Polizei durfte nicht filmen

Die Bundespolizei in Düsseldorf nannte es „videografieren“, im Ergebnis war es aber eine rechtswidrige Maßnahme. Die Polizei hatte abreisende Fußballfans im November 2012 gezwungen, ihr Gesicht und ihren Ausweis in eine Kamera zu halten. Dagegen klagte ein Fan und bekam jetzt vom Verwaltungsgericht Köln Recht.

Die Bundespolizei hatte Ausschreitungen im Bahnhofsbereich befürchtet und wollte deshalb alle Frankfurter Fans registrieren, die nach einem Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und Fortuna Düsseldorf zwangsweise über den Hauptbahnhof eskortiert wurden.

Der Richter ordnet die Aktion als erkennungsdienstliche Maßnahme ein. Diese ist aber nach geltender Rechtslage nur zulässig, wenn der Betroffene einer Straftat verdächtig sei. Eine angeblich zu erwartende Straftat reiche nicht für die Anfertigung des Videofilms (Aktenzeichen 20 K 3466/13).

Keine Ausbildung ohne Probezeit

Keine Berufsausbildung ohne Probezeit. So sieht es das Gesetz vor. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Auszubildende schon vorher im Betrieb tätig war, etwa als Praktikant. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Nach einem mehrmonatigen Praktikum wechselte ein Mann auf eine Ausbildungsstelle zum Kaufmann im Einzelhandel. Die Firma kündigte ihn nach Beginn der Lehre, und zwar innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Probezeit gemäß § 20 BBiG. Hiergegen wehrte sich der Azubi. Begründung: Die Probezeit diene dazu, dass sich Ausbilder und Auszubildender kennenlernen können. Dies sei hier aber schon im mehrmonatigen Praktikum passiert. Deswegen sei die Probezeit schon im Praktikum verstrichen.

Das Bundesarbeitsgericht sieht keinen Grund, die gesetzliche Regelung aufzuweichen. Eine Probezeit hätte sogar dann am Anfang der Ausbildung gestanden, wenn der Auszubildende vorher in einer Festanstellung beschäftigt gewesen wäre (Aktenzeichen 6 AZR 844/14).

Schludrig wie Anwälte

In einem Verfahren warte ich schon seit Monaten auf die Kosten, welche die Landeskasse meiner Mandantin erstatten muss. Die Angeklagte ist nämlich in der Berufungsinstanz freigesprochen worden. Doch in dem Fall scheint sich die Justiz selbst im Weg zu stehen.

Auf mehrmalige Mahnungen rief mich jetzt der Kostenbeamte vom Amtsgericht an. Der ist dafür zuständig, die Kosten des Verfahrens in einem Beschluss festzusetzen. Doch dafür fehlt ihm die Akte. „Beim Landgericht sitzen sie drauf“, erzählte er mir. „Ich habe jetzt schon vier Mal geschrieben und ein paar Mal angerufen. Die versprechen nur, liefern aber nicht.“ So was kenne er sonst, natürlich, nur von Anwälten.

Jetzt überlegt der wackere Beamte, ob er mal die 15 Kilometer zum Landgericht fährt und die Akte rausverlangt. Oder ob er besser ganz offiziell den Amtsgerichtsdirektor einschaltet, damit der sich beim Landgerichtspräsidenten beschwert. Ich mache selbst erst mal keinen Druck mehr. Sondern ich schaue nach der Zahlung erneut kurz in die Akte rein, wenn ich wieder bei dem Amtsgericht zu tun habe. Das Ergebnis reicht dann bestimmt für einen Blogbeitrag…

Zu wenig Porto auf dem Drogenbrief

Verteidigerpost ist privilegiert. Wenn der Anwalt einem Inhaftierten schreibt, darf die Post keinesfalls gelesen werden. Und normalerweise wird sie meist auch nicht großartig auf verbotene Inhalte kontrolliert. Das wollte sich eine Regensburgerin zu Nutze machen. Sie schickte ihrem Lebensgefährten per Brief 4,16 Gramm Heroin in den Knast. Als Absender gab sie den Verteidiger ihres Partners an.

Dafür fälschte sie sogar den Poststempel der Kanzlei, passte aber in einem Punkt nicht auf. Sie klebte zu wenig Porto auf den Brief. Dieser ging also von der Post gleich zurück zur Anwaltskanzlei. Die Juristen informierten die Polizei, um selbst keinen Ärger zu bekommen. Fingerabdrücke und DNA-Spuren führten dann zu der Frau, die jetzt vor dem Landgericht Regensburg alles gestand.

Für den Brief und andere Drogendelikte bekam die 36-Jährige eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten, berichtet die Mittelbayerische Zeitung.

Dashcam-Video überführt brutalen Fahrer

Vor einigen Monaten habe ich hier im Blog was über die Dashcam-Aufnahme von einem schweren Unfall geschrieben. Ein nachfolgender Motorradfahrer hatte gefilmt, wie ein Pkw-Fahrer einen Mann umfuhr, der auf einem Roller unterwegs war. Der Motorradfahrer verfolgte das Auto und stellte den Autofahrer vor laufender Kamera zur Rede. Nun ist die Sache juristisch aufbereitet worden.

Der Motorradfahrer und nunmehrige Zeuge hat mir einen Bericht von der Verhandlung zukommen lassen. Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung, Unfallflucht und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Zudem wurde der Führerschein entzogen und eine 15-monatige Sperre vor Wiedererteilung verhängt. Er trägt die Kosten des Verfahrens.

Wieso keine Verurteilung wegen Vorsatzes? Das fragt man sich nach Betrachten des Videos. Möglicherweise lag die juristische Zurückhaltung zu einem guten Teil an der schlechten Ausstattung des Gerichts. Laut dem Zeugen war es mit den vorhandenen Geräten unmöglich, das Video flüssig abzuspielen. Die Lautsprecher seien so schlecht gewesen, dass man die Unterhaltung am Ende des Videos schlicht nicht verstehen konnte.

Zu Gunsten des Autofahrers wurde berücksichtigt, der geständig ist und außerdem seit 2007 wegen Depressionen behandelt wird. Er nimmt nach eigenen Angaben auch ständig Psychopharmaka ein.

Kein großes Thema war die grundsätzliche Verwertbarkeit des Dashcam-Videos. Das Gericht ließ den Beweis zu.

De Maizière schürt die Angst

Ich habe gestern abend die Pressekonferenz von Bundesinnenminister Thomas de Maizière gehört. Unter anderem äußerte er sich zu der Frage, woher die Behörden ihre Informationen über einen bevorstehenden Anschlag auf das Fußballstadion in Hannover hatten und wie die Gefährdungslage ist.

De Maizière: Wenn er berichten würde, welcher Art die Hinweise auf den bevorstehenden Terrorakt gewesen und von wem diese Hinweise gekommen seien, würde er die „Sicherheit des Landes“ gefährden. Teile der Antwort würden „die Bevölkerung verunsichern“, andere Teile die künftige Arbeit der Sicherheitsbehörden erschweren.

In dieser Situation wäre es besser gewesen, einfach jede Auskunft zu verweigern. Es ist ja nichts Ungewöhnliches, wenn Behörden aus ermittlungstaktischen Gründen schweigen. Das gilt insbesondere für den Aspekt, Teile der Antwort würden die Bevölkerung verunsichern.

Denn zumindest mit diesem Teil seiner Antwort tut de Maizière genau das, was er angeblich vermeiden möchte. Er verunsichert. Er macht Angst. Er beschwört ein Risiko, das für uns nicht einmal ansatzweise greifbar ist. Aber nur deshalb nicht greifbar, weil man uns – dem angeblich mündigen Bürger – die Informationsverarbeitung intellektuell oder emotional offenbar nicht zutraut.

Kurz gesagt: Der Innenminister soll für Sicherheit sorgen. Es ist nicht seine Aufgabe, uns Angst zu machen. Das tun derzeit erfolgreich andere. Es würde sicher schon helfen, wenn er sich seine Worte etwas sorgfältiger überlegt.

Nachtrag: Ein gewisser Unmut macht sich auch bei Twitter Luft, und zwar unter dem Hashtag #DoItLikeDeMaiziere

Sozialplan darf nicht diskrimineren

Der Sozialplan eines Unternehmens darf behinderte Menschen nicht benachteiligen. Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte ein Schwerbehinderter geklagt, weil ihm laut Sozialplan eine wesentlich geringere Abfindung zustand als vergleichbaren Kollegen. Die Richter gaben ihm gestern uneingeschränkt Recht und stellten einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) fest.

Laut dem Sozialplan hätten dem Arbeitnehmer bei seinem Ausscheiden aus der Firma rechnerisch 64.558 Euro zugestanden – wenn er nicht schwerbehindert gewesen wäre. Für Schwerbehinderte sah der Sozialplan bei ihm nur insgesamt 11.000 Euro vor. Begründet wurde dies mit dem Rentenanspruch, den Schwerbehinderte hätten.

Dem erteilt das Bundesarbeitsgericht wie schon die Vorinstanzen eine klare Absage. Eine geringere Abfindung nur wegen einer Behinderung sei diskriminierend. Deshalb sei der Sozialplan in diesem Punkt unwirksam (Aktenzeichen 1 AZR 938/13).

Gewerkschaft für Gefangene

In ganz Deutschland ist eine neue Gewerkschaft auf dem Vormarsch. Die der Strafgefangenen. Die Initiatoren fordern insbesondere ihre Einbeziehung in die Rentenversicherung und eine angemessene Bezahlung.

„Wir fordern nur soziale Mindeststandards“, sagt einer der Organisatoren. Gleichwohl soll es erhebliche Repressionen gegen Gefangene geben, die sich für die Gewerkschaft einsetzen. So sollen Umschlüsse wegfallen und vermehrt Durchsuchungen stattfinden.

Näheres zu der neuen Gewerkschaft berichtet die Legal Tribune Online. / Früherer Beitrag zum Thema

Ohne rechtstreue Gesinnung geht es zu Fuß weiter

Auch kleinere Verkehrsverstöße können ein Fahrverbot rechtfertigen. So im Fall eines Autofahrers, der in knapp drei Jahren insgesamt fünf Mal zu schnell gefahren ist oder am Steuer telefonierte. Das Oberlandesgericht Hamm sieht darin eine beharrliche Pflichtverletzung, die im letzten Fall dann neben einer Geldbuße auch zu Recht zu einem Fahrverbot führte.

Auch kleinere Verkehrsverstöße lassen laut dem Gericht auf eine „mangelnde Rechtstreue“ schließen. Voraussetzung dafür sei, dass die Delikte eine „Unrechtskontinuität“ erkennen lassen. Das sei bei drei Handy- und zwei Tempoverstößen in knapp drei Jahren der Fall, zumal die Delikte auch ein gewisses Gefährdungspotenzial aufwiesen.

Hier könne geschlossen werden, dass es dem Betroffenen an der erforderlichen „rechtstreuen Gesinnung“ und der „notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht“ fehle. Da sei ein Fahrverbot angebracht, auch wenn die abgeurteilte Tat – Handy am Steuer – nach dem Bußgeldkatalog an sich kein Fahrverbot nach sich ziehe (Aktenzeichen 1 RBs 136/15).

Bitte melde dich

Es geht um kleinere Verkehrsdelikte. In der Sache ist jetzt die Ermittlungsakte gekommen, und da hätte ich mit dem Mandanten gern drüber geredet.

Anruf unter der Festnetznummer, die er mir gegeben hat. Es meldet sich seine Ex-Partnerin. Die hat ihn aus ihrer Wohnung geschmissen und weiß nur, dass er jetzt „irgendwo in Norddeutschland auf einem Pferdehof“ leben soll. Adresse, Handynummer oder E-Mail-Adresse hat sie nicht. Eine EMA-Anfrage brachte mittlerweile auch nichts.

E-Mails unter der mir bekannten Adresse kommen als unzustellbar zurück. Bei Google finden sich keine Spuren zu dem Namen. Und nichts auf Facebook, das muss man heutzutage ja erst mal schaffen. Ich werde wohl oder übel warten müssen, bis der Betroffene sich mal bei mir meldet. Irgendwas sagt mir, es wird nachts sein, und der Anruf wird von einem Polizeirevier aus kommen.

Abzocke hinter Gittern?

Kein Internet, kein Handy. Bei der Telekommunikation sind Gefangene auf die Anlagen angewiesen, die ihnen die Gefängnisverwaltung zur Verfügung stellt. Das ist seit vielen Jahren ein gutes Geschäft für einige wenige Firmen. Denn die Telefonanlagen werden meist privat betrieben.

Den Gefangenen werden teilweise exorbitante Gebühren berechnet, wie man sie allenfalls noch aus Zeiten des Postmonopols kennt. Allerdings kommt jetzt nach einem Bericht von Zeit Online langsam Bewegung in die Sache, denn Gerichte beschäftigen sich zunehmend mit der „Abzocke hinter Gittern“.

Zum Bericht.

Mieterin wehrt sich gegen Behördenkamera

In der Düsseldorfer City hat eine Frau jetzt das Innenministerium als Nachbarn. Und das hat erst mal Überwachungskameras aufgestellt – wegen des „besonderen Schutzbedürfnisses“. Dagegen klagt die Mieterin.

Eine der Kameras in dem früheren West-LB-Komplex ist nach Angaben der Frau genau so aufgebaut sei, dass sie nicht nur den Außenbereich des Dienstgebäudes der höchsten Polizeibehörde in NRW erfasst, sondern auch ihre Privatwohnung samt Außenterrasse, die vor der Küche liegt.

Den „erheblichen Überwachungsdruck“ möchte die Frau nicht hinnehmen, berichtet die Rheinische Post. Jetzt muss das Amtsgericht entscheiden, ob die Kamera die Persönlichkeitsrechte der Frau verletzt.

Anwaltskalender: die Gewinner

Im law blog gab es zehn Exemplare des Anwaltskalenders 2016 zu gewinnen.

Diese Teilnehmer haben Glück:

troet
Hades
Specki
vB
Falkner
Iris Speiser
Anno Nüm
Michael
AnsgarR
Steffen

Die Gewinner kriegen noch heute eine Mail mit weiteren Informationen. Vielen Dank an alle Teilnehmer.

Wer kein Glück hatte, kann den Anwaltskalender auch kaufen, und das sogar noch rechtzeitig vor Weihnachten. Es gibt den Kalender nur im Direktvertrieb bei wulkan. E-Mail: wulkan@arcor.de. Telefon: 0172 200 35 70. Der Kalender kostet 20,95 Euro zuzüglich 5,00 Euro Versandpauschale. Der Kalender ist auf hochwertigem Papier gedruckt, Format A 3, hochwertige Spiralbindung.

Anwaltskalender: Gewinnspiel bis Montag

Kleine Erinnerung an das aktuelle Gewinnspiel im law blog. Es gibt, wie jedes Jahr, den Anwaltskalender des Düsseldorfer Karikaturisten wulkan zu gewinnen.

RAK2016 Scharfrichter.sehrklein

Zehn Exemplare werden unter allen Teilnehmern verlost, die hier oder in der früheren Ankündigung einen Kommentar hinterlassen. Alle Kommentare, die bis einschließlich Montag eingegangen sind, machen mit.

RAK-2-2008 klein

Wer sich nicht auf sein Glück verlassen möchte oder gar mehrere Kalender haben möchte, kann diese auch kaufen. Es gibt den Kalender nur im Direktvertrieb bei wulkan. E-Mail: wulkan@arcor.de. Telefon: 0172 200 35 70. Der Kalender kostet 20,95 Euro zuzüglich 5,00 Euro Versandpauschale. Der Kalender ist auf hochwertigem Papier gedruckt und mit einer Spiralbindung versehen.

Heimspiel für Richter

Gar nicht wenige Richter besorgen sich mit Eintritt in den Ruhestand eine Zulassung als Rechtsanwalt. Sie vertreten dann Mandanten auch vor den Gerichten, an denen sie mitunter jahrzehntelang als Richter tätig waren. Der nordrhein-westfälischen Justizverwaltung gefällt das nicht besonders. Sie untersagt daher ehemaligen Richtern häufig eine Tätigkeit am ehemaligen Dienstgericht. Allerdings wohl zu Unrecht, wie sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster ergibt.

Gleich fünf Jahre sollte ein ehemaliger Richter nicht an seinem ehemaligen Landgericht tätig sein. Er ging jedoch gegen das Verbot vor und bekam im Eilverfahren nun Recht. Das Verwaltungsgericht Münster sieht zwar eine abstrakte Gefahr, dass der Neu-Anwalt seine ehemaligen Kontakte spielen lässt und dass Ex-Kollegen und Bedienstete ihm zuvorkommender begegnen als anderen Rechtsanwälten.

Das theoretische Risiko reiche aber nicht aus, um so heftig in die Berufsfreiheit des Rechtsanwalts einzugreifen. Vielmehr bedürfe es schon konkreter Anhaltspunkte, dass in irgendeiner Form gemauschelt wird. Dass der ehemalige Richter die Abläufe im Gericht besser kenne als andere Anwälte, genüge sowieso nicht.

Außerdem beanstandet das Gericht die überzogene Dauer des Verbots, das für fünf Jahre verhängt wurde. Die Sache ist noch nicht abschließend entschieden, zumal das nächsthöhere Oberverwaltungsgericht Münster auch schon anders geurteilt hat (Aktenzeichen 4 K 1789/15).