Anwalt, ein riskanter Beruf

Das Anwaltsleben verläuft ja eher ruhig. Zumindest was körperliche Auseinandersetzungen angeht. Es geht aber auch anders, wie ein eindrucksvolles Videodokument aus den USA zeigt.

Dort wurde einem Pflichtverteidiger im Gerichtssaal Haue angedroht. Und zwar vom Vorsitzenden Richter höchstpersönlich. Dabei blieb es allerdings nicht. Der Richter hat den Anwalt tatsächlich vor die Tür gebeten und seine Drohung in die Tat umgesetzt.

Die Heftigkeit der Attacke ist allerdings nur akustisch dokumentiert. Die Gerichtskamera nahm einige vielsagende Geräusche auf, während die anderen Prozessbeteiligten brav auf ihren Sitzen warteten. Der Anwalt erklärte später, er habe vor dem Gerichtssaal gar nichts sagen können. Vielmehr habe der Richter auf ihn eingeschlagen, bis Gerichtswachtmeister dazwischen gingen.

Dem Richter ist wohl der Kragen geplatzt, weil ihm ein Vortrag des Pflichtverteidigers nicht schnell genug ging. Der Anwalt bestand aber darauf, seine Ausführungen beenden zu dürfen.

Der Richter hat inzwischen eine bezahlte Auszeit genommen und sich für eine Therapie in Anger Management entschieden. Angeklagt werden soll er übrigens nicht. Ob die Justiz auch so nachsichtig wäre, wenn der Anwalt angefangen hätte?

Bericht und Video des Vorfalls

„Unnötiger Lärm“

Am Donnerstag startet die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Damit beginnt die Zeit der Fanfeiern, Autokorsos und Fähnchen am Auto. Aber auch hier ist nicht alles erlaubt, was vielleicht Spaß macht.

Autokorsos sind zum Beispiel grundsätzlich nicht erlaubt (§ 30 StVO). Autokorsos gelten nämlich als unnützes Hin- und Herfahren. Unnötigen Lärm verursachen sie auch, was ebenfalls verboten ist.

Allerdings lehrt die Erfahrung, dass die Polizei gerade bei der WM schon mal die Augen zudrückt. Oder sich einfach, habe ich schon erlebt, mit vier oder fünf Autos als „Versammlungsleitung“ an die Spitze des spontanen Aufzugs setzt.

In jedem Fall, darauf weist etwa der ADAC hin, ist Alkohol am Steuer natürlich auch bei einer mobilen Siegesfeier tabu. Auch an roten Ampeln, nicht nur denen mit stationären Blitzern, muss angehalten werden; der Korso hat keine Sonderrechte. Fahrer und Insassen dürfen nur bei Schrittgeschwindigkeit den Gurt weglassen. Da die Schrittgeschwindigkeit jedoch auch im Autokorso schnell überschritten wird, sollten sich alle Mitfahrer in jedem Fall anschnallen.

Kommt es während eines Autokorsos zu einem Unfall, haftet die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Mitinsassen im Fahrzeug haben so gegebenenfalls Ansprüche gegen die Versicherung. (Eine andere Frage ist, ob die Versicherung sich möglicherweise wieder am Halter schadlos halten kann, wenn dieser grob fahrlässig handelt oder gar getrunken hat.) Wenn eine Verletzung durch Mitverschulden oder teilweises Mitverschulden (z.B. Verletzung der Anschnallpflicht) entsteht, kann dies eine wie sonst auch ein Mithaftung des Opfers bedeuten.

Fähnchen und Socken für die Außenspiegel, Aufkleber oder Magnetfolien sind selbstredend ein Fall für die Geschmackspolizei, juristisch aber erlaubt – so lange die Sicht des Fahrers nicht eingeschränkt wird, andere Verkehrsteilnehmer gefährdet und nicht etwa im Spiegel integrierte Blinker verdeckt werden. Verboten ist es allerdings, großformatige Nationalflaggen, noch dazu an einer Stange, während der Fahrt aus dem Fenster oder dem Schiebedach zu halten.

Wer mit den kleinen Fähnchen an den Seitenscheiben auf die Autobahn fahren möchte, muss sicherstellen, dass diese sich nicht lösen und den nachfolgenden Verkehr gefährden. Hier wird es laut ADAC ab Tempo 90 erfahrungsgemäß kritisch. Die Fähnchen sollten deshalb zumindest vor der Fahrt auf die Autobahn abgenommen werden.

Plötzlicher Appetit auf Zettel

Vor Tagen haben wir die Frage besprochen, was es hilft, wenn man sich bei einer Polizeikontrolle im Auto einschließt. Ich möchte es deshalb nicht versäumen, einen weiteren Lösungsansatz von ähnlicher Kreativität vorzustellen.

In Ulm hat ein Rentner bei einer Kontrolle des Zolls offensichtlich Panik bekommen. Er zerriß nach Angaben des Hauptzollamtes vor den Augen der Beamten einige Zettel und aß diese schnell auf. Die Zettel waren zwar weg, aber der Argwohn der Zöllner natürlich geweckt.

Sie überprüften den Mann deshalb besonders genau. Es ergaben sich Anhaltspunkte, dass der Mann Auslandsvermögen in sechsstelliger Höhe hat. Ob die Einnahmen daraus versteuert wurden, wird jetzt das Finanzamt prüfen.

Wie erfolgreich die Taktik des Mannes war, hängt natürlich davon ab, was die Zettel tatsächlich verraten hätten. Logischerweise hat sich der Betroffene aber zu deren Inhalt wohl nicht geäußert. Beweismittel in eigener Sache zu vernichten, ist generell übrigens nicht verboten. Es kann aber gegebenenfalls der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr ins Spiel kommen.

Jetzt: Berliner Polizei twittert 24 h alle Einsätze

Die Berliner Polizei gewährt einen ungewöhnlichen Einblick in ihre alltägliche Arbeit. Seit heute abend 19 Uhr twittern neun Polizisten für 24 Stunden alle Einsätze, die ihre Kollegen fahren.

Alle Einsätze ist wörtlich gemeint. Jeder Fall soll erwähnt oder bis zu seinem Abschluss verfolgt werden. Das soll so eine Art Polizeifunk zum Lesen sein und lässt sich auch schon unterhaltsam an. Zum Beispiel wenn die Beamten gerufen werden, weil Kinder aus dem Obergeschoss eines Hauses mit Wasser gefüllte Luftballons auf die Straße werfen. Drama pur.

Dass Polizist nicht immer ein hochspannender Traumberuf ist, lässt auch folgender Eintrag erahnen:

Eine herrenlose Perserkatze in einem Treppenhaus in #Marzahn.

Auch wer nicht bei Twitter ist, kann den Ticker hier verfolgen. Über den Hashtag #24hPolizei gibt’s sogar die Live-Reaktionen der anderen Nutzer dazu.

Ich gehe mal Popcorn holen.

Holland calling

Ich muss unbedingt davon abraten, mit Holländern zu telefonieren. Oder mit Menschen, die eine holländische Telefonnummer nutzen. Wenn man sich dann auch noch selbst im deutsch-niederländischen Grenzgebiet aufhält, ist das nämlich ein Beweis für Drogengeschäfte.

So steht es jedenfalls in einer Anklageschrift. Meine Mandantin habe mit ihrem Mobiltelefon von Deutschland aus telefonischen Kontakt zu einem niederländischen Dealer hergestellt. Das steht da so. Also quasi als Gewissheit.

Richtig ist lediglich, meine Mandantin hat mal eine niederländische Rufnummer gewählt. Dass ein Dealer am Telefon war, reimt sich der Staatsanwalt zusammen. Aus was auch immer. Denn aus den vorhandenen Daten ergibt sich zu der Rufnummer nichts. Insbesondere nicht, wer das Telefon nutzt(e), wo es zur fraglichen Zeit im Mobilnetz eingebucht war und welche sonstigen Verbindungsdaten vorhanden sind.

Manches könnte man vielleicht herausfinden. Dazu haben die Ermittler vom Zoll aber keine Lust. Macht einfach zu viel Arbeit. Erfahrungsgemäß, vermerken die Zollbeamten in ihrem Bericht, seien Anschlussinhaber niederländischer Handynummern nicht zu ermitteln. Die pösen Holländer verkauften Prepaidkarten nämlich ohne Vorlage eines Ausweises. Von daher sehe man auch gar keinen Grund, der Sache auf den Grund zu gehen.

Wozu auch? Der Staatsanwalt weiß ja ohnehin, dass meine Mandantin mit einem Dealer gesprochen hat. Wahrscheinlich belegt schlicht seine langjährige „kriminalistische Erfahrung“, dass so ein – mutmaßlich – grenzüberschreitendes Telefonat nie und nimmer koscher ist. Der Gerichtsverhandlung sehe ich schon mal mit Interesse entgegen. Vor der Einreise ins Grenzgebiet schalte ich aber sicherheitshalber mein Handy aus.

Dresscode für Jurastudenten

Ohne straffe Regeln geht nichts. Gerade für angehende Juristen. Deshalb gibt es jetzt endlich auch eine „Richtlinie zur angepassten Kleidungswahl an der Universität“. Ein unbekannter Verfasser hat de Kodex an die Pinnwand des Juridicums in Bonn geheftet.

Der Text macht geradezu lebensnotwendige Vorgaben für den Jurastudenten von heute. Die Welt dokumentiert den lustigen Aushang auf ihrer Lifestyle-Seite. Eine schöne Mittagspausen-Lektüre.

Kein Berufsverbot

Nicht jede Vorstrafe ist Grund genug, um einer angehenden Pädagogin die staatliche Anerkennung zu verwehren. An sich wollte die Stadt Berlin einer jungen Frau das Abschlusszeugnis „Staatlich geprüfte Erzieherin“ verweigern, weil diese fünf Jahre vor Ende ihrer Ausbildung Sozialbetrug begangen hatte. So einfach geht es nicht, befand nun das Verwaltungsgericht Berlin.

Die Frau hatte ein Erbe verschwiegen und so im Jahr 2008 zu Unrecht 4.100 Euro vom Jobcenter erhalten. Für die Stadt Berlin reichte das, um sie als „unzuverlässig“ einzustufen. Dabei übersah sie nach Auffassung des Verwaltungsgerichts aber, dass die staatliche Anerkennung des erlernten Sozialberufs nur dann verweigert werden kann, wenn spezifische Berufspflichten verletzt wurden.

Erzieher müssten sich aber mehr um Betreuung, Beaufsichtigung und Ausbildung von Kindern kümmern, nicht so sehr um Geld. Selbst wenn Sozialbetrug einen Charaktermangel offenbare, reiche das noch nicht, um die Ausbildung nicht anzuerkennen. Ansonsten nähere man sich einem „allgemeinen Berufsverbot für Straftäter“ an. Das jedoch ist unzulässig (Aktenzeichen VG 3 K 588.13)

„Renditestarke Anlage“

An die Niedrigzinsen haben wir uns gewöhnt. Und es wird noch heftiger werden. Manche Banken scheinen es aber etwas zu übertreiben, wenn sie ihren Kunden noch weniger geben wollen als fast gar nichts.

So bietet die Postbank eine Geldanlage namens „Kapital Plus“ mit dem stolzen Zinssatz von 0,05 Prozent. Die 12.097,97 Euro Guthaben, welche eine Rentnerin angelegt hatte, brachten im letzten Jahr 1,51 Euro Erträge. Davon gehen 38 Cent Kapitalertragssteuer und zwei Cent Solidaritätszuschlag ab, rechnet die Badische Zeitung vor. Bleiben unterm Strich 1,11 Euro, um die das Guthaben der Sparerin in einem Jahr gewachsen ist.

Sicher, die Niedrigzinsen sind vornehmlich der Geldpolitik geschuldet. Allerdings scheinen die Marketingabteilungen der Banken noch nicht ganz erkannt zu haben, wie absurd ihre Werbung in den Ohren der Kunden in der aktuellen Situation klingen muss.

So wirbt die Postbank geradezu euphorisch für ihr eingangs erwähntes Produkt. Es handele sich um eine „renditestarke Anlage mit langfristiger Kalkulierbarkeit“. Noch unterboten werde die Postbank bei der Zinshöhe allerdings von der Allianz, heißt es. Sie zahle ihren Kunden bei einem Produkt nur 0,01 Prozent Zinsen. Die Werbung dürfte ähnlich hohl klingen. Sonneborn, übernehmen Sie.

Für Dummies wie mich gibt es übrigens ein schönes Bilderbuch zum Thema. Es macht kurz und knapp überhaupt erst mal verständlich, um was es bei der Währungskrise eigentlich geht: Die Krise … ist vorbei … macht Pause … kommt erst richtig: Es geht um unser Geld – 77 Bilder zum Selberdenken und Mitreden (6,49 Euro). Allerdingsn ist das Buch eher nichts für schwache Nerven…

Zu viel Kleingedrucktes

Die gängigen Kostenlos-Angebote von Handy-Firmen sind nicht ohne Tücken. Unter Umständen auch für den Anbieter selbst. Stellt dieser nämlich nicht hinreichend klar, ab wann der Vertrag kostenpflichtig wird, bleibt er möglicherweise auf seinen Rechnungen sitzen. So hat jedenfalls das Amtsgericht Köln entschieden.

Von einem Mobilfunkkunden wollte ein Telefonunternehmen Gebühren aus einem Vertrag. Allerdings war dieser in den ersten drei Monaten kostenlos. Woraus sich die Kostenpflicht ab dem vierten Monate ergeben sollte, war dem Richter nicht ganz klar. Im Vertrag stand davon jedenfalls nichts.

Die Klägerin berief sich auf ihr Kleingedrucktes. Damit blitzte sie aber bei dem Richter ab:

Ein Vertrag kommt nur dadurch zustande, dass die Parteien sich über alle wesentlichen Punkte einigen. Die Frage, ob ein Vertrag bzw. die Leistung eines Vertragspartners überhaupt etwas kostet und wenn ja, ab wann, ist sicher ein wesentlicher Punkt, der im Vertrag geregelt werden muss, sich aber nicht erst aus seitenlangen kleingedruckten Aufzeichnungen über diverse Tarife entnehmen lassen darf.

Es kann sich also durchaus mal lohnen, den eigentlichen Vertrag zu studieren. Ergeben sich daraus nicht mal die Basics, kann das die Vereinbarung ins Wanken bringen (Aktenzeichen 127 C 474/13).

Keine weitergehenden Erkenntnisse

Haha, mal wieder eine grandios witzige Meldung im Postillon. Diesmal zum Thema NSA:

Die Vorerhebungen wegen der möglichen massenhaften Erhebung von Telekommunikationsdaten der Bevölkerung in Deutschland durch britische und US-amerikanische Geheimdienste haben hingegen bislang keine zureichenden Tatsachen für konkrete, mit den Mitteln des Strafrechts verfolgbare Straftaten erbracht.

Auch aus den knapp 2000 Strafanzeigen ergeben sich keine weitergehenden Erkenntnisse. Bei dieser Sachlage ist die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gesetzlich nicht zulässig.

Die Prüfungen des Generalbundesanwalts sind damit allerdings nicht abgeschlossen. Er wird die Erkenntnisse, die durch die Ermittlungen wegen des Verdachts der Ausspähung eines Mobiltelefons der Bundeskanzlerin erlangt werden, auf ihre mögliche Auswirkung für die strafrechtliche Bewertung der in Rede stehenden massenhaften Erhebung von Telekommunikationsdaten der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland auswerten und sonstigen neuen Hinweisen nachgehen.

Das kann die Wirklichkeit nicht schlagen.

Zupackend

Vermieter sollte man mit Samthandschuhen anfassen. Wenn man – in dem Objekt – ruhig weiterleben will. Allerdings gibt es Dinge, die man sich nicht bieten lassen muss. Das weiß jetzt der Mieter eines Hauses. Er hatte seine Vermieterin am Körper umfasst und aus dem Haus getragen.

Die Vermieterin fand das erwartungsgemäß weniger lustig. Sie kündigte dem Mieter. Der Rechtsstreit ging durch die Instanzen, jetzt hat der Bundesgerichtshof die unbestrittene Handgreiflichkeit legitimiert.

Die Vermieterin hatte Rauchmelder installieren lassen. Diese durfte sie sich anschauen, mehr nicht. So war es verabredet. Die Frau hielt sich jedoch nicht an die Absprache. Sie fing an, rumzuschnüffeln. Auch in Zimmern, in denen gar keine Rauchmelder installiert waren.

Die Richter finden das Verhalten des Mieters zwar nicht korrekt. Sie halten es für möglich, dass der Mann sein „Notwehrrecht“ überschritten hat. Aber auch in diesem Fall trage die Vermieterin eine so große Mitschuld an der Eskalation, dass eine Kündigung kein angemessenes Mittel sei.

Der Vermieterin sei die Fortsetzung des Mietverhältnissses zuzumuten. (Aktenzeichen VIII ZR 289/13).