Kleines ABC für Kunden

Abwiegeln, leugnen, vertrösten: Solche Erfahrungen machen Kunden Tag für Tag, wenn sie sich an die Helplines von Unternehmen wenden. In meiner aktuellen Kolumne für die ARAG habe ich aufgeschrieben, auf welche Rechte man als Kunde gerade bei Kaufverträgen pochen kann.

Hier geht es zum Beitrag.

Middelhoffs Optionen

Erst ein hartes Urteil von drei Jahren Gefängnis, dann die Verhaftung im Gerichtsaal. Für den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff kam es heute knüppeldick im Essener Landgericht. Das Gericht sieht Fluchtgefahr.

Immerhin einen Lichtblick schien es am Rande der Verhandlung für Middelhoff zu geben. Der Vorsitzende deutete nach Presseberichten an, dass er mit Middelhoffs Verteidigern über mildere Mittel sprechen will. Das könnte eine Kaution sein. Diese würde aber möglicherweise daran scheitern, dass Middelhoff zumindest offiziell nicht sonderlich vermögend ist. Zuletzt hatte ihm ein Gerichtsvollzieher die Armbanduhr gepfändet, die mittlerweile auch versteigert wurde.

Neben der Kaution gibt es noch andere Möglichkeiten, eine vom Gericht bejahte Fluchtgefahr so abzumildern, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt werden kann. Üblich sind Auflagen. Etwa dass sich der Angeklagte ein- oder mehrmals pro Woche bei der Polizei melden muss. Gern werden auch die Reisepässe und der Personalausweis zur Akte genommen, um Reisen ins Ausland zu erschweren. Ein fester Job und enge familiäre Bindungen können natürlich auch nicht schaden.

Ob solche Dinge dem Gericht reichen, soll sich nach Angaben eines Gerichtssprechers vielleicht noch im Laufe des Tages zeigen. Ansonsten bleibt Middelhoff noch eine Beschwerde gegen den Haftbefehl. Ganz chancenlos dürfte diese nicht sein. Zumindest dann, wenn die Fluchtgefahr sich jetzt lediglich aus dem heute gesprochenen Urteil ergeben soll. Drei Jahre sind nach der Rechtsprechung noch ein überschaubarer Zeitraum; ein zwingender Fluchtanreiz ergibt sich daraus nicht. Zumal Middelhoff ja noch in Revision gehen kann und somit keineswegs feststeht, dass es bei den drei Jahren bleibt.

Kontrolle wegen Hautfarbe

Kontrolliert die Bundespolizei Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe? Genau diesen Verdacht hatte ein dunkelhäutiges Ehepaar, die im Regionalzug von Mainz nach Köln ihre Personalinen überprüfen lassen musste. Neben ihnen wurden keine anderen Fahrgäste kontrolliert.

Damit fanden sich die Betroffenen, beide haben einen deutschen Pass, nicht ab und klagten gegen die Kontrolle. Das Verwaltungsgericht Koblenz gab ihnen nun recht. Für die Kontrolle habe es schon keine Rechtsgrundlage gegeben.

Die Bundespolizei berief sich darauf, die Strecke Mainz – Köln sei ein bekannter „Schleuserweg“. Diese Begründung ließen die Richter aber nicht gelten, weil es sich um einen Regionalzug handelte. Besondere Kontrollen wegen Menschenschmuggels seien nach geltender Rechtslage nur in Zügen zulässig, die tatsächlich aus dem Ausland kommen.

Ansonsten habe die Bundepolizei keinen sachlichen Grund nennen können, warum nur die beiden Kläger ihre Ausweise zeigen mussten (Aktenzeichen 1 K 294/14 KO).

Moralisch degeneriert

Ich habe nichts dagegen, wenn Staatsanwälte im Plädoyer ihre persönliche Meinung und Emotionen einbringen. Das tue ich als Anwalt ja auch. Was ich allerdings gestern in Süddeutschland an einem Amtsgericht erlebte, ist mir schon lange nicht mehr passiert. Ich war echt ziemlich sauer über die Worte des Staatsanwalts, denn in seinem Eifer, sich selbst öffentlichkeitswirksam zu positionieren, verlor der Mann seine eigentliche Aufgabe aus dem Auge.

Der Staatsanwalt beschränkte sich im wesentlichen darauf, meinen Mandanten in den Schmutz zu ziehen. Und zwar mit reinen Werturteilen, von denen „moralisch degeniert“ noch ein eher harmloses ist. Das war schon mehr als die übliche Effekthascherei mit Blick auf die Vertreter der Lokalpresse. So einem Mann, dachte ich schon da, würde ich in einem Unrechtsstaat ungern als Angeklagter gegenübersitzen.

Vor allem dachte ich das auch deswegen, weil die unangenehme Einleitung des Plädoyers nicht in das überging, was normalerweise jeder Staatsanwalt zu liefern verpflichtet ist. Nämlich in eine Darlegung, warum der in der Hauptverhandlung festgestellte Sachverhalt ein Strafgesetz verletzt. Das ist das eigentliche juristisches Handwerk. Aber dafür sah der noch recht junge Ankläger offenbar keine Veranlassung. Vielleicht war er sich auch zu fein dafür.

Dabei hatte er genau dazu allen Grund. Er prangerte in seinem Plädoyer nämlich eine Misshandlung von Schutzbefohlenen an. Dabei handelt es sich um keine Bagatelle – wie man schon der Strafdrohung von bis zu zehn Jahren entnehmen kann. Da sollte man dann doch mal einige Worte darüber verlieren, was das Gesetz mit „quälen“ und „roher Misshandlung“ eigentlich meint. Diese Worte stehen in dem Paragrafen ja nicht ohne Grund.

Im sachlichen Teil meines Plädoyers – es gab ehrlich gesagt noch einen anderen – nahm ich dem Staatsanwalt dann gerne diese Aufgabe ab. Ich erklärte anhand der einschlägigen Gerichtsurteile, was man wirklich machen muss, um jemanden zu quälen oder roh zu misshandeln. Nämlich ganz andere Dinge, als jene, die meinem Mandanten zur Last gelegt wurden.

Tja, und so sah es dann wenig überraschend auch das Schöffengericht. Kurz und knapp wischte der Vorsitzende all die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem fraglichen Paragrafen vom Tisch: „Das reicht alles nicht.“

Dass der Staatsanwalt dann wenig später sogar noch den schlechten Verlierer gab und mir gegenüber grußlos abrauschte, war keine Überraschung mehr.

Erster! Maas bezahlt den Makler selbst

Bundesjustizminister Heiko Maas hält sich schon an Gesetze, bevor sie in Kraft treten. Nach entsprechender Kritik erstattete er dem neuen Mieter eines ihm gehörenden Hauses die Maklergebühr.

Wegen seines Umzugs nach Berlin hatte Maas nach Presseberichten sein Haus in Saarlouis über einen Makler vermietet. Der Mieter zahlte dafür die geforderte Courtage von zwei Monatsmieten an den Makler. Diese Kosten erstattete ihm Maas jetzt, sicherlich aus gutem Grund. Denn die Änderung des Maklerrechts, wonach die Kosten derjenige trägt, der den Makler beauftragt, ist eines der ersten wichtigen Gesetzesprojekte unter Maas.

Verpflichtet zur Rückzahlung war Maas allerdings nicht. Das neue Gesetz wird voraussichtlich erst Mitte des Jahres gültig.

RAK2014 EXTRA.1 sehr kleinKarikatur: wulkan

Verdachtsfälle in Niedersachsen

Bis zu 15 Personen stehen derzeit im Verdacht, sich in Niedersachsen ihr zweites juristisches Staatsexamen erschwindelt zu haben. Sie haben möglicherweise Klausurlösungen bei einem Richter gekauft, der deswegen derzeit in Untersuchungshaft sitzt. Die Zahl wurde im niedersächsischen Rechtsausschuss genannt.

Derzeit überprüft eine Kommission die Prüfungsleistungen von knapp 2.000 Juristen, die seit 2011 in Niedersachsen Examen gemacht haben. Bislang seien 1.500 Fälle durchgearbeitet, wobei sich 15 Verdächtsfälle ergeben. Gegen den Richter, der für die Klausuren zuständig war, ist mittlerweile Anklage erhoben.

Auch die möglichen Täuscher haben wohl wenig Nachsicht zu erwarten. Die Landesregierung will Aberkennungsverfahren einleiten. „Korruption darf besonders in der Justiz keine Chance haben“, erklärte der zuständige Staatssekretär.

Gewisse Probleme bei der Bundespolizei

Der Berliner Kurier berichtet über Bundespolizisten in Berlin, die Menschen im Bereich des Ostbahnhofs zu Unrecht verfolgt und andere Straftaten begangen haben sollen.

Den Beamten soll es darum gegangen sein, gewisse Fahndungsquoten des Berliner Bundespolizei-Chefs zu erfüllen. Danach lockten dienstliche Vorteile (oder es drohten keine Nachteile), wenn eine gewisse Zahl an „Polizeivorgängen“ zustande kam. Angezeigt wurden die Polizisten von einem Kollegen, der das Treiben nicht mehr hinnehmen wollte. Die Beamten sollen teilweise geständig sein.

Dazu passend auch eine Meldung aus dem deutsch-tschechischen Grenzgebiet. Dort ergingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Zwickau Haftbefehle gegen zwei Bundespolizisten, die seit Frühjahr 2013 mindestens 13-mal Chrystal Meth nach Deutschland gebracht haben sollen. Auch hier wird von Teilgeständnissen berichtet. Gegen einen dritten Beamten wird ebenfalls ermittelt.

Kein Hartz IV für viele Ausländer

Der Europäische Gerichtshof hat ein Grundsatzurteil zur Frage gefällt, wenn Ausländer in Deutschland Hartz IV beanspruchen dürfen. Nach dem Urteil können deutsche Behörden Antragstellern grundsätzlich Hartz IV verweigern, wenn der Ausländer lediglich wegen der Sozialleistungen nach Deutschland eingereist ist.

Es ging um den Fall einer mittellosen Rumänin, die vor Jahren mit ihrem kleinen Sohn nach Leipzig zu ihrer Schwester gezogen ist. Einer Arbeit ging sie nie nach. Unter Berufung auf das Europarecht haben Sozialgerichte trotz der strengen Regelungen in Deutschland in der Vergangenheit öfters Sozialhilfe bewilligt, ohne dass der Antragsteller seinen Arbeitswillen und seine -fähigkeit belegt hat.

Die jetzige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs erging auf eine Vorlage des Sozialgerichts Leipzig, das um Vorabklärung der europarechtlichen Fragen gebeten hatte (Aktenzeichen C-333/13).

Gericht kippt Lohndumping-Urteil

Ein Stundenlohn von 1,53 bzw. 1,64 Euro ist doch sittenwidrig. Mit dieser Entscheidung kippt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ein früheres Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus. Dort hatte ein Rechtsanwalt noch Erfolg, der seinen Bürohilfen lediglich die mageren Stundensätze zahlte.

Wegen des geringen Lohnes hatte das Jobcenter das Gehalt der Arbeitskräfte aufgestockt und verlangte nun Geld von dem Arbeitgeber, einem Rechtsanwalt. Das Arbeitsgericht Cottbus hielt den Lohn noch für vertretbar, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg nicht mehr. Deshalb muss der Rechtsanwalt nun dem Jobcenter Ersatz leisten – und künftig angemessene Löhne zahlen (Aktenzeichen 6 Sa 1148/14, 6 Sa 1149/14).

Die falsche Anwältin

Eine 40-Jährige soll in der Region Odenwald öfter als Rechtsanwältin vor Gericht fungiert haben – und zwar ohne Beanstandung. Nunmehr hat sich herausgestellt, dass die Frau lediglich mal Jura studiert hat. Einen Abschluss kann sie aber nicht vorweisen.

Ein Rechtsanwalt aus dem Kreis Miltenberg soll die vermeintliche Juristin mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet haben. Laut Polizei spricht einiges dafür, dass die Frau den Anwalt über ihre Qualifikation in die Irre geführt hat. Die Gerichte hatten an den Vollmachten, welche die Frau in den Verhandlungen vorlegte, dann auch nichts auszusetzen. Insgesamt soll es sich um mehr als 30 Verfahren handeln.

Die Geschichte klingt erst mal merkwürdig, kann sich aber tatsächlich so zugetragen haben. Ich jedenfalls habe es noch nie erlebt, dass ein Richter vor der Verhandlung meine Qualifikation prüft, indem er meinen Anwaltsausweis oder gar meine Zulassungsurkunde sehen will. Vielmehr reicht – zum Glück – ein halbwegs glaubwürdiger Auftritt. Und natürlich kann der Besitz einer Robe nicht schaden. Normalerweise verlangen Gerichte auch gar keine schriftliche Vollmacht, wenn ein Anwalt für den anderen einen Termin wahrnimmt. Dass die Frau eine Vollmacht dabei hatte, hat ihrer Glaubwürdigkeit deshalb sicher eher nicht geschadet.

Auch der Anwalt selbst kann schlicht reingelegt worden sein. Wenn er etwa die Dame nur zu Verhandlungsterminen geschickt hat, wird er sie als freie Mitarbeiterin bezahlt haben. Mehr als eine Rechnung über die geleisteten Dienste kriegt er da nicht zu Gesicht. Und ob man sich von einer „Kollegin“, die glaubwürdig daher kommt, als mutmaßlich kleiner Anwalt weitere Nachweise vorlegen lässt, ist eine Geschmacksfrage. Geschadet hätte etwas mehr Skepsis dem Anwalt allerdings nicht. Bei ihm wurde nämlich auch eine Hausdurchsuchung durchgeführt.

Kein Schweigerecht bei Hartz IV

Nahe Angehörige von Hartz-IV-Empfängern müssen im Prozess die Hosen runterlassen, wenn es um ihr eigenes Einkommen geht. Sie können sich nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Die Angehörigen müssen vielmehr angeben, was sie verdienen und welches Vermögen sie haben.

Dem Prozess lag ein typischer Sachverhalt zu Grunde. Ein Antragsteller wollte Sozialleistungen beziehen. Das Amt ging ging aber davon aus, dass seine Eltern Unterhalt zahlen können. Die Eltern weigerten sich aber, Auskünfte zu geben und beriefen sich auf ihr gesetzlich verankertes Zeugnisverweigerungsrecht. Danach dürfen sie in der Tat grundsätzlich schweigen.

Allerdings entnehmen die Richter § 385 Zivilprozessordnung eine gewichtige Ausnahme. Danach erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht nicht auf „Tatsachen, welche die durch das Familienverhältnis bedingten Vermögensangelegenheiten betreffen“. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die erforderlichen Angaben genau unter diese Ausnahme fallen.

Das Landessozialgericht geht in einer Pressemitteilung selbst davon aus, dass die Entscheidung große praktische Relevanz haben wird (Aktenzeichen L 19 AS 1880/14 B und L 19 AS 1906/14 B).

Werbung mit Olympia ist nicht tabu

Auch Nicht-Sponsoren der Olympichen Spiele dürfen unter Umständen mit den Begriffen „Olympia“ und „olympisch“ werben. Darin liege nicht unbedingt ein unzulässiger Image-Transfer, entschied der Bundesgerichtshof im Prozess gegen einen Kontaktlinsenhersteller.

Die Firma hatte währender Olympiade in Peking mit „Olympischen Preisen“ und „Olympia-Rabatt“ geworben, ohne einen Vertrag mit dem Deutschen Olympischen Sportbund zu haben. In letzter Instanz scheiterte der Sportbund mit seinem Versuch, den Kontatklinsenhersteller mit Hilfe der Justiz olympische Zurückhaltung aufzuerlegen.

Laut dem Gericht stellt ein „Olympia-Rabatt“ nur einen zeitlichen Bezug zum Sportereignis her. „Olympische Preise“ signalisierten lediglich den Anspruch, dem Kunden Höchstleistungen zu bieten. Der allgemeine Sprachgebrauch gehe nicht so weit, dass der Verbraucher bei jeder Erwähnung des Begriff Olympia ganz konkret an die olympischen Spiele denkt und das Produkt positiv mit dem Sportereignis in direkten Zusammenhang bringt. Vielmehr würden hier nur positive Assoziationen geweckt, aber das sei nun mal typisch für Werbung.

Die Entscheidung ist klar von dem Bestreben getragen, den Wortstamm Olympia nicht komplett monopolisieren zu lassen. Das ist begrüßenswert (Aktenzeichen I ZR 131/13).

Verfahren gegen Lothar König wird eingestellt

Das Verfahren gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König wird eingestellt. König erklärte sich bereit, eine Geldauflage zu Gunsten der Justiz und der Kirche in Dresden-Mitte zu zahlen. König war vorgeworfen worden, er habe bei Protesten gegen eine rechte Veranstaltung schweren Landfriedensbruch begangen.

Königs Verteidiger erklärt in einer Pressemitteilung, warum König sich mit der Geldauflage einverstanden erklärt hat:

Motiv für die Zustimmung des Angeklagten ist, daß er aufgrund christlicher Überzeugung nach der langen Phase des Haders und des Streits, unter der nach seiner Wahrnehmung nicht nur er gelitten hat, einen Beitrag zum Rechtsfrieden
leisten will. Jurisdiktion ist Menschenwerk, das fehlsam ist. Der Angeklagte läßt sich bei seiner Entscheidung von seinem umfassenden seelsorgerischen Auftrag leiten, mit dem er sein gesamtes Leben verbindet. Mit diesem Auftrag ist ein versöhnlicher Abschluß eines für alle Beteiligten massiv belastenden Ereignisses (Verfahrens) besser zu vereinbaren als „Rechthaberei“, die in diesem Falle die Suche nach irdischem Recht-Behalten wäre, obschon die Geschichte über die Ereignisse am 19. 2. 2011 – Gott sei Dank – längst hinweggegangen ist.

Früherer Beitrag zum Thema

Kampf gegen Schulpflicht darf im Gefängnis enden

Der Staat darf die Schulpflicht auch mit den Mitteln des Strafrechts durchsetzen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte eine hessische Regelung für rechtmäßig, die schulverweigernden Eltern bis zu einem halben Jahr Gefängnis androht.

Ein Paar, das neun gemeinsame Kinder hat, war gegen seine mehrfache Verurteilung zu Geldstrafen vor das Verfassungsgericht gezogen. Sie beriefen sich darauf, aus Glaubens- und Gewissensgründen ihre Kinder selbst zu Hause zu unterrichten.

Das Verfassungsgericht sieht hier einen klaren Vorrang der allgemeinen Schulpflicht. Die Schulpflicht verhindere religiös oder weltanschaulich motivierte „Parallelgesellschaften“ und sorge für die Integration von Minderheiten. Selbst ein erfolgreicher Heimunterricht berge die Gefahr, dass Kinder nicht die nötige Toleranz gegenüber anderen Meinungen erlernen. Hierfür biete die Gemeinschaft von Schulklassen die geeignetere Grundlage.

Auch die mehrfache Verurteilung halten die Richter für rechtmäßig. Auch wenn die Kinder aufgrund einer Grundsatzentscheidung nicht zur Schule geschickt würden, liege bei jeder Schulverweigerung ein eigener Fall vor. Die Sanktionen seien auch verhältnismäßig. So hätten die Eltern selbst nicht dargelegt, dass sie sich ernsthaft um Alternativen zum Heimunterricht bemüht hätten. In Frage wäre zum Beispiel gekommen, die Kinder auf eine Bekenntnisschule zu schicken (Aktenzeichen 2 BvR 920/14).