Knast statt GEZ

Weil sie die Zahlung der Rundfunkgebühren konsequent verweigert, sitzt eine Frau aus Thüringen mittlerweile im Gefängnis. Und das seit dem 4. Februar. Bleibt sie hart, kann sie mit einer Entlassung erst nach sechs Monaten rechnen, wenn die Höchstgrenze der Erzwingungshaft abgelaufen ist.

Vorher bleibt der 46-Jährigen allerdings jederzeit die Möglichkeit, wegen 190 Euro rückständiger Rundfunkgebühren die eidesstaatliche Versicherung abzugeben, berichtet die Welt. Natürlich könnte sie den Betrag auch zahlen. Das aber will sie partout nicht, weil sie meint, dass sie damit die Rechtmäßigkeit der GEZ-Gebühr (heute: Haushaltsabgabe) anerkennt.

Obwohl die Betroffene nach eigenen Angaben viel liest und auch jede Menge Feedback auf ihre Aktion erhält, hat ihr bislang anscheinend niemand erklärt bzw. erklären können, dass sie sich vielleicht besser im Vorfeld hätte wehren sollen. Zum Beispiel, indem sie gegen die Gebührenbescheide Widerspruch einlegt oder klagt. Auf diesem Weg hätte sie versuchen können, das für sie zuständige Gericht davon zu überzeugen, dass die GEZ-Gebühren unzulässig sind. (Auch wenn in letzter Zeit so gut wie alle Gerichte die Haushaltsabgabe für rechtmäßig halten.)

Aber erst mal nichts tun und dann ganz am Schluss gegen die Vollstreckung aufzubegehren, ist wirklich der falscheste Weg. Da hilft es auch nichts, sich auf Robin Hood zu berufen. Für die jetzt zuständigen Vollstreckungsgerichte ist es nämlich völlig egal, ob es um die festgesetzte Haushaltsabgabe geht oder einen Vollstreckungsbescheid von Vodafone oder dem Otto-Versand.

„In Internetforen kursieren viele Falschinformationen, bei denen ich als Jurist schmunzeln muss“ wird der in dem Beitrag erwähnte Rechtsanwalt zitiert. „Die Grenzen des Rechtsstaates müssen schon eingehalten werden.“ Man kann nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis auch mal bis in die JVA Chemnitz rumspricht, wo die 46-Jährige nun ihre Tage verbringt.

„Man sitzt viel vor der Eieruhr“

Die Berliner Justiz hat massive IT-Probleme, berichtet der Berliner Tagesspiegel:

Seit an den Amtsgerichten und am Landgericht eine neue Version des Betriebssystems installiert wurde, laufen die Computer ruckelig bis gar nicht, mitunter liegen sie halbe Tage brach. Am 15. März gab es einen mehrstündigen Totalausfall. „Die Stimmung war IT-mäßig noch nie so schlecht wie jetzt“, berichtet ein Gerichtspräsident. Er schätzt, dass rund 4000 Computerarbeitsplätze betroffen waren. Die Mitarbeiter hätten dann stundenlang nichts zu tun gehabt, sich aber auch nicht getraut, nach Hause zu gehen, weil man ja nicht wusste, ob im nächsten Moment wieder alles läuft.

Das System arbeite nur mit Verzögerung, Buchstaben, Wörter und ganze Texte verschwänden einfach, und die Drucker hätten quasi ein Eigenleben. „Man sitzt viel vor der Eieruhr“, wird eine Richterin zitiert.

Derartige Pannen und Abstürze häufen sich laut dem Bericht so stark, dass es nun schon Verfahrensverzögerungen gebe. Also über die Verzögerungen hinaus, die bei der Berliner Justiz seit Jahr und Tag ohnehin als „normal“ gelten.

Internetrecht zum Nulltarif

Wenn man was zum Internetrecht nachschlagen möchte, muss das nicht unbedingt 70 bis 120 Euro kosten. Also den Preis, den man für ein juristisches Fachbuch heute mindestens rechnen muss.

Seit Jahren hat der Münsteraner Professor Thomas Hoeren sein Buch (er spricht zurückhaltend von einem Skript) „Internetrecht“ online. Das Gute an dem Werk: Es bietet nicht nur einen guten Überblick. Sondern es wird auch regelmäßig aktualisiert. Gerade ist die Fassung mit Stand April 2016 erschienen.

Link zum Skript Internetrecht

Fallsammlung Europa

Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat eine Fallsammlung von wichtigen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte veröffentlicht. Die Fälle stammen aus den Jahren 2014 und 2015. Sie drehen sich um die Bereiche Datenschutz (9 Fälle), Schutz der Privatsphäre/Achtung des Privat- und Familienlebens (8 Fälle), sowie Zugang zu Dokumenten (7 Fälle) und Meinungsäusserungsfreiheit (4 Fälle).

Link zum Dokument

VW-Kunden müssen Autos behalten

Wegen der Schummelsoftware von VW ist ein erstes Urteil gesprochen worden. Das Landgericht Bochum sieht kein Rückgaberecht für die Käufer betroffener Fahrzeuge.

Der gekaufte VW Tiguan sei zwar mangelhaft, befindet das Gericht. Durch den Einsatz einer sogenannten „Umschaltlogik“, die zwischen Straßen- und Prüfstandsbetrieb unterscheide, täusche die Software eine tatsächlich nicht vorhandene Qualität der Abgasreinigung vor.

Dennoch fehle dem Mangel die Erheblichkeit, die für einen Rücktritt vom Kaufvertrag nötig ist. Der Fehler lasse sich nämlich durch eine Nachbesserung relativ leicht beheben. Die Kosten blieben mit maximal 1 % des Wagenpreises deutlich unter der Bagatellgrenze. Daher liegen nach dem Urteil die juristischen Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht vor (Aktenzeichen I-2 O 425/15).

Kunden dürfen feilschen – auch nachträglich

Das Widerrufsrecht bei Online-Bestellungen und anderen Fernabsatzverträgen erlaubt es dem Kunden auch, auf einen besseren Preis zu pokern. Ein Kunde hatte einem Matratzenhändler „gedroht“, dass er seinen online geschlossenen Kaufvertrag fristgerecht widerruft, sofern er nicht 32,98 Euro Nachlass erhält. So viel günstiger bot mittlerweile ein anderer Händler die Matratzen an.

Der Händler verweigerte die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung, der Kunde verhalte sich rechtsmissbräuchlich. Das Widerrufsrecht beim Kaufvertrag bestehe, damit der Käufer die Ware prüfen könne. Nicht aber, um nachträglich den Preis zu drücken.

Dieser Argumentation konnte der Bundesgerichtshof in einem heute veröffentlichten Urteil nichts abgewinnen. Das Widerrufsrecht gebe dem Käufer ein effektives und einfach durchzusetzendes Recht zur Aufhebung des Vertrages, so die Richter. Dazu gehöre auch, dass der Kunde den Widerruf nicht begründen müsse. Deshalb sei es grundsätzlich uninteressant, aus welchen Gründen der Käufer widerruft.

Eine unzulässige Schikane sei der nachträgliche Preisvergleich jedenfalls nicht. Das uneingeschränkte Widerrufsrecht führe eben zu der „Wettbewerbssituation“, dass Kunden auch noch nach dem Kauf Preise vergleichen können. Es gebe keinen Grund, warum der Kunde diesen Vorteil nicht nutzen dürfe. Der Matratzenhändler muss nun den vollständigen Kaufpreis erstatten (Aktenzeichen VIII ZR 146/15).

Google übersetzt für die Polizei

Googles Produkte sind sicher in den meisten Fällen alltagstauglich. Aber auf die Idee, dass dies auch für „Google Translate“ gilt, musste wohl erst die Essener Polizei kommen. Die Essener Beamten „verhörten“ einen mutmaßlichen Ladendieb mit Google Translate, statt sich über einen Dolmetscher mit ihm zu verständigen. Der Beschuldigte sprach wohl arabisch und die Polizisten nicht, berichtet die Rheinische Post.

Dass Google Translate technisch derzeit gar nicht in der Lage ist, eine Vernehmung sauber zu übertragen, braucht man wohl nicht zu diskutieren. Wer hier an die Technik glaubt, kann ja mal einen ganz simplen Text eingeben. Und dann kräftig lachen.

Interessanter ist aber, dass die Polizisten überhaupt auf die Idee gekommen ist, den Beschuldigten ohne einen Dolmetscher zu vernehmen, nachdem sie die Sprachinkompatibilität festgestellt hatte. Denn so ein Vorgehen lässt sich, wenig überraschend, mit der Strafprozessordnung nicht vereinbaren.

So ist nach den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren schon bei der ersten Vernehmung aktenkundig zu machen, ob der Beschuldigte hinreichende Deutschkenntnisse hat, so dass ein Dolmetscher entbehrlich ist. Ausreichende Sprachkenntnisse müssen also positiv festgestellt werden. Gelingt dies nicht, muss im Zweifel ein Dolmetscher ran – und eben keine Maschine. Noch dazu eine Maschine bzw. Software, die alle eingegebenen Daten an unbekannter Stelle verarbeitet und vielleicht sogar speichert.

Ansonsten erklären die in dem verlinkten Artikel zitierten Juristen sehr nachvollziehbar, was da bei der Essener Polizei schiefgelaufen ist. Nachdenklich macht mich die Weigerung der Staatsanwaltschaft, Auskunft zu geben, ob es sich hier nur um einen bedauerlichen Einzelfall handelt oder ob solche Praktiken geduldet werden.

Schweigen ist keine Zustimmung

Wenn (Ex-)Mandanten oder Dritte sich über Anwälte beschweren, leiten die Rechtsanwaltskammern Verfahren ein. Dadurch werden die Beschwerdeführer aber nicht zu Beteiligten, stellt der Bundesgerichtshof jetzt in einem Beschluss klar. Das hat Folgen für die Weitergabe von Informationen. So ist es nach der Entscheidung unzulässig, wenn die Kammer dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Anwalts zu den Vorwürfen übersendet.

Das gilt jedenfalls so lange, wie der Anwalt nicht ausdrücklich zustimmt. Bisher war es so, dass die meisten Kammern den Beschwerdeführern eine Kopie der Stellungnahme schickten, sofern der Anwalt nicht ausdrücklich widersprach. Wobei es nur natürlich ist, dass ein Widerspruch dann oft schon als halbes Schuldeingeständnis galt.

Die bisherige Praxis ist unzulässig, so das Gericht. Es müsse stets das ausdrückliche Einverständnis des Anwalts vorliegen. Tut es dies nicht, darf seine Stellungnahme nur vom Kammervorstand gelesen werden.

Bericht in der LTO

Breivik klagt gegen Isolation

Die norwegische Justiz verhandelt seit heute über die Haftbedingungen von Anders Breivik. Der 37-Jährige hat 2011 ein Massaker mit 77 Opfern angerichtet. Breivik geht es darum, dass er seit seiner Festnahme ununterbrochen in einer Art Isolationshaft sitzt. Diese Haftbedingungen fügen ihm, so sein Anwalt, psychische und physische Schäden zu.

Breivik hat ausschließlich Kontakt mit Gefängnispersonal, berichtet die FAZ. Mithäftlinge bekommt er nicht zu Gesicht. Seine Post wird zensiert. In der ganzen Zeit hat er erst zwei private Besuche empfangen, darunter einen von seiner mittlerweile verstorbenen Mutter. Selbst seinen Anwalt darf er nur hinter einer Trennscheibe sprechen.

Auch in Norwegen gilt die Europäische Menschenrechtskonvention. Nach Art. 3 darf „niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden“. Das dürfte also am Ende der juristische Prüfungsmaßstab sein, sofern Breivik wie schon angekündigt im Falle einer Niederlage vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zieht.

Es wird also am Ende darauf ankommen, welche sachlichen Gründe es für Breiviks Behandlung gibt. Denn ganz ohne sachlichen Grund, so viel ist klar, wäre Isolation nicht nur eine unwürdige Behandlung, sondern sogar verbotene Folter. Die Osloer Richter nehmen sich jedenfalls mehrere Tage Zeit, um den Fall – und wahrscheinlich hauptsächlich Breiviks Gefährlichkeit – zu prüfen. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Denn die Qualität eines Rechtsstaates zeigt sich gerade auch daran, wie souverän er mit seinen schwierigsten Fällen umgeht.

Gegenwehr unmöglich

Den Führerschein verliert man nur wegen Taten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen. Könnte man meinen. Aber viele Straßenverkehrsämter sehen das mittlerweile nicht mehr so eng. Und das gilt nicht nur für Alkoholdelikte, wie ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt zeigt.

Ein 26-Jähriger muss seine Fahrerlaubnis abgeben, weil er aus seinem Wohnzimmerfenster mit einem erlaubnispflichtigen Druckgasgewehr auf eine Schülergruppe geschossen hat. Dabei traf er einen Schüler an der Schulter. Die Folge war ein Bluterguss. Klar, dass der Mann wegen Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz bestraft wurde, und zwar zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung.

Obwohl die Tat in keinem Zusammenhang zum Straßenverkehr stand, verlangte das Straßenverkehrsamt eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU). Die bestand der Betroffene nicht, weil ihm der Sachverständige ein hohes Aggressionspotenzial bestätigt. Dieses Potenzial werde künftig zu Ausfällen im Straßenverkehr führen. Und das, obwohl der 26-Jährige schon drei Jahr den Führerschein hatte und in der ganzen Zeit nichts vorgefallen ist.

Das Verwaltungsgericht Neustadt folgt dem Sachverständigen ausdrücklich in der Annahme, dass Forschungsergebnisse einen engen Zusammenhang zwischen allgemein-strafrechtlichen Delikten, Aggressivität und Verkehrsauffälligkeiten belegen. Personen, die außerhalb des Straßenverkehrs wenig Rücksicht auf Regeln und Gesetze nehmen, würden das auch im Straßenverkehr tun.

Für mich klingt das mehr nach Binsenweisheit, weniger nach Wissenschaft. Jedenfalls öffnen solche doch gewagten Schlussfolgerungen Tür und Tor für die Straßenverkehrsämter, künftig bei so gut wie jeder strafrechtlichen Verurteilung irgendwelche Rückschlüsse auf die Fahreignung zu ziehen. Auch wenn die Tat selbst gar keinen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr hat.

Geradezu perfide wird es nach meiner Meinung, wenn das Verwaltungsgericht Neustadt sich nicht dafür interessiert, ob die MPU überhaupt hätte angeordnet werden dürfen. Die Richter meinen nämlich, darauf komme es nicht an. Denn selbst wenn die Anordnung zu Unrecht erfolgte, dürfe das Gutachten trotzdem verwendet werden, weil es eine „neue Tatsache“ sei, der selbständige Bedeutung zukomme.

Wie praktisch, dass ein Betroffener auch nicht klagen kann, wenn er zu einem Gutachten aufgefordert wird. Die MPU-Anordnung selbst gilt nämlich nicht als selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt. Mit anderen Worten: Vorher kann man sich nicht wehren. Und hinterher auch nicht.

Link zum Beschluss des Verwaltungsgerichts

„Barauszahlungsentgelt“

Die Bankbranche ist in einem Punkt sicher führend. Bei der Erfindung neuer Gebühren. Heute nötigt mir in dieser Beziehung die Postbank besonderen Respekt ab. Dort habe ich mir vor kurzem die Prepaid Visa Karte besorgt, weil der Anbieter Kalixa, bei dem bisher immer alles glatt lief, sein Angebot leider einstellt. Normale Kreditkarten nutze ich nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Da ist mir das Schicksal etlicher Mandanten eine Lehre, deren Karten von irgendwelchen freundlichen Zeitgenossen bis an die Grenze des Verfügungsrahmens geplündert wurden.

Die Postbank Prepaid Visa war noch keine Woche alt, als mir „5,00 € Barauszahlungsentgelt“ in Rechnung gestellt wurden. Ich hatte mit der Karte zwar schon einiges veranstaltet, aber sicher kein Bargeld gezogen. Meine Mail an den Kundenservice brachte dann folgende Erkenntnis: Ich muss 5 Euro „Barauszahlungsentgelt“ bezahlen, gleichwohl ich mir überhaupt nichts bar habe auszahlen lassen.

Denn, so wurde mir erklärt, die Postbank nimmt gemäß Ziff. 2.16 ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses eine Gebühr von 2,5 %, mindestens aber 5,00 €, „bei Einsatz der Postbank Kreditkarten zum Bezahlen bei Wettbüros, Casinobetrieben und Lotteriegesellschaften im Rahmen deren Geschäftsbetriebs“.

Schuld war also ein online bezahlter Tipp-Schein für eine – von gewissen Staatsvertrags-Problematiken abgesehen – ganz seriösliche Lotterie, der mich selbst ganze 8,40 Euro gekostet hatte. Wieso die happige Gebühr auf der Abrechnung als „Barauszahlung“ auftaucht, erklärte mir der Postbank-Service auf meine Nachfrage hin in der gleichen Mail:

Der Erwerb von Lotto- oder Wettscheinen oder Chips im Spielcasino sowie bei entsprechenden Online-Anbietern entspricht dem Wesen nach dem Erwerb von Bargeld. Ähnlich wie ein Geldschein repräsentieren solche Scheine oder Chips einen Wert, der für weitere Zwecke – hier das Glücksspiel – eingesetzt wird. Mit dem neuen Entgelt stellt die Postbank deshalb diese Kreditkartenumsätze den Bargeldverfügungen mit Kreditkarte gleich.

Na ja, ich würde da schon gerne wissen, wieso dann nicht auch der Erwerb eines Amazon-Gutscheins oder das Aufladen einer Music-Flatrate nicht auch 5 Euro kostet. Und wieso man Barauszahlung in die Abrechnung reinschreibt, wenn es doch ersichtlich nicht um eine Barauszahlung geht.

Ich persönlich fühle mich durch das Postbank-Wortgeklingel einstweilen ein bisschen veräppelt. Deswegen gucke ich bei Gelegenheit doch mal, was die Konkurrenz so an Prepaid-Karten bietet. Obwohl ich mir natürlich nicht sonderlich viel Hoffnung mache, dass es woanders wesentlich besser läuft.

Rechtspfleger bilden Abwehrfront

Im öffentlich zugänglichen Rechtspflegerforum kann man gerade einen ziemlich kuriosen Fall verfolgen. Und das sozusagen „live“.

Eine anscheinend nicht existierende Anwaltskanzlei hat bundesweit für einen Asylbewerber Beratungshilfe beantragt und diverse Dokumente vorgelegt. Angeblich will sich der Mann gegen einen Bescheid der Berliner Sozialbehörde wehren, ist aber laut dem Antrag vor kurzem umgezogen. Deshalb wird jetzt Beratungshilfe am örtlich zuständigen Gericht beantragt.

Wie es aussieht, ist der gleichlautende Antrag aber so gut wie bei jedem deutschen Amtsgericht gestellt worden, und zwar jeweils für die gleiche Person. Würden die Anträge bewilligt, bekämen die Antragsteller eine Erstberatung aus der Staatskasse bezahlt. Da kämen dann schon etliche tausend Euro zusammen.

Jetzt sieht es eher danach aus, als müsse sich der Initiator der Aktion auf Strafanzeigen und Maßnahmen der Anwaltskammer einstellen. Ein Entschuldigungsschreiben soll er mittlerweile versandt haben. Danach hat eine Mitarbeiterin eigenmächtig die Anträge formuliert und an alle deutschen Amtsgerichte gefaxt.

Hier kann man die aktuelle Entwicklung mitverfolgen.

Messerattacke: Kein Maulkorb für Minister

Eine 15-Jährige hat in Hannover einen Polizeibeamten mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Die Polizei vermutet einen terroristischen Hintergrund, da die Betroffene Kontakte zu radikalen Islamisten gehabt haben soll. Die junge Frau will der niedersächsischen Justiz verbieten, anderen Stellen über das Verfahren Auskunft zu geben.

Das Verwaltungsgericht Hannover wies allerdings einen Eilantrag der 15-Jährigen auf eine einstweilige Verfügung zurück. Mit dieser sollte es dem Justizminister unter anderem untersagt werden, die Landtagsabgeordneten in einer vertraulichen Sitzung des Rechts- und Innenausschusses am 11. März über den Stand des Verfahren zu unterrichten.

Das Verwaltungsgericht meint allerdings, der Justizminister sei zur Information verpflichtet. Die Niedersächsische Verfassung gebe den Abgeordneten Auskunftsansprüche gegenüber der Landesregierung. Überwiegende schutzwürdige Belange der Betroffenen seien nicht erkennbar, auch wegen der Schwere des Tatvorwurfs. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass einzelne Abgeordnete die Vertraulichkeit brechen.

Einen allgemeinen Maulkorb wollte das Gericht auch nicht gegen das Justizministerium verhängen. Es gebe schon gar keine Anhaltspunkte dafür, dass die Justiz „beliebigen Dritten“ Informationen zukommen lasse (Aktenzeichen 6 B 1658/16).

Individuelles Trinkbedürfnis

Ein Querschnittsgelähmter, der auf Katheter angewiesen ist, muss sich von seiner gesetzlichen Krankenkasse nicht vorschreiben lassen, wie viel er täglich zu trinken hat. Wenn er ca. 3,5 Liter pro Tag trinkt, muss die Krankenkasse dem Mann auch medizinische Hilfsmittel in diesem Umfang bewilligen. Dies hat das Sozialgericht Dresden entschieden.

Die Krankenkasse meinte bei dem Mann, es sei lediglich eine Trinkmenge von 2,5 Liter pro Tag erforderlich. Demgemäß bezahlte sie ihm nur die Katheter und Bettbeutel für diese Menge. Der Betroffene gab dagegen an, er habe ein höhere Trinkbedürfnis.

Das Sozialgericht Dresden hält es für unvereinbar mit der Menschenwürde, wenn bei einem invididuellen Trinkbedürfnis nur Durchschnittswerte angesetzt werden. Der Betroffene habe auch ein persönliches „Sicherheitsbedürfnis“, dem Rechnung zu tragen sei.

Die Krankenkasse muss laut dem Urteil die Hilfsmittel nach dem tatsächlichen Bedarf bezahlen. Allerdings hat sie gegen das Urteil Berufung eingelegt (Aktenzeichen S 47 KR 105/13).