Danke, Uli

Von Aykut Egeli

Gestern Abend, ein Polizeiwagen steht vor The Fame.

Plötzlich öffnet sich die Tür und ein offensichtlich sturzbetrunkener Uli torkelt auf den Straße. Der Polizeibeamte beobachtet grinsend, wie der Uli von Auto zu Auto schwankt und jedes Mal versucht den Wagen aufzuschließen. Nach fünf Versuchen hat er endlich sein Auto gefunden, öffnet die Fahrertür und legt sich erst mal flach auf Fahrer- und Beifahrersitz. In der Zwischenzeit verlassen einige Gäste The Fame, steigen in ihre Autos und fahren weg.

Der Uli rappelt sich auf und schaltet die Scheibenwischer ein, danach betätigt er den Blinker, schaltet den Scheibenwischer auf schnell, macht Licht und das Radio an, den Blinker wieder aus und drückt die Hupe. Schließlich startet er den Motor und macht den Scheibenwischer wieder aus. Er fährt ganz langsam einen halben Meter vorwärts und dann wieder einen halben Meter rückwärts und steht dann wieder für ein paar Minuten, als weitere Gäste The Fame verlassen und wegfahren. Endlich fährt er erst rückwärts und dann langsam auf die Straße.

Der Polizist, der das Schauspiel geduldig und amüsiert beobachtete, fährt dem Uli hinterher, schaltet das Blaulicht ein und stoppt den Betrunkenen Uli, welcher sogleich einen Alkoholtest machen muss.

Zu der großen Überraschung des Polizisten ist der Test negativ, worauf er den Uli bittet auf den Polizeiposten mitzukommen, da etwas mit dem Alkoholtestgerät nicht stimmen könne.

„Das bezweifle ich“, sagt der scheinbar Betrunkene Uli, „denn heute war ich dran mit Lockvogel spielen, damit alle anderen besoffen wegfahren konnten.“

Danke Uli.

Aykut Egeli ist Gastronom in Düsseldorf. Die Geschichte ist natürlich nur Spaß.

Wild-West-Manöver

Für lebhafte Diskussion sorgt der nun bekanntgewordene Fall zweier Lkw-Fahrer, die in einer Gemeinschaftsleistung einen Geisterfahrer gestoppt haben. Nachdem die beiden gehört hatten, dass auf ihrer Autobahn ein Geisterfahrer entgegenkommt, blockierten sie mit ihren Lastern die Fahrspuren und rollten dem Geisterfahrer langsam entgegen. Der Geisterfahrer hielt noch rechtzeitig an. Einzelheiten stehen bei Spiegel online.

Glücklicherweise ist bei dem Manöver niemand verletzt worden. Insbesondere kein Autofahrer, der von hinten in den künstlich stockenden Verkehr bretterte. Ansonsten wäre nämlich zumindest fraglich, ob die beiden Trucker nun offiziell als „Helden der Straße“ ausgezeichnet würden.

Klar ist, im konkreten Fall lässt sich das Verhalten der Lkw-Fahrer strafrechtlich recht problemlos einordnen. Nämlich entweder als Nothilfe, das heißt Notwehr zu Gunsten Dritter. Oder jedenfalls als rechtfertigender Notstand. Hierbei darf jemand auch strafbar handeln, wenn er „in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden“. Die Hilfe-Handlung muss aber verhältnismäßig sein.

So lange alles gut geht, lässt sich das Verhalten natürlich problemlos so einstufen. Wenn aber zum Beispiel Menschen bei der Aktion verletzt werden oder gar sterben, den Geisterfahrer eingeschlossen, kann das schon anders aussehen. Die Bewertung durch die Justiz ist immer subjektiv. Das wissen wir gerade aus den zahlreichen Fällen, in denen Angeklagte angeblich ihr Notwehrrecht überzogen haben.

Noch komplizierter wird es, wenn die Gefahr tatsächlich gar nicht besteht. Oder in einem weit geringeren Ausmaß. Die Lkw-Fahrer haben sich auf den Verkehrs- und CB-Funk verlassen. Das Risiko, einer Falschmeldung aufzusitzen, trugen sie also ganz allein. Das kann letztlich auch existenzvernichtend teuer werden. Nämlich dann, wenn die Haftpflichtversicherung von einem „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ ausgeht. Dann kann sie nämlich an eventuelle Unfallopfer gezahltes Geld vom Fahrzeuglenker zurückverlangen.

Vor diesem Hintergrund ist es falsch, das Verhalten der beiden als Maßstab für (viel zu seltene) Zivilcourage hochzujazzen, wie es der Bericht und die Preisverleihung machen. Sicherlich ist es eine gute Sache, wenn Menschen Verantwortung für andere übernehmen. Und dabei auch Risiken eingehen. Aber es ist aus gutem Grund niemand verpflichtet, sich selbst in Gefahr zu bringen. Oder gar andere Unbeteiligte zu gefährden. Wer sich nicht so ins Zeug legt, muss sich keine Vorwürfe machen lassen, auch nicht indirekt.

Auch die Polizei rät davon ab, den Lkw-Fahrern nachzueifern. Das ist eine uneingeschränkt richtige Empfehlung.

Rausverkauf der Freiheitsrechte

Vorne ein wenig über die bösen ausländischen Geheimdienste schimpfen, hinten rum aber genau dasselbe machen. So scheint das Motto der künftigen Großen Koalition zu lauten. Wie netzpolitik.org meldet, haben sich CDU und SPD darauf geeinigt, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen.

Praktisch bedeutet dies, dass wieder alle Verbindungsdaten auf Halde gelegt werden. Es wachsen also wieder Datenberge mit Informationen über jeden Bürger, und zwar unabhängig von jedem Anfangsverdacht. Und das, obwohl bis heute der Nachweis aussteht, dass diese Form der Totalüberwachung die Bekämpfung schwerer Kriminalität spürbar voranbringt. Darauf weist aktuell auch Rechtsanwalt Thomas Stadler hin.

Dagegen ist klar, was eine Vorratsdatenspeicherung anrichtet. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner grundlegenden Entscheidung, welche die erste Vorratsdatenspeicherung kippte, die unausweichlichen negativen Auswirkungen staatlicher Daten-Kleptomanie in so einem Ausmaß herausgearbeitet. Freiheitsrechte stehen nur noch auf dem Papier, wenn wir schon vorauseilend bemüht sind, unsere unvermeidlichen Spuren möglichst gut aussehen zu lassen.

An diesem fürchterlichen „Chilling Effect“ ändert sich auch nichts, wenn die Speicherfristen eventuell von sechs auf drei Monate reduziert werden. Gleiches gilt für das ewige Lippenbekenntnis, die Daten dürften nur für den Schutz hochrangiger Rechtsgüter eingesetzt werden. Schon die kurze Geschichte der Vorratsdatenspeicherung hat gezeigt, wie kreativ Strafverfolger ihre Fälle aufbauschen, um an die Informationen zu kommen.

Selbst ein strenger Richtervorbehalt, von dem im möglichen Koalitionsvertrag die Rede sein soll, änderte daran nichts. Gerade dieser vermeintliche Schutz durch den unabhängigen und aufmerksamen Richter steht in vielen Fällen nur noch auf dem Papier. Tatsächlich ist der Richtervorbehalt, etwa bei Hausdurchsuchungen, eher zu einem Abnickritual degeneriert, weil Richter selbst beim besten Willen überhaupt nicht die Ressourcen haben, um alle mundgerecht vorformulierten Anträge der Staatsanwaltschaft kritisch zu prüfen.

Für das Quäntchen, um das die Strafverfolgung vielleicht effizienter werden könnte, opfern wir zwar nicht mehr die Juwelen unter den Freiheitsrechten. Aber jetzt tragen sie uns sogar noch die Truhe weg, in der diese aufbewahrt wurden. Markige Sprüche gegen die Spione aus England und Amerika werden nach Verabschiedung dieses Koalitionsvertrags noch hohler klingen, als es bisher schon der Fall war.

Im übrigen: Wer werden wohl die ersten sein, die sich ungeniert an den Datentöpfen bedienen?

Computer in Kisten

Ich komme anscheinend zu selten nach Saarbrücken. Deshalb ist mir eine neue Variante verborgen geblieben, mit der Justizvollzugsanstalten das Thema „Anwälte und Computer“ lösen.

Heute ist es in den weitaus meisten Knästen für einen Verteidiger kein Problem mehr, ein Notebook mit in den Besprechungsraum zu nehmen. Auch wenn es natürlich hin und wieder Diskussionen gibt. Das Saarbrücker Gefängnis hat sich dagegen was anderes einfallen lassen. Darüber berichtet Rechtsanwalt Thomas Will in seinem Blog:

Vor einiger Zeit wurden dort in einigen Anwaltssprechzimmern PCs installiert. Aus mir unerfindlichen Gründen wurden Rechner und Monitore in Holzkästen mit Türen und Schlössern gepackt. Benötigt man als Anwalt einen PC, müssen diese Kästen von einem Beamten aufgeschlossen werden.

Über den Zustand der Staats-Hardware und ihre Bedienerfreundlichkeit findet der Kollege deutliche Worte. Stutzig macht mich, dass die Anwälte den Computer ja nur dann nutzen können, wenn sie ihre Ermittlungsakte in den JVA-Computer einlesen. Das geht natürlich (theoretisch) problemlos über einen USB-Stick – aber kann ich das als Verteidiger ernsthaft machen?

Ich habe doch keinerlei Kontrolle darüber, was auf dem JVA-Rechner mit den Daten passiert. Selbst wenn es sich „nur“ um die Ermittlungsakte handelt, geht diese die JVA nichts an. Überdies mache ich mir in E-Akten gern direkt Notizen ins PDF oder markiere wichtige Stellen elektronisch. Bei umfangreicheren Gesprächen mit Mandanten schreibe ich auf dem Notebook mit. Soll ich diese Verteidigungsunterlagen ernsthaft auf einem Behördencomputer zwischenspeichern?

So wie der Saarbrücker Kollege den Zustand der Hard- und Software schildert, sind ja nicht nur JVA-Bedienstete das Problem. Ich hätte da durchaus auch Kollegen im Auge, die nach mir den Anstaltscomputer nutzen. Klingt alles ganz so, als könnnten diese mit etwas technischem Verstand Wartezeiten damit überbrücken, dass sie mal die Festplatte scannen und Caches durchforsten, um sich an den Unterlagen ihrer Vornutzer zu erfreuen.

Das eine wie das andere wäre ein datenschutzrechtlicher Gau. Deshalb ließe ich wohl eher die Finger davon. Abgesehen davon, dass ich mir diese dann auch nicht an den Holzkästen klemmen kann.

Unter Männern, sozusagen

War das ein Zufall? Jedenfalls war es ein günstiger Moment für einen vielbeschäftigten Architekten. Der Planer baute gerade ein Fachmarktzentrum im rheinischen Hürth – und erwischte die Stadtverwaltung beim illegalen Kanalbau auf seinem eigenen Grundstück. Was nun?

Vorbei an umständlichen Gesetzes-Regularien dachte der Anwalt des Architekten strategisch und handelte auch so. Er vereinbarte mit dem technischen Beigeordneten der Stadt ein (rechtlich unzulässiges) Koppelungsgeschäft: Der Bauherr verzichtet auf die Genehmigung des Kanalbaus. Im Gegenzug genehmigt die Stadt Hürth nachträglich ein Vordach für den Fachmarkt. Das war ein Deal, unter Männern sozusagen. Von wegen.

Später, so Architektenanwalt Dr. H., „schlug die Stadt zu, unterlief die Vereinbarung“. Sie berechnete für die nachträgliche Genehmigung der – zwischendurch abgewandelten – Vordachkonstruktion per Bescheid 12.889,50 Euro. Einen „verdreifachten“ Satz monierte der Anwalt. Er schäumtee. Und mahnte den Beigeordneten auf dem Dienstweg.

„Wir beide persönlich“, schrieb Dr. H. an den Dezernatsleiter, „hatten einen Deal ausgehandelt“. „Sie als der zuständige Vorgesetzte haben es in der Hand, den Deal auch umzusetzen und als Gegenleistung für die unentgeltlich einge­räumte Dienstbarkeit auf die Verdreifachung der Baugenehmigungsgebühr (im Nach­hinein) zu verzichten.“ Die lapidare Antwort kam vom städtischen Rechtsdirektor. Er habe die Angelegenheit nochmals mit Hilfe des Rechnungsprüfungsamtes überprüft und sei zu keiner Beanstandung gekommen: „Ich bedaure, Ihnen hierin nicht entgegen kommen zu können.“

Anwalt H. zog für seinen Mandanten vor das Verwaltungsgericht Köln. Der zuständige Richter ließ vorab wissen, „rein formal“ sei die Gebühr rechtens. Aber den Anwalt und seinen Mandanten ließ der „Wortbruch“ der Stadtverwaltung nicht kalt. Es kam zu einem Erörterungstermin, in dem der Awalt sogar von einem „Spitzbubenstück“ gesprochen haben soll.

Letztlich gelang dem Richter die Schlichtung. Ohne Gesichtsverlust für beide Seiten. Der Architekt und sein Anwalt erkennen den umstrittenen Gebührenbescheid der Stadt Hürth nun doch als „korrekt und bestandskräftig“ an. Andererseits freilich verpflichtet sich die Stadt, für die Eintragung der Grunddienstbarkeit (die Genehmigung des Kanals) für den Regenwasserkanal einen einmaligen Betrag in Höhe von 5.000 Euro zu zahlen.

Das bedeutet faktisch: Die Stadtverwaltung hat ihren Gebührenbescheid um 5.000 Euro reduziert. Und damit letztlich den Deal unter Männern leidlich eingehalten. Der betreffende Beigeordnete, das mag Zufall sein, wurde inzwischen „verabschiedet“. Sein Dezernat wurde aufgelöst. Der Bürgermeister hatte die Neuorganisation eingeleitet, so heißt es offiziell, „um die Finanzsituation der Stadt positiv zu beeinflussen“. (pbd)

Wie verboten sind Blitzer-Apps?

Blitzer-Apps sind der Renner für Smartphones. Aber darf man sie auch benutzen? Und wie groß ist das Risiko, tatsächlich Ärger zu bekommen?

Diesen Fragen gehe ich in meiner neuen Kolumne auf der Webseite der ARAG nach.

Zum Artikel

„Sofort abschleppen“

Heute morgen musste ich recht früh aus dem Haus. Aber doch etwas später als die Bauarbeiter. Die waren an der Stelle schon fleißig am Werk, wo ich – zumindest nach meiner Erinnerung – am gestrigen Sonntag mein Auto ganz legal auf einem Seitenstreifen abgestellt hatte.

Den Seitenstreifen hatten sie mit weiß-roten Baken eingezäunt. Ich kam da also nicht mehr raus. Die einzige Lücke versperrte ein Bagger. Zwei Arbeiter hackten in gefährlicher Nähe meines Wagens die Pflastersteine aus der Erde. Immerhin stand neben meinem Auto noch ein einsamer Golf auf der Arbeitsfläche der emsigen Kolonne.

Ich kam im gleichen Augenblick an den Schauplatz des Geschehens wie ein Motorrradpolizist. Der Beamte zückte im Absteigen schon sein Klemmbrett. Ich hörte, wie der Vorarbeiter ihm entgegen schimpfte. „Können den Bagger nicht einsetzen … diese Penner … sofort abschleppen … sollen auch für den Ausfall löhnen.“ So wie ich Düsseldorf kenne, bog garantiert auch gleich der Abschleppwagen um die Ecke.

Ich war schon drauf und dran, mich in mein Schicksal zu fügen und schaute geduldig zu, wie der Beamte das Protokoll ausfüllte. „Den Abschleppwagen nehmen wir für den Golf“, hatte er mich zumindest beruhigt. „Dann wird es für Sie nicht ganz so teuer.“

Irgendwann ging der Blick des Beamten von seinem Protokoll zu den beiden Schildern, welche das Baustellenhalteverbot eingrenzten. Unten auf dem Zusatzschild waren gut zu lesende Folien aufgeklebt. Darauf stand: „… vom 26.11. – 27.11.“

Der Polizist konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch bei dem Vorarbeiter war der Groschen noch immer nicht gefallen. Als es aber so weit war, musste er mal ganz hektisch telefonieren. Wie sich herausstellte, hatte eine Mitarbeiterin in der Tiefbaufirma sich beim Antrag für das Halteverbot schlicht um einen Tag vertan. Weil: „Wir fangen die Baustellen immer montags an.“ Das allerdings war dem Beamten logischerweise egal. Er stellte das Verfahren gegen mich sozusagen an Ort und Stelle ein.

Immerhin machte der Kolonnenchef nun sehr eilfertig die Absperrung auf, damit ich mit meinem Auto zurücksetzen konnte. Wie das mit den Kosten für den Abschleppwagen geregelt wurde, habe ich leider nicht mehr erlebt.

Pay TV: Gericht untersagt Mogelpackung

Der Pay-TV-Anbieter Sky darf ein Bundesligapaket nicht mit einer Preissenkung bewerben, wenn der Kunde dafür weniger Leistung enthält als im angeblich verbilligten Ausgangsangebot. Mit dieser Entscheidung bestätigte das Landgericht München die Auffassung der Verbraucherzentrale Bayern. Die Verbraucherschützer hatten die Werbung als irreführend kritisiert und Sky verklagt.

Mit einem Angebot startete „Sky Deutschland Fernsehen“ im August in die neue Bundesliga-Saison. Das Unternehmen warb damit, dass die Verbraucher alle Spiele der aktuellen Saison live und in HD verfolgen könnten. Der Preis dieser Flatrate wurde zum Bundesligastart im Rahmen einer Werbeaktion von 34,90 Euro auf 29,90 Euro gesenkt. Nach Vertragsschluss mussten die Kunden jedoch feststellen, dass sie für den günstigeren „Statt-Preis“ auch weniger Leistung erhielten. So war beispielsweise die Funktion „Sky Go“ im Aktionsprodukt nicht enthalten.

Die Verbraucherzentrale Bayern wertete das als unzulässige Irreführung. „Werden Statt-Preise höheren Preisen gegenübergestellt, müssen die Produkte auch denselben Leistungsinhalt haben“, sagt Verbandsjuristin Katharina Grasl. Sky dagegen hielt die Werbung für zulässig. Das Landgericht München schloss sich der Auffassung der Verbraucherschützer an. Mittlerweile hat Sky nachgegeben und die Verfügung anerkannt (1 HK O 19035/13).

„Lex Gurlitt“: Einen Schritt zu kurz gedacht

Die Rechtslage im Fall Cornelius Gurlitt muss wirklich veheerend sein – für die Behörden. Indirekt bestätigt jetzt der bayerische Justizminister, was auf der Hand liegt. Sämtliche Fristen für eventuelle Rückgabeansprüche gegenüber Gurlitt sind abgelaufen.

Ein Umstand, von dem auch andere profitieren. Selbst staatliche Museen verweigern öfter die Rückgabe kriminell erworbener Kunstwerke trotz recht eindeutiger Beweislage. Einfach, weil sie hierzu juristisch nicht (mehr) verpflichtet sind.

Nun präsentiert der bayerische Justizminister Winfried Bausback laut Spiegel online seine Idee einer „Lex Gurlitt“.  Er habe einen Gesetzesvorschlag erarbeiten lassen, wonach jemand, der beim Erwerb „bösgläubig“ war, sich nicht auf Verjährung berufen kann. Alles andere, so der Minister, wäre „schwer erträglich“.

Allerdings dürften einige Hürden zu nehmen sein, bevor der Minister sein schlechtes Gefühl loswird. Und das sind keineswegs nur juristische.

Grundsätzlich ist ein rückwirkendes Gesetz auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht unzulässig. Das Grundgesetz ordnet ein Rückwirkungsverbot ausdrücklich nur für das Strafrecht an. Allerdings gilt auch für das Zivilrecht das Rechtsstaatsprinzip. Ein Element ist der Wunsch nach Rechtssicherheit. Deshalb gibt es Verjährungs- und Ausschlussfristen für fast alle Sachverhalte. Irgendwann soll mit denkbaren Ansprüchen Schluss sein – unabhängig davon, wie berechtigt die Forderungen im nachhinein wirken mögen.

Losgelöst vom Fall Gurlitt wird man kaum behaupten können, dass sich die maximale Verjährungsfrist für Eigentumsansprüche im Bürgerlichen Gesetzbuch, 30 Jahre, als wahnsinnig unpraktikabel erwiesen hat. Immerhin hat diese Frist auch die letzte große Zivilrechtsreform überlebt, wobei im Detail die Tendenz des Gesetzgebers sogar eher in Richtung Verjährungsverkürzung ging.

Die Frage ist also, ob ein als unerträglich empfundenes Einzelergebnis – so man dies bei Gurlitt wirklich tun will – dazu taugt, eine brauchbare Regelung insgesamt zu kippen. Das Problem bei Gesetzen ist halt, dass sie für eine unbestimmte Zahl von Fällen gelten müssen, deren Verlauf sich im Detail nicht voraussagen lässt. Recht ist eben eine abstrakte Messlatte. Aber immerhin eine, auf deren Maßstab man sich als Bürger vorher einrichten kann. Genau das schafft Rechtssicherheit und schützt uns vor dem Regiment des „gesunden Rechtsempfindens“ und, ja auch, der Willkür von Richtern.

Eins sollte den Bayern ohnehin klar sein. Ein Spezialgesetz, das nur für den Fall Gurlitt gilt, wäre selbst greifbares Unrecht. Spezialgesetze sind aus den soeben dargelegten Gründen verboten. Spätestens das Bundesverfassungsgericht würde so eine Lösung für unwirksam erklären.

Eine derart krass zurückwirkende Regelung wie die Vorgeschlagene müsste also für alle gelten. Auch für die bereits erwähnten staatlichen Museen, die heute mit berechtigtem Hinweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage die Herausgabe von Beutekunst ablehnen.

Noch weiter: Auch eine Regelung bloß über Beutekunst wäre mit einiger Sicherheit ein unzulässiges Spezialgesetz. Wenn schon, dann wäre wohl jeder mögliche Erwerb von Sachwerten durch bloßen Zeitablauf hinterfragbar zu machen.

Hier, so finde ich, gewinnt die Idee des bayerischen Justizministers dann doch einen eigenen Charme. Dann müssten sich nämlich auch wieder die heutigen Eigentümer oft ja nicht unerheblicher Sachwerte fragen lassen, wie ihre Vorfahren, insbesondere in der Zeit der NS-Herrschaft, an Betriebe, Häuser, privaten Schmuck, Geld und andere Sachwerte gekommen sind.

Hier wäre mit Sicherheit auch heute noch viel aufzuarbeiten und Gerechtigkeit herzustellen. Uns stünden spannende Jahre bevor, in denen die deutsche Justiz ächzen und so mancher um sein ererbtes Hab und Gut zittern dürfte. Auch wenn alles andere nicht zählt, ist letzteres übrigens der Grund, warum es so ein Gesetz niemals geben wird.

„Erzieherische Gründe“

In Herford soll die Polizei zwei angetrunkene Jugendliche festgenommen und stundenlang eingesperrt haben. Das einzige Vergehen der jungen Männer: Sie hatten ein Polizeiauto fotografiert, das vor dem McDonald’s am Herforder Hauptbahnhof im Halteverbot stand.

Wie der WDR berichtet, soll der Mutter eines Festgenommene am Telefon gesagt worden sein, ihr Sohn müsse aus „erzieherischen Gründen“ einige Stunden im Gewahrsam bleiben. Bevor sie in Einzelzellen gesperrt wurden, mussten sich die Männer noch komplett ausziehen.

Die Staatsanwaltschaft wertet die Sache als gemeinschaftliche Freiheitsberaubung und Nötigung in einem besonders schweren Fall. Im Februar sollen sich die Beamten vor Gericht verantworten.

Nicht angeklagt ist ein Nebenaspekt: Als die Jugendlichen wieder nach Hause durften, sollen die Fotos auf ihren Handys verschwunden gewesen sein.

Flucht aus dem Landgericht

In Kleve ist ein 61-jähriger Angeklagter aus dem Gericht geflohen. Er war gerade zu drei Jahren Haft wegen eines Steuerdelikts (Kaffeeschmuggel) verurteilt worden.

Vor der Urteilsbegründung bat der Mann den Richter am Landgericht, die Toilette aufsuchen zu dürfen. Möglicherweise war das nur vorgeschoben. Denn während vor der Tür ein Wachtmeister wartete, kletterte der 61-Jährige aus dem Fenster der WC-Kabine im zweiten Obergeschoss. Er schwang sich auf ein vor dem Fenster stehendes Gerüst, stieg das Gerüst herunter und flüchtete.

Allerdings spricht viel für einen persönlichen Glücksfall, den der 61-Jährige ausnutzte. Normalerweise ist es den Justizwachtmeistern untersagt, Gefangene auf Toiletten außerhalb der besonders – unter anderem mit vergitterten Fenstern – gesicherten Gewahrsamsräume zu lassen. So wie ich das kenne, halten sich die Mitarbeiter auch strikt daran.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn ein Richter kraft seiner Autorität eine Ausnahme zulässt. Womöglich wollte der Vorsitzende hier einfach Zeit sparen, denn kein Richter lässt sich natürlich gern bei der Urteilsbegründung unterbrechen, nachdem er vorher schon die Entscheidung verkündet hat.

Wäre nur schade, wenn andere Gefangene unter der Geschichte leiden müssten. Schon heute gelten an vielen Gerichten so strenge Regeln, dass man manchmal mit Engelsgeduld und vielen freundlichen Worten für etwas Menschlichkeit sorgen muss. Etwa, wenn eine Mutter mal in einer Verhandlungspause ihren inhaftierten Sohn drücken will. Oder wenn es darum geht, dass du als Verteidiger dem Gefangenen ein Päckchen Zigaretten mitbringen darfst.

Die Polizei fahndete gestern mit einem Großaufgebot nach dem Mann. Dabei gab es Verkehrskontrollen; auch der Polizeihubschrauber war im Einsatz. Bislang ist der Angeklagte jedoch verschwunden. Dabei wäre er womöglich leicht zu erkennen, denn an einem seiner Handgelenke war zu Beginn seiner Flucht noch eine Handschelle befestigt.

In Untersuchungshaft saß der Mann, weil er an einem Raubmord beteiligt gewesen sein soll. Deswegen läuft ein gesondertes Verfahren.

Übelkeit am Rand der Autobahn

Wer es versäumt, bei einem Stopp auf der Autobahn sofort ein Warndreieck aufzustellen, haftet für mindestens 50 % des Schadens bei einem Auffahrunfall. Das gilt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm auch dann, wenn der Lenker des auffahrenden Fahrzeugs selbst unaufmerksam war.

Ein Lkw-Fahrer hatte seinen Sattelzug am Rande der Autobahn angehalten, weil ihm schlecht war. Einen Seitenstreifen gibt es an der Stelle nicht. Das Fahrzeug ragte noch deutlich in die Fahrbahn. Ein Warndreieck stellte der Fahrer nicht auf. Er schaltete aber das Warnblinklicht ein. Von hinten kam ein weiterer Lkw, dessen Fahrer zwar ausweichen konnte, wegen Unachtsamkeit aber das abgestellte Fahrzeug noch streifte. Es entstand ein Sachschaden von knapp 30.000 Euro.

Laut Gericht muss der Lenker eines haltenden Fahrzeugs alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen ergreifen. Dazu gehört insbesondere auch, ein Warndreieck aufzustellen. Auf die Frage, ob der Lkw-Fahrer wegen seiner Übelkeit zunächst einfach so halten durfte (Notstopp), kam es in diesem Fall nicht an. Nach den Feststellungen des Gerichts hatte der Mann nämlich erst mal sein Fahrzeug gereinigt, nachdem er sich übergeben hatte. Vor der Reinigung hätte er aber in jedem Fall das Warndreieck aufstellen müssen.

Bei diesen Umständen hält es das Oberlandesgericht für angemessen, dass jede Seite nur 50 % ihres Schadens bezahlt bekommt (26 U 12/13).

Schnell einen Termin

Der Mandant hatte es eilig. Sehr eilig. Kein Wunder, er hatte gerade erfahren, dass die Polizei bei ihm zu Hause war. Mit einem Haftbefehl.

Wie ebenfalls so häufig in diesen Fällen, hatte ich Probleme, den Anrufer in seinem Redefluss zu bremsen. Mein Zwischenruf, dass er mir am Telefon jetzt erst mal gar nichts erzählen sollte, ging mehrfach unter. Bis er dann wohl begriff, wie schlecht es ist, in so einer Situation zu reden. Vor allem ins eigene Handy.

Aber er hatte gleich eine andere Lösung. „Ich bin in 20 Minuten bei Ihnen im Büro, o.k.?“ Na ja, so richtig ist meine Botschaft dann wohl doch nicht durchgedrungen. Auch das mit dem spontanen Treffen habe ich ihm ausgeredet. Wir fanden eine andere Lösung , die uns auch zusammenbringt. Näheres möchte ich dazu allerdings nicht sagen.

Ich bin allerdings gespannt, ob das wird aus unserem Treffen. Er erzählte, nachher habe er noch einen Termin bei seiner Bewährungshelferin, den er unbedingt wahrnehmen möchte. Den Termin hat er auch über sein Mobiltelefon ausgemacht. Toll. Die Bewährunshelferin unterliegt zwar der Schweigepflicht. Aber was hilft das alles, wenn durch einen Zugriff erst mal vollendete Tatsachen geschaffen werden?

Schauen wir mal. Die Supernanny bin ich ja nun auch nicht.

(Hinweis für Mitleser im Dienst: Mit der Veröffentlichung dieser kleinen Geschichte habe ich einige Tage gewartet.)