Konsequente Ermittlungen

Möglicherweise ist es nicht ganz ungefährlich, Post in den Briefkasten des Bundesverfassungsgerichts zu werfen. Der Karlsruher Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah wurde bei dieser Gelegenheit jedenfalls nicht nur die Vollmacht für ein Verfahren los, sondern fand sich auch in Handschellen wieder, nachdem ihn ein Polizist zu Boden gebracht hatten.

Der Vorfall, von dem die taz berichtet, ereignete sich um die Mittagszeit am 14. April, einem Werktag. Nachdem der Jurist die Vollmacht am öffentlich zugänglichen Briefkasten des Gerichts eingeworfen hatte, sagt er, habe ein Polizist von ihm wissen wollen, was er da eingeworfen habe.

Schneider-Addae-Mensah will erwidert haben, was ich auch gesagt hätte:

Das geht Sie nichts an.

Wieso der Polizist darauf hin den Ausweis des Anwalts sehen wollte, kann die Polizei laut taz bislang nicht erklären. Im weiteren Verlauf ist Schneider-Addae-Mensah dann aber wohl von dem Beamten in den Polizeigriff genommen und auf den Boden geworfen worden.

Selbstverständlich hat die Polizei bereits Ermittlungen aufgenommen. Und zwar gegen den Juristen. Er soll Widerstand geleistet und den Polizisten einen „Drecksbullen“ genannt haben. Was ich, rein menschlich gesehen, ein wenig nachvollziehen kann. Immerhin soll es 15 Minuten gedauert haben, bis man merkte, dass man wohl keinen Topterroristen zur Strecke gebracht hat.

Hatte ich erwähnt, dass der Jurist dunkle Hautfarbe hat?

Widerwillen auslösen

Die Zeit veröffentlicht ein sehr ausführliches Porträt der Kölner Rechtsanwältin Anja Sturm. Die Juristin verteidigt im Münchner NSU-Prozess Beate Zschäpe, die für zehn Morde mitverantwortlich sein soll.

Der Bericht beschreibt das Unverständnis, mit dem ein Strafverteidiger nicht immer, aber doch häufig konfrontiert wird. Wie kann er sich nur auf die Seite des vermeintlich Bösen stellen, für die Interessen eines mutmaßlichen Mörders, Vergewaltigers, Kinderschänders oder – je nach aktuellem Fokus – sonstwie als verachtungswürdig empfundenen Menschen eintreten?

Die Argumente, warum der Anwalt das macht, machen darf und sogar machen sollte, liegen eigentlich auf der Hand. Dennoch ist es gut, wenn sie in dem Artikel noch mal sehr schön nachvollziehbar aufgedröselt werden. Völlig korrekt ist auch das Fazit des Hamburger Rechtsanwalts Johann Schwenn:

Es ist nun mal die Rolle des Strafverteidigers, Widerwillen auszulösen.

Zum Beitrag in der Zeit.

Tattoo-Selfies – ein Fall für die Juristen

Momentan kommen zwei Sachen zusammen: Es wird Sommer, und die Selfie-Ära ist angebrochen. Da liegt es nahe, auch mal die eigenen Tattoos einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren. Auf Twitter etwa. Oder Facebook. Allerdings gibt es nichts, woran einem Juristen nicht den Spaß verderben können.

Ein vermeintllich schicker Tattoo-Schnappschuss kann im schlimmsten Fall – Stichwort Arschgeweih – nicht nur zu Hohn und Spott führen, sondern sogar zu einer Abmahnung. Wegen Urheberrechtsverletzung.

Das Tattoo gehört nämlich keineswegs ausschließlich seinem Träger, erläutert der Mainzer Anwalt Karsten Gulden auf seiner Seite „infodocc“. Vielmehr handele es sich, absoluter 08/15-Körperschmuck ausgenommen, um ein „Werk der bildenden Kunst“.

Grundsätzlich können sich Tätowierte darauf berufen, dass der Künstler ihnen die Rechte auch übertragen hat. Zumindest, wenn sie das Tattoo bezahlt haben. Allerdings bleibt es laut Gulden fraglich, ob dieses Einverständnis stets auch für Tattoo-Bilder im Internet gilt.

Auch hier gelte zwar, dass Menschen ihren Körper online zeigen dürfen. Allerdings kämen die Rechte des Tätowierers umso mehr ins Spiel, je deutlicher das Foto aufs Tattoo fokussiere.

Gulden rät deshalb dazu, sich inbesondere die Online-Rechte vom Tätowierer schriftlich übertragen zu lassen. Dabei sollte man auch festhalten, ob bei einem Tatto-Foto der Hautkünstler benannt werden muss. Auch darauf, so Gulden, habe der Tätowierer einen Anspruch.

Diese unbequemen Gesetze aber auch

Mit einer fragwürdigen Ermittlungsmethode gerät die Polizei in Baunatal in die Kritik. Die Ermittler hatten von 15 Mitarbeiterin im örtlichen VW-Werk DNA-Proben genommen. Offiziell auf „freiwilliger“ Basis. Allerdings wäre auch hierfür eine richterliche Anordnung erforderlich gewesen.

Es ging um einen unappetitlichen Sachverhalt. Eine VW-Angestellte hatte Spermaspuren auf ihrer Jacke entdeckt. Sie vermutete, dass ein Kollege ihre Kleidung besudelte. Deshalb trat die Polizei an 14 VW-ler heran, die im Umfeld der Betroffenen arbeiten und als Verursacher in Frage kamen.

Wie genau das geschehen ist, darüber gibt es unterschiedliche Versionen. Währen die Polizei davon spricht, sie habe die Speichelproben „freiwillig“ erhalten, scheinen das einzelne Testkandidaten anders zu sehen. Die Hessische Niedersächsische Allgemeine berichtet vom Schreiben eines Betroffenen. In dem Brief schildere der Angestellte die Situation nicht gerade so, dass die Polizei den Testkandidaten viel Spielraum ließ. Auch sei keinem gesagt worden, wofür der Test überhaupt benötigt werde.

Wie auch immer, selbst eine auf dem Papier „freiwillige“ DNA-Untersuchung hätte die Polizei wohl nicht selbst anordnen dürfen. Nach § 81h Strafprozessordnung müssen Reihenuntersuchungen, bei denen Personen nach einem bestimmten Raster überprüft werden, vorab von einem Richter angeordnet werden. Ohne diese Anordnung darf die Polizei gar nicht um eine „freiwillige“ Speichelprobe bitten.

Überdies sind solche Tests auch nur zulässig, wenn ein Verbrechen begangen wurde. Verbrechen sind Straftaten, die mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis bedroht sind. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt. Die in Frage kommenden Delikte (Sachbeschädigung, Beleidigung) sind lediglich Vergehen, die milder bestraft werden können.

Nun wird sich die Frage stellen, ob die Polizei das Gesetz nicht kennt. Oder ob sie es kennt und schon deshalb gleich darauf verzichtet hat, einen Richter zu fragen. Da dieser die Tests nämlich nicht hätte erlauben dürfen. Für letzteres, die bedenklichere Variante, spricht der Umstand, dass laut den Zeitungsberichten die Akte bislang noch nicht mal der zuständigen Staatsanwaltschaft vorliegen soll. Diese leitet aber an sich die Ermittlungen und müsste den Antrag ans Gericht stellen.

Wie so oft in dieser Konstellation, wird sich die Polizei am Ende wahrscheinlich im Lichte ihres Fahndungserfolges sonnen und die juristischen Bedenken als unbedeutsam abtun. Der Mann, von dem das Sperma stammt, hat sich nämlich dem Test unterzogen, konnte so mittlerweile ermittelt werden und hat auch ein Geständnis abgelegt.

Bericht in der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen: (1) (2)

Punktsieg für Urmann

In einem seiner Verfahren konnte Abmahnanwalt Thomas Urmann jetzt einen vorläufigen Erfolg erzielen. Eine Anklage wegen Prozessbetrugs wird erst mal nicht weiter verfolgt – weil Urmann möglicherweise in einem anderen Prozess ohnehin eine härtere Strafe droht.

Urmann ist zuletzt durch Abmahnungen von Besuchern des Porno-Portals „Redtube“ in die Schlagzeilen geraten, denen er für die Schweizer „The Archive AG“ Urheberrechtsverstöße vorwarf. In Regensburg sollte Urmann nun wegen Prozessbetrugs in einer anderen Angelegenheit erscheinen, kam laut Mittelbayerischer Zeitung aber nicht.

Vielmehr verhandelte seine Anwältin mit Gericht und Staatsanwaltschaft. Danach wurden die Zeugen nach Hause geschickt und das Verfahren eingestellt. Und zwar im Hinblick auf andere Vorwürfe, wegen denen Urmann sich noch zu verantworten hat. So eine Einstellung ist nach dem Gesetz durchaus möglich, wenn die zu erwartende Strafe wegen der drohenden anderen Verurteilungen nicht ins Gewicht fällt.

Allerdings kommt es auch schon mal vor, dass bei so einer Verfahrensweise die Sache letztlich völlig unter den Tisch fällt. Nämlich dann, wenn auch die späteren Fälle ohne Urteil oder gar mit einem Freispruch enden. Dann muss der Staatsanwalt a) daran denken, das ältere Verfahren wieder aufzunehmen und b) es auch wollen. Verpflichtet ist er dazu nicht.

Knastkultur

„Knastkultur“ heißt eine Internetseite der Justiz in Nordrhein-Westfalen. Sie soll zeigen, dass es in den Haftanstalten auch Kultur zur Resozialisierung gehört.

Aus der Vorstellung des Projekts:

Die Gefangenen erlernen hierbei den Umgang und die Wirkung von Kultur und können dabei selber ihre Kreativität erproben. Viele Inhaftierte bekommen so erstmals Zugang zu künstlerischen Aktivitäten, wie malen und zeichnen, erfahren ihre eigenen musikalischen Fähigkeiten oder stehen selber als Schauspieler auf der Bühne.

Am 12. Mai steht etwa der Kabarettist Fritz Eckenga auf der Bühne in der Justizvollzugsanstalt Dortmund. Auf dem Terminkalender stehen derzeit außerdem Improvisationstheater, Konzerte und andere Events. Bei späteren Veranstaltungen sollen teilweise auch Gäste zugelassen werden.

Justizseite „Knastkultur“

Luxusproblem

Mit einem Luxusproblem musste sich das Landgericht Frankfurt am Main beschäftigen. Ein Wohnungseigentümer hatte seinen Nachbarn verklagt, weil dieser nachts auf dem Balkon rauchte und der Qualm ins Schlafzimmer des Mannes zog. Allerdings hätte der Raucher auf einem zweiten Balkon qualmen können, der zu seiner Wohnung gehört. Das wollte er jedoch nicht.

Das Landgericht Frankfurt am Main billigte dem Raucher zu, sein Laster sei zulässiger Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auf einem Balkon dürfe normalerweise auch geraucht werden. Allerdings sei eine gewisse Rücksichtnahme bei der Ausübung dieses Rechts unumgänglich. Wenn er auf dem anderen Balkon rauchen könne, ohne seinen Nachbarn zu stören, sei ihm dies zumutbar.

Das Argument des Wohnungseigentümers, der zweite Balkon sei nur über das Gästezimmer erreichbar, beeindruckte nicht. Wenn er Besuch habe, so das Gericht, müsse er halt zum Rauchen runter auf die Straße (Aktenzeichen 2-09 S 71/13).

Mindestlohn: Regelungen teilweise „anstößig“

Die nun von der Wirtschaft und Teilen der Regierungskoalition geforderten Ausnahmen beim Mindestlohn wären verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Arbeits- und Sozialrechtlers Ulrich Preis von der Universität Köln.

Besonders hart ins Gericht geht die Studie mit dem Plan, keinen Mindestlohn (geplant sind derzeit 8,50 Euro) für unter 18-Jährige vorzuschreiben. Das sei im juristischen Sinne „anstößig“, meint Preis, denn hierdurch werde für Arbeitgeber gerade ein Anreiz zur Ausnutzung Jugendlicher geschaffen (z.B. bei der Vergabe einfacher Arbeiten wie Regaleinräumen). Das Gesetz führe damit zu „niedrigbezahlter Kinder- und Jugendarbeit“, ohne dass es hierfür einen sachlichen Grund gebe.

Auch die Vorstellung, bestimmte Branchen oder Berufsgruppen (z.B. Zeitungszusteller) auszunehmen, lasse sich nicht rechtfertigen. Gleiches gelte für ähnliche Regelungen bei Rentnern. Hier sieht Preis einen krassen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.

Abweichungen beim Mindestlohn hält das Gutachten im wesentlichen nur bei Auszubildenden, Praktikanten und Langzeitarbeitslosen für vertretbar. Diese Gruppen sollen nach der jetzigen Planung nicht dem Mindestlohn unterfallen.

Das Gutachten wurde im Auftrag der gewerkschaftsnahmen Hans-Böckler-Stiftung erstellt und ist hier abrufbar.

Dampf ablassen

Mal so richtig mit Breitenwirkung Dampf über den Chef ablassen, dafür scheinen Soziale Netzwerke ein guter Ort. Welche Kritik auf Facebook & Co. gegenüber dem eigenen Arbeitgeber zulässig ist und wo Ärger droht, beleuchte ich in meiner aktuellen Kolumne auf der Webseite der ARAG.

Zum Beitrag.

Robenbaby

Beim Packen meiner Tasche stellte ich vorhin fest, dass ich mittlerweile drei Anwaltsroben besitze. Obwohl ich definitiv nur zwei haben sollte.

Aber es war nicht vorsätzlich, ich schwör’s.

Die Acht Mythen zur Vorratsdatenspeicherung

Die Bundesregierung hat mittlerweile erklärt, sie ziehe Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung. Sie will derzeit kein neues Gesetz in Angriff nehmen, das die Speicherung aller Kommunikationsdaten zum Ziel hat.

Diesen Zwischenstand nimmt mein Kollege Thomas Stadler zum Anlass, in seinem Blog die „Acht Mythen zur Vorratsdatenspeicherung“ zu entlarven. Das sind jene Argumente, die seit Beginn der Debatte gebetsmühlenartig herhalten müssen, um die Kommunikationsdaten aller Bürger auf Halde nehmen zu können.

Kann man sich gut durchlesen. Auf jeden Fall aber abspeichern. Jede Wette, sehr bald ist das Thema nämlich wieder da.

Die Acht Mythen zur Vorratsdatenspeicherung

Die Punkte-(R)evolution

Neuer Name, neues Glück. Oder so ähnlich. Für Autofahrer bringt der 1. Mai eine wichtige Änderung. Das Verkehrszentralregister (VZR) in Flensburg schließt. Allerdings ist das nicht unbedingt eine gute Nachricht. Denn die Kartei steht am gleichen Tag wieder auf. Nur unter dem Namen „Fahreignungsregister“ (FAER).

Wie es sich gehört, ist aus der beabsichtigten Vereinfachung wieder ein schönes Stück Bürokratie erwachsen. Auch was die Umrechnung bereits bestehender Punkte angeht.

Eine gut aufbearbeitete Übersicht der wichtigsten Neureglungen findet sich hier.

Ob das FAER sich als fair erweist, wird sich dann in der Praxis zeigen.

Missglücktes Tattoo beschäftigt Gerichte

Es ging um ein Blumenmotiv, und es sollte für die Ewigkeit sein. Eine Frau aus Recklinghausen wollte sich die farbige Blüte nebst Ranken aufs rechte Schulterblatt tätowieren lassen. Das ging leider schief, und der Streit endete vor Gericht. Heikle Frage: Darf der Tätowierer auf Nachbesserung bestehen?

Genau dieses Recht machte der Besitzer des Tattoo-Studios nämlich geltend. Er sah zwar ein, dass er unsauber gearbeitet hatte, wollte aber seine Fehler selbst beheben – nachdem die unschönen Stellen auf seine Kosten weggelasert wurden.

Dem erteilte das Oberlandesgericht Hamm nun eine Absage. Wie zuvor schon das Landgericht Bochum halten es die Richter für unzumutbar, dass sich die Frau noch mal bei dem Tätowierer unter die Nadel legt. Es geht nach Auffassung der Richter hier nicht um Kühlschränke, sondern um Arbeiten, die körperliche Schmerzen verursachen. Hierfür sei Vertrauen erforderlich, das die Kundin zu Recht nicht mehr habe.

Die Frau kann deshalb direkt 750 Euro Schmerzensgeld verlangen, außerdem die Kosten für eine fachmännische Beseitigung des Tattoos bei einem Fachmann ihrer Wahl (Aktenzeichen 12 U 151/13).

Tod vor der Klinikpforte

Wenn man die Geschichte hört, macht sie betroffen. In Düsseldorf ist ein 65-jähriger Spaziergänger nachts keine 50 wenige Meter vom Eingang einer Klinik zusammengebrochen. Der Pförtner des Krankenhauses informierte nur die Feuerwehr, weigerte sich gegenüber einem Zeugen aber wohl, die diensthabenden Ärzte zu holen.

Als dann doch zwei Ärzte auf den Rummel aufmerksam wurden, habe der Pförtner sie wieder reingeschickt, was diese dann auch machten. Schließlich, so der Pförtner, sie ja bereits die Feuerwehr alarmiert. Der 65-Jährige verstarb kurze Zeit später auf der Intensivstation der betreffenden Klinik – dorthin hatte ihn der Rettungswagen der Feuerwehr eingeliefert.

Zunächst wiegelte die Klinikleitung ab und wies jedes Verschulden von sich. Ärzte hätten das Klinikgelände gar nicht verlassen und dem Mann helfen dürfen, das sei gegen die Dienstvorschriften und auch versicherungsrechtlich dürfe man nichts machen. Für den „öffentlichen Raum“ sei die Feuerwehr zuständig.

Man braucht wohl nur wenig Fantasie, um zu ahnen, die Rechtfertigung ist reichlich unoriginell. Immerhin gibt es für jedermann bei uns die Pflicht, bei Unglücksfällen Hilfe zu leisten. Wer das nicht tut, obwohl es erforderlich und den Umständen nach zumutbar ist, kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr belegt werden (§ 323 c StGB). Die Pflicht trifft auch Ärzte, und diese müssen im Rahmen ihrer persönlichen Kenntnisse und Möglichkeiten handeln.

Allerdings haben Ärzte keine Sonderpflichten. So gibt es Urteile, nach denen Mediziner nicht schon deshalb strafbar handeln, wenn sie in Notfällen einen Hausbesuch verweigern. Das wird allerdings kaum auf den Düsseldorfer Fall zu übertragen sein. Dort lag das Opfer buchstäblich vor der Tür. Eher geht die Sache in die Richtung diverser anderer gerichtlicher Entscheidungen zur Frage, ob Bereitschaftsärzte einen frisch Eingelieferten, offenbar sofort Behandlungsbedürftigen ohne triftigen Grund warten lassen dürfen. Sie dürfen nicht.

Wenig nachvollziehbar finde ich auch die Argumente der Klinik, der Notarztwagen der Feuerwehr sei ja schon nach sieben Minuten vor Ort gewesen. Darauf befinde sich auch das nötige Equipment für die Erstversorgung, während Geräte aus dem Krankenhaus kaum auf die Straße gerollt werden könnten.

Allerdings dürfte es weder auf das eine noch das andere ankommen. Die Frage ist doch, ob und was Ärzte in den Minuten vor Eintreffen des Notarztes hätten ausrichten können. Außerdem, ob die Mediziner mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln hätten helfen können, notfalls also mit ihrem Notfallkoffer (so was gibt es in jeder Ambulanz). Oder halt auch nur mit ihren bloßen Händen.

Um den Versicherungsschutz braucht sich übrigens niemand zu sorgen, der Hilfe leistet. Wer handelt, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Daran ändern auch keine hausinternen Vorschriften oder die Klauseln der Klinikversicherung was. Im Zweifel wären sie nämlich unwirksam.

Immerhin scheint auch das Krankenhaus mittlerweile einzusehen, dass nicht alles korrekt gelaufen ist. Nach derzeitigem Kenntnisstand, heißt es in einer Stellungnahme, gehe man nun davon aus, der Pförtner habe die unübersichtliche Lage nicht richtig eingeschätzt und hätte die Ärzte besser informieren soll. Dass dies versäumt worden ist, bedauert die Klinik.

Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile verlauten lassen, es seien keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten zu erkennen. Offenbar sieht man nicht mal Anlass, der Sache auf den Grund zu gehen. Auch eine schnelle Vorfestlegung, die man womöglich nachträglich noch bedauern wird.

Berichte: Express, Spiegel online

Stellungnahme des Krankenhauses

Landestypische Klage

Wer ins Ausland reist, muss mit „landestypischen Geräuschen“ rechnen. Dies erklärte das Amtsgericht Hannover nun einem Pauschalreisenden, der sich im Türkeiurlaub durch die Gebetsrufe eines Muezzin gestört fühlte.

Der Urlauber hatte sich für zwei Wochen im Angora Beach Resort im Städtchen Doganbey (Türkische Ägais) eingebucht. Die erhoffte Erholung habe er jedoch nicht gefunden, klagte der Urlauber vor Gericht. In der Nähe des Hotels sei eine Moschee, und von dort habe der Muezzin über Lautsprecher mehrfach täglich zum Gebet gerufen, und das schon ab sechs Uhr morgens.

So was sei in der Türkei aber üblich, befand das Gericht. Ähnlich wie das Glockenläuten in einem christlichen Land. Außerdem habe in der Reisebeschreibung gestanden, dass sich das Angora Beach Resort im Ortszentrum befindet. Dort müsse man als Urlauber schon mit typischen Geräuschen rechnen.

Auch mit anderen Forderungen kam der Reisende nicht durch. Eine fehlende Armlehne im Flugzeug hielt das Gericht nur für eine bloße Unannehmlichkeit, nicht für einen Reisemangel. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Flugzeug auf dem Rückflug wegen schlechten Wetters erst beim dritten Landeversuch unsanft aufgesetzt haben soll (Aktenzeichen 559 C 44/14).