Die Sache mit der Panaromafreiheit

„Kein Selfie vor dem Eiffelturm?“ heißt meine gerade veröffentlichte ARAG-Kolumne. Ich beleuchte den aktuellen Streit um die Panoramafreiheit im öffentlichen Raum. Zum Glück sind die Vorschläge zur Einschränkung bei den ersten Beratungen im EU-Parlament durchgefallen. Aber man muss aufpassen, ob es dabei bleibt. Zahllose Abmahnanwälte würden sich über ein neues Betätigungsfeld sicher freuen.

Zur ARAG-Kolumne.

Ich bin ein Weichei

Die Mandantin ist verklagt worden. Zu Recht. Das war jedenfalls das Ergebnis der juristischen Prüfung, mit der uns die Mandantin beauftragt hatte.

Die Mandantin wollte die Klageforderung akzeptieren. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, sagte sie. Eine sehr vernünftige Einstellung. Jedenfalls in dieser Angelegenheit. Ich machte dann allerdings noch den Vorschlag, dass ich vielleicht mal mit dem gegnerischen Anwalt telefoniere. Dem war unsere juristische Einschätzung ja nicht bekannt, und vielleicht war ja noch ein Abschlag im Vergleichswege möglich.

War es. Der Anwalt ließ sich auf 60 Prozent der Klageforderung runterhandeln. Ein super Ergebnis, den Umständen entsprechend. Das fand zunächst auch die Mandantin. Aber noch bevor unser verbindlicher Vergleichsvorschlag rausging, meldete sich ihr Enkel. Der studiert wohl Jura in München und hatte von der Sache Wind gekriegt. Er zeigte sich völlig „entsetzt“, dass wir seiner Oma, die ja ursprünglich eigentlich schon alles zahlen wollte, tatsächlich zu einem Vergleich raten.

Nach einigem Hin und Her waren wir das Mandat los. Der Enkel hatte den Vater eines Mitstudenten aufgetan, der als Anwalt einfach tausendmal besser ist als ich. Das alles ereignete sich vor knapp anderthalb Jahren. Ich hatte die Sache abgehakt, bis jetzt Post vom Amtsgericht kam. Kostenunterlagen, die an mich fehladressiert waren.

Aus den Papieren ließ sich entnehmen, wie der glasklare Sieg meiner Mandantin am Ende aussah. Die Rentnerin hat verloren, und zwar durch alle Instanzen. Sie darf jetzt alles zahlen – und etwa den zweieinhalbfachen Betrag an Anwalts- und Gerichtskosten dazu.

Ich erinnere mich gut, wie der Jurastudent mich am Telefon als „juristisches Weichei“ runterputzte. Na ja, bald dürfte er selbst mit seinem Studium fertig sein, wenn es denn geklappt hat. Vielleicht hat er in der Zwischenzeit sogar was gelernt. Wenn nicht, ist auch nicht schlimm. In der Kanzlei des Topanwalts ist sicher noch eine Stelle frei. Nur seine Oma tut mir leid, für die wächst das Geld nämlich nicht auf den Bäumen.

„Krachmacherstraße“ bleibt zunächst ruhig

Das Verwaltungsgericht Berlin hält es nicht für zulässig, dass eine Straße vorübergehend komplett für Kinder reserviert wird. Das Bezirksamt Pankow hatte die Godvanger Straße in Berlin jeweils dienstags von 10 bis 18 Uhr teilweise zur reinen Spielstraße umfunktioniert. Autofahrer mussten draußen bleiben.

Das war ein Erfolg, denn in der Gegend gibt es wenig Freiraum für Kinder. Doch die umgehend so getaufte „Krachmacherstraße“ führte auch zu erheblichem Unmut. Freiberufler und anwohnende Rentner seien vom Kinderlärm in die sogar in die Flucht getrieben worden, heißt es zum Beispiel in diesem Bericht.

Die Richter, denen ein Eilantrag vorlag, näherten sich dem Problem sachlich nüchtern. Sie schauten, ob es überhaupt eine Rechtsgrundlage gibt, die dem Bezirksamt eine Befugnis einräumt. In Frage kam nur § 29 StVO, der „Veranstaltungen“ auf öffentlichen Straßen regelt.

Allerdings sieht das Gericht die Voraussetzungen nicht als erfüllt an. Denn das Spielen von Kindern sei nicht auf die „Benutzung der Straße zu Verkehrszwecken“ ausgelegt. Es handele sich auch nicht um ein ausnahmsweise zulässiges „stationäres Geschehen“, da dieses ein „gemeinsames Ziel“ der Teilnehmer erfordere. Daran fehle es beim freien Spielen von Kindern.

Überdies, so die Richter, sei der Bezirk auch gar nicht „Veranstalter“. Tatsächlich habe nämlich eine Initiative von Eltern das „Temporäre Spielen auf der Straße“ veranstaltet. Damit ist nun vorläufig Schluss. Allerdings sind gegen die Eilentscheidung noch Rechtsmittel sowie ein Hauptsacheverfahren möglich (Aktenzeichen VG 11 L 275.15).

Unerwünschter Anruf führt nicht zu einem Vertrag

Cold Calls sind ein alltägliches Ärgernis. Vor allem wenn sie zu unerwünschten Verträgen führen. Das Amtsgericht Bonn sagt nun in einem aktuellen Urteil: Wer mit einem Cold Call zum Vertragsschluss verführt wird, muss grundsätzlich nicht zahlen.

Einer Glas- und Gebäudereinigung wurde von einem „Branchenverzeichnis“ ein kostenpflichtiger Eintrag aufgeschwatzt. Kosten muss die Firma dennoch nicht übernehmen. Schon der Cold Call als solcher, so das Amtsgericht Bonn, führt zu einer Schadensersatzpflicht des Anrufers in Höhe der angeblichen Forderung.

Das Branchenverzeichnis könne sich auch nicht auf eine mutmaßliche Einwilligung mit Werbeanrufen berufen. Branchenverzeichnisse hätten „geringe Marktgeltung“, so dass Werbeanrufe von solchen Unternehmen regelmäßig als Ärgernis empfunden würden (Aktenzeichen 109 C 348/14).

Keine Werbung auf der Robe

Ein Rechtsanwalt aus NRW wollte neue Wege im Marketing gehen. Auf seine Anwaltsrobe, die je nach Umfang der forensischen Tätigkeit eines Juristen ja schon einige „Views“ erzielen kann, wollte er gut sichtbar seinen Namen und seine Internetadresse anbringen.

Der Anwaltsgerichtshof NRW hat diesen Plan allerdings gestoppt. Er sieht in der Roben-Reklame eine verbotene, unsachliche Werbung, die gegen § 6 BORA (Berufsordnung der Rechtsanwälte) verstößt. Dort ist festgeschrieben, dass Anwaltswerbung „sachlich und berufsbezogen“ sein muss.

Der betreffende Rechtsanwalt muss also weiter Kugelschreiber, Notizblocks und Kaffeetassen mit seinem Kanzleilogo bedrucken. Das immerhin gilt als erlaubt.

RA Thomas Stadler hat was zum gleichen Thema geschrieben.

Was würde Karlsruhe sagen?

Das Ergebnis des EU-Gipfels ist vorhin offiziell veröffentlicht worden. Die Lektüre lohnt sich schon deshalb, weil man in jeder Zeile des Papiers spürt, welch eisiger Wind den Teilnehmern in Brüssel um die Nasen geweht sein muss.

Kritiker beklagen ja bereits einen Staatsstreich zu Lasten des griechischen Souveräns. Das sind natürlich starke Worte. Allerdings kann man auch mal einen Schritt zurücktreten, einen Perspektivwechsel wagen und sich fragen: Was wäre wohl die juristische Sicht der Dinge, wenn Deutschland auf der Sünderbank säße und sich dieser Agenda unterworfen müsste?

Ich greife nur mal folgende Kernpassage heraus:

The government needs to consult and agree with the Institutions on all draft legislation in relevant areas with adequate time before submitting it for public consultation or to Parliament.

Die griechische Regierung muss sich also für jede gesetzgeberische Initiative – und damit sind nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen gemeint – vorab die Zustimmung der Institutionen einholen, noch bevor sie diese im Parlament einbringt oder öffentlich macht. Es bedarf nur wenig Fantasie, was unser Bundesverfassungsgericht zu dieser faktischen Schattenregierung und der damit verbundenen Aushebelung des Grundsatzes „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ sagen würde. Nämlich ein deutliches Nein.

Es gibt noch so einige andere Punkte in dem Papier, bei denen deutsche Verfassungsrechtler sich vor Schmerzen winden müssten. Juristisch gesehen liefe das alles – auf Deutschland bezogen – darauf hinaus, dass das Volk tatsächlich einen guten Teil seiner Souveränität für Geld verkauft. Beziehungsweise verkaufen muss. Sonderlich wohl muss einem dabei nicht sein.

Heute sind es vielleicht nur „die Griechen“. Aber wer weiß, was morgen ist?

„Sofortüberweisung“ ist kein Standard

Webshops dürfen für (Kreditkarten-)Zahlungen nur dann Geld nehmen, wenn sie dem Kunden eine kostenfreie Zahlungsmöglichkeit bieten. Dabei muss es sich nach aktueller Gesetzeslage um ein gängiges und zumutbares Zahlungsmittel handeln (zum Beispiel Zahlung per Lastschrift). Die Zahlung per „Sofortüberweisung“ erfüllt diese Anforderungen nicht, urteilt das Landgericht Frankfurt am Main.

Die Deutsche Bahn hatte auf einem ihrer Reiseportale für Kreditkartenzahlungen 12,00 € extra berechnet. Als einzige kostenlose Zahlungsmöglichkeit bot sie die „Sofortüberweisung“ an. Das Landgericht Frankfurt untersagte diese Praxis. Begründung: „Sofortüberweisung“ ist kein zumutbares Zahlungsmittel.

Bei dem System müssen die Nutzer nämlich ihre PIN und eine TAN angeben; der Dienstleister führt die Überweisung dann für sie über das Interface der Hausbank aus. „Sofortüberweisung“ sei zwar schon weit verbreitet, meinen die Richter. Das ändere aber nichts daran, dass die Zwangsbekanntgabe von PIN und TAN an Dritte erhebliche Sicherheitsbedenken begründe.

Zwar könne die „Sofortüberweisung“ durchaus als Zahlungsmöglichkeit angeboten werden. Aber eben nicht als einzige kostenlose. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (Link zum nicht rechtskräftigen Urteil).

Kameras dürfen nicht schielen

Private Überwachungskameras dürfen nicht auf Nachbargrundstücke gerichtet sein. Schon das bloße Gefühl, ständig überwacht zu werden, gebe den Betroffenen juristische Unterlassungsansprüche – so ein Urteil des Landgerichts Detmold.

Ein Unternehmer hatte sein Grundstück mit Videokameras abgesichert. Diese erfassten teilweise auch das Anwesen einer Nachbarin, die sich dadurch beobachtet fühlte. Das Landgericht Detmold sah darin eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Frau. Es verurteilte den Beklagten, die Kameras abzubauen (Aktenzeichen 10 S 52/15).

Wie wäre es mit einer Privatklage?

Mein Mandant ist Opfer eines (fiesen) Diebstahls geworden. Die Staatsanwaltschaft zeigt wenig Engagement bei der Verfolgung der Straftat. Zugegeben, die Beweislage ist auch nicht optimal. Der Mandant ist eher von der zupackenden Art und hatte keine Lust, sich mit einer Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens abzugeben. Oder gar mit einem Klageerzwingungsverfahren.

Stattdessen wollte er selbst die Initiative ergreifen und fragte an, ob wir nicht eine „Privatklage“ erheben sollten. Bei einer Privatklage schlüpft der Geschädigte in die Rolle des Staatsanwalts. Das klang für ihn recht verlockend, aber leider gibt es da eine juristische Hürde, die wohl kaum zu übersteigen ist.

Der Katalog der Privatklagedelikte in § 374 StPO liest sich zwar erst mal umfangreich. Hausfriedensbruch, Beleidigung, Körperverletzung, Stalking, Sachbeschädigung: Wegen all dieser Delikt (und einiger mehr) kann man als Privatkläger auch ohne Mitwirkung des Staatsanwalts vor Gericht ziehen. Aber interessanterweise nicht wegen des klassischen Eigentumsdelikts Diebstahl. Aber auch nicht wegen der meisten anderen Straftaten gegen das Vermögen, Betrug etwa.

Warum das so ist? Eine richtig plausible Erklärung habe ich nicht gefunden. Es liegt wohl mal wieder daran, dass Gesetze in Deutschland alte, knarrige Bäume sind, bei denen die Triebe schießen und sich nur selten jemand findet, der sie beschneidet. Von einer Neuanpflanzung ganz zu schweigen.

Trotz Baby ins Gefängnis

Das Amtsgericht München schickt eine junge Frau ins Gefängnis – obwohl die 20-Jährige vor kurzem Mutter geworden ist. Die Mutterschaft alleine reicht nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um eine Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen.

Die Angeklagte hat trotz ihrer Jugend allerdings schon einige Verurteilungen auf dem Konto. Die Angeklagte wurde bereits im Jahr 2010 vom Amtsgericht Freiburg wegen zwei Einbruchsdiebstählen und vier versuchten Einbrüchen zu acht Monaten Jugendstrafe und im März 2013 in Frankreich zu 2 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die bis 2018 ausgesetzt sind. In Frankreich saß die Angeklagte bereits neun Monate in Haft. In Deutschland saß sie im Jahr 2010 zwei Monate in Haft.

Aktuell wurde der Frau ein Einbruchsdiebstahl in München zur Last gelegt. Dabei entwendete sie Schmuck im Wert von 300 Euro und 200 Euro Bargeld. Bei dem Einbruch verwüstete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann das Haus. Es entstanden über 2.000 Euro Schaden. In der Untersuchungshaft wurde die junge Frau Mutter – ihr Kind lebt jetzt bei der Familie des Vaters in Kroatien.

Der Jugendrichter glaubte der Angeklagten zwar, dass sie ihr Kind sehr vermisst. Angesichts der „tief verwurzelten kriminellen Energie der Angeklagten“ bestehe aber keine Hoffnung, dass allein die Mutterrolle und die damit verbundene Verantwortung für ihr Baby die Angeklagte längerfristig auf einem „rechttreuen Lebensweg“ halten könne. Deshalb habe die Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können (Aktenzeichen 1034 Ls 468 Js 199228/14). “

Pressefreiheit 1 : Daimler 0

Im Zweifel für die Pressefreiheit, lautet eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart. Demnach ist die Ausstrahlung der SWR-Doku über zweifelhafte Entlohnungsssysteme bei Daimler zulässig – obwohl das Fernsehteam rechtswidrig im Werk gedreht hatte.

Die Undercover-Reportage „Hungerlohn am Fließband“ verletzte nach Auffassung der Richter das Hausrecht und das Unternehmerpersönlichkeitsrecht von Daimler. Allerdings könne auch die Ausstrahlung rechtswidrigen Materials zulässig sein – wenn es ein überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gebe. Dieses Informationsinteresse sei in diesem Fall zu bejahen.

Bericht in der FAZ

Bandidos dürfen Bandidos sein

Die deutschen Mitglieder der Rocker-Gruppe „Bandidos“ machen sich nicht strafbar, wenn sie trotz einzelner Vereinsverbote ihre Kutten tragen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich aus der Aufschrift der Kutte ergibt, dass der Rocker sich zu einem weiter legal operierenden Ortsverband (Chapter) bekennt. Das hat der Bundesgerichtshof heute entschieden.

Nachdem das Innenministerium in NRW die Bandidos-Chapter Aachen und Neumünster hatte verbieten lassen, setzte die Justiz auch ein entsprechendes Kuttenverbot durch. Dieses sollte auch für andere Ortsgruppen der Bandidos gelten. Dagegen wehrten sich zwei Bandidos aus Unna und Bochum. Sie marschierten, begleitet von ihren Anwälten, in voller Montur auf die Polizeiwache und zeigten sich selbst an.

Schon das Landgericht Bochum sprach die Bandidos frei. Der Begründung schließt sich der Bundesgerichtshof nun im wesentlichen an. Die Bandidos aus Unna und Bochum machten durch die Aufnäher auf ihren Kutten deutlich, dass sie sich zu ihren örtlichen Gruppen bekennen und eben nicht zu den verbotenen in Aachen und Neumünster. Das reiche aus, um eine Strafbarkeit zu verneinen.

Der Bundesgerichtshof weist allerdings darauf hin, das Kuttentragen könne dennoch polizeirechtlich unterbunden werden. Ein Verstoß gegen das Polizeirecht führe aber nach derzeitiger Rechtslage nicht zu einer Strafbarkeit (Aktenzeichen 3 StR 33/15).

Rosa Aussichten für Nivea-Blau

Bleibt das Nivea-Blau exklusiv? Nivea-Hersteller Beiersdorf hat einen Teilerfolg errungen. Der Bundesgerichtshof erklärte die vom Bundespatentgericht angeordnete Löschung der Marke „Blau“ für Körperpflegeprodunkte für unwirksam.

Die Richter weisen darauf hin, dass Farben an sich nicht schutzfähig sind. Eine Ausnahme gelte aber dann, wenn mehr als 50 Prozent des Publikums die Farbe bereits mit dem konkreten Produkt gleichsetzen. Das Bundespatentgericht war der Meinung, die Akzeptanz müsse bei mindestens 75 Prozent liegen.

Ob das Nivea-Blau wirklich so eine durchschlagende Wirkung hat, muss jetzt zunächst ein Gutachten klären (Aktenzeichen I ZB 65/13).

„Wollen Sie mich ficken?“

Mal wieder ein interessanter Fall zu der Frage, was man zu Polizisten sagen darf. Und was nicht. Bei der Frage „Wollen Sie mich ficken?“ würde man sicher zuerst darauf tippen, dass der Angeklagte eher schlechte Karten hat. Doch das Amtsgericht Augsburg gibt eine andere, juristisch zutreffende Antwort.

Es ging um einen 71-jährigen Autofahrer, der sich von einer Verkehrskontrolle gegängelt fühlte. Nachdem er nach eigenen Angaben einen Alkoholtest verweigerte, hätten die Beamten penibel sein Auto durchsucht und ihm einen Vortrag gehalten, wie gefährlich ungesicherte Ladung ist. „Das ist wohl ein Unbelehrbarer. Mach du mal weiter“, soll ein Polizist darauf gesagt haben. Sein Kollege verlangte dann Wanrdreieck, Warnweste und Verbandkasten zu sehen.

Darauf entrutschte dem Rentner die kernige Frage „Wollen Sie mich ficken?“ Keine Beleidigung, urteilte das Amtsgericht Augsburg. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft habe das F-Wort heute schon längst nicht mehr einen eindeutig sexuellen, noch dazu beleidigenden Bezug. Vielmehr sei es in diesem Fall vorrangig um die Art und Weise der „Behandlung“ durch die Staatsmacht gegangen. Und Kritik hieran darf auch mal harscher ausfallen.

Schlau war der Rentner in jedem Fall. Immerhin hat er den Beamten nicht geduzt oder gar als „Mädchen“ tituliert, dann wäre er wohl eher dran gewesen.

Bericht in der Augsburger Allgemeinen

Zschäpes vierter Anwalt

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, erhält einen vierten Pflichtverteidiger. Das ist schon eine stattliche Zahl an staatlich vorfinanzierten Anwälten, aber auch nicht dramatisch viel.

Kaum ein Großverfahren beginnt heute, in dem der Angeklagte nicht mindestens zwei Verteidiger hat. Gerade wenn viele Verhandlungstage absehbar sind, kann das Gericht so riesigen Problemen vorbeugen, wenn es zu Terminskollisionen kommt. Viele Anwälte haben ja doch mehr als einen Mandanten, den sie vertreten müssen.

Ansonsten bestehen natürlich ähnliche Risiken, wie wenn eine Richterbank zu dünn besetzt ist. Fällt der Solo-Anwalt wegen Krankheit oder gar Tod aus, darf der Prozess von vorne beginnen. Dass Zschäpe von Anfang an drei Verteidiger bekam, war sachlich sicher angemessen. Schon wegen des Umfangs der Akten und der absehbaren Prozessdauer.

Die Zahl der Pflichtverteidiger ist nach oben übrigens gar nicht begrenzt. Nur bei Anwälten, die der Mandant selbst beauftragt und bezahlt, gibt es seit RAF-Zeiten eine Obergrenze von drei Verteidigern. Die bis zu drei Wahlverteidiger werden auch nicht irgendwie auf die Zahl der Pflichtverteidiger angerechnet, so dass Beate Zschäpe momentan jederzeit also auch von sich aus noch bis zu drei Anwälte ins Rennen schicken könnte. Die müsste sie dann allerdings auch direkt selbst bezahlen.

Apropos bezahlen, auch Zschäpes nunmehr vierter Verteidiger ist nicht „kostenlos“. Bei Pflichtverteidigern tritt der Staat nur in Vorleistung. Wird der Angeklagte später rechtskräftig verurteilt, muss er die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Dazu gehören auch die Kosten aller Pflichtverteidiger. Eine andere Frage nach einer Verurteilung ist natürlich, ob der Angeklagte die Kosten auch tatsächlich aufbringen kann. Aber das ist bei „normalen“ Schulden ja auch nicht anders.