Beifahrer dürfen arglos sein

Wer als Beifahrer in einem Auto unterwegs ist, muss nicht auf die Verkehrsschilder achten. Eine Binsenweisheit. Was ist aber, wenn der Beifahrer ans Steuer wechselt? Diese Frage musste das Oberlandesgericht Hamm nun entscheiden.

Ein Mann hatte sich auf einem Parkplatz an einer Landstraße ans Steuer gesetzt. Bis dahin war seine Frau gefahren, doch diese wollte jetzt das hinten sitzende Kind beruhigen. Nach der Weiterfahrt überholte der Mann im Überholverbot und sollte dafür 87,50 Euro Bußgeld zahlen. Doch so einfach ist das nicht.

Grundsätzlich, so das Gericht, muss ein Beifahrer Verkehrsschilder nicht zur Kenntnis nehmen. Ebenso wenig ist er verpflichtet, sich beim bisherigen Fahrer zu erkundigen, welche Verkehrsschilder dieser gesehen hat. Genau dies hatte das Amtsgericht von dem Mann aber verlangt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kommt es darauf an, ob der Autofahrer von dem Überholverbot wissen musste. Entweder, weil er die Strecke öfter fährt. Oder weil die Strecke tatsächlich so beschaffen ist, dass sich ein Überholverbot aufdrängte.

Die Entscheidung aus Hamm könnte größere Bedeutung erlangen, als man vielleicht zuerst vermutet. Ähnliche Fragen stellen sich ja auch beim Carsharing (Aktenzeichnen 1 RBs 89/14).

8.130 Zugriffsberechtigungen

Tausende bayerische Beamte hatten Zugriff auf die elektronische Steuerakte von Uli Hoeneß. Die weitaus meisten davon konnten dies ohne jede Kontrolle tun. Nur bei 462 Mitarbeitern beziehungsweise Dienststellen seien Zugriffe überhaupt protokolliert worden, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die anderen 2.487 Beschäftigten oder Dienststellen hätten ohne jede Kontrolle die Steuerunterlagen von Hoeneß ausdrucken können.

Insgesamt habe es für Hoeneß’s Steuerakte 8.130 Zugriffsberechtigungen gegeben, wovon auf etliche Mitarbeiter mehrere solche Berechtigungen entfielen. Angesichts dieser großen Zahl sah die Staatsanwaltschaft München wohl keine Möglichkeit zu ermitteln, wer genau Steuerunterlagen von Hoeneß an den stern weitergegeben haben könnte. Sie stellte das Verfahren deshalb ein.

Abzuwarten bleibt, welche Konsequenzen die bayerischen Steuerbehörden ziehen. Immerhin soll sich im Rahmen der Ermittlungen auch herausgestellt haben, dass seit März 2013 gar keine Zugriffe mehr protokolliert wurden. Schuld sei ein „Programmfehler“.

„Eindeutig verspätet“

Wir hatten Neuigkeiten für das Gericht und für den Prozessgegner. In einem anderen Verfahren, in dem es aber um die gleichen Sachverhalte und Rechtsfragen geht, hatte das Gericht unserem Mandanten recht gegeben. Wir leiteten also noch am Tag, an dem das erfreuliche Urteil bekanntgegeben wurde, diese Information an das andere Gericht weiter. Immerhin war dort ja schon in einigen Tagen Verhandlungstermin.

Sehr interessant fiel die Reaktion des gegnerischen Anwalts aus. In einem Schriftsatz ans Gericht schrie er Zeter und Mordio. Begründung: Unser Sachvortrag sei „eindeutig verspätet“. Es sei mehr als unverschämt, so kurz vor der Verhandlung noch „neue Tatsachen“ zu präsentieren. Das Gericht müsse deshalb die Information über den Parallelprozess „streng zurückweisen“.

So eine Argumentation könnte ich nachvollziehen, wenn wir wichtige Informationen ohne sachlichen Grund monatelang zurückgehalten hätten. Hier handelt es sich bei der Urteilsverkündung aber einfach um ein Ereignis, das sich nun mal erst kurz vor dem Verhandlungstermin zugetragen hat. Wieso man das nicht noch mitteilen dürfen sollte, ergibt sich jedenfalls nicht aus der Zivilprozessordnung.

So ähnlich sieht es übrigens auch der zuständige Richter. Er ließ uns einen Beschluss zukommen, wonach er die gesamte Verfahrensakte aus dem Parallelprozess angefordert hat. Also wenn das bei dem impulsiven Anwaltskollegen nicht wenigstens einen Befangenheitsantrag triggert, dann weiß ich auch nicht mehr.

Chefs müssen Anwälte ertragen

Einem Arbeitnehmer darf nicht gekündigt werden, weil er bei Problemen am Arbeitsplatz einen Rechtsanwalt beauftragt. Das gilt nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund auch während der Probezeit.

Eine Servicemitarbeiterin hatte eine befristete Stelle angetreten. Bedingung war, dass sie einen seit langer Zeit gebuchten Urlaub genehmigt bekommt. Daran wollte sich der Arbeitgeber dann aber nicht halten. Die Mitarbeiterin schaltete wegen der knappen Zeit einen Anwalt ein, welcher der Firma eine Frist setzte, um den Urlaub noch zu genehmigen.

Der Arbeitgeber wollte sich nicht damit abfinden, dass die Mitarbeiterin einen Anwalt beauftragt hatte. Nach seiner Meinung hätte es die Frau erst weiter auf dem Dienstweg versuchen müssen. Das sah das Arbeitsgericht Dortmund anders. Das „Maßregelverbot“ im Arbeitsrecht untersage es, einen Arbeitnehmer dafür zu bestrafen, dass er seine Rechte wahrnimmt. Dazu gehöre im Streitfall auch die Möglichkeit, dass er sich rechtlich beraten und vertreten lässt.

Das Maßregelverbot gilt laut dem Arbeitsgericht auch während der Probezeit, obwohl der Arbeitgeber in der Probezeit an sich gar keine Kündigungsgründe braucht. Hätte die Firma zu den Kündigungsgründen geschwiegen, wäre der Prozess wahrscheinlich anders ausgegangen.

Link zum Urteil

Immer im Dienst

Staatsanwälte sind immer im Dienst. Diese schmerzliche Erfahrung machten jetzt zwei Männer, die auf Facebook Diebesgut an den Mann bringen wollten.

Es ging um Biermarken im Wert von 12.000 Euro. Die Marken waren vor der Maidult, einem Paussauer Volksfest, aus einem Tresor gestohlen worden. Pünktlich zur Herbstdult, die vom 5. bis 14. September stattfindet, suchten die Verdächtigen auf Facebook nun nach Käufern für die Biermarken.

Zugegriffen hat nach Angaben der Passauer Polizei eine Staatsanwältin, die privat auf Facebook unterwegs war. Sie schickte den Dieben aber kein Geld, sondern die Fahnder ins Haus. Bei der Hausdurchsuchung wurden die Wertmarken sichergstellt.

Bericht in der Passauer Neuen Presse

Der Rest vom Fest

Wer angetrunken Fahrrad fährt, geht ein beträchtliches Risiko ein. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstraße.

Ein Mann war von einem Fest im Nachbarort nach Hause geradelt. Bei einer Alkoholkontrolle stellte die Polizei 1,73 Promille fest. Die Führerscheinbehörde verlangte von dem Betroffenen ein medizinisch-psychologisches Gutachten. Da er dieses Gutachten nicht vorlegte, entzog ihm das Amt den Autoführerschein Klasse 3.

So eine Maßnahme sei verhältnismäßig, meint das Verwaltungsgericht. Auch wenn der Betroffene „nur“ Fahrrad gefahren sei, sprächen 1,73 Promille für eine starke Alkoholgewöhnung. Es sei deshalb auch zu befürchten, dass der Mann angetrunken Auto fährt.

Doch damit nicht genug. Der Mann kann jetzt nicht mal mehr aufs Fahrrad ausweichen. Denn ihm wurde auch gleich dazu verboten, mit dem Fahrrad zu fahren. Auch dies hält das Verwaltungsgericht für zulässig. Denn auch auf einem Fahrrad gehe von dem Mann eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer aus.

Das war’s aber noch nicht. Schon vorher hatte das Amtsgericht den Radfahrer wegen Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt (Aktenzeichen 636/14.NW).

Filesharing: Chartcontainer sind ein Problem

Wieder ein Urteil, das Filesharing-Abmahnern Steine in den Weg legt. Das Amtsgericht Köln spricht keinen Schadensersatz wegen eines Song-Tausches übers Internet zu, wenn sich das Lied in einem sogenannten „Chartcontainer“ befand.

Eine Musikfirma hatte den Tausch des Songs „Get Shaky“ abgemahnt. Das Lied soll sich in dem Chartcontainer „Germany Top 100 Singlecharts“ befunden haben. Nach Auffassung des Gerichts konnte die Klägerin nicht belegen, dass gerade dieses Lied tatsächlich getauscht wurde.

Bei einem Chartcontainer mit einem Umfang von 100 Songs sei nicht ersichtlich, dass tatsächlich das fragliche Lied hoch- oder heruntergeladen wurde. Es gebe zahlreiche Gründe, warum die Datenübertragung abgebrochen wurde oder unvollständig war.

Näheres bei der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke, die das Urteil erstritten hat.

„Korinthenkacker“ muss nicht strafbar sein

Ein Falschparker, der gegen einen Mitarbeiter des Verkehrsdienstes den Vorwurf der „Korinthenkackerei“ erhebt, macht sich nicht zwangsläufig strafbar. Das Amtsgericht Emmendingen sprach jetzt einen Pensionär frei, der sich wegen eines drohenden Verwarnungsgeldes wegen Falschparkens entsprechend Luft gemacht hatte.

Der städtische Vollzugsbeamte behauptete zwar, der Autofahrer habe nicht von Korinthenkackerei gesprochen, sondern ihn persönlich als „Korinthenkacker“ bezeichnet. Der zuständige Richter sah bei beiden Varianten zwar keine „besonders niveauvolle Bemerkung“, strafrechtlich müsse dies alles jedoch nicht geahndet werden – auch mit Blick auf die Meinungsfreiheit. Schon der Verteidiger des Angeklagten hatte geltend gemacht, die Äußerung seines Mandanten habe einen sachlichen Hintergrund gehabt und habe nicht darauf gezielt, den Beamten in seiner Ehre herabzusetzen.

Bericht in der Badischen Zeitung

Landtags-Vize „auf der Flucht“

Für eher unrühmliche Schlagzeilen sorgt momentan Daniel Düngel, Vizepräsidendent des Landtags in Nordrhein-Westfalen. Der Politiker der Piratenpartei wird nach Medienberichten wegen Schulden von Gläubigern verfolgt. Gegen ihn soll ein Haftbefehl vorliegen.

Allerdings geht es wohl nicht nur bei Düngel privat, sondern auch in der Berichterstattung über seine Schulden drunter und drüber. Viele Berichte erwecken den Eindruck, als werde der Landtags-Vize wie ein Drogenhändler von der Polizei gesucht. Auch die Leserkommentare der Online-Medien klingen mitunter so, als werde Düngel bald nicht in langweiligen Sitzungen schmoren. Sondern dauerhaft im Knast.

Wenn Düngel lediglich private Schulden hat (und mehr ist momentan nicht bekannt), ist das alles nicht der Fall. Vielmehr ist dem Abgeordneten in diesem Fall nicht die Polizei auf den Fersen, sondern der Gerichtsvollzieher. Dieser treibt offene Forderungen ein. Allerdings nur solche, die von einem Gericht festgestellt worden sind. Also in einem förmlichen Urteil. Oder, wenn es zu einem gerichtlichen Mahnverfahren gekommen ist, in einem Vollstreckungsbescheid. Das geschieht in einem Verfahren, das über mehrere Stufen läuft und in dem sich der Betroffene juristisch wehren kann.

Entweder hat Düngel diese Gegenwehr nicht geleistet. Oder die Forderungen sind berechtigt. Wenn Rechtsmittelfristen bereits abgelaufen sind, kommt es ohnehin nicht mehr darauf an, ob die ursprüngliche Forderung tatsächlich bestand. Normalerweise schicken Gläubiger den Gerichtsvollzieher erst los, wenn der Schuldner keine Rechtsmittel mehr einlegen kann.

Zunächst hält der Gerichtsvollzieher Ausschau, ob beim Schuldner was zu holen ist. Er pfändet Autos, teure Fernseher, Sportboote oder Schmuck. Ist dagegen nichts da (oder für den Gerichtsvollzieher auffindbar), kann er den Schuldner zur sogenannten eidesstattlichen Versicherung bitten. Folgt der Schuldner dieser Einladung nicht, dann kann gegen ihn ein Haftbefehl erlassen werden. Trifft oder findet der Gerichtsvollzieher den Schuldner dann irgendwo, kann er den Haftbefehl vollstrecken. Das allerdings auch mit Hilfe der Polizei, sofern sich der Schuldner widersetzt.

Wichtig ist hierbei aber, dass mit dem Haftbefehl nicht eine Art Untersuchungshaft verbunden ist. Der Haftbefehl ist kein strafrechtlicher Haftbefehl. Deshalb muss der Landtag auch nicht Düngels Immunität aufheben. Die Immunität eines Abgeordneten erstreckt sich lediglich auf den Schutz vor Strafverfolgung.

Der Haftbefehl, über den wir hier reden, hat aber nichts mit möglichen Straftaten zu tun. Der zivilrechtliche Haftbefehl ist nur darauf gerichtet ist, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durchzusetzen. Die „Haft“ darf deshalb auch nur so lange dauern, bis der Schuldner die Formblätter über sein Einkommen und sein Vermögen ausgefüllt hat. Dann muss er sofort wieder entlassen werden, auch wenn er keinen Cent auf den Tisch gelegt hat.

Es kommt auch nicht darauf an, ob das Vermögensverzeichnis richtig ist. Stellt es sich als falsch oder unvollständig heraus, wäre das allerdings eine Straftat. Und dann wirklich Gegenstand eines späteren Ermittlungsverfahrens durch die Polizei.

Die bisherigen Informationen geben aber lediglich was dazu her, dass Düngel private Schulden derzeit offenbar nicht bedient und deshalb massiven zivilrechtlich Ärger hat. Schon das ist extrem unschön und natürlich verheerend für einen herausgehobenen Politiker und seine Partei. Aber kriminell muss Düngel deswegen noch lange nicht sein.

Update: Düngel wird nach eigenen Angaben sein Amt als Landtagsvizepräsident abgeben.

Die Trolle von der Polizei

„Die Trolle von der Polizei“, heißt ein Artikel auf Zeit Online. Kai Biermann beschäftigt sich darin mit den ständig wiederholten Forderungen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter nach einer Ausweitung polizeilicher Befugnisse. Die Gewerkschaft nimmt jedes Verfahren, jetzt den Prozess gegen den schießenden Lkw-Fahrer, zum Anlass, um nach schärferen Gesetzen zu verlangen.

Dabei scheut der Bund Deutscher Kriminalbeamter auch nicht davor zurück, Opfer und Angehörige zu instrumentalisieren. Statt sachlicher Argumente für mehr polizeiliche Befugnisses heißt es dann: „Fragen Sie bitte mal die Angehörigen des Opfers, was diese davon halten.“ Biermann kontert:

Nein, Opfer von Verbrechen und deren Angehörige werden aus gutem Grund nicht gefragt, wie die Täter ermittelt und bestraft werden sollen. Würde das getan, würden reihenweise Verdächtige gefoltert und Täter hingerichtet. Auge um Auge wäre das Prinzip, und das Ergebnis wären Rache und Gewalt. Deswegen gibt es Gesetze und Gerichte, die nüchtern abwägen.

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Freispruch für Wunderheiler

Wunderheiler genießen bei der Justiz keinen besonders guten Ruf. Ich rede jetzt nicht von Anwälten, die ihren Mandanten fernab von jeder Realität grundsätzlich das Blaue vom Himmel versprechen. Sondern von mutmaßlichen Scharlatenen im medizinischen Bereich, die mit Pendeln, Handauflegen und Fernheilung ihr Geld verdienen. Mit so jemanden musste sich das Amtsgericht Gießen jetzt beschäftigen. Und ging überraschend milde mit ihm um.

Der Wunderheiler kurierte seine Patienten nur mit „geistigen Kräften“. Diese Kräfte wirken laut seiner Eigenwerbung gleichermaßen gegen Krebs, Demenz, Alzheimer, Hepatitis, HIV und vieles andere mehr. Für ein Honorar von 60 bis 1.000 Euro legte der Mann den Kunden seine Hände auf oder schickte seine positiven Energien durchs Telefon.

Dabei muss er durchaus überzeugend gewirkt haben. Denn vor dem Strafrichter mochte kein einziger der geladenen Patienten sagen, er fühle sich durch den Wunderheiler finanziell geschädigt. Da ein Betrug somit kaum zu bejahen war, blieb nur ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz.

Das Heilpraktikergesetz ist jedoch nach Auffassung des Amtsgerichts Gießen gar nicht anwendbar. Eine verbotene Heilbehandlung setze nämlich voraus, dass der „Eingriff“ auch schädliche Wirkungen haben könne. Das sei beim Handauflegen oder gar der Fernbehandlung jedoch ausgeschlossen.

Zu Gute kam dem Angeklagten, dass er seinen Kunden in keinem Fall von Arztbesuchen abriet. Mehrmals soll er sogar von sich aus (schul-)medizinische Behandlung empfohlen haben. Der Betroffene wurde im Ergebnis freigesprochen (Aktenzeichen 507 Cs 402 Js 6823/11).

Regierung will WLANs befreien

Die Bundesregierung arbeitet nach Presseberichten an einer Offensive, die mehr öffentlich zugängliches Internet verfügbar machen soll. Insbesondere Wirte und Hoteliers sollen nicht mehr für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kunden haften müssen.

Ein entsprechender Gesetzentwurf soll kurzfristig vorgelegt werden. Die große Frage ist allerdings, ob es dann mit diesem gelingt, den Fuß von Innovationsbremse der namens Störerhaftung zu nehmen. Denn an sich sind Gastronomen und andere Betreiber von freien WLANs schon heute sogenannte „Access Provider“. Nach dem Telemediengesetz haften sie grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen ihrer Kunden.

Allerdings wird diese Freiheit dadurch konterkariert, dass nach Auffassung vieler Gerichte Haftungsregeln aus dem Zivilrecht hierdurch nicht berührt sein sollen. Durch die Hintertür werden Gastronomen also doch in die Verantwortung genommen. Was ihre Lust, freies WLAN ohne riesengroße Anmeldeprozeduren anzubieten, natürlich enorm verringert.

Man darf also gespannt sein, ob das neue Gesetz wirklich was ändert. Oder ob, wie etwa bei der Regelung der Streitwerte in Filesharing-Fällen, erst einige Anläufe bis zu einer brauchbaren gesetzlichen Lösung nötig sind.

RA Thomas Stadler zum gleichen Thema

Informationsfreiheit darf nicht an Kosten scheitern

Das Bundesinnenministerium hat mit künstlich überteuerten Bescheiden versucht, Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auszuhebeln. Nur fünf Prozent der geforderten Gebühren bleiben nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts in einem Verfahren übrig. Journalisten sollten für Auskünfte ursprünglich 14.952,20 Euro zahlen. Jetzt sind es gerade mal noch 736,60 Euro.

„Das Verwaltungsgericht Berlin stellt klar, dass Behörden potentielle Antragsteller nicht mit ihren Gebühren abschrecken dürfen“, sagt Dr. Anja Zimmer, Geschäftsführerin des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) NRW. Die Richter bescheinigen dem Ministerium, sich mit der willkürlichen Stückelung des Antrags in 66 (!) Einzelbescheide rechtswidrig verhalten zu haben. Die Journalisten hatten für die WAZ-Mediengruppe (heute Funke) im Vorfeld der Olympischen Spiele in London zur Verteilung von Steuergeldern recherchiert.

Mit Unterstützung des DJV legten sie gegen 64 der 66 Bescheide Widerspruch ein. Das Verwaltungsgericht gibt ihnen in allen 64 Fällen Recht. Das Ministerium hatte den Ende 2011 gestellten Auskunftsantrag in fünf Olympia-Stützpunkte, 27 Sportverbände und 34 Zielvereinbarungen unterteilt und daraus 66 Einzelbegehren abgeleitet. Durch die künstliche Aufteilung erhöhten sich die Gebühren für die Auskunft erheblich.

Das Verwaltungsgericht macht im nun schriftlich vorliegenden Urteil aber deutlich: Auskunftsansprüche dürfen nicht beliebig unterteilt werden, um Auskunftssuchende durch unkalkulierbar hohe Kosten abzuschrecken. Die 66 willkürlich festgesetzten Themengebiete seien genauso „untauglich“, wie es etwa die Anzahl von beantragten Jahren oder die Anzahl von betroffenen Einzelvorgängen gewesen wäre.

Zusätzlich zu den Gebühren hatte das Ministerium noch über 2.000 Euro für Kopien geltend gemacht. Auch die hält das Gericht für rechtswidrig. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für solche Auslagen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Verwaltungsgericht Berlin die Berufung zugelassen (Aktenzeichen VG 2 K 232.13).