trockenturms geschnitten. Es entstanden Funken und glühende Metalltropfen, die in den Trockenturm tropften. 17 Tonnen Milchpulver entzündeten sich explosionsartig und verwüsteten Teile des Firmengeländes. Es entstand ein Schaden von 220.00 Euro.

Die Frage für das Hessische Landesarbeitsgericht war, ob der Handwerker tatsächlich an die Versicherungen des Unternehmens 142.000 Euro erstatten musste, die den Schaden in dieser Höhe reguliert hatten. Nach Ansicht des Hessischen Landesarbeitsgerichts hat der Handwerker den Schaden grob fahrlässig verursacht. Es liegt nach Auffassung der Richter auf der Hand, dass bei Schweiß- und Flexarbeiten Funkenflug und heiße Metalltropfen entstehen, die erhitztes Milchpulver entzünden können. Der Handwerker könne von Glück sagen, das er zum Zeitpunkt der Explosion gerade selbst kurz nicht an am Trockenturm arbeitete. Für den entstandenen Schaden hafte er deshalb in vollem Umfang. Jedenfalls grundsätzlich.

Denn für Arbeitnehmer, darauf weisen die Richter hin, gelten Einschränkungen. Ein Arbeitnehmer, der nicht vorsätzlich Fehler mache, dürfe nicht in den Ruin getrieben werden. Deshalb müsse der Schadensersatz auf eine Summe begrenzt werden, die in einem vernünftigen Verhältnis zu seinem Einkommen stehe. Außerdem müssten die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.

Auf dieser Grundlage bemaß das Hessische Landesarbeitsgericht die Haftung des Mannes auf 17.000 Euro. Das entspricht etwa dem, was er in drei Monaten brutto verdient (Aktenzeichen 13 Sa 857/12).

Airlines sollen auf Vorkasse verzichten

Die Praxis gilt seit langem als fragwürdig, nun wehrt sich die Verbraucherzentrale NRW gegen die Anzahlungspflicht bei Flugreisen. Weil Airlines teilweise monatelang vor dem Flugtermin Komplettzahlung verlangen, hat die Verbraucherzentrale Air Berlin, Condor, TUI fly, Germanwings, Lufthansa und Germania abgemahnt.

Die langen Vorauszahlungsfristen verstoßen laut Verbraucherzentrale klar gegen das Prinzip “Ware gegen Geld”. Die Kunden gäben den Flugveranstaltern über Monate hinaus Kredite in Millionenhöhe. Den Kunden fehlten nach Vorauszahlung aber Druckmittel, um Geld zurückerhalten zu können, wenn die Airline Flugzeit, Start- oder Zielflughafen sowie die Zahl der Zwischenlandungen ändern will.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale darf der Flugpreis frühestens 30 Tage vor Abreise fällig werden. Eine frühere Anzahlungspflicht setze in jedem Fall voraus, dass die Fluggesellschaften gegen Insolvenz versichert sind. Hierzu Pauschalreiseveranstalter schon heute gesetzlich verpflichtet, Airlines aber nicht.

Eben jene Pauschalreiseveranstalter hat die Verbraucherzentrale NRW bereits abgemahnt. Da die meisten Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgegeben haben, laufen derzeit Gerichtsverfahren. Die bislang ergangenen Urteile gegen Pauschalreiseveranstalter seien durchweg positiv, heißt es bei der Verbraucherzentrale NRW. Deshalb habe man sich entschlossen, auch Fluggesellschaften auf kürzere Anzahlungsfristen zu verklagen. 

Die deutschen Airlines  verteidigen dagegen die bisher übliche Praxis. "Sie ermöglicht es den Fluggesellschaften, ihren Kunden Frühbucherrabatte und günstige Preise anzubieten", teilte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Flugverkehrswirtschaft, Matthias von Randow, der Deutschen Presseagentur mit. Ein Buchungsverfahren mit schrittweiser Reservierung und Bezahlung führe zu mehr leeren Plätzen im Flugzeug. "Das verschlechtert nicht nur die Öko-Bilanz, sondern macht Fliegen auch teurer."

Die Fluggesellschaften haben nun bis Ende Mai Zeit, um ihren Standpunkt zu überprüfen. Sollten sie nicht auf die Klauseln verzichten, will die Verbraucherzentrale NRW klagen.

Bogenförmige Striche

Vor deutschen Gerichten hat der Bürger Anspruch auf ein faires Verfahren. In einem aktuellen Fall erinnert der Bundesgerichtshof an diesen Grundsatz. Adressat ist das Oberlandesgericht Nürnberg. Dieses hatte die Unterschrift einer Rechtsanwältin kurzerhand für unwirksam erklärt, wodurch ein Prozess über 75.000 Euro in den Sand gesetzt worden wäre.

Es ging zunächst darum, ob die Rechtsanwältin leserlich unterschreibt. Das war wohl nicht der Fall, denn die Richter konnten nur zwei leicht bogenförmige Striche feststellen, die schleifenförmig am unteren Ende spitz zusammen- und am oberen Ende sich kreuzend auslaufen.

Der Schriftzug lasse keinen einzigen Buchstaben des Nachnamens der Rechtsanwältin erkennen, deshalb sei die Schleife “auch bei großzügiger Betrachtung” nicht als Unterschrift einzustufen. Das Oberlandesgericht hatte es noch deutlicher formuliert. Es handele sich nicht um einen Namenszug, sondern bloß um eine “Streichung” des unter dem Schriftsatz abgedruckten Namens der Juristin. Wieso die Anwältin aber ihren eigenen Namen in einem Berufungsschriftsatz durchstreichen sollte, sagten die Richter am Oberlandesgericht nicht.

Wie auch immer, an sich war die Berufung unwirksam eingelegt. Denn zu den Anforderungen eines fristwahrenden Anwaltsschreibens gehört nach dem Gesetz nach wie vor eine (einigermaßen leserliche) Unterschrift.

Hier kommt allerdings der Grundsatz des fairen Verfahrens ins Spiel. Die Anwältin konnte nämlich nachweisen, dass ihre Unterschrift schon seit mindestens 2007 so weit “abgeschliffen” ist wie in dem beanstandeten Schriftsatz – je nach Tagesform und Zahl der zu leistenden Unterschriften mal etwas mehr, mal  weniger. Aber halt immer unleserlich.

Überdies konnte die Anwältin belegen, dass noch kein Gericht ihre Unterschrift beanstandet hat. Auch nicht das Oberlandesgericht Nürnberg, bei dem sie bereits zahlreiche Schriftsätze eingereicht habe, unter anderem auch bei den Richtern, die jetzt ihre Unterschrift nicht akzeptieren wollen.

So geht es nicht, meint der Bundesgerichtshof. Die Richter hätten der Anwältin zunächst mal einen Hinweis geben müssen, dass ihre Unterschrift wohl nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Wegen der langjährigen “Duldung” habe die Juristin davon ausgehen können, dass ihre Unterschrift den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Der Prozess muss jetzt doch fortgesetzt werden. Die Anwältin wird künftig sicher besonders deutlich unterschreiben. Zumindest, wenn sie Post ans Oberlandesgericht Nürnberg schickt (Aktenzeichen VII ZB 43/12).

Neuauflage der militanten Gruppe?

In einer großangelegten Aktion sucht die Polizei seit heute morgen nach Beweismitteln gegen mutmaßliche Linksextremisten. Bundesweit sind etwa 300 Beamte im Einsatz, die Wohnungen in Berlin, Magdeburg und Stuttgart durchsuchen. Die Ermittlungen richten sich gegen die “Revolutionären Aktionszellen” (RAZ). Es soll sich um eine Nachfolgeorganisation der “militanten gruppe” (mg) handeln.

Die Beschuldigten stehen im Verdacht, Straftaten geplant und durchgeführt zu haben. Unter anderem legt ihnen die Bundesanwaltschaft mehrere Brand- und Sprengstoffanschläge in Berlin zur Last, nämlich auf das Amtsgericht Wedding, ein Job-Center der Agentur für Arbeit in Berlin-Wedding, das Haus der Wirtschaft, das Amt für Stadtentwicklung sowie das Bundeshaus in Berlin-Charlottenburg.

Bislang sind durch die Anschläge keine Menschen zu Schaden gekommen.

Zudem habe sich die RAZ selbst zu dem Versand von Pistolenpatronen an den Bundesinnenminister, den Ständigen Vertreter des Generalbundesanwalts und einen Wissenschaftler im März 2011 bekannt. In dem Bekennerschreiben kündigte die „RAZ“ an, die Patronen zukünftig „per Express“ zu versenden.

Die Durchsuchungen dienen nach Angaben der Bundesanwaltschaft auch dazu, Aufschluss über die Organisation der RAZ zu gewinnen und herauszufinden, ob die Bekennerschreiben tatsächlich der Gruppe zuzurechnen sind.

Bislang geht die Bundesanwaltschaft davon aus, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung mit terroristischem Hintergrund handelt.

Im Fall der militanten gruppe war es zuletzt allerdings so, dass die Ermittlungen meist an die örtlichen Staatsanwaltschaften zurückgegeben werden mussten. Der Bundesgerichtshof hatte mehrfach entschieden, dass die militante Gruppe keine kriminelle Vereinigung ist, welche die Existenz des Staates ernsthaft bedroht. Nur für so erhebliche Straftaten ist die Bundesanwaltschaft zuständig.

Keine Anklage gegen rabiate Erzieherinnen

Der Vorwurf klang heftig: Erzieherinnen in einem Wertheimer Kindergarten sollen aufmüpfigen Kindern die Münder mit Pflastern oder Klebestreifen zugeklebt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte – die Vorwürfe bestätigten sich weitgehend. Dennoch hat die Behörde nun das Verfahren eingestellt. Eine strafbare Körperverletzung, lassen die Staatsanwälte wissen, habe nicht vorgelegen.

Eine einzelne Beschwerde brachte die Ermittlungen ins Rollen. Am Ende stellte sich heraus, dass in Wertheim tatsächlich öfter Kindern die Münder zugeklebt wurden, und zwar auch von der Leiterin der Tagesstätte. Den Ermittlern sagten die Kinder allerdings nach Angaben der Staatsanwaltschaft, sie hätten sich an den Klebestreifen nicht gestört. Die Streifen seien außerdem leicht und vor allem schmerzfrei zu lösen gewesen, teilweise sogar von selbst abgefallen. Außerdem hätten sich die Kinder von der Maßnahme in “keinster Weise beeindruckt” gezeigt. Dass auch schwer lösbares Pflaster eingesetzt wurde, konnte nicht nachgewiesen werden.

Lediglich ein Kind habe eine leichte Atembeeinträchtigung geschildert. Aber auch in diesem Fall soll das Gericht das Verfahren einstellen, da es sich das “Erfolgsunrecht” am unteren Rand bewege. Die Kindergartenleiterin soll lediglich ein angemessenes Schmerzensgeld an das Kind zahlen.

Die Bewertung durch die Staatsanwälte orientiert sich am Gesetz. Zumindest vordergründig. Danach spricht man von einer Körperverletzung, wenn das körperliche Wohlbefinden nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird. Es handelt sich deshalb um eine Wertungsfrage. Das Ergebnis scheint jedenfalls mir nicht sonderlich nachvollziehbar.

Zunächst wird man nicht annehmen können, dass die Kinder Spaß an der Disziplinierung hatten. Es handelt sich um eine entwürdigende Erziehungsmaßnahme, die gesetzlich verboten ist. Und zwar mit gutem Grund. Auch finde ich es merkwürdig, dass die Staatsamwaltschaft Mosbach darauf abstellt, die Kinder seien nicht beeindruckt gewesen. Das schließt natürlich nur vordergründig eine Körperverletzung aus.

Es wäre hochinteressant, wie die Kinder befragt worden sind. Für mich klingt das Ganze reichlich ergebnisorientiert. Dabei kann es sicher auch eine Rolle spielen, dass die Kinder weiter in die Betreuung gegangen sind.

Die Eltern haben nun die Möglichkeit, juristisch gegen die Verfahrenseinstellung vorzugehen. Vielleicht kann damit das etwas merkwürdige Signal abgemildert werden, welches die Entscheidung ausstrahlt.

Kein Anspruch auf “Eiche braun”

Der Mieter einer Wohnung muss den Austausch undichter Fenster dulden, auch wenn die neuen Fenster eine andere Farbe haben als bisher. Das Amtsgericht München verurteilte nun eine Frau, künftig mit weißen Fenstern zu leben. Die Betroffene hatte sich gegen die Renovierung gewehrt, weil sie bei der Fensterfarbe “Eiche braun” bleiben wollte.

Ursprünglich hatte die Frau selbst verlangt, dass die bisherigen Fenster ausgetauscht werden. Selbst der Vermieter räumte ein, dass die Fenster alt und undicht waren. Dass der Vermieter allerdings weiße Fenster für die Wohnung bestellte, wollte die Mieterin nicht akzeptieren. Sie betrachtete die Farbe weiß als “massive Umgestaltung der Mietsache” durch den Vermieter und sprach von Rücksichtslosigkeit.

Das Amtsgericht München sah das anders. Zwar könne es sein, dass weiße Fenster das ästhetische Empfinden beeinträchtigen. Allerdings stehe dem Vermieter auch ein Ermessen zu, wie er die Wohnung ausstattet. Weiße Fenster seien von diesem Ermessen unzweifelhaft umfasst, zumal der Vermieter angeboten hatte, auch die anderen Rahmen in der Wohnung weiß zu streichen.

Die Mieterin muss den Austausch der Fenster nun dulden (Aktenzeichen 473 C 25342/12).

“Der Wendler” ist nicht mehr

Der Prozesskrieg zwischen den konkurrierenden Schlagerbarden Frank und Michael Wendler hat eine weitere Hürde genommen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte jetzt, dass weder Frank noch Michael Wender sich ohne weiteres mit der prägnanten Bezeichnung “Der Wendler” schmücken dürfen.

Vielmehr müssen nun beide Künstler zur Klarstellung ihren Vornamen mit angeben, wenn sie als “Der Wendler” auftreten. Das gebiete, so das Gericht, das Gebot der Rücksichtnahme. Der etwas bekanntere Schlagersänger Michael Wendler sei seit spätestens 2007 bundesweit bekannt. Deshalb dürfe Michael Wendler den Künstlernamen führen – auch wenn er mit bürgerlichem Namen Michael Norberg heißt.

Sein singender Konkurrent Frank, im Hauptberuf Gashändler, heißt schon seit Geburt Wendler. Überdies hatte er sich 2008 die Marke “Der Wendler” eintragen lassen. Der Künstler- und der bürgerliche Name sind nach Auffassung der Richter gleichwertig. Deshalb müssten beide Rücksicht aufeinander nehmen. Konkret muss, so das Gericht, jeder Wendler stets darauf aufmerksam machen, welcher Wendler er ist.

Interessanterweise ist das Ergebnis des Prozesses jetzt genau umgekehrt zum Ausgang der 1. Instanz. Das Landgericht Düsseldorf hatte zuletzt noch entschieden, jeder der beiden Sänger dürfe sich ohne weitere Zusätze “Der Wendler” nennen.

Abschließend beendet ist der Namenskrieg damit noch nicht. Beide Seiten können noch Rechtsmittel einlegen (Aktenzeichen I-20 U 67/12).

Zerkaute Masse

Colafläschchen gelten, in Maßen genossen, als durchaus harmlos. Nun schafft es das Produkt eines bekannten Süßwarenherstellers aber bis vor das Oberlandesgericht Hamm. Die Juristen wollen prüfen, ab ein zerkautes Stück Zuckermasse tatsächlich früher mal ein Colafläschchen war. Ein Angestellter behauptet nämlich, durch einen Biss auf das Corpus delicti zwei Zähne eingebüßt zu haben.

Der Streit dreht sich um die großen Colafläschchen (“Happy Cola”). Der 44-Jährige verlangt vom Hersteller 10.000 Euro und weiteren Schadensersatz, weil sich in  einem der Gummis ein Stein befunden haben soll. Der kräftige Biss in den Gummi sei in heftigen Schmerzen und zwei neuen Zahnkronen geendet.

Das Oberlandesgericht Hamm hat jetzt einen Sachverständigen beauftragt, der sich das mögliche Colafläschhen ansehen soll. Vorrangig stellt sich nämlich die Frage, ob die zerkaute Masse tatsächlich von dem Hersteller stammt. Falls das bejaht wird, soll der Sachverständige bewerten, ob sich in dem Fruchtgummi ein Fremdkörper, ein Steinchen etwa, befindet und wie der Fremdköper in das Fruchtgummi gelangt sein könnte.

Die Beweisaufnahme findet am 23. Mai statt. Das mögliche Fruchtgummi soll im Gerichtstermin auch in Augenschein genommen werden.

Colaflasche

Colaflasche oder nicht?

Update: Haribo ist zu 2.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden. Außerdem muss die Firma die Behandlungskosten des Betroffenen übernehmen. Prozessbericht.

Ebay darf rechte Kleidung boykottieren

Ebay darf zum Schutz des eigenen Namens unerwünschte Kleidung von Auktionen ausschließen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth lehnte heute den Antrag einer Bekleidungsfirma auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab, mit dem ebay zur Fortsetzung der Auktionen gebracht werden sollte.

Ebay hatte sämtliche Produkte der Firma für Auktionen sperren lassen, nachdem das Label im Zusammenhang mit rechtsextremen Aktivitäten genannt wurden. Ebay bezog sich auf Presseberichte, nach denen die Kleidung als Erkennungsmerkmal in Szenekreisen gilt.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hält den Selbstschutz von ebay für zulässig. Dem Unternehmen drohe ein greifbarer Schaden, wenn es als Vertriebsplattform für solche Produkte angesehen werde. Der von ebay verhängte Boykott habe deshalb sachliche Gründe.

Der Kleidungsfabrikant könne sich auch nicht darauf berufen, dass ebay eine marktbeherrschende Stellung habe. Nach Auffassung der Richter gibt es noch genug andere (Online-)Vertriebskanäle für die Kleidung. Ebay könne deshalb von der Vertragsfreiheit Gebrauch machen und die Produkte der Firma generell ausschließen, selbst wenn diese von Zwischenhändlern und Privatleuten eingestellt werden.

Die Kleidungsfirma kann die Entscheidung noch anfechten (Aktenzeichen 4 HK 1975/13).

Stilles Örtchen steuerlich nicht absetzbar

Das Finanzgericht Baden-Württemberg musste die Frage klären, ob eine Toilette ein Arbeitsplatz sein kann und von der Steuer abgesetzt werden darf. Ein Steuerprüfer, selbst beim Finanzamt angestellt, wollte nicht nur sein häusliches Arbeitszimmer absetzen. Vielmehr wollte er auch die Renovierungskosten für sein Klo.

Um den Anspruch zu begründen, legte er dem Gericht ein “Toilettentagebuch” vor. Darin führte er auf, wie oft er täglich das stille Örtchen aufsucht (9 bis 10 mal am Tag) und wie oft das Bedürfnis während seiner Heimarbeit entsteht (8 bis 9 mal). Dementsprechend wollte der Kläger den Löwenanteil der Renovierungskosten von der Steuer absetzen.

Selbst die detaillierte Aufstellung überzeugte das Finanzgericht nicht. Die Richter kamen schon zum Ergebnis, dass der Kläger überhaupt nicht schwerpunktmäßig von zu Hause aus arbeitet. Er hatte nämlich auch viele Prüftermine außerhalb. Außerdem sei sein Hauptarbeitsplatz noch immer im Finanzamt, auch wenn er auch Arbeit von zu Hause aus erledigen könne.

Aber unabhängig davon sei eine Toilette jedenfalls nicht Teil des Arbeitsplatzes, befanden die Richter. Nach den gültigen Regeln des Steuerrechts seien sonstige außerhalb des Arbeitszimmers nicht abzugsfähig, daran ändere auch die akribische Buchführung nichts (Aktenzeichen 9 K 2096/12).

Studie erhellt das Ausmaß von Cybermobbing

Der nachfolgende Beitrag nimmt Bezug auf die ARAG SE. Die ARAG SE sponsort das law blog.

Cybermobbing ist ein wichtiges Thema. Aber bislang herrschte Unklarheit über Ursachen, Ausmaß und Folgen. Licht ins Dunkel bringt nun die bislang größte Studie zum Cybermobbing. Forscher befragten über 10.000 Schüler, Eltern und Lehrer zu ihren Erfahrungen.

17 Prozent aller Schüler gaben in der ausführlichen Befragung an, schon einmal Opfer von Cyber-Mobbing-Attacken geworden zu sein. Besonders betroffen ist die Altersgruppe von 14-15 Jahren. Hier berichtet jedes fünfte Kind von Cybermobbing. Aber auch Grundschüler sind bereits betroffen. Schauplatz des Cybermobbings sind, so die Studienautorin Dr. Catarina Katzer, in der Regel soziale Netzwerke.

Bei Eltern und Lehrern stellten die Wissenschaftler große Defizite fest. Eine große Zahl der Eltern sind der Auffassung, dass die mediale Entwicklung die Erziehung deutliche erschwere. Sie fühlen sich dadurch überfordert – und vermissen Hilfsangebote. Nur 17 Prozent der Eltern gaben an, das Surfverhalten ihrer Kinder zu kontrollieren.

Den Lehrern attestiert die Studie zwar Problembewusstsein und Hilfsbereitschaft in Fällen von Cybermobbing. So richtig umsetzen können Lehrer dies jedoch nach eigenem Bekunden kaum. Ihnen fehlen vernünftige Informationsquellen und Weiterbildungsangebote zum Thema Internet insgesamt, gerade aber zu den Möglichkeiten, etwas gegen Cybermobbing zu tun. 

Weitere Informationen, aber auch die Studie selbst finden sich hier. Die ARAG SE hat die Studie finanziell unterstützt, und auch ich sage in einem Gastbeitrag bei der ARAG etwas zum Thema.

Noch keine Entscheidung zum Framing

Der Bundesgerichtshof entscheidet zunächst nicht selbst über die Frage, ob man fremde Videos im Wege des “Framing” einbinden darf – ohne dabei möglicherweise eine Urheberrechtsverletzung zu begehen. Die Karlsruher Richter legen das Problem vielmehr dem Europäischen Gerichtshof vor, wie aus einer heute bekanntgegebenen Entscheidung hervorgeht.

Das Problem geht jeden an, der zum Beispiel Youtube-Videos auf die eigene Seite einbindet – auch bei Facebook, Twitter und Co. Normalerweise vertrauen Nutzer darauf, dass sie durch das “Framing”, also die automatische Wiedergabe des Youtube-Inhalts auf der eigenen Seite, keine Urheberrechtsverletzung begehen. Immerhin achten Youtube und andere Plattformen darauf, kein urheberrechtlich geschütztes Material auf der Plattform zu haben.

Mitunter gelingt dies jedoch nicht. Im entschiedenen Fall ging es um einen zwei Minuten langen Film mit dem Titel “Die Realität”. Darin erklärt eine Firma relativ neutral, wie schlecht es um unser Wasser bestellt ist und wie dringend jedermann Wasserfilter braucht. Genau diesen Streifen nutzten aber auch Konkurrenten – sie warben mit dem Video um eigene Kunden.

Dem Bundesgerichtshof stellt sich also die Frage, wie sehr Nutzer darauf vertrauen dürfen, dass bei Youtube eingestelltes Material legal genutzt werden darf. Die Macher des Films jedenfalls beteuerten, sie hätten den Streifen nicht selbst bei Youtube eingestellt. Sie seien auch nicht einverstanden gewesen, dass die Konkurrenz den Film übernimmt und auf den eigenen Seiten einbindet.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hängt die Entscheidung davon ab, wie das Europarecht auszulegen ist. Deshalb schicken sie den Sachverhalt an den Europäischen Gerichtshof, der sich nun damit beschäftigen muss. Konkret geht es darum, ob das Framing möglicherweise auf europäischer Ebene ein besonderes Nutzungsrecht ist, das durch deutsches Urheberrecht nicht eingeschränkt werden kann.

Da nicht mit einer schnellen Entscheidung zu rechnen ist, sollten Nutzer auch bei Youtube weiter vorsichtig sein, wenn sie fremde Inhalte auf ihren Seiten einbinden (Beschluss vom Beschluss vom 16. Mai 2013, Aktenzeichen I ZR 46/12).

Für Anwälte reicht die Holzklasse

Zuletzt bin ich in Deutschland Business geflogen, als ein Mandant ausdrücklich darauf bestand. Das fand ich sehr wohlwollend, der Komfortgewinn hat mich dann aber nicht umgehauen.

Außer einem etwas größeren Sitzabstand, der auf solchen Strecken nicht ins Gewicht fällt, kann ich mich nur an eine Extrazeitung erinnern. Und an ein mitfliegendes Publikum, dem ich sogar noch jenes aus der Economy vorziehe – und schon dort ist Überleben ja reine Nervensache.

Der Flug ist, wie gesagt, schon einige Zeit her. Seitdem hatte ich nur noch Gelegenheit, die Business-Class auf dem Weg in die Holzklasse zu durchschreiten. So richtig tolle Neuerungen scheint es dort nicht zu geben. Selbst die gereichten Snacks (“süß” oder “herzhaft”) scheinen sich nicht mehr zu unterscheiden. Weil es überall im Flugzeug gleich öde schmeckt, buche ich schon von mir aus grundsätzlich kein Business.

Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich davon davon aus, dass Businessflüge auf der Kurzstrecke höchstens das Meilenkonto erfreuen. Deshalb finde ich es auch nicht dramatisch, dass das Landgericht Frankfurt es ablehnt, den Prozessgegner mit den Kosten für die Business Class zu belasten. Ein Anwalt hatte beantragt, dem unterlegenen Gegner diese Kosten in voller Höhe aufs Auge zu drücken.

Der Jurist kriegt vom Gegner aber nur den Preis für die Economy Class. Nach Auffassung des Gerichts ist Business jedenfalls auf innerdeutschen Strecken nicht notwendig. Der betreffende Anwalt kann sich die Differenz nun höchstens noch bei seinem eigenen Mandanten holen, sofern er es mit ihm vereinbart hat (Aktenzeichen 2-06 O 427/12).