Danke, Verfassungsschutz

+++ Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann findet es voll korrekt, dass er in jüngeren Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. „Bei Lektüre meiner Akte sind mir viele schöne Erinnerungen gekommen. Die wären ohne die Spitzel vom Amt unrettbar verloren gewesen. Insgesamt also eine super Sache“, sagte Kretschmann im Gespräch mit Jan Böhmermann. +++

+++ „Es geht schließlich um Mord, da dürfen wir alles!“ Mit dieser Begründung soll ein Polizist einen Zeugen seine Dienstwaffe an den Kopf gehalten haben. Das Landgericht Landshut verhandelt jetzt erneut gegen den Zeugen, dem eine Falschaussage vorgeworfen wird. +++

+++ „Kiffer sind einfach blöder“ – so was gilt dann bei uns als erfolgreiche Drogenprävention. +++

+++ Ein frecher Facebook-Post kann den Arbeitsplatz kosten. Die Zeitschrift test fasst zusammen, was man über das Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Arbeitsplatz wissen muss. +++

Neue Regeln für Renovierung

Mehr Rechte für Mieter – zumindest wenn es um Renovierung geht. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Grundsatzentscheidungen seine bisherige Rechtsprechung geändert. Wie kaum anders zu erwarten, zu Gunsten der Mieter.

So sind Renovierungsklauseln untersagt, wenn der Mieter bei Einzug eine unrenovierte Wohnung vorfand. Eine vertragliche Verpflichtung für Schönheitsreparaturen kann also überhaupt nur dann entstehen, wenn die Wohnung bei Einzug renoviert war.

Laut dem Urteil ist eine Wohnung nur dann renoviert, wenn sie für den Mieter bei Einzug so aussieht. Es dürfen höchstens geringe Gebrauchsspuren erkennbar sein. Die Beweislast für den Zustand der Wohnung bürdet das Gericht allerdings dem Mieter auf.

Außerdem erklärt der Bundesgerichtshof alle Klauseln für unwirksam, nach denen der Mieter bei vorzeitigem Auszug eine Quote für Schönheitsreparaturen zahlen muss. Das bedeutet also, dass Mieter keine Kosten auferlegt werden können, wenn sie ausziehen, bevor Renovierungsfristen abgelaufen sind.

Die Entscheidungen gelten für vom Vermieter vorformulierte Mietverträge. Das ist in der Praxis fast immer der Fall, selbst wenn der Vermieter sich vom Mieter bestätigen lässt, der Vertrag sei „frei ausgehandelt“. Das glauben die Gerichte in der Regel nicht (Aktenzeichen unter anderen VIII ZR 185/14, VIII ZR 242/13).

Keine Gnade mit Middelhoff

+++ Dem Kettenraucher Friedhelm Adolfs aus Düsseldorf bleibt eine Zwangsräumung vorerst erspart. Seine Vermieterin wollte Adolfs mit Hilfe des Gerichtsvollziehers auf die Straße setzen. Das entsprechende Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, und zuletzt hatte Adolfs sogar Rückendeckung vom Bundesgerichtshof erhalten. Das Landgericht Düsseldorf gewährte dem Rentner nun vorerst Räumungsschutz. Darauf eine Zigarette. +++

+++ Scheinväter können sich nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn sie von der Kindesmutter wissen wollen, wer tatsächlich Vater des Kindes ist. Das Bundesverfassungsgericht hält die Generalklausel von Treu und Glauben nicht für eine ausreichende Norm, um so weitgehend in die Intimsphäre der Mutter einzudringen und ihr Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Der Gesetzgeber muss jetzt gegebenenfalls einen extra Paragrafen einführen (Aktenzeichen 1 BvR 472/14). +++

+++ Der ehemalige Chef des Arcandor-Konzerns (Karstadt) Thomas Middelhoff kommt nicht frei. Das Oberlandesgericht Hamm verwarf eine Haftbeschwerde des Managers, obwohl dieser „nur“ zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und Middelhoff bereits vier Monate Untersuchungshaft hinter sich hat. Middelhoff habe große Anreize sich abzusetzen und dabei seine Kontakte zu nutzen.

Selbst eine Kaution von 900.000 Euro, die Middelhoffs Familie und Freunde stellen wollen, ändere nichts an der Fluchtgefahr. Diese Härte ist schon bemerkenswert, denn bei so einer relativ geringen Strafe gibt es ja an sich auch die realistische Chance auf offenen Vollzug (Aktenzeichen 5 Ws 81/15). +++

+++ Für den Fahrdienst Uber wird die Luft immer enger. Das Landgericht Frankfurt verbot Uber heute bundesweit jede Geschäftstätigkeit. Uber sei keine Mitfahrzentrale, sondern biete Taxidienste. Deshalb müsse sich das Unternehmen ans Personenbeförderungsgesetz halten. +++

+++ Wer suchtkrank ist, verliert durch einen Rückfall nicht seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Eine Baufirma hatte sich geweigert, ihren krankgeschriebenen Mitarbeiter weiter zu bezahlen. Der Mann war nach mehreren Entzügen rückfällig geworden.

Trotzdem liege im konkreten Fall kein zurechenbares Selbstverschulden vor, so das Bundesarbeitsgericht. Sucht sei eine Krankheit, so dass auch hier Lohnfortzahlung geleistet werden muss. Der Arbeitgeber müsse im Zweifel beweisen, dass der Arbeitnehmer den Rückfall selbst verschuldet hat (Aktenzeichen 10 AZR 99/14). +++

+++ Der Mordprozess gegen Debra Milke im US-Bundestaat Arizona kann nicht neu aufgerollt werden. Das Oberste Gericht des Bundesstaates lehnte eine erneute Anklage gegen Milke ab. Milke soll zwei Männer für den Mord an ihrem vierjährigen Sohn bezahlt haben. Sie saß 23 Jahre in der Todeszelle. +++

Flugrechte: Kein Geld für Nichtzahler

Kann man umsonst reisen und am Ende sogar noch Geld herauskriegen? Diese interessante Frage musste der Bundesgerichtshof jetzt beantworten.

Die Eltern eines zweijährigen Kindes verlangten für die Kleine 250 Euro Entschädigung, weil der Flug sechs Stunden und 20 Minuten verspätet war. Allerdings hatten die Eltern für ihre Tochter gar nichts gezahlt, weil die Fluggesellschaft eine Kinderermäßigung von 100 % einräumte.

Wie schon die Vorinstanzen kommt der Bundesgerichtshof zum Ergebnis, dass dem Kind keine Entschädigung zusteht. Das ergibt sich eigentlich schon aus der Fluggastrechteverordnung. Nach § 3 gilt die Verordnung nicht „für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisen, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist.“

Aus der Einschränkung im letzten Satzteil wollten die Eltern des Kindes herleiten, dass die Ausnahme nur für einen Sonderfall gilt, der hier nicht vorliegt. Das ist zwar originell, blieb aber ohne Erfolg (Aktenzeichen X ZR 35/14).

Schöne Regeln, die nichts bringen

Bei Radarfotos schnibbeln Bußgeldstellen normalerweise den Beifahrer weg, wenn dieser auf dem Messfoto zu sehen ist. Mitunter ist es aber auch anders. Das kann dann nicht nur zu Ärger führen, wenn der Anhörungsbogen ins Haus flattert – und die Person auf dem Beifahrersitz nicht die „Richtige“ ist.

Das Oberlandesgericht Oldenburg musste jetzt die Frage klären, ob ein Bußgeldrichter von der Person des Beifahrers Rückschlüsse auf den Fahrer ziehen darf. Konkret hatte das Amtsgericht sein Urteil damit begründet, die Beifahrerin sei „mit großer Wahrscheinlichkeit“ die Tochter des angeblichen Verkehrssünders und dieser somit der Fahrer.

Das war zulässig, befindet das Oberlandesgericht. Zwar verstoße es möglicherweise gegen Persönlichkeitsrechte, wenn die Fotos Unbeteiligter zur Bußgeldakte genommen werden. Dies sei allerdings nur ein sehr geringer Eingriff, der ein Verwertungsverbot nicht rechtfertigt.

Mal wieder ein Beispiel dafür, dass es gerade im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechte bei uns tolle Regeln gibt, gegen die allerdings ohne spürbare Konsequenzen verstoßen werden kann. Ähnlich sieht es ja gerade bei Hausdurchsuchungen aus. Da wird oft munter gegen die Strafrprozessordnung verstoßen, aber Konsequenzen hat es meist nicht. Fast immer erhält das „Strafverfolgungsinteresse“ des Staates Vorrang.

Der Autofahrer hatte in dem Fall aber trotzdem Glück. Das Urteil wurde aus formalen Gründen aufgehoben (Aktenzeichen 2 Ss (OWi) 20/15).

1 Schinken

+++ Ein Gymnasiast, der zufällig das Passwort eines Klassenkameraden im Computerraum fand, ist zu Recht für vier Tage von der Schule verwiesen worden. Der Schüler hatte das Passwort an andere Schüler weitergegeben, die dann über den Zugang unter anderem Pornos schauten. Das war dem Gymnasiasten bekannt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart sieht darin eine schwere Verfehlung des Schülers, die ein viertägiges Schulverbot rechtfertigt (Aktenzeichen 12 K 1320/15). +++

+++ Wie viel Schinken ist „1 Schinken“? Das möchte ein Tomobolagewinner vom Amtsgericht Gifhorn wissen. Der Mann hatte bei einer Verlosung der Landjugend auf einem Erntedankfest in Isenbüttel „1 Schinken“ gewonnen. Er kriegte statt einer ganzen Keule aber nur „einige hundert Gramm“ und zog deshalb vor Gericht. Das Amtsgericht wird sich womöglich gar nicht mit der Fleischmenge beschäftigen. Es könne sein, dass Tombolagewinne in nicht-staatlichen Lotterien nicht einklagbar sind, heißt es in einem Hinweis des Gerichts. +++

+++ Oft schließen Arbeitnehmer übereilt einen Aufhebungsvertrag, wenn der Arbeitgeber mit fristloser Kündigung droht. Praktischerweise ist in dem meist vorformulierten Aufhebungsvertrag dann ein Klageverzicht enthalten. Dieser Verzicht ist aber nur wirksam, wenn die Kündigungsdrohung selbst wirksam war, weil an den Vorwürfen was dran ist. Ist das nicht der Fall, so das Bundesarbeitsgericht, kann der Arbeitnehmer trotz der Klausel den Aufhebungsvertrag anfechten (Aktenzeichen 6 AZR 82/14). +++

+++ Wenn im neuen Auto ein mitbestellter Aschenbecher fehlt, kann der Kaufvertrag rückgängig gemacht werden. So hat es das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden. Es ging um einen Lexus für 135.000 Euro. +++

Zwei Jahre: nichts

Die Polizei nimmt heute bei fast jeder Hausdurchsuchung Computer, Datenträger und Handys mit. So schnell die Sachen eingepackt werden, so lange dauert mitunter die Auswertung. Die personelle Austattung der Fachdienststellen hinkt jedenfalls weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. So muss man dann mitunter schon mal ein, zwei Jahre warten, bis die Datenträger ausgewertet sind.

Aber gut, als Beschuldigter sollte man normalerweise gar keine Eile haben. Was auch immer am Ende rauskommt, die Zeit ist im Strafverfahren ein wichtiger Faktor. Zu Gunsten des Betroffenen. In Ausnahmefällen kann es aber schon mal sinnvoll sein auf den Tisch zu hauen. Das habe ich neulich für einen Mandanten gemacht, dessen Computer vor zwei Jahren beschlagnahmt wurden.

Seit der Hausdurchsuchung hat sich kaum was getan. Die Hardware ging an ein großes Sachverständigenbüro in München. Von dort kamen dann nur noch Hochwassermeldungen. Man sei überlastet, neues Personal komme bald, es dauere wegen super eilbedürftiger Aufträge in Haftsachen noch. Und so weiter. Und so fort.

Ich habe pünktlich zum Zweijährigen jetzt doch Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Und zwar unter anderem mit dem Argument, dass die Auswertung von Beweismitteln ja eigentlich erst mal eine eigene Aufgabe der Polizei ist. Zwar dürfen Sachverständige beauftragt werden, aber dann sollte es hierfür einen guten Grund geben. Der Fall bot technisch absolut keine Besonderheiten, so dass an sich auch die Polizei die Aufgabe bewältigen konnte.

Für einen externen Sachverständigen sprach dann eigentlich nur der schon erwähnte Umstand, dass die Polizei überlastet ist. Hier war es aber nun merkwürdigerweise so, dass die Polizei in der betreffenden Region mittlerweile wesentlich schneller arbeitet als die auswärtigen Sachverständigen. Das weiß ich aus anderen Fällen.

Ich hätte das Ganze gerne mal gerichtlich geklärt. Insbesondere auch die Frage, wieso dieses Münchner Büro immer so prächtig beschäftigt zu sein scheint, während andere Sachverständige nur ab und an mal einen Auftrag erhalten. Dazu wird es nun aber nicht kommen. Der Vorwurf gegen meinen Mandanten wurde nach Eingang meines Antrags kurzerhand zu einer Bagatelle runterdefiniert. Seine Hardware kriegt er unausgewertet zurück. Das Verfahren wurde eingestellt.

Das ist natürlich auch ein Ergebnis…

Es geht auch kostenfrei

Vor einigen Tagen hatte ich den Mitarbeiter eines Gerichts am Telefon. Er teilte mir unwirsch mit, mit einem von mir gestellten Antrag könne er nichts anfangen. Wenn ich Akteneinsicht wolle, solle ich es doch einfach schreiben. Dann werde er mir als Verteidiger die Gerichtsakte zuschicken, natürlich gegen die übliche Auslagenpauschale von 12 Euro.

Ich sagte ihm, mein Antrag ist genau so gemeint, wie er formuliert ist. Dass ich nämlich lediglich um Übersendung einer Kopie des Hauptverhandlungsprotokolls eines soeben beendeten Strafprozesses bitte. Und nicht um komplette Akteneinsicht.

Das kann man problemlos machen, und dann ist die Übersendung auch kostenlos. So steht es nämlich in Ziff. 9000 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz. Danach hat jeder Beteiligte eines Verfahrens kostenlosen Anspruch auf diverse Unterlagen. Das Urteil zum Beispiel. Oder eben auch auf eine kostenlose Kopie „jeder Niederschrift über eine Sitzung“.

Der Herr vom Gericht klang reichlich skeptisch. Aber dann hat er wohl doch jemanden gefragt, der sich damit auskennt. Oder einfach mal ins Gesetz geguckt. Das Protokoll kam heute in einem Briefumschlag. Das ist weiß Gott angenehmer, als wenn wieder die gesamte Akte, die immerhin fünf Aktenordner umfasst, von uns aus als Paket auf die Rückreise gehen muss.

Gastro-Ampel in Gefahr

In Nordrhein-Westfalen wird es vorerst keine „Gastro-Ampel“ geben. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stoppte die Pläne der Landesregierung, Daten von Lebensmittelkontrollen online zu stellen – und zwar in Form von pauschalen Bewertungen nach dem Ampelsystem.

Gegen das Projekt hatten vier Duisburger Gastronomen geklagt. Sie empfinden die geplante Ampel als eine Art Pranger. Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hatte davor gewarnt, dass die Daten von Restaurantkontrollen relativ alt und Mängel bereits abgestellt sein können.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf sieht keine Rechtsgrundlage für die Gastro-Ampel in der geplanten Form. Die Vorschriften sähen nur konkrete Warnungen vor. Bei der Ampel wüssten die Gäste aber gar nicht, warum das betreffende Lokal eine mittelmäßige oder gar schlechte Bewertung erhalten hat (Aktenzeichen 26 K 4876/13, 26 K 5494/13, 26 K 5722/13, 26 K 8686/13).

Knöllchen für Gaffer?

Die Kölner Polizei geht ganz praktisch gegen Gaffer vor. Polizisten notierten nach einem schweren Verkehrsunfall auf der A 57 die Kennzeichen von Gaffern, die über die gegenüberliegende Spur geschlichen sein sollen. Dabei soll es sogar zu einem Stau gekommen sein.

Allerdings gibt es in der Straßenverkehrsordnung keinen besonderen Gafferparagrafen. Dennoch sieht die Polizei Handlungsmöglichkeiten, heißt es in diesem Bericht. Man könnte tatsäclich an Straßenverkehrsgefährdung denken, wenn jemand abrupt bremst. Auch Fahrzeuginsassen, die ihr Handy zückten und die Szene filmten, geraten möglicherweise ins Visier.

Allerdings wird es natürlich interessant, ob und wie die Polizei einem einzelnen Autofahrer Fehlverhalten nachweisen will. Wenn es nämlich schon einen Rückstau gab, wären die Autos ja aus gutem Grund langsamer gefahren. Und selbst wenn der Verkehr noch eingermaßen zügig lief, handelt es sich um eine Gefahrenstelle. Dass sich Blaulicht und Sirenen nur auf den anderen Fahrstreifen beziehen, sieht man mitunter ja wirklich oft erst spät.

Ein Bußgeld ist aber natürlich unvermeidlich, wenn Autofahrer mit ihren Handys filmen. Denn das Handyverbot gilt auch, wenn das Handy als Kamera dient. Ganz anders sieht es aber aus, wenn Beifahrer ihr Handy hochhalten, während das Auto die Unfallstelle passiert. Das ist nicht verboten, jedenfalls so lange die Clips nicht auf Youtube landen.

Ganz abgesehen davon ist es ja auch nie ganz einfach, den wirklichen Fahrer zu überführen, wenn die Autos gar nicht angehalten werden. Eine eigene Videoaufnahme des Geschehens scheint die Polizei ja nicht gefertigt zu haben. Noch nicht…

Letztlich wird es interessant, ob solche Knöllchen tatsächlich vor Gericht Bestand haben. Gaffen ist sicher nicht in Ordnung, aber es ist und bleibt Aufgabe der Polizei, den Vorwurf auch im Einzelfall zu erhärten. Einfach wird das nicht. Aber vielleicht ging es ja auch nur um Abschreckung…

Kein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen

Muslimische Lehrerinnen, die mit Kopftuch an öffentlichen Schulen unterrichten, waren über viele Jahre ein kontroverses Thema. Die meisten Bundesländer haben das Kopftuch im Unterricht mittlerweile generell untersagt. Zu Unrecht, entschied heute das Bundesverfassungsgericht. Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist grundgesetzwidrig, weil es die Religionsfreiheit nicht ausreichend berücksichtigt.

Laut der Entscheidung muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine religiöse Kopfbedeckung tatsächlich geeignet ist, den Schulfrieden zu stören. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass das äußere Erscheinungsbild einer einzelnen Lehrerin nicht mit dem Erscheinungsbild der Schule insgesamt gleichzusetzen sei. Bei einer zurückhaltenden Auslegung seien die Vorschriften noch verfassungsgemäß. Konkret ging es um das Kopftuchverbot im Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10).

Freiheit steht nur auf dem Etikett

Beim öffentlichen WLAN soll ja alles besser werden. Aber dass es wirklich so weit kommt, daran hat sicher niemand ernsthaft geglaubt. Der nun veröffentlichte Gesetzentwurf der Bundesregierung bestätigt die Befürchtungen.

Für die Betreiber privater WLANs soll es zur Pflicht werden, die Namen jeder Person zu kennen, der sie Zugang gewähren. Außerdem müssen sie ihre Zugänge mit wirksamen Passwörtern absichern. Wie so eine Kontroll- und möglicherweise sogar Dokumentationspflicht die Verbreitung „freier“ Netze fördern soll, ist mir schleierhaft.

Die jetzigen Vorschläge beinhalten im Ergebnis sogar eine erhebliche Verschärfung. Für mich klingt das Ganze so, als werde auf diesem Weg versucht, den Filesharing-Abmahnern ihr lukratives Geschäftsfeld zu erhalten. Kaum dreht sich allerorten die Rechtsprechung zu Gunsten der Betroffenen, sollen Betreiber jetzt plötzlich Personalien kontrollieren. Was dann praktisch darauf hinauslaufen wird, dass Jugendliche beim Besuch ihrer Freunde erst mal den Eltern einen Personalausweis zeigen müssen, bevor sich ihr Handy ins heimische Netz einloggen darf.

Auch für Cafés, Restaurants und Hotels bringt der Entwurf keine Verbesserung. Auch sie werden ihre Kunden weiter mit Zugangshürden nerven müssen, um nicht selbst in die Haftungsfalle zu tappen. Einige kluge Autoren haben sich heute schon näher mit dem Entwurf beschäftigt, so dass ich gerne auf ihre Beiträge verweise:

Thomas Stadler: „Verschlimmbesserung“

Niko Härting: „Mehr Haftung als Erleichterung“

Golem.de: „Namentliche Anmeldung bei privaten WLANs erforderlich“

SB-Sonnenstudios sind nicht erlaubt

In Sonnenstudios muss mindestens immer eine Fachkraft anwesend sein. Reine Selbstbedienungs-Solarien sind unzulässig, heißt es in einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.

Der Betreiber eines Sonnenstudios in Landsberg am Lech wehrte sich gegen ein Betriebsverbot. Er hatte Kunden auf die Sonnenbank gelassen, ohne dass ein qualifizierter Mitarbeiter anwesend war. Die Vorschriften der UV-Schutz-Verordnung sind nach Auffassung des Gerichts wirksam. Es sei sinnvoll, wenn fachkundige Personen als Berater und Aufsicht anwesend sind, um unnötige Selbstgefährdung der Kunden zu vermeiden (Aktenzeichen 22 BV 13.2531).

Gericht: RTL-Shows sind erträglich

RTL-Sendungen wie „Familien im Brennpunkt“ oder „Verdachtsfälle“ sind zwar schrecklich, aber noch nicht schrecklich genug. Das Niveau ist noch nicht so tief, dass echte Polizeibeamte in diesen Formaten nicht mehr als Experten auftreten dürfen. Der Dienstherr muss ihnen eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilen, entschied das Verwaltungsgericht Aachen.

Einem Beamten war die Genehmigung versagt worden, weil seine Auftritte das Ansehen der öffentlichen Verwaltung schädigen könnten. Nach Auffassung der Richter muss aber unterschieden werden zwischen Öffentlichkeitsarbeit der Polizei und dem Auftritt eines einzelnen Beamten, berichtet die Legal Tribune Online. So lange sich der Polizist sachlich äußere und auch nur außerhalb der Spielszenen eingeblendet werde, gebe es keine Bedenken.

Ausdrücklich weist das Gericht aber darauf hin, dass die Genehmigung auch widerrufen werden könnte, wenn sich das Niveau der Sendungen auf ein unerträgliches Maß verschlechtere.

Nicht jugendfrei

+++ Der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting klagt beharrlich gegen die deutschen Geheimdienste. Im Cicero-Interview erklärt er seine Beweggründe. +++

+++ Die Zustände in ungarischen Haftanstalten verstoßen gegen die Menschenwürde. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden. Chronische Überbelegung führt dazu, dass den weitaus meisten Gefangenen weit weniger als drei Quadratmeter zur Verfügung stehen. Das ist die Mindestfläche nach EU-Regeln. Außerdem konstatiert das Gericht einen Mangel der Intimsphäre bei den sanitären Anlagen, fehlende Schlafmöglichkeiten, Insektenplagen, schlechte Belüftung und kaum gewährten Hofgang. Gegen Ungarn sind noch 450 wegen der Haftbedingungen anhängig. +++

+++ Der US-Bundesstaat Utah möchte Todeskandidaten künftig erschießen, wenn – auch aufgrund der EU-Sanktionen – künftig kein Gift zur Verfügung steht. Schon die Todesstrafe selbst ist mit der Menschenwürde nicht vereinbar. Aber die jetzigen Pläne wären ein abscheulicher Rückfall in die Barbarei. Dazu braucht man sich nur die plastische Schilderung auf Spiegel Online durchzulesen, die eigentlich eine FSK-18-Freigabe braucht. +++

+++ Zwischen dem Namen des Bekleidungshauses „Anson’s“ und der Textilmarke „Asos“ besteht keine Verwechslungsgefahr, so ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg. Die Richter verweisen insbesondere darauf, dass die beiden Begriffe wegen des Buchstabens n schon komplett anders klingen. +++

+++ Der Kinderfeuerwehrverband Niedersachsen hat verstanden, was dem Deutschen Kinderschutzbund nicht gelang. Zu verstehen, dass gerichtlich auferlegte Zahlungen zur Beendigung eines Strafprozesses kein „schmutziges“ Geld sind. Die Kinderfeuerwehr jedenfalls nimmt die 5.000 Euro an, die der frühere Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy zahlen muss. +++