Gewalt gegen Türknöpfe

Um sich als Autofahrer einer Polizeikontrolle zu entziehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. So richtig sanft, allerdings auch wenig erfolgversprechend, ging ein Autofahrer in Plankstadt (Baden-Württemberg) vor. Er sperrte einfach sein Auto nicht auf, als Polizisten auf den Wagen zukamen.

Ist so was eigentlich schon als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte strafbar? Der entsprechende Paragraf fordert als Tathandlungen an sich Gewalt, Drohung mit Gewalt oder gar einen tätlichen Angriff. Bloßes passives Verhalten reicht dafür eigentlich nicht aus.

Selbst wenn man das Drücken des Knöpfchen mit einiger Mühe als „Gewalt“ ansieht, richtet diese sich diese nur gegen das eigene Auto. Die Gewalt muss aber eigentlich immer direkt auf den Vollstreckungsbeamten einwirken, zum Beispiel in Form einer (etwas zu spät) zugeschlagenen Autotür, die gegen den Polizisten knallt.

Aber was heißt für Juristen schon „direkt“? Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in vor 17 Jahren bei einem ähnlichen Fall einen feinen Unterschied herausgearbeitet: Ist die Autotür schon länger zu, muss der Betroffene sie nicht öffnen. Schließt er sie aber nur, um sich der Kontrolle zu entziehen, ist das laut dem Urteil schon eine strafbare Form von Gewalt.

Nun ja, das Urteil wurde nicht gerade freundlich besprochen. Außerdem dürfte es der neueren Rechtsprechung zu gewaltlosem Widerstand widersprechen, etwa bei Sitzblockaden. Aber der Richterspruch ist nun mal in der Welt. Im Zweifel kommt es also eventuell tatsächlich darauf an, ob die Polizeibeamten sehen und beurteilen können, wann, wie und warum der Türknopf nach unten ging.

Der Autofahrer in Plankstadt ließ sich laut Polizeibericht ohnehin überreden, die Tür freiwillig zu öffnen. Die Alkoholmessung ergab 1,26 Promille.

Redtube: Abmahner weiter im Unrecht

Im Fall der Redtube-Abmahnungen gibt es ein weiteres Urteil. Das Amtsgericht Hannover stellt klipp und klar fest: Die Abmahnungen waren rechtswidrig.

Das Gericht findet gleich eine Vielzahl von Punkten, wegen derer die Abgemahnten nichts an die The Archive AG zahlen müssen. Im einzelnen:

– Die Abmahnung ist schon handwerklich fehlerhaft. Sie ist zu weitreichend formuliert (§ 97a Abs. 2 Nr. UrhG).

– Es ist zweifelhaft, ob Streaming überhaupt eine Vervielfältigung im Sinne des Gesetzes ist. Jedenfalls ist es aber nur eine flüchtige und begleitende Vervielfältigung. Deshalb greift zumindest die Ausnahme § 44a Nr. 2 UrhG.

– Auch das Betrachten eines nicht autorisierten Streams ist immer legal, so lange der Film nicht aus einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle stammt. Offensichtlich rechtswidrig sind für den normalen Nutzer nur Filme, die unmöglich schon frei erhältlich sein können (zum Beispiel weil sie noch im Kino laufen).

– Der Nutzer darf davon ausgehen, dass ein offen operierendes und legal wirkendes Streaming-Portal wie Redtube die Rechte an den gezeigten Filmen hat.

Das Amtsgericht Potsdam hat bereits ähnlich entschieden. Allerdings handelte es sich dabei um ein sogenanntes Versäumnisurteil, bei dem nur die Argumente der siegreichen Seite berücksichtigt werden. In dem Hannoveraner Fall hatte sich die The Archive AG dagegen gewehrt, so dass ein vollwertiges Urteil herausgekommen ist (Aktenzeichen 550 C 13749/13).

Kein Job ohne Kirchenbuch

Kirchen dürfen die Besetzung leitender Positionen von der Kirchenmitgliedschaft abhängig machen. Qualifizierte Bewerber können also das Nachsehen haben, bloß weil sie konfessionslos sind. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Es ging um eine Referentenstelle. Diese Stelle hatte ein Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands ausgeschrieben, um das deutsche Kapitel eines Antirassismusbericht der Vereinten Nation zu erstellen. Eine Bewerberin wurde noch nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, weil sie kein Kirchenmitglied ist.

Zur Religionsfreiheit gehört laut dem Urteil, dass Kirchen eine Identifikation des Bewerbers mit ihren Zielen verlangen dürfen. Diese Identifikation komme am besten durch die Kirchenmitgliedschaft zum Ausdruck. Das gelte jedenfalls für herausgehobene Positionen wie die eines Referenten. Ob auch für einfachere Angestelltenjobs eine Kirchenmitgliedschaft verlangt werden darf, entschied das Gericht nicht.

Das Arbeitsgericht Berlin hatte noch anders geurteilt und der Frau wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine Entschädigung zugesprochen. Die Entschädigung betrug ein Bruttomonatsgehalt (Aktenzeichen 4 Sa 157/14, 4 Sa 238/14).

Bares ist nicht mehr Wahres

Droht uns der Abschied vom Bargeld? Die FAZ berichtet von der Rundreise eines amerikanischen Ökonomen, der derzeit bei vielen Banken zu Gast ist. Unter anderem bei der EZB. Der Mann predigt den Abschied vom Bargeld – vorwiegend aus ökonomischen Gründen.

Es mag plausibel sein, was Professor Martin Kimball sagt. Auch der Hinweis, dass Bargeld in kriminellen Kreisen die bevorzugte Zahlungs- und Geldaufbewahrungsform ist, ist sicher nicht falsch. Mit der Eindämmung oder gar Abschaffung des Bargelds lässt sich das Verbrechen also erschweren. Jedenfalls bis es dann früher oder später die passenden elektronischen Auswege gibt.

Bevor man jetzt aber über solche Ideen jubelt, stellt sich die Frage nach dem Preis, den wir alle bei Abschaffung des Bargeldes zahlen müssten. Er wäre beträchtlich. Klar ist, die möglichen Vorteile würden von unserem Privatsphäre-Konto abgebucht.

Unser Leben wäre ohne Bargeld noch viel überwachbarer, als es jetzt schon ist. Selbst die Packung Zigaretten am Büdchen wären belegbar. Oder die Kondome bei Rossmann. Und zwar auf unbestimmte, aber ganz sicher nicht kurze Zeit.

Ich kann mir gut vorstellen, dass dies helle Freude auslöst. Etwa beim BND, der ja nun sogar etliche Millionen anfordert, um uns in Echtzeit auf Twitter oder Facebook belauschen zu können. Ich würde diesen Herrschaften ungern ein weiteres Instrument in die Hand geben, um ihre Minderwertigkeitskomplexe gegenüber der NSA abzubauen.

Auch ohne die Abschaffung des Bargelds ist unser bereits erwähntes Freiheitskonto schon arg strapaziert. Es wäre fatal, wenn es bald endgültig ins Minus rutscht.

Rückzahlung? Sonst noch was?

Mein Mandant weigerte sich, zu einer Zeugenvernehmung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Deshalb verhängte die Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen ihn ein Ordnungsgeld. 150 Euro. Zahlbar sofort. Aus bestimmten Gründen war der Beschluss unrechtmäßig. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hob das Ordnungsgeld deshalb auf. Das war im Dezember 2013. An sich hätte mein Mandant das bereits bezahlte Ordnungsgeld wiederkriegen müssen. An sich…

Denn so einfach scheint das alles nicht zu sein. Ich hatte dem Mandanten noch geraten, doch erst mal abzuwarten. Sobald der Beschluss bei der Amtsanwaltschaft vorliege, was sicher eine Woche oder so dauern könne, werde man die Entscheidung des Richters auch zur Kenntnis nehmen. Und das Geld dorthin zurücküberweisen, wo es her kam. Auf das Konto meines Mandanten.

Aber es kam kein Geld. Auf schüchterne Anfrage hin erhielt mein Mandant zur Antwort, so eine Rückzahlung erfolge nicht automatisch. Vielmehr müsse der Empfänger erst mal seine Bankverbindung angeben. Es sei nämlich nicht möglich, das Geld einfach so an den Einzahler zu erstatten. Warum auch immer. Seine Bankverbindung einfach so telefonisch angeben, das durfte mein Mandant aber nicht. Man schicke einen Brief, hieß es.

Wieso die Behörde das nicht gleich von sich aus gemacht hat? Immerhin sitzt man dort auf Geld, das einem nicht gehört. Wir werden es wohl nie erfahren. Immerhin ging das Schreiben dann Mitte März 2014 bei meinem Mandanten ein. Aber natürlich auch erst, nachdem ich noch mal schriftlich eine Frist gesetzt hatte. Mein Mandant trug dann jedenfalls brav seine Bankverbindung in das Formular ein und schickte es sofort zurück.

Mittlerweile sind weitere zehn Wochen ins Land gegangen. Das Geld ist immer noch nicht da. Heute wollte ich mal nachfragen, ob und wann mit der Erstattung zu rechnen ist. Drei Mal klingelte auf der betreffenden Geschäftsstelle das Telefon. Drei Mal drückte mich jemand weg.

Unter der Rufnummer der Zentrale erfuhr ich, die Amtsanwaltschaft ziehe um. „Das kann bis zu zwei Wochen dauern. Vielleicht auch länger“, erfuhr ich. „Rufen Sie am besten danach noch mal an.“

Nein, keine Sorge. Ich schicke einen Brief, unter anderem mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde und einer aktualisierten Aufstellung der Verzugszinsen. Ich überlege sogar, ob ich – ganz unjuristisch und nur zur Frustbewältigung – mal das Wort Unterschlagung fallen lasse. Irgendwo hört es ja dann doch mal auf.

Wann beginnt eine Reise?

Der Urlaub steht vor der Tür. Aber wann genau geht eine Reise wirklich los? Diese kniffelige Frage musste das Amtsgericht München beantworten.

Ein Mann aus Düsseldorf hatte eine Flugreise nach Santo Domingo gebucht. Losgehen sollte es am 28. April 2013 vom Flughafen Frankfurt. Am Vormittag des 28. April erledigte der Reisende noch den Online-Check-In. Dann erkrankte er plötzlich so schwer, dass er nicht mehr nach Frankfurt reisen konnte. Er musste den Flug stornieren.

Zum Glück hatte er eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Doch die Münchner Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie verwies auf ihre Bedingungen. Danach endet der Versicherungsschutz „mit dem Antritt der Reise“.

Nach Meinung des Amtsgerichts München ist der Online-Check-In nicht identisch mit dem Antritt der Reise. Früher sei man an einem Schalter vorstellig geworden, habe die Bordkarte in Empfang genommen und das Gepäck aufgegeben. Mit diesen Leistungen habe die Reise im eigentlichen Sinn begonnen.

Durch den Online-Check-In habe sich nichts geändert. Das Einchecken in Eigenregie erspare Fluggesellschaften in erster Linie Personal. Der Kunde signalisiere mit dem Check-In aber zunächst lediglich, dass er die Reise antreten werde. Tatsächlich beginne die Reise aber erst, wenn die Fluggesellschaft konkret für ihren Gast tätig werde. Etwa durch die bereits erwähnte Gepäckannahme. Oder wenn der Reisende unter Vorlage seiner Bordkarte das Gate durchschreitet.

Der Reisende bekommt nach der Entscheidung also die Flugkosten von der Versicherung erstattet (Aktenzeichen 171 C 18960/13).

Hoeneß musste wohl nicht klingeln

Die Mitteilung ist kurz und bündig:

Ulrich Hoeneß hat heute die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe in der JVA Landsberg angetreten.

Mit diesen Zeilen bestätigen die Anwälte des früheren FC-Bayern-Präsidenten Presseberichte, wonach Hoeneß sich heute morgen in der Justizvollzugsanstalt Landsberg eingefunden hat. Hoeneß muss eine dreieinhalbjährige Haftstrafe absitzen.

Immerhin hat man es Hoeneß wohl erspart, unter den Augen von Reportern an der Pforte der JVA klingeln zu müssen. Die üblichen Bilder vom klassischen Haftantritt gibt es bislang jedenfalls (noch) nicht. Ohnehin dürften eventuelle Veröffentlichungen für die einschlägigen Medien auch nicht ganz billig werden.

Als letzter Prominenter hatte der später freigesprochene Moderator Jörg Kachelmann Entschädigung erstritten, weil ihn ein Boulevard-Fotograf beim Hofgang während seiner Untersuchungshaft aufgenommen hatte.

Kein Polizeigesetz gegen Trinker

Die Drogenszene sowie die Trinker- und Obdachlosenszene sind nicht identisch. Darauf weist das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem heute veröffentlichten Urteil hin. Das Gericht korrigiert eine Praxis der Stadt Heilbronn. Die Kommune hatte auch gegen Trinker und Obdachlose Aufenthaltsverbote verhängt, weil von diesen angeblich Straftaten drohen. Das, so die Richter, ist aber vom Polizeigesetz Baden-Württemberg nicht gedeckt.

Gegenüber der Drogenszene seien Aufenthaltsverbote durchaus zulässig, heißt es in dem Urteil. Denn Drogenkonsum gehe einher mit Drogenhandel, der als Straftat bekämpft werden dürfe. Bei Alkoholkonsumenten sehe es aber anders aus. Trinker und obdachlose Menschen würden nicht schon durch ihre Zugehörigkeit zur entsprechenden Szene Straftaten begehen.

Bei diesem Personenkreis seien vielmehr weitere konkrete Anhaltspunkte erforderlich, aus denen sich die Gefahr von Straftaten im Ort ergebe. Diese Anhaltspunkte konnten die Richter in dem entschiedenen Fall nicht finden. Teilweise wurden dem Kläger Delikte zur Last gelegt, die sich außerhalb Heilbronns zugetragen haben sollen oder jedenfalls schon sehr lange zurückliegen. Nicht-Straftaten wie anstößiges Verhalten reichten nicht aus, um ein Aufenthaltsverbot auszusprechen.

Das baden-württembergische Polizeigesetz lässt Aufenthaltsverbote von bis zu drei Monaten zu (Aktenzeichen 1 K 4357/12).

Fahndungsfoto zum Glück

Das Sachsen-Sonntag ist ein Anzeigenblatt des Verlags Leipziger Rundschau. Darin findet sich regelmäßig eine tolle Aktion: der „Glückskreis“. Ein Mitarbeiter des Blattes schießt in einer Einkaufspassage das Foto eines Kunden. Unerkannt und aus der Hüfte heraus. Das Porträt erscheint dann in der nächsten Ausgabe des Sachsen-Sonntag. Wovon der betreffende Kunde allerdings erst mal gar nichts weiß.

Er soll sich nämlich selbst beim Verlag melden, sobald er sich – Überraschung – in der Zeitung entdeckt. Immerhin winkt ihm nicht nur lokale Prominenz („Der Gustav war im Käseblättchen“), sondern auch ein Einkaufsgutschein über stolze 25 Euro.

SachsenSonntag

Klingt erst mal nach einer netten Idee. Oder zumindest nach einer verdammt preiswerten Möglichkeit, redaktionellen Platz zu füllen. Allerdings ist das Ganze vielleicht doch etwas heikel.

Zunächst aus juristischen Gründen. Solche „Fahndungsfotos“ verletzen das Recht am eigenen Bild. Geschossen werden darf das Foto, veröffentlicht werden ohne Einverständnis allerdings nicht. Siehe etwa auch diesen aktuellen Fall, der tatsächlich vor Gericht landete.

Nicht ganz fernliegend sind auch zwischenmenschliche Komplikationen. Etwa, wenn der Besuch des Blumenladens im Allee-Center Grünau zum Erwerb einer Zierpflanze führte, über deren Verbleib der werte Lebenspartner nun Aufklärung verlangt.

Für entsprechende Reichweite ist beim Sachsen-Sonntag übrigens gesorgt. Das Anzeigenblatt erscheint in einer Gesamtauflage von ca. 500.000 Exemplaren.

In eigener Sache: Da eventueller Schaden ja wohl schon angerichtet ist, haben wir den Screenshot, den wir als Bildzitat verstanden wissen wollen, jetzt mal ganz mutig nicht verpixelt. Sofern das ein Problem sein sollte, spendieren wir natürlich auch einen Fleurop-Gutschein.

Meine Mitpatientin schnarcht

Dem Klassenkampf von unten sind juristische Grenzen gesetzt. So wollte eine Krankenhauspatientin es jetzt durchsetzen, auf Kosten ihrer gesetzlichen Krankenversicherung in der Klinik ein Einzelzimmer zu bekommen. Ihre Begründung: Meine Mitpatientin schnarcht.

Das Sozialgericht Detmold beschäftigt sich in seinem Urteil eingehend mit dem Problem, wollte der Frau aber am Ende nicht helfen. Nach Auffassung des Gerichts stellt die gesetzliche Krankenversicherung lediglich eine „Grundversorgung“ sicher. Wenn ein anderer Patient schnarche, sei das eine eher als „geringgradig anzusehende Ruhestörung“. So was müsse ebenso ausgehalten werden wie etwas umfassendere Angehörigenbesuche.

Tiefgründig merkt das Gericht außerdem an:

Es mag zwar sein, dass aufgrund der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft die stationäre Behandlung in Mehrbettzimmern als Folge eines durch allgemeinen Wohlstand entstandenen Anspruchsdenkens zunehmend nicht gewünscht wird.

Es ist allerdings keinesfalls Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, einer solchen Entwicklung Rechnung zu tragen, indem sie Leistungen zur Verfügung stellt, die sich als unwirtschaftlich darstellen, auch wenn sie dem Genesungsprozess durch einen ungestörten Klinikaufenthalt in Einzelfällen zuträglich sein mögen.

Die 74-jährige Patientin bleibt auf den Zusatzkosten fürs Einzelzimmer sitzen. Das waren 1.044,48 Euro (Aktenzeichen S 5 KR 138/12).

Hinweis: Es gibt in manchen Browsern Probleme bei der grafischen Darstellung. An einer Lösung wird gearbeitet.

… und die Warnweste, bitte!

Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte. Warndreieck? Verbandkasten? So läuft es seit ewigen Zeiten, das Quiz bei Verkehrskontrollen. Ab dem 1. Juli wird das Spiel um eine Schwierigkeitsstufe erhöht. Spätestens ab diesem Tag müssen Autofahrer eine Warnweste im Auto haben. Sonst droht ein Bußgeld von 15 Euro.

Klingt simpel, aber die Neuregelung (§ 53a Straßenverkehrszulassungsordnung) hat ihre bürokratischen Feinheiten. Wie nicht anders zu erwarten. Ein paar Punkte, die für Autofahrer interessant sind:

– Die Warnweste muss in Fahrzeugen mitgeführt werden. Heißt das, die Warnweste muss im Innenraum des Wagens liegen? Oder reicht es, wenn sie im Kofferraum verstaut ist? Verkehrsjuristen streiten jetzt schon, welcher Aufbewahrungsort im Fahrzeug wirklich vor einem Bußgeld schont. Am Ende entscheiden wie immer die Gerichte.

– Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift muss „eine“ (in Zahlen: 1) Warnweste mitgeführt werden. Nicht eine pro Insasse. Das heißt, bei der Verkehrskontrolle darf auch nur eine Warnweste verlangt werden – auch wenn vier oder fünf Personen im Auto sitzen.

– Die Warnwestenpflicht ist nur eine Warnwestenmitführpflicht. Keine Anziehpflicht. Man muss die Weste also bei Pannen nicht außerhalb des Fahrzeuges tragen. Das bedeutet auch: Selbst wenn nur eine Warnweste im Auto vorhanden ist, dürfen bei einer Panne alle Fahrzeuginsassen aussteigen, ohne ein Bußgeld zur riskieren.

Die Warnweste selbst muss gelb, orange oder orange-rot sein und im unteren Bereich der Vorder- und Rückseite zwei reflektierende Streifen haben. Am besten ist es, Warnwesten mit dem Aufdruck EN ISO 20471 oder EN 471 zu kaufen, dann gibt es keine Diskussionen.

Im Supermarkt, beim Discounter oder einfach per Post kosten die Westen zwischen zwei und fünf Euro.

In anderen EU-Ländern sind die Vorschriften teilweise strenger. Hier eine Übersicht.

Hinweis: Es gibt in manchen Browsern Probleme bei der grafischen Darstellung. An einer Lösung wird gearbeitet.

Agenten mit Komplexen

Bis zu 300 Millionen Euro will der Bundesnachrichtendienst investieren. Um Menschen zu belauschen – auf Twitter, Facebook, Flickr. Aber auch Blogs und Foren sollen „in Echtzeit“ überwacht werden. Die Pläne sind Teil einer sogenannten „Strategischen Iniative Technik“ (SIT), berichten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR nach einer gemeinsamen Recherche.

Alles halb so wild, könnte man sagen. Der Bundesnachrichtendienst ist ja „nur“ fürs Ausland zuständig. Zumindest auf dem Papier. In der Praxis stellt sich natürlich die Frage, wie im Web 2.7 oder bei welchem Build auch immer wir uns gerade befinden, zwischen „ausländischer“ und „deutscher“ Kommunikation überhaupt unterschieden werden kann. Die Sprache ist ja nun eher weiches Kriterium.

Wie es letztlich läuft, hat der BND schon bei seiner Mailkontrolle erklärt. Genauer gesgt: nach beharrlichem Bohren eingeräumt. Wird eine „.de“-Domain genutzt, ist das Inland. Wird etwa eine „.com“-Domain genutzt, ist das Ausland. (Schönen Gruß an alle G-Mail-Nutzer.) Es ist also schon abzusehen: Es wird niemand sicher sein vor den langen Ohren des BND.

Unabhängig von technischen Details und offenkundiger Inkaufnahme von Rechtsverletzungen regt mich eines auf. Seine finanziellen Forderungen begründet der BND laut dem Bericht nämlich mit offensichtlichen Minderwertigkeitskomplexen. Die Kollegen aus Amerika und England seien ja schon viel weiter beim Bespitzeln von 99,99 Prozent unbescholtener Bürger, soll es heißen. Werde nicht digital aufgerüstet, drohe der BND sogar weiter zurückzufallen. Hinter die Italiener! Und sogar die Spanier!

Auf einen naheliegenden Gedanken scheint niemand zu kommen. Dass es vielleicht besser wäre, eben nicht jeden Wahnsinn mitzumachen. Das könnte sogar zu einem tollen Alleinstellungsmerkmal führen. Freiheitsrechten etwa, die nicht nur auf dem Papier stehen. Am Ende wären dann noch die Italiener und Spanier neidisch.

Kollege Dealer

In Braunschweig haben Drogenfahnder einen 30-Jährigen angehalten. Er hatte 40 Gramm Marihuana dabei. Bis dahin war der Einsatz Routine. Das änderte sich, als der mutmaßliche Drogenhändler den Kollegen seinen Dienstausweis zeigte und sich ebenfalls als Polizist vorstellte. Der Ausweis war echt – nur den dienstlichen Grund nahmen die Fahnder ihrem Kollegen nicht ab.

Zu Recht, wie sich herausstellte. Im Keller seines Hauses ging der junge Beamte nämlich einem Nebenjob nach. Rund 60 Hanf-Pflanzen hat er nach Angaben der Polizei dort gehegt.

Erfahrung mit Drogen hat der Polizist durchaus. Er arbeitete nach Informationen der Braunschweiger Zeitung bis vor sechs Jahren selbst im örtlichen Drogenkommissariat. Zuletzt war er allerdings bei einem Mobilen Einsatzkommando. Deshalb habe sich schnell herausgestellt, dass er keineswegs undercover unterwegs war.

Gegen den Beamten wird jetzt ermittelt. Er musste zwar nicht in Untersuchungshaft, ist aber vorläufig vom Dienst suspendiert.

Die Braunschweiger Polizei hatte über die Festnahme eine Pressemeldung herausgegeben. Darin erwähnte sie aber nicht, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Polizisten handelt. Dies sei erst auf ausdrückliche Nachfrage eingeräumt worden, heißt es bei der Braunschweiger Zeitung.