Befeuchten reicht nicht aus

Wer beim Kondomkauf nach deutscher Markenware greift, muss auch deutsche Markenware erhalten. Das Oberlandesgericht Hamm untersagte es jetzt deshalb einem Erotikshop, Kondome eines Arnstädter Fabrikanten als „made in germany“ oder als „deutsche Markenkondome“ zu bewerben. Tatsächlich, so das Gericht, würden die Kondome nämlich im wesentlichen im Ausland hergestellt.

Der Hersteller bezieht aus dem Ausland Kondom-Rohlinge. In seinem deutschen Werk feuchtet er die Kondome lediglich an, überprüft sie auf Dichtigkeit und verpackt sie. Das reicht nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm nicht aus, um die Kondoma als „made in germany“ oder als „deutsche Markenkondome“ anzupreisen.

Für deutsche Markenware sei es erforderlich, dass die „wesentlichen Fertigungsschritte“, insbesondere der maßgebliche Herstellungsvorgang in Deutschland erfolgen. Der Verbraucher erwarte dies völlig zu Recht, deshalb handele es sich um unlautere Werbung. Ob die Produktion deutschen Standards genüge, spiele keine Rolle (Aktenzeichen 4 U 121/13).

Porsche-Entzug

Fahrverbot oder gar Führerscheinentzug als Strafe nicht nur für Verkehrsdelikte? Die Diskussion ploppt zuverlässig immer wieder auf. Nun ist es wieder so weit, wobei ich nicht weiß, ob es mit der heute beginnenden Innenministerkonferenz oder dem schon dräuenden nachrichtlichen Sommerloch zusammenhängt.

Das Fahrverbot bringt NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) ins Spiel. Und zwar ausdrücklich für Steuersünder. Bei vermögenden Steuerstraftätern sei eine Geldstrafe nicht effektiv genug, sagt der Minister. „Hier können wir mit einer verfassungskonformen Vermögensstrafe oder in kleineren Fällen dem Entzug der Fahrerlaubnis wirksamer strafen“, sagte Kutschaty der „Rheinischen Post“.

„Wenn der Zahnarzt sechs Monate seinen Porsche stehen lassen muss, trifft ihn das viel mehr als eine Geldstrafe“, meint Kutschaty. Das kann man natürlich so drehen – wenn man das Anfeuern plumper Neidgefühle für einen tauglichen Politikstil hält.

Ich möchte mal die Frage stellen, woher dieser ständige Wunsch nach immer neuen, vermeintlich schärferen Gesetzen kommt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir ein offensichtliches Vollzugsdefizit bei bestehenden Gesetzen haben.

Gerade, aber nicht nur im Steuerstrafrecht ist es doch so, dass – zum Glück jeden einzelnen Betroffenen – die Strafen nach wie vor eher behutsam verhängt werden. Der zur Verfügung stehende Strafrahmen wird jedenfalls im Vergleich zu Gewalt- oder gar Sexualdelikten längst nicht so strapaziert, wie man es auch für Ersttäter durchaus vertreten könnte.

Bewährung oder nicht – dieser Eiertanz fällt gerade in grenzwertigen, aber auch in vielen eindeutigen Fällen, in denen die Steuerschuld nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eigentlich keine Bewährung mehr zulässt, doch noch oft genug zur grenzenlosen Erleichterung der Betroffenen aus.

Auch im Bereich unterhalb der Bewährungsfrage werden Steuerstraftäter sicher längst nicht mal so mittelheftig angefasst, wie es das Gesetz problemlos ermöglichen würde. Im Gegenteil. Der Strafbefehl, also das schriftliche Urteil ohne Gerichtsverhandlung, ist hier das Mittel der Wahl. Das Verfahren lässt sich damit noch immer sang- und klanglos erledigen, zumal ja durch das Steuergeheimnis die Öffentlichkeit im Vorfeld meist gar nichts von den Anschuldigungen erfährt. Und damit auch keine lästigen Fragen stellen oder gar Unzufriedenheit äußern kann.

Natürlich geschieht das nicht durch Rechtsbeugung oder völlig unvertretbare Rabatte. Aber mittels kreativem Rausrechnen vermeintlich fragwürdiger Positionen, Teileinstellungen und sonstigen (noch) legalen Arrangements lässt sich durchaus ausreichend Luft nach unten schaffen.

Ich jedenfalls kenne genug Steuerstrafverteidiger, welche souverän und extrem erfolgreich auf der Klaviatur des stillschweigenden und oft auch handfesten Deals die richtigen Töne treffen. Überprüft werden solche Arrangements ja letztlich auch nicht. Wo weder Staatsanwalt noch Verteidigung etwas unternehmen, tritt halt Rechtskraft ein und die Akte wird abgelegt.

Ich wage als Kontrapunkt zu Minister Kutschaty die These, es würde Steuersünder wesentlich härter treffen und Steuerbetrug wirksamer bekämpfen, wenn die heutigen Strafrahmen in diesem Bereich etwas weniger beschuldigtenfreundlich ausgeschöpft würden. Tatsächlich würde Kutschatys aufgewärmte Idee sogar nur weitere Fluchtpunkte schaffen.

Wenn das Fahrverbot eine Option wird (und entgegen Kutschatys Idee wird es kaum auf Geldstrafen zu beschränken sein), gibt es bei Steuersündern eben eine Möglichkeit mehr für eine geringere Freiheitsstrafe auf Bewährung. Oder für einen spürbaren Abschlag auf die Geldstrafe. Und gerade im kritischsten Bereich – Knast oder nicht Knast – würde damit eine tolle Verhandlungsmasse geschaffen.

„Mein Mandant verzichtet freiwillig ein Jahr auf seinen Führerschein“, wird der Vorschlag lauten. Nach Kutschatys Logik kann diese enorme Belastung einen Richter doch nur höchste Ehrfurcht abfordern, geht der Beschuldigte doch tatsächlich freiwillig durch die Vorhölle eines Lebensabschnitts, während dem er doch tatsächlich seine Karosse nicht selbst lenken darf.

Genau diese vermeintlich so enorme Selbstgeißelung wäre in der Praxis dann vielleicht das letzte notwendige Argument, den Angeklagten ganz ausnahmsweise und natürlich schwersten Herzens nicht in den Knast zu schicken – obwohl er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ganz genau dorthin gehörte. Ich garantiere, dafür fährt auch ein Zahnarzt gerne mal Straßenbahn, wenn er es nicht ohnehin schon heute tut.

Besser mit Beutel

Vor einigen Tagen versuchte mein etwa siebenjähriger Sitznachbar im Flugzeug, eine Kotztüte aufzublasen. Das erinnerte mich daran, dass ich endlich mal was über diesen Bamberger Taxifahrer schreiben sollte, der offenbar deutlich schlechter ausgestattet ist als Air Berlin.

Der Taxifahrer fuhr 64 Stundenkilometer zu schnell, als er auf der Autobahn in eine Radarfalle düste. Als Entschuldigung brachte er vor, sein Fahrgast sei besoffen gewesen und habe den Eindruck gemacht, als müsse er sich gleich übergeben. Deshalb habe er, der Taxifahrer, Gummi gegeben, um die nächste Ausfahrt zu erreichen.

Das Amtsgericht sprach den Taxifahrer tatsächlich frei und ersparte ihm unter anderem ein zweimonatiges Fahrverbot. Es erkannte auf „rechtfertigenden Notstand“. Unter anderem auch deswegen, weil das fragliche Tempolimit ohnehin nur dem Lärmschutz diente. Das Oberlandesgericht Bamberg mochte als nächste Instanz dieser Argumentation allerdings nicht folgen.

Es sei dem Fahrer doch gar nicht um die Sicherheit seines Kunden gegangen. Sondern nur darum, dass sein Auto nicht versaut wird. Im Gegensatz dazu überwiege das öffentliche Interesse an Einhaltung der Verkehrsregeln. Letztlich, so das Gericht, hätte der Taxifahrer ja ohnehin eine handelsübliche, überall leicht erhältliche Brechtüte, z.B. die auch beim Ferienstart mit Kindern absolut unentbehrliche Premiumversion mit dem großartigen Namen Duke Puke (Amazon Partner-Link), vorhalten können. Wer besoffene Fahrgäste transportiere, könne auch daran denken (Aktenzeichen 3 Ss OWi 1130/13).

So gut wie vermietet

Auch eine Sache, die nicht gemietet ist, kann so gut wie gemietet sein. Klingt paradox, ist aber durchaus möglich, wie ein Fall aus München zeigt.

Vor 37 Jahren wurde eine Wohnung vermietet. Seitdem nutzte der Mieter nicht nur die Wohnung, sondern auch das Dach der anliegenden Doppelgarage als Terrasse. Mitvermietet war das Garagendach eindeutig nicht. Der damalige Eigentümer hatte aber der Nutzung zugestimmt. In der Folgezeit baute der Mieter sogar einen Übergang von seinem Küchenfenster auf die Terrasse und brachte eine Art Reling an.

Der heutige Vermieter, Sohn des freundlichen Hauseigentümers, wollte nun sein Garagendach wieder für sich haben. Oder es leer sehen. Er berief sich darauf, dass eine „Gestattung“ nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der Regel frei widerruflich ist. Außerdem sei das Dach baurechtlich nicht genehmigt.

Im Grundsatz gab das Gericht dem Vermieter recht. Allerdings gebe es da noch dieses Dings namens Treu und Glauben. Nach so langer Zeit sei es erforderlich, dass der Vermieter für den Widerruf einen triftigen Grund hat. Den konnte das Gericht nicht erkennen. Auch nicht in der fehlenden Baugenehmigung. Denn zwischen den Parteien war unstreitig, dass das Bauamt noch nie Bedenken wegen der Terrasse geäußert hat. Damit sei auch in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Wobei ich letzteres allerdings bezweifle – wenn der Vermieter nicht völlig auf den Kopf gefallen ist (Aktenzeichen 432 C 25060/13).

Sternchen können reichen

Bei Anrufen zu Premiumnummern kann ein Sternchenhinweis in einer Fußzeile ausreichen, um über den Preis zu informieren. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist es nicht unbedingt erforderlich, dass der Hinweis direkt neben der Rufnummer steht.

Es ging um den Werbebrief eines Finanzdienstleisters. Dieser nannte am Anfang des Schreibens eine 0180-Nummer als Kontaktmöglichkeit. Die Kosten wies ein Sternchen-Hinweis aus, der sich unten auf der Seite fand.

Laut § 66a Telekommunikationsgesetz muss der Preis gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer genannt werden. Das ist nach Auffassung des Gerichts noch dann der Fall, wenn dies unten auf der Seite steht. Allerdings nur wenn die Fußnote optisch gut wahrnehmbar ist (Aktenzeichen I-15 U 54/14).

Falscher Zeitpunkt

Notiz aus dem Sekretariat:

Herr N. benötigte Hilfe. Die Polizei steht vor der Tür und wollte in sein Haus. Einen Durchsuchungsbefehl hatten sie auch vom Amtsgericht. Einen Rückruf oder Anruf auf Ihrem Handy hat er ausdrücklich abgelehnt, da die Polizei jetzt wahrscheinlich das Haus durchsucht und dann sowieso alles zu spät ist.

Da war ich wohl zum falschen Zeitpunkt auf dem Klo. Mir ist aber auch nicht ganz klar, was der mögliche Mandant von mir erwartet hätte. Dass ich mit meinen Superkräften die Polizei aufhalte, wenn die einen Durchsuchungsbeschluss in der Tasche hat? Das gelingt wirklich nicht so häufig.

Aber vielleicht hat er den für ihn richtigen Anwalt ja noch ans Telefon gekriegt.

Ganz dufte: Die Robe für den Fachanwalt

Die Gewandmeisterei Wasmer aus Issigau stellt Anwaltsroben her. Keine Sorge, die betreffende Homepage ist kein satirischer Auftritt. Sondern ernst gemeintes Business. Dem Unternehmen ist es jetzt sogar gelungen, was man kaum für möglich halten könnte. Es hat ausgerechnet auf dem Markt für Anwaltsroben eine Lücke entdeckt, obwohl dort Innovationen produktbedingt höchstens in Jahrhundertschritten zu erwarten sind.

Wasmer wirft die „Fachanwaltsrobe“ auf den Markt. Form und Schnitt bleiben unverändert, aber auf dem Ärmel ist gegen angemessenen Aufpreis von 25 Euro nun unübersehbar der Fachanwaltstitel aufgenäht. Das erinnert etwas an die Kapitänsbinde beim Sport, auch wenn diese mit weniger Worten auskommt. So weit die gutmütige Betrachtungsweise. Hier im Büro hat jemand beim Betrachten der Reklamefotos und vor allem des Werbevideos aus dem Gerichtssaal auch andere Assoziationen gehabt. Aber im Guten Böses finden, das geht halt immer.

Ich bin wirklich gespannt, wie die Geschäftsidee sich in der Praxis schlägt. Und vor allem, ob die Anwaltskammern und eventuell auch Gerichte, in denen Anwälte sich dann bald blickfangmäßig mit ihrer Qualifikation schmücken, das Ganze noch mit dem eigentlichen Zweck der Robe für vereinbar halten. Da wird ja immer von Respekt, Würde und anderen vermeintlichen Tugenden geredet. Mir persönlich bleibt eher die Hoffnung, dass der Ärmel-Aufnäher vielleicht ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum endgültigen Ende dieser und anderer Verkleidungen ist.

So, und nachher rufe ich bei Wasmer an und bestelle mir nur zum Spaß eine passende Robe mit „lawblog.de“.

Lebender Briefkasten

Es gibt Mandatsanfragen, die nehmen echt verschlungene Wege. Manche dieser Wege sind aber auch aus freien Stücken komplizert. Wie jetzt die Kontaktaufnahme eines Herrn aus dem Osten Deutschlands.

Ich weiß echt nicht, ob er tatsächlich nur wegen mir nach Düsseldorf gefahren ist. Auf jeden Fall stand er Mitte letzten Monats an der Bürotür und wollte mit mir über seine Probleme konferieren. Mittelgroßes Problem: Er hatte keinen Besprechungstermin. Riesiges Problem: Ich war gar nicht da. Sondern da, wo der Hilfesuchende wohnt. In Berlin.

Jetzt also die Kontaktaufnahme per Post. Aber nicht einfach so. Vielmehr schaltete der Betreffende eine Nachbarin von uns ein. Er nutzte sie sozusagen als lebenden Briefkasten. Das Schreiben adressierte er nämlich nicht an uns, sondern an die Nachbarin. Die Adresse hatte er wohl einfach so aus dem Telefonbuch. Seine Begründung gegenüber der Nachbarin und in dem eigentlichen Brief an uns will ich jetzt nicht wiedergeben; vielleicht kann ich mir die Filmrechte an der Geschichte sichern.

Für die Nachbarin, die uns den Brief natürlich freundlicherweise rüberbrachte, lagen sogar fünf Euro Botenlohn bei. Für eilige Botschaften ist das System aber offenkundig nicht geeignet. Die Nachbarin war 14 Tage im Urlaub, bevor sie uns den Brief geben konnte. Ich selbst frage mich, wie ich jetzt angemessen antworte. So ein normaler Brief sähe ja irgendwie läppisch aus. Aber die Nachbarin ist ja leider „verbrannt“…

Verträumter Blick

Bei uns stellt die Polizei nur Porträts ins Netz, wenn sie nach konkreten Personen fahndet. In den USA wird so gut wie jedes Gesicht von Menschen online gestellt, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Oder geraten sein sollen. Einen regelrechten Hype verursacht jetzt das Foto von Jeremy Meeks, einem mutmaßlichen Gangmitglied.

Seinen (unfreiwilligen) Auftritt hat der 30-Jährige auf der Facebook-Seite der Polizei im kalifornischen Stockton. Das aktuelle Polizeifoto von Meeks entstand nach einer Razzia der örtlichen Polizei, die sich gegen gewalttätige Gangs richtete. Meeks sitzt unter anderem wegen illegalen Waffenbesitzes in Untersuchungshaft, sein derweil veröffentlichtes Bild hat währenddessen einen Hype ausgelöst.

Anders kann man die nun bald 100.000 Likes wirklich nicht nennen, die auf Facebook bereits zusammengekommen sind. Auslöser waren wohl Online-Bemerkungen vor allem aus dem weiblichen Teil der Online-Welt, die Meeks attraktives Äußeres lobten. Vor allem seinen verträumten Blick.

Mittlerweile wogt die Diskussion hin und her. Sie ist aber auf jeden Fall ein viraler Selbstläufer. Meeks Mutter ruft bereits zu Spenden für ihren Sohn auf. Anders die Reaktion von Meeks Ehefrau, mit der er zwei Kinder hat. Sie soll tierisch über den Hype genervt sein, berichtet etwa die Los Angeles Times. Meeks Anwalt wird in anderen Berichten mit den Worten zitiert, wenigstens erhalte sein Mandant jetzt mal andere Aufmerksamkeit als sonst.

Vielleicht zeigt das Beispiel ja auch, dass die restriktive deutsche Praxis die bessere ist. Mit Verbrechensaufklärung und -vorsorge hat der nun laufende und kurzfristig sicher noch zunehmende Zirkus rund um Polizeifotos á la „Hot or not“ jedenfalls nichts zu tun.

Double Opt-In muss belegbar sein

Versender von E-Mail-Werbung müssen detailliert belegen, dass der Empfänger mit der Zusendung einverstanden war. Ansonsten können sie als Spammer abgemahnt werden, entschied das Amtsgericht Düsseldorf.

Ein Rechtsanwalt hatte sich gegen die Zusendung eines Newsletters gewehrt. Die Firma behauptete jedoch, sie nutze das „Double Opt-In“-Verfahren. Demgemäß habe sich der Anwalt selbst angemeldet. Allerdings konnte die Firma nur allgemein vortragen, wie ihr System funktioniert. Wirklich konkrete Daten, wann der Jurist sich angemeldet haben soll, konnte sie jedoch nicht liefern.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf genügt es nicht, wenn das Double Opt-In auf dem Papier funktioniert. Vielmehr sei es Aufgabe des Werbenden, den gesamten Prozess lückenlos und überprüfbar zu dokumentieren. Gelinge ihm dies nicht, könne er sich nicht auf ein Einverständnis berufen. Die Firma wurde deshalb zur Unterlassung künftiger Werbung kostenpflichtig verurteilt (Aktenzeichen 23 C 3876/13).

Beim Preis darf nicht gemogelt werden

Kreuzfahrtangebote sind oft gespickt mit Sternchen-Hinweisen. Da werden dann diverse Leistungen auf den Preis draufgerechnet, insbesondere das sogenannte „Serviceentgelt“. Solche Preisangaben sind jedoch unzulässig, hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden.

Im konkreten Fall ging es um sieben Euro, welche die Reisenden zusätzlich pro Tag als Serviceentgelt entrichten sollten. Dieser Betrag werde, so hieß es in der Anzeige, täglich automatisch vom Bordkonto abgebucht. Für den Veranstalter hatte das den schönen Effekt, dass er die Reise ohne Serviceentgelt mit einem attraktiven Preis von 999 Euro bewerben konnte.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz müssen aber alle Positionen im Endpreis angegeben werden, die der Kunde zu tragen hat. Das Serviceentgelt sei ein fester Betrag und keineswegs freiwillig. Somit könne auch nicht von Trinkgeldern gesprochen werden, denn bei diesen stehe es dem Kunden stets frei, ob er sie zahlt oder nicht. Mit der Reklame umgehe die Reisefirma ihre Pflicht zu „Preiswahrheit und Preisklarheit“.

Der Kreuzfahrtanbieter muss seine Werbung jetzt anpassen. Für noch gültige Kataloge gewährt das Oberlandesgericht Koblenz eine Auslauffrist bis zum Jahresende (Aktenzeichen 9 U 1924/13).

Mehr als Bahnhof verstehen

Viele Urteile sind gar kein Urteil. Gerichtliche Entscheidungen kommen heute oft in Form eines Strafbefehls daher. Das ist quasi ein Strafverfahren auf dem Schriftweg. Legt der Beschuldigte gegen den Gerichtsbescheid nicht innerhalb von zwei Wochen Einspruch ein, wird der Strafbefehl rechtskräftig. Er steht dann einem Urteil gleich, obwohl es gar keinen Prozess gegeben hat.

Strafbefehle werden auch gern gegen Ausländer verhängt. Wer schon mal Behördenpost aus Holland, Polen oder irgendeinem anderen fremdsprachigen Land (davon soll es eine ganze Menge geben) erhalten hat, kann sich vielleicht in die Situation der Empfänger hineinversetzen. Die verstehen logischerweise oft nur Bahnhof.

Hiergegen wollte der Gesetzgeber, inspiriert durch Vorgaben der EU, letztes Jahr was tun. Er änderte das Gerichtsverfassungsgesetz in einem wichtigen Punkt. Danach müssen in Strafverfahren wichtige Dokumente (Haftbefehl, Anklageschrift, Urteile) übersetzt werden, wenn der Betroffene der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Das ist in § 187 Gerichtsverfassungesetz und § 37 Strafprozessordnung geregelt.

Gut gemeint, allerdings fehlen in dem zweiten Paragrafen die praktisch so bedeutsamen Strafbefehle. Bleibt bei Strafbefehlen also alles beim alten? Nein, meint das Landgericht Stuttgart in einer aktuellen Entscheidung. Die Richter weisen zu Recht darauf hin, dass die Frage eines fairen Verfahrens nicht davon abhängen kann, welchen Verfahrensweg das Gericht wählt.

Sinn und Zweck der Neuregelung sei es, fremdsprachigen Betroffenen die wichtigsten Informationen über ihre Sache zu liefern. Da mache es keinen Unterschied, ob die Entscheidung als klassisches Urteil oder Strafbefehl ergeht. Deshalb sei auch der Strafbefehl in die Sprache des Betroffenen zu übersetzen. Zumal der Strafbefehl, wie sich aus anderen Stellen im Gesetz ergebe, bei fehlendem Einspruch einem Urteil gleichsteht. Somit laufe die Einspruchsfrist nicht, wenn dem Strafbefehl keine Übersetzung beigefügt sei (Aktenzeichen 7 Qs 18/14).

Ob der Übersetzungszwang die Situation Beschuldigter tatsächlich immer verbessert, ist noch eine ganz andere Frage. Es gibt nämlich mittlerweile Gerichte, die sagen: Wenn der Betroffene die wichtigsten Dokumente in seiner Sprache erhält, dann braucht er doch eigentlich keinen Pflichtverteidiger mehr.

Wer schreibt, der bleibt

Wer schreibt, der bleibt. Das gilt auch in der modernen Variante, dem fröhlichen Schnack via What’s App. Bei einem Telefonat wäre das, was sich zwei Schwestern zu sagen hatten, nie herausgekommen. Oder hätte sich zumindest nicht beweisen lassen. Bei einem What’s-App-Protokoll sieht das schon ganz anders aus.

Die ältere Schwester klagt gegen einen Nachbarn. Sie will von diesem übel misshandelt worden sein. Über den Vorfall berichtete sie ihrer kleinen Schwester via What’s App. In allen Details. Das liest sich – abgekürzt – so:

ich habe ihn angezeigt wegen körperverletzung.

geil, wie viel kann man da rausschlagen?

3.000.

so viel? ich will auuuuuuuuuch was

darunter geht mein anwalt nicht. seelisch und körperlich.

oha krass … das wäre ja geil das ist ja der oberhammer. für fast nix bekommste geld … du weisst ja, dass du teilen musst ne

ja, wir gehen nach primark und danach bedanke ich mich beim j. fürs geld hahah

Haha bring was mit voll krass eh! könnte ich z.b., ich hab ja n bluterguss vom umzug gestern, kann ich sagen das war der patrick?

jaaaaaaaa

Blöd halt spätestens, wenn die Gesprächspartnerin den Chatverlauf munter weiter teilt. Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass auch noch andere mit zu Primark dürfen. Im Prozess macht sich so ein Text dann natürlich gar nicht gut. Jedenfalls wird er kaum dazu beitragen, dass das Schmerzensgeld so hoch ausfällt wie erhofft.

Bierwerbung auf dem Prüfstand

Alkoholfreies Bier darf nicht als „vitalisierend“ beworben werden. Das Oberlandesgericht Hamm untersagte der Warsteiner Brauerei entsprechende Reklame.

Auf den Rückenetiketten und Verpackungen ihrer Sixpacks pries Warsteiner ihr alkoholfreies Bier als „erfrischend“, „isotonisch“ und „vitalisierend“. Vom Etikett lächelten Vitali und Wladimir Klitschko.

Das Oberlandesgericht Hamm sieht in dem Bier erst mal ein Lebensmittel. Den Begriff „vitalisierend“ verstehe der Verbraucher als Hinweis, dass er mit dem Produkt seinen Gesundheitszustand verbessern könne. Laut dem Gericht sieht die Europäische Health Claim Verordnung (HCVO) aber zwingend vor, dass solche Aussagen zumindest konkretisiert werden müssen. Die Werbung muss also mitteilen, welche Körperfunktionen gesteigert werden können.

Schon wegen dieser fehlenden Zusatzinformation ist die Werbung laut dem Gericht unzulässig. Die Brauerei hatte argumentiert, sie mache eine Wortspiel mit dem Namen Vitali Klitschko. Das jedoch überzeugte das Gericht nicht (Aktenzeichen 4 U 19/14).