Anwalt schreibt angeblich Urteil

Ein Rechtsanwalt aus Hamm steht wegen eines kuriosen Vorwurfs vor Gericht. Er soll für seinen Mandanten vor Gericht kein Urteil erstritten, sondern die Entscheidung selbst geschrieben haben.

Die Anklage geht davon aus, dass der Anwalt sich nicht richtig um den Auftrag kümmerte, den er von einem gekündigten Arbeitnehmer erhalten hatte. Der Mandant wollte nach einer Kündigung seinen Restlohn einklagen. Das war im Jahre 2011.

Nach etlichen erfolglosen Rückfragen des Mandanten soll der Anwalt diesem ein Urteil des Arbeitsgerichts geschickt haben. Darin bekam der Kläger recht, und später erhielt er sogar eine Anzahlung von 360 Euro auf die Klageforderung – angeblich kam das Geld auch aus der Privatkasse des Rechtsanwalts.

In den Fokus geriet der Anwalt auch erst, nachdem gegen seinen Mandanten ein Strafverfahren lief. Der Mandant hatte nämlich das „Urteil“ ans Arbeitsgericht geschickt, wo man allerdings nichts davon wusste.

In erster Instanz wurde der Anwalt wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Im Berufungsprozess, der am Mittwoch begann, beteuert der Anwalt weiter seine Unschuld. Die Staatsanwaltschaft will dagegen eine härtere Strafe. Ein Urteil wird wohl im November gefällt (Bericht 1, Bericht 2).

Kundenrechte im VW-Skandal

Wie kann ich meinen manipulierten VW Diesel loswerden? Oder zumindest eine Preisminderung durchsetzen?

Rechtsanwalt Jens Ferner aus Alsdorf beleuchtet Punkt für Punkt, welche Rechte enttäuschte und erboste Kunden nach derzeitigem Stand gegen Volkswagen durchsetzen können.

Zum Beitrag.

Auf dem Rücken der Pferde…

Jura ist mitunter auch reines Handwerk. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden. Die Richter mussten die Frage beantworten, ob man reitet, wenn man ein Pferd am Zügel führt.

Genau so sah es das Amtsgericht Pirna. Es verurteilte eine Reiterin zu einer Geldbuße von 50 Euro. Die Frau hatte einen ausgewiesenen Reitweg verlassen und ihr Pferd am Zügel zu einer 50 Meter vom Reitweg entfernten Wiese geführt. Dort wollte sie Rast machen. Das Sächsische Waldwegegesetz verbietet das „Reiten“ abseits von Reitwegen. Für den Amtsrichter kein Problem. Er urteilte kurzerhand, das Führen eines Pferdes am Zügel sei mit Reiten gleichzusetzen.

Das Oberlandesgericht ist mit dieser Auslegung des Gesetzes nicht einverstanden. Unter dem Begriff »Reiten« werde nach allgemeiner Auffassung die Fortbewegung eines Menschen auf einem Tier verstanden. Demgegenüber werde beim Führen das Tier gerade nicht zur Fortbewegung genutzt. Das gesetzliche Willkürverbot verbiete es, einen Rechtsbegriff über seinen Wortsinn hinaus auszudehnen. Das Bußgeld wurde deshalb aufgehoben.

Der Amtsrichter hätte eigentlich vorgewarnt sein können. Eine ähnliche Diskussion gab es nach Einführung des Paragrafen, der Handys am Steuer untersagt. Auch da wurde diskutiert, ob auch Diktiergeräte, Rasierapparate und Schminkspiegel Mobiltelefone im Sinne des Gesetzes sein können. Wie wir wissen, hat sich diese Auffassung nicht durchgesetzt (Aktenzeichen 26 Ss 505/15 Z).

Meine Rechte als Zeuge

In meiner aktuellen ARAG-Kolumne geht es erneut um die Rechte und Pflichten, die Zeugen haben. Im ersten Teil zu diesem Thema habe ich erklärt, wieso niemand mit der Polizei sprechen muss. Im neuesten Beitrag schildere ich, wie es läuft, wenn man letztlich doch als Zeuge aussagen muss.

Hier geht es zur neuen Kolumne.

Viel Spaß beim Lesen.

Ein Anwalt und das freie Wort

Nun wissen wir es auch von einer höheren Instanz: „Schmalspurjuristin“ ist eine strafbare Beleidigung. Das Landgericht Limburg bestätigte ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts. Verurteilt wurde ein 64-jähriger Anwalt aus dem Rhein-Lahn-Kreis.

Der Jurist hatte sich darüber geärgert, dass eine von ihm erstattete Strafanzeige gegen einen Lkw-Fahrer im Sand verlaufen war. „Eine typische Entscheidung für eine Schmalspurjuristin, die offensichtlich bis jetzt am dünnsten Brett der Juristerei gebohrt hat“, beschwerte er sich bei der Behörde. „Mit solchen Entscheidungen sollte man Volljuristen betreuen und nicht Leute, die auf der Klaviatur des Rechts offensichtlich noch nicht einmal fähig sind, ‚Hänschen klein‘ zu spielen.“ Das brachte ihm eine Anklage wegen Beleidigung ein.

Auch im neuen Prozess sprach der Anwalt von einer zulässigen Meinungsäußerung. Das Landgericht folgte ihm allerdings nicht und bestätigte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 100 Euro. Nun geht es mutmaßlich noch eine Etage höher, denn dem Anwalt bleibt noch die Revision zum Oberlandesgericht.

Älterer Bericht im law blog

Nacktkater vor Gericht

Vor dem Verwaltungsgericht Berlin war eine Katze Hauptperson. Es ging um „Willi“, einen Nacktkater. Willi ist eine Canadian-Sphinx-Katze. Die Tiere haben wegen einer Genveränderung keine funktionsfähigen Tasthaare. Im Prozess ging es darum, ob Willis Herrchen die Nacktkatze kastrieren lassen muss.

Das Tierschutzgesetz verbietet die Zucht von Wirbeltieren, wenn ihnen Körperteile für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder diese untauglich sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Zur Vermeidung der Zucht kann die zuständige Behörde das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen.

Das Gericht hörte einen Sachverständigen zu der Frage, ob das Fehlen der Tasthaare bei Canadian-Sphinx-Katzen als Schaden anzusehen ist, unter dem die Tiere leiden. Tasthaare seien für alle Katzen ein wichtiges Sinnesorgan, so der Experte. Es diene der Orientierung und Kommunikation. Eine Katze ohne Tasthaare müsse unnötig leiden.

Das bedeutet nun nicht, dass Willi sterben muss. Er darf aber keine Nachkommen haben, so das Gericht in seinem Urteil. Die Berufung wurde zugelassen (Aktenzeichen VG 24 K 202.14).

Durchwahlen würfeln

Wenn die Verhandlung in einer Strafsache naht, rufe ich regelmäßig die Richterin oder den Richter an. Ein Grund findet sich immer, und wenn er leidlich vorgeschoben ist. Wichtig ist mir der Kontakt allemal, denn ich möchte die Stimmung sondieren. Und ein persönliches Gespräch hat ja noch nie geschadet.

Allerdings habe ich das Gefühl, so ein Anruf bei Richtern wird immer schwieriger. Mein Eindruck ist, dass immer mehr Gerichte die Richter von der Außenwelt abblocken. Das ist nur meine persönliche Erfahrung. Aber ich habe ja in so gut wie allen Ecken Deutschlands zu tun.

„Tut mir leid“, heißt es gerne in der Telefonzentrale, „die Durchwahl der Vorsitzenden darf ich Ihnen nicht geben.“ Darauf sage ich dann, dass ich die Durchwahl nicht unbedingt wissen will. „Es reicht mir, wenn Sie mich durchstellen.“

Aber auch das ist plötzlich nicht mehr erlaubt. „Zu Richtern dürfen wir nicht durchstellen, auch keine Anwälte. Ich kann Sie nur mit der Geschäftsstelle verbinden.“ Ach ja, die Geschäftsstelle. Der Schritt über die Geschäftsstelle des Gerichts wäre ja an sich kein Problem. Wenn man bei einem klassischen Anwalt anruft, geht ja meist auch erst dessen „Vorzimmer“ dran.

Der kleine Unterschied scheint mir nur zu sein, dass ich das Sekretariat von Anwaltskollegen normalerweise erreiche. Bei Geschäftsstellen von Gerichten fällt die Quote mittlerweile desaströs aus. Entweder ist keiner da. Oder es geht keiner dran. Alles andere ist schon eine positive Überraschung.

Mittlerweile arbeite ich nach Kräften dagegen, um nicht ständig in der Leitung zu versauern. Natürlich speichere ich jede Justiz-Durchwahl ab, der ich habhaft werde. Von mir freundlich gesinnten Staatsanwälten erbettele ich auch gerne eine Kopie vom örtlichen Telefonverzeichnis ihres Sprengels (haben die meist auf dem Rechner).

Am erfolgreichsten bin ich aber damit, Telefonzentralen zu umgehen.

Ich würfele irgendeine Gerichts-Durchwahl aus, rufe da an, stelle mich dumm und bitte den Mitarbeiter am Telefon, mich doch zur Richtern X oder dem Richter Y durchzustellen. So lernt man auch mal Grundbuchbeamte kennen oder, wie neulich, den Gerichtspräsidenten. Selbst der hat für den verwirrten Anwalt übrigens gern in sein Verzeichnis geguckt und ihn durchgestellt.

Auch Polen dürfen wohnen

Weder Anwohner noch die Stadtverwaltung können es verhindern, wenn polnische Arbeitnehmer in einem Einfamilienhaus eine Wohngemeinschaft gründen. Auch eine Belegung von zwei Personen pro Zimmer führt nicht zu einem Verstoß gegen das Baurecht, entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem Eilverfahren.

Die Richter weisen in ihrer Entscheidung darauf hin, es gebe keine juristische Handhabe, um finanzschwache ausländische Arbeitnehmer aus einer Siedlung fernzuhalten. Damit bekamen nach einem Bericht von beck-online polnische Arbeitnehmer recht, die das Obergeschoss eines Einfamilienhauses in Cloppenburg angemietet haben (Aktenzeichen 1 ME 126/15).

Beim Topanwalt

Es ist doch interessant, wie andere Anwälte arbeiten.

Da gibt es zum Beispiel eine Kölner Kanzlei, in der mein Mandant Rat suchte. Gegen den Mandanten wurde ermittelt, weil er online Software eingekauft und dabei falsche Kreditkartendaten angegeben hat. Die Daten hatte er aus einem Forum, der rechnerische Schaden beläuft sich auf knappe 800 Euro. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Weltuntergang. Jedenfalls dann nicht, wenn man bislang eine weiße Weste hat. Wie mein Mandant.

Die Kölner Kanzlei macht wohl vorwiegend Urheberrecht. Dennoch hieß es zuerst, den Fall übernehme man gern. Mein Mandant zahlte also ein Pauschalhonorar von 1.000 Euro. Dafür kriegte er recht zügig die Kopie des Schreibens, mit dem die Anwälte Akteneinsicht beantragten. Kaum war die Akte aber da, ließ der zuständige Anwalt meinen Mandanten wissen, die Sache sei für ihn eine Nummer zu groß. Er mache ja normalerweise nur Urheberrecht, und für seinen Fall brauche er einen Fachanwalt für Strafrecht. Den es in der Kanzlei aber nicht gibt.

Aber wie es sich traf, für seine tausend Euro bekam der Mandant wenigstens noch den Rat, er möge sich an einen sehr guten Strafverteidiger in Frankfurt wenden. Der war anfangs auch ganz nett, sagt mein Mandant. Er überwies also die geforderten 7.000 Euro für die Verteidigung im Ermittlungsverfahren.

Seitdem hatte der Anwalt nur noch Zeit für ein Telefongespräch. In dem erklärte er dem Mandanten, im Moment könne er gar nichts machen. Die Staatsanwaltschaft werde ihn anklagen, immerhin gehe es ja um Betrug. Dann komme es unweigerlich zu einer Gerichtsverhandlung. In dem Termin werde er als gewiefter Anwalt natürlich das Schlimmste verhindern, womit er wohl Knast meinte. Mein Mandant möge aber bitte daran denken, dass er noch mal 2.500 Euro überweist, sobald die Ladung da ist.

Dem Mandanten wurde dann doch etwas mulmig. So saß er bei mir und ließ sich trotzdem noch auf eine weitere Gebührenvereinbarung ein. Nämlich die, dass er meinen Stundensatz bezahlt.

Meine Zeitaufstellung sah am Ende so aus:

Besprechung Mandant 20 Minuten
Aktenstudium 35 Minuten
Telefonat mit dem Staatsanwalt 10 Minuten

Knapp über einer Stunde Arbeit, dafür wird das Verfahren nun gegen Zahlung einer kleinen Auflage eingestellt. Ohne Vorstrafe und sonstiges Gedöns.

Jetzt braucht der Mandant nur noch einen seriösen Zivilrechtler, der ihm seine in den Wind geschossenen Honorare zurückklagt.

Gewerkschaft hinter Gittern ist erlaubt

Auch im Gefängnis darf es Gewerkschaften geben. Die Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 des Grundgesetzes gilt nämlich auch für Strafgefangene, stellt das Oberlandesgericht Hamm in einer Entscheidung klar. Die Richter gaben damit dem Grundsatz nach einem Gefangenen recht, der Beitrittsformulare für die in Berlin gegründete „Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation“ (GG/BO) verteilen wollte.

Die Haftanstalt hielt Beitrittsformulare zurück, die sich der Gefangene ins Gefängnis hatte schicken lassen. Zur Begründung hieß es, der Gefangene habe kein Recht zur Unterstützung einer Gefangenengewerkschaft. Deshalb dürfe ihn die Haftanstalt dabei auch nicht „unterstützen“.

Das ist unrichtig, so das Gericht. Die Koalitionsfreiheit gelte auch im Gefängnis, das Grundgesetz spricht ja ausdrücklich von „allen Deutschen“. Zum Recht, Gewerkschaften zu gründen, gehöre auch die Werbung neuer Mitglieder. Die Formulare dürften nur zurückgehalten werden, wenn von ihnen oder der Werbetätigkeit des Gefangenen eine greifbare Gefahr für den Strafvollzug ausgehe.

Eine derartige Gefahr hatte die Haftanstalt aber bislang nicht dargelegt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld muss die Angelegenheit jetzt neu entscheiden (Aktenzeichen 1 Vollz(Ws) 180/15).

Dünnhäutige Elitepolizisten

+++ Nach der Auflösung ihrer Einheit sollen sich Kölner SEK-Beamte ziemlich unwürdig verhalten haben. Ich frage mich, welches Privatunternehmen so was hinnehmen würde. Bericht 1 Bericht 2 +++

+++ Die Firma „MyTaxi“ darf Nutzern ihrer App weiter hohe Rabatte bei der Taxibestellung einräumen. Das Landgericht Hamburg wies einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Taxiunternehmen machten geltend, die Rabatte verstießen gegen das Personenbeförderungsgesetz (Aktenzeichen 312 O 225/15). +++

+++ Eine Zelle von 5,25 Quadratmetern und Einschlusszeiten zwischen 15 und 21 Stunden verletzen die Menschenwürde eines Gefangenen, so das Bundesverfassungsgericht. Geklagt hatte ein Ex-Gefangener der Berliner Haftanstalt Moabit (Aktenzeichen 1 BvR 1127/14). +++

+++ Ein Heilpraktiker muss einen Patienten nach erfolgloser Behandlung nicht zur Weiterbehandlung an einen Schulmediziner zurückverweisen, wenn der Patient aufgrund offensichtlicher Leiden selbst erkennen kann, dass ein Arztbesuch erforderlich ist. Dies hat das Amtsgericht Ansbach entschieden (Aktenzeichen 2 C 1377/14). +++

+++ In Großbritannien ist eine Frau wegen sexueller Nötigung verurteilt worden, weil sie sich gegenüber einer Sexpartnerin als Mann ausgab. Beim Sex soll sie einen künstlichen Penis und ihre Freundin eine Maske getragen haben. In Deutschland wäre das wohl eher nicht möglich, denn hier müssen entweder Gewalt, Drohung oder die Ausnutzung einer hilflosen Lage im Spiel sein. +++

Richter verlieren ihren Job

+++ Die Affäre um gekaufte Jura-Examen in Niedersachsen geht in die nächste Runde. Jetzt werden acht Prüfungskandidaten unter anderem wegen Bestechung angeklagt, die sich Klausurlösungen bei einem ehemaligen Referatsleiter im Justizprüfungsamt besorgt haben sollen. Insgesamt sollen bereits 15 Juristen die Abschlüsse aberkannt worden sein, darunter auch Richtern auf Probe. +++

+++ Das neue Gesetz zur Störerhaftung gefährdet legale Cloud-Dienste, warnen die IT-Branchenverbände Bitkom und Eco. +++

+++ Der Kölner Polizeipräsident löst das ins Gerede gekommene örtliche Sondereinsatzkommando auf. Diverse Beamte dürfen künftig nicht mehr in SEKs beschäftigt werden, berichtet der Kölner Stadtanzeiger. +++

+++ Arbeitgeber müssen bei Versetzungen Rücksicht auf ihre Angestellten nehmen. Ein Arbeitnehmer mit Haus und drei Kindern sollte an einem 660 Kilometer entfernten Ort arbeiten. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber prüfen, welchen Angestellten die Versetzung am wenigsten trifft, so ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 3 Sa 157/15). +++

Buntes Ticket

In meinen Arbeitsplatzdrucker fülle ich immer buntes Papier. Grün, gelb, blau. Das hat den Vorteil, dass ich Sachen, die von mir stammen, in den Akten schneller finde.

Das führt dann allerdings dazu, dass ich brutal Regeln breche, wenn ich mit der Deutschen Bahn unterwegs bin. Der Ausdruck meines Online-Tickets ist dann nämlich bunt. Das ist, ich räume es ein, ein klarer Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn. Wer es nachlesen will, Punkt 6.3.2 ist einschlägig:

Das Online-Ticket ist auf weißem Papier im DIN A 4-Format auszudrucken.

Nun muss ich zur Ehrenrettung der DB-Zugbegleiter sagen, dass das bei hunderten Fahrten mit einem Online-Ticket noch nie jemanden gestört hat.

Bis heute.

Der Schaffner mokierte sich also darüber, dass mein Ticket in zartem Blau daherkam. Nicht dass es Probleme bei der Lesbarkeit gegeben hätte. Seine Ticketkeule fiepte auch in diesem Fall anstandslos. Darauf wies ich freundlich hin. Widerspruch verärgerte den Guten aber, denn nun hielt er mir vor, dass mein Ticket wegen Verstoßes gegen die Beförderungsbedingungen ungültig ist. Ich möge also den Fahrpreis nachlösen.

Ich hatte aber eine ganz andere Idee. Ich lud mein Online-Ticket in die Bahn-App fürs Smartphone hoch. Dazu muss man nur den Ticketcode kennen und die Daten der Identifizierungskarte. Der Schaffner beobachte mich dabei interessiert, hielt das aber für keinen gangbaren Weg.

„Online-Ticket und Handy-Ticket sind zwei Paar Schuhe“, behauptete er. „Das Online-Ticket ist in der App nicht gültig.“ Aber wieso wird denn dann auch beim Online-Ticket, das in die App hochgeladen wurde, der Barcode für die Kontrolle angezeigt? Der Schaffner vertrat seinen Standpunkt nun etwas vehementer. Er wollte endlich Geld sehen.

Ich bestand aber darauf, dass er die Beförderungsbedingungen aus seinem Kabuff holt. Irgendwie hatte ich nämlich in Erinnerung, dass sich genau in dem Punkt vor einiger Zeit was geändert hat.

Ich durfte einige Zeit in dem sperrigen Text blättern. Und konnte schließlich Erfolg vermelden. Punkt 6.1.3 der Beförderungsbedingungen:

Online-Tickets, die auch als Handy-Ticket nach Nr. 7.2 erwerbbar sind, können zusätzlich in die Buchungs-App heruntergeladen oder über m.bahn.de als MMS angefordert werden. Es gelten dann die Bedingungen zum Handy-Ticket (Nr. 7).

Ach, das war dem Herrn aber bisher völlig unbekannt. Ich hatte nunmehr also ein gültiges Ticket, nämlich ein Online-Ticket, das sich in ein Handy-Ticket verwandelt hatte. Damit war das Thema dann wohl erledigt. Ich musste nicht nachzahlen.

Das Handy-Ticket scannte der Schaffner übrigens gar nicht mehr ein. Es hatte ja, wie gesagt, schon beim Online-Ticket problemlos geklappt.

Das Ganze hat dann doch Nerven gekostet. Ich drucke meine Tickets ab jetzt nur noch in weiß aus. Wenn ich’s nicht vergesse…

Nachtrag: Ein kundiger Leser weist darauf hin, dass man nach auch das Online-Ticket mittlerweile nicht mehr unbedingt ausgedruckt vorlegen muss. Man darf es auch als PDF auf einem Bildschirm zeigen, Punkt 6.3.3 der Beförderungsbedingungen.

Das wäre natürlich auch eine Lösung gewesen.

Beweisaufnahme mit „Frauentausch“

Sage noch einer, das Trash-TV sei zu gar nichts gut. Es taugt sogar als Beweismittel vor Gericht, wie jetzt das Verwaltungsgericht Berlin demonstrierte. Die Richter versagten einer Berlinerin das Wohngeld, weil sie beim Antrag getrickst hatte. Heraus kam das durch eine Folge der Reality-Show „Frauentausch“.

Die Klägerin beantragte Wohngeld für sich und zwei Kinder. Eine Mitarbeiterin des Wohngeldamtes entpuppte sich als Kennerin verschiedener einschlägiger Formate. Sie erkannte nämlich die Klägerin wieder, die schon öfter in solchen Shows zu sehen war. In der Programmankündigung zu dieser Folge hieß es seinerzeit, die Klägerin habe ihren (jetzigen) Vermieter über eine Partnervermittlung kennengelernt, und für beide sei es „die ganz große Liebe“. Diese mögliche Partnerschaft stünde aber juristisch dem Wohngeld entgegen.

Auf Nachfrage des Wohngeldamtes teilte die Produktionsfirma mit, die Klägerin und ihr Vermieter hätten sich sowohl im Casting als auch während der Dreharbeiten im Juni 2011 als Lebenspartner vorgestellt. Das Wohngeldamt lehnte daraufhin den Wohngeldantrag wegen Missbrauchs ab.

Vor Gericht behauptete die 48 Jahre alte Klägerin zwar, sie habe mit dem Vermieter nur eine Wohngemeinschaft. In der Sendung „Frauentausch“ habe sie nur so getan, als laufe da was mit dem Vermieter.

Das Gericht glaubte letztlich eher dem Fernsehen als der Klägerin. Es verneinte den Wohngeldanspruch (Aktenzeichen VG 21 K 285.14).