Elternzeit: Ein Fax reicht nicht

Junge Eltern, die von ihrem Arbeitgeber Elternzeit verlangen, müssen dies schriftlich tun. Ein Fax reicht hierfür nicht aus, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht.

§ 16 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetz) sieht vor, dass der Anspruch auf Elternzeit schriftlich angemeldet wird. Das begründet nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts die strenge Schriftform nach § 126 BGB mit der Folge, dass weder Fax noch E-Mail ausreichen.

In dem entschiedenen Fall hatte eine Rechtsanwaltsfachangestellte die Elternzeit per Fax verlangt, der Arbeitgeber kündigte ihr trotzdem. Die Kündigung war nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts wirksam. Nur in seltenen Fällen sei es dem Empfänger eines Schriftstücks untersagt, sich auf die nicht eingehaltene Form zu berufen. Diese besonderen Voraussetzungen sah das Gericht in dem entschiedenen Fall nicht.

Die Vorinstanzen haben das noch anders gesehen (Aktenzeichen 9 AZR 145/15).

Keine Bewährung für brutalen Polizisten

Ein eher ungewöhnliches Urteil hat das Amtsgericht Saarbrücken gefällt. Die Richter schicken einen Polizeibeamten tatsächlich ins Gefängnis – unter anderem wegen Brutalität und Verfolgung Unschuldiger. Keine Bewährung, darüber staunten nach einem Bericht der Saarbrücker Zeitung auch die Beamten vor Ort. Nicht mal altgediente und erfahrene Polizisten könnten sich an so ein hartes Urteil erinnern.

Allerdings war es schon einiges, was dem Polizisten zur Last gelegt wurde. Er soll unter anderem Personen bei Verkehrskontrollen grundlos verprügelt haben. Bei einem anderen Betroffenen soll er auf freiem Feld eine Art Scheinexekution durchgeführt haben. Ungünstig für den Beamten war aber sicherlich, dass er nach seiner Suspendierung angeblich Rezepte fälschte, um eine Medikamentenabhängigkeit zu stillen. In alkoholisiertem Zustand soll er außerdem selbst mit Polizisten aneinander geraten sein und Widerstand geleistet haben.

Offenbar geworden sind die Taten im Dienst nur, weil ein Kollege des Beamten „reinen Tisch“ machte. Dieser musste sich erst an die Behördenleitung wenden, weil er bei seinen unmittelbaren Vorgesetzten kein Gehör fand. Im Prozess sagte er, Kollegen hätten ihn als Nestbeschmutzer und Kollegenschwein beschimpft. Außerdem habe er ein Foto von sich gefunden, auf dem sein Kopf abgeschnitten war. „Ich hatte Angst“, berichtete der Polizist über seine Erfahrungen am Arbeitsplatz.

Ältere Prozessberichte in der Saarbrücker Zeitung: (1) (2)

Freies WLAN soll angeblich kommen

Die Bundesregierung scheint sich in Sachen Störerhaftung tatsächlich zu besinnen. Auch auf Grund deutlichen Drucks, der von der EU ausgeht. Der Weg soll nun frei sein für einen Gesetzentwurf, der die Betreiber von WLAN-Hotspots weitgehend von Überwachungspflichten freistellt – Privatleute eingeschlossen (Bericht auf Spiegel Online).

Die weitgehende Abschaffung der Störerhaftung, also der Verantwortung des Hotspot-Betreibers für die ihm ja normalerweise unbekannten Downloads der Nutzer, wäre nicht nur ein Schritt, um wirklich offenes WLAN weiter zu etablieren. Sondern möglicherweise auch der Anfang vom Ende der unseligen Abmahnwelle wegen Filesharings.

Ich sage möglicherweise, weil es die Gerichte bisher immer wieder geschafft haben, jeder Gesetzesänderung zur Eindämmung des Abmahn-Irrsinns ihren Biss zu nehmen. Zu denken ist beispielsweise an die diversen Gesetzesänderungen mit dem Ziel, die Anwaltsgebühren bei nichtgewerblichen Urheberrechtsverletzungen zu deckeln. Stets wurde dank (bewusst) schwammiger Formulierung des Geestzes am Ende eine Auslegung durch die Gerichte gefunden, nach der sich am Ende nichts änderte.

Es wird nun viel darauf ankommen, ob dieser Gesetzentwurf einigermaßen wasserdicht formuliert ist. Sonst droht wieder ein jahrelanger juristischer Hickhack, während dem man weiter von freiem WLAN nur träumen darf.

Ein verstörendes Bild

Der türkische Staatspräsident verklagt jetzt auch Mathias Döpfner, den Chef des Springer-Verlages. Döpfner hatte sich „positiv“ über Jan Böhmermanns Schmähgedicht geäußert. Deshalb fühlt sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan erneut beleidigt. Sein (neuer) Anwalt Ralf Höcker hat deshalb eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Köln beantragt.

Höcker hat mittlerweile selbst gesagt, die Richter hätten wohl skeptisch auf den Antrag reagiert. Aber dann gehe sein Mandant halt in die nächste Instanz. Daneben hat Höcker auch über den angeblichen Leidensdruck seines Mandanten folgendes geäußert:

Es ist wie bei einer Massenvergewaltigung: Wenn einer anfängt, kriechen alle aus den Löchern und machen mit. Vor allem, wenn es das Opfer angeblich nicht besser verdient hat. Wir müssen als Gesellschaft aufpassen, wenn der dünne Lack der Zivilisation blättert und kollektive Enthemmung losbricht. Herr Erdoğan ist ein Mensch, und die Menschenwürde ist unantastbar.

Das ist ein durchaus verstörendes Bild, das der Anwalt von unserer Gesellschaft zu haben scheint. So viele Massenvergewaltigungen, an denen sich spontan Dritte beteiligt haben, sind der polizeilichen Kriminalstatistik für die letzten 50 Jahre bei uns nicht zu entnehmen. Von daher ist es schon eine starke Leistung, die Kritiker eines umstrittenen Staatsmannes, auf dieses Niveau herabzuwürdigen.

Man könnte glatt an eine sogenannte Kollektivbeleidigung denken. Aber die ist bei uns ja zum Glück von Herrn Höcker nur in seltenen Ausnahmefällen strafbar…

Bericht in der Süddeutschen Zeitung

Nachtrag: Das Landgericht Köln hat die einstweilige Verfügung gegen Döpfner abgelehnt.

Gericht weicht Handyverbot am Steuer auf

Das strenge Handyverbot am Steuer gerät ins Straucheln – dank der Genderisierung der Gesetzesprache. Aus einer sprachlichen Anpassung des Verbots für Mobiltelefone am Steuer leitet das Oberlandesgericht Stuttgart jedenfalls weitreichende Folgen her. Wer das Handy in der Hand hält und gleichwohl über eine Freisprecheinrichtung telefoniert, kann nach einem druckfrischen Gerichtsbeschluss vom 25. April 2016 nicht mit einem Bußgeld belegt werden.

Ein Autofahrer hatte sich damit verteidigt, sein Handy verbinde sich automatisch mit der Bluetooth-Freisprecheinrichtung. Er sei wähend eines laufenden Telefonats losgefahren und habe vergessen, das Telefon aus der Hand zu legen. Telefoniert habe er während der Fahrt aber nur über die Freisprecheinrichtung.

Nach Auffassung des Gerichts erfüllt dies nicht (mehr) den Tatbestand der unerlaubten Handynutzung. Die Richter verweisen darauf, dass mit der sprachlichen Anpassung der Straßenverkehrsordnung auch die Norm inhaltlich geändert wurde. Im Jahr 2013 wurden alle Formulierungen der Straßenverkehrsordnung ausgetauscht, in denen vom „Fahrzeugführer“ die Rede war. Stattdessen heißt es jetzt überall vermeintlich geschlechtsneutraler: „Wer ein Fahrzeug führt…“

Im fraglichen § 23 StVO stand früher:

Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.

Die aktuelle Fassung lautet so:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.

Aus der erkennbar neuen Formulierung „muss“ schließt das Oberlandesgericht Stuttgart, dass nun ein innerer Zusammenhang zwischen dem Aufnehmen oder Halten des Telefons und der Telefonnutzung erforderlich ist. Es sei also erforderlich, dass das Telefon gerade deswegen gehalten wird, um die betreffende Funktion nutzen zu können. Ein bloßes Halten des Telefons unabhängig vom Grund reiche nicht mehr aus.

Die Richter formulieren es so:

Aus sei­ner Einlassung, die in der Hauptverhandlung nicht wi­der­legt wer­den konnte, er­gibt sich, dass er das Telefonat vor Fahrtantritt be­gann. Nach dem Starten des Motors hat sein Telefon (selbst­tä­tig) über Bluetooth eine Verbindung mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs her­ge­stellt. Das Telefonat wurde so­dann über diese Anlage fort­ge­führt. Das Telefon musste da­mit vor­lie­gend für den Kommunikationsvorgang nicht ge­hal­ten wer­den.

Damit ist die tat­be­stand­li­che Bedingung, wo­nach hier­für das Mobiltelefon „auf­ge­nom­men oder ge­hal­ten wer­den muss“ dem Wortlaut nach je­den­falls nicht er­füllt. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass der Betroffene das Mobiltelefon tat­säch­lich in der Hand ge­hal­ten hat. Dies hat sich vor­lie­gend ge­rade nicht auf den Kommunikationsvorgang aus­ge­wirkt. Das Halten des Geräts be­grün­det des­halb über den Telefonvorgang hin­aus kein re­le­van­tes ei­gen­stän­di­ges Gefährdungspotential.

So lange das Telefon nicht ans Ohr gehalten wird, eröffnet diese Sicht der Dinge Betroffenen ganz neues Verteidigungspotenzial. Im entschiedenen Fall war es so, dass dem Fahrer lediglich nicht nachgewiesen werden konnte, dass seine Geschichte mit der Freisprechanlage nicht stimmt (Aktenzeichen 4 Ss 212/16; Text im Verkehrsrecht Blog).

Kleingedrucktes: Erst lesen, dann streichen

Ein Umzug ist kein wichtiger Grund, um einen Fitness-Vertrag vorzeitig aufzulösen. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil deutlich gemacht.

Zu der Entscheidung möchte ich nur kurz darauf hinweisen, dass man als Kunde längst nicht so hilflos ist, wie es oft scheint. Das gilt auch für das Problem, bei einem (unvorhersehbaren) Umzug an einem Fitness-Vertrag zu kleben, der möglicherweise noch knapp zwei Jahre läuft. Allerdings muss man halt auch vorausdenken und schon bei Vetragsschluss die Weichen richtig stellen.

Praktisch alle Fitness-Studios verwenden vorgedruckte Verträge. Aber es gibt weder hier noch sonstwo eine Regel, dass man die Bedingungen auch unwidersprochen akzeptieren muss. Das A und O beim Kleingedruckten ist vielmehr erst mal: Überwinde den innneren Schweinehund, lies dir den Kram vorher durch. Streiche alles an, was dir nicht passt. Und verlange dann vom Studio, dass die Klauseln, die dir nicht passen oder die du als unfair empfindest, gestrichen, geändert oder ergänzt werden. Zum Beispiel durch den simplen Satz: „Bei einem Umzug außerhalb des Stadtgebiets Düsseldorf kann der Kunde mit 2-monatiger Frist kündigen.“

Wenn der Mitarbeiter am Empfang über das Kleingedruckte nicht verhandeln darf, muss halt der Geschäftsführer ran. Oder es gibt keine Unterschrift. So einfach ist das. Beim Preis ist Verhandeln ja längst kein Tabu mehr. Das sollte man auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Motto nehmen. Zumal, wie sich jetzt ja an dem Urteil zeigt, der gerichtliche Verbraucherschutz nicht immer alles nachträglich gerade rückt.

Keine Betreuung ohne Anhörung

Wenn eine Betreuung angeordnet werden soll, muss das Gericht den Betroffenen vorher mündlich anhören. Hierauf weist das Bundesverfassungsgericht in einer heute veröffentlichten Entscheidung hin.

Ein Amtsrichter hatte für eine Frau die Betreuung vorläufig angeordnet. Diese Betreuung verlängerte er nach jeweils sechs Monaten einige Male. Vor den Verlängerungen hörte er die Betroffene aber nicht mehr mündlich an, sondern fasste seinen Beschluss nach Aktenlage.

Das Bundesverfassungsgericht sieht in dieser Praxis eine schwerwiegende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Wegen der tiefen Eingriffe, die eine Betreuung mit sich bringe, müsse das Gericht den Betroffenen stets anhören. Auch in Eilfällen dürfe nur vorläufig entschieden werden. Die Anhörung sei dann unverzüglich nachzuholen.

Die Entscheidung hat hohe praktische Bedeutung. Vor allem bei der Verlängerung von Betreuungen nehmen es manche Gerichte nicht immer so genau mit dem Anspruch auch rechtliches Gehör und entscheiden nach Aktenlage. Das Bundesverfassungsgericht macht auch keine Einschränkungen für Fälle, in denen die Betroffenen sich vielleicht gar nicht oder nicht verständlich äußern können (Aktenzeichen 1 BvR 184/13).

Die Sache mit dem Fingerabdruck

In den USA hat eine Richterin die Besitzerin eines iPhone und Beschuldigte in einem Ermitlungsverfahren gezwungen, ihr Telefon mit dem eigenen Fingerabdruck zu entsperren, berichtet heise.de. Auch bei uns sind mittlerweile viele Smartphones über einen Fingerabdrucksensor gesichert. Deshalb die Frage: Ginge so was auch bei uns?

Die richtige Antwort findet man am einfachsten, wenn man sich auf einen wichtigen Grundsatz unseres Strafprozessrechts besinnt: Der Beschuldigte muss gar nichts aktiv tun. Ein aktuelles Beispiel sind die Pinkeltests, die bei Verkehrskontrollen immer mehr in Mode kommen. Wer sich – nach entsprechendem Zureden durch die Polizei – darauf einlässt, verzichtet freiwillig auf einen Teil seiner Rechte. Gleiches gilt für Wischtests oder auch den altbekannten Alkoholtest durch Pusten. Kein Polizeibeamter kann solche Tests an Ort und Stelle erzwingen, ebenso nicht, dass man sich an die Nase fasst, auf einer Linie geht oder auch nur Piep sagt.

Ebenso wenig gibt es eine juristische Möglichkeit, den Beschuldigten zu zwingen, den Finger auf sein Smartphone zu legen. Das alles beruht letztlich auf dem Grundsatz, dass man sich nicht selbst belasten muss. Nicht durch Worte. Aber auch nicht durch Taten. Auch ein Richter hätte also nicht die Kompetenz, die aktive Entsperrung eines Smartphones unmittelbar durch den Beschuldigten zu erzwingen.

Was aber zweifellos geht, ist die übliche Abnahme von Fingerabdrücken, also das Aufdrücken der Finger auf eine Stempelunterlage oder einen Scanner (bei modernen Polizeibehörden). Dabei handelt es sich geradezu um eine Standardmaßnahme, sie wird in § 81b StPO ausdrücklich erwähnt. Die Fingerabdrücke kann auch die Polizei verlangen. Eine richterliche Anordnung ist nicht erforderlich.

So weit ich das kurz nachlesen konnte, sind moderne Telefone aber so schlau, dass sie in der Regel nur den Originalfingerabdruck akzeptieren. Es bleibt aber die Frage, ob die Polizei einen legal abgenommenen Fingerabdruck zumindest für den Versuch nutzen kann, das Smartphone zu entsperren. Der § 81b StPO sagt, die Abnahme von Fingerabdrücken muss für die „Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens“ erforderlich sein. Der auf Folie gebannte Fingerabdruck wäre dann aus Sicht der Ermittler nichts anderes als die bei einer Durchsuchung gefundene PIN, die sich der Beschuldigte irgendwo notiert hat. Mit dieser Notiz darf das beschlagnahmte Smartphone ja auch entsperrt werden.

Auch wenn der Wortlaut also schon „irgendwie“ passt, würden mir auch viele Gegenargumente einfallen, warum das Ganze dennoch unzulässig wäre. Spannend sind auf jeden Fall beide Konstellationen, also das erzwungene Handauflegen des Smartphone-Nutzers wie die Zweckentfremdung eines rechtmäßig abgenommenen Fingerabdrucks.

Bis zu einer Klärung dieser Fragen wird es sicher noch dauern. Bis dahin kann ich nur an die eingangs dargestellte Regel erinnern: Als Beschuldigter musst du im Zweifel nur eins – gar nix.

Bloß keine Experten

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sucht händeringend Mitarbeiter. Die Behörde ist für die Bearbeitung von Asylverfahren zuständig. Die zeitlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung sind seit jeher dramatisch und – spätestens – seit Beginn der Flüchtlingskrise ein Politikum. Auch Anwälte werden nun als Mitarbeiter gesucht, doch dabei gibt es merkwürdige Einschränkungen.

Wie die Legal Tribune Online berichtet, dürfen an einem Job interessierte Anwälte vorher zwei Jahre gerade nicht auf dem Gebiet gearbeitet haben, auf dem sie nunmehr tätig werden sollen. Anwälte, die Asylbewerber vertreten haben, kommen wohl schon von den Einstellungsbedingungen her nicht zum Zuge.

Außerdem müssen sich Bewerber verpflichten, zwei Jahre nach Ende ihrer (ohnehin nur auf sechs Monate befristeten) Tätigkeit keine Asylbewerber oder ausländerrechtliche Mandate juristisch zu vertreten. Zur Begründung heißt es in den Ausschreibungen der Behörde:

Jegliche auch nur abstrakte Gefahr einer Interessenkollision mit den hoheitlichen Aufgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist auszuschließen.

Nachvollziehbar wäre es sicherlich, wenn Anwälte, die sich in den Dienst des BAMF begeben, keine eigenen Falle bearbeiten dürften. Oder auch solche, mit denen sie vorher irgendwelche Berührungspunkte hatten. Analog gälte das auch für den Fall, dass die Mitarbeiter später nach ihrer Dienstzeit wieder als Anwälte arbeiten.

Wieso aber gerade die fachkundigen Anwälte ausgeschlossen und allen Bewerbern später auch noch ein „Berufsverbot“ auferlegt werden soll, wird sich die Behörde sicher noch mal genauer fragen lassen müssen.

Dienst ist Dienst, und Sex ist Sex

Das Land Nordrhein-Westfalen muss einem Polizeibamten kein Potenzmittel bezahlen. Der Kriminalhauptkommissar verlangte 323,89 Euro, die er nach ärztlicher Verordnung für Cialis-Tabletten ausgegeben hatte. Doch hierfür besteht kein Grund, urteilt das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz.

Die Richter haben sich die Vorschriften für die Heilfürsorge der Polizeibeamten genau angeschaut. Danach werden nur die Kosten erstattet, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der „Polizeidienstfähigkeit“ diene. Die erektile Dysfunktion, die der Kläger mit Cialis beheben wollte, behindert ihn nach Auffassung der Richter aber bei der Arbeit nicht (Aktenzeichen 5 C 32.15).

Keine hohen Stornogebühren für abgesagte OP

Kliniken dürfen keine überhöhten Stornogebühren verlangen, wenn ein Patient den Operationstermin absagt. Das Amtsgericht München erklärt in einem Urteil die Stornoklauseln einer Schönheitsklinik für unwirksam.

Die Klinik berechnete für den Fall der Absage eines OP-Termins zwischen 40 % und 100 % der Kosten, je nach dem Zeitpunkt der Absage. Die Patientin sagte innerhalb von sieben Tagen vor dem OP-Termin ab und sollte nun 60 % zahlen – zuzüglich einer pauschalen Bearbeitungsgebühr von 60 Euro.

Die von der Klinik geforderte Stornogebühr hält das Gericht für unangemessen hoch und die Klausel deshalb für unwirksam. Bei einer Absage innerhalb von 48 Stunden würden 100 % plus Stornogebühr berechnet. Damit müsse der Patient mehr bezahlen, als wenn er sich hätte operieren lassen. So ein hoher Schaden sei völlig realitätsfern, zumal die Klinik beim Ausfall des OP-Termins ja auch noch Kosten für Medikamente, Material, Strom und Reinigung spare.

Überdies dürfe gerade bei einer Heilbehandlung kein wirtschaftlicher Druck auf den Patienten ausgeübt werden, sich behandeln zu lassen. Dem Patienten müsse es vielmehr immer freistehen, sich anders zu entscheiden. Die Interessen des Behandlers träten gegenüber dem Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurück, so die Urteilsgründe (Aktenzeichen 213 C 27099/15).

Entgleisung oder Strategie?

Der belgische Anwalt des nach Frankreich überstellten Terrorverdächtigen Salah Abdeslam hat sich über seinen Mandanten geäußert. Medien zitieren den Juristen Sven Mary mit folgenden, wenig schmeichelhaften Einschätzungen:

Er hat die Intelligenz eines leeren Aschenbechers, er ist von einer abgrundtiefen Leere.

Und weiter: Abdeslam sei „ein kleines Arschloch aus Molenbeek, hervorgegangen aus der Kleinkriminalität, eher ein Mitläufer als ein Anführer“.

Ich würde da weniger die verbale Entgleisung eines Anwalts vermuten, der schlicht seine Aufgabe vergessen hat. Sondern vielmehr die ersten Lebenszeichen einer Verteidigungsstrategie. Und zwar einer mit dem Ziel, Abdeslams Rolle bei den Anschlägen von Paris und möglicherweise auch Brüssel nach Kräften runterzudefinieren.

Gut möglich also, dass sich der Beschuldigte sogar über die Worte seines Anwalts freut.

„Die Ermittlungen werden wieder aufgenommen“

Post von der Staatsanwaltschaft, noch dazu unerfreuliche. Die knappe Nachricht:

Die Ermittlungen wurden wieder aufgenommen.

Dabei sah bisher alles so erfreulich aus. In einer Sache wegen angeblicher Unfallflucht hatte ich für meinen Mandanten eine Verteidigungsschrift eingereicht. Mit dem erhofften Effekt: Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen nach § 170 Abs. 2 StPO ein. Also wegen fehlenden Tatverdachts.

Mehr kann man sich eigentlich nicht wünschen. Sollte man meinen. Aber der soeben zitierte Brief zeigt, dass eine Einstellung 1. Klasse (also wegen fehlenden Tatverdachts) vor allem eines nicht ist: eine Garantie, dass auch künftig Ruhe ist.

Vielmehr steht es der Staatsanwaltschaft in so einem Fall frei, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Und zwar jederzeit. Zum Beispiel, wenn neue Beweismittel reinkommen. Etwa eine Zeugenaussage. Oder eine Urkunde, die man vorher nicht kannte. Strenggenommen genügt es sogar, wenn das Personal wechselt und der neue Staatsanwalt erledigte Akten noch mal prüft oder prüfen lässt (was allerdings nicht so häufig vorkommt).

Das kleine Bespiel zeigt, wieso es manchmal für Beschuldigte eine Option sein kann, doch eher die Einstellung 2. Klasse zu wählen. Also jene nach § 153a StPO, bei der man sich gegen eine Auflage (meist eine Zahlung) von den Ermittlungen freikauft. Die Erfüllung der Auflage hat nämlich zur Folge, dass die „Tat“ dann wirklich nicht mehr verfolgt werden kann. Hiervon gibt es nur eine Ausnahme. Nämlich wenn sich herausstellt, dass es sich nicht nur um ein Vergehen, sondern um ein Verbrechen gehandelt hat.

Von dieser praktisch nicht sehr relevanten Ausnahme abgesehen, erkauft man sich mit der Einstellung also Rechtskraft – und damit einen ruhigen Schlaf. Die Sache mit der Einstellung hat also immer zwei Seiten.

In dem Fall mit der angeblichen Unfallflucht muss ich jetzt erst mal per Akteneinsicht rausfinden, welche neuen Aspekte den Staatsanwalt bewogen haben, sich jetzt doch noch mal Arbeit aufzuhalsen. Ich bin schon mal gespannt. Alltäglich ist die Wiederaufnahme der Ermittlungen nämlich nicht.

Netzagentur nimmt sich Spionagekameras vor

Die Bundesnetzagentur nimmt verstärkt Spionagekameras ins Visier. In den letzten Wochen wurden mehr als 70 illegale Angebote beanstandet.

Hierbei handelte es sich zum großen Teil um WLAN-fähige Kameras, die einen anderen Gegenstand vortäuschten oder als Gegenstände des täglichen Gebrauchs „verkleidet“ waren. „Besonders beliebt ist es, diese Kameras in Uhren, Rauchmeldern oder Lampen zu verstecken,“ sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. „Aber auch Pop-Art-Blumen oder Powerbanks dienen als Verkleidung. Der Phantasie sind hierbei offenbar keine Grenzen gesetzt.“

Nach § 90 TKG (Telekommunikationsgesetz) ist es verboten, Sendeanlagen zu besitzen, zu vertreiben oder herzustellen die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und auf Grund dieser Umstände in besonderer Weise geeignet und dazu bestimmt sind, das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.

Gerade im Internet sind nach Angaben der Netzagentur derartige Kameras auf den unterschiedlichsten Verkaufsplattformen zu finden. Wird die Bundesnetzagentur durch eigene Recherche oder Hinweise auf solche Angebote aufmerksam, werden zunächst die Plattformbetreiber zur Löschung des Angebotes aufgefordert, um den weiteren Verkauf sofort zu unterbinden.

Anschließend werden die Verkäufer kontaktiert, damit diese künftig den Vertrieb unterlassen und die Käufer der Gegenstände benennen. Von den Verkäufern und Käufern wird die Vernichtung der Gegenstände verlangt. Hierüber ist ein Nachweis, etwa in Form einer Bescheinigung einer Abfallwirtschaftsstation, beizubringen.

Auch Familien dürfen Wohnung nicht überbelegen

Die Überbelegung einer Wohnung kann zum Rausschmiss führen. Das Amtsgericht München bestätigte jetzt in einem Urteil die Kündigung einer vierköpfigen Familie. Die Eltern und ihre zwei Kinder hatten in München auf 25,88 Quadratmetern (1 Wohnraum, 1 Küche) gelebt.

Schon im Mietvertrag stand, dass in der kleinen Wohnung dauerhaft höchstens der Mieter und sein Ehepartner leben dürfen. Tatsächlich zog der Mieter aber auch noch mit seinem damals einjährigen Kind ein. Weiterer Nachwuchs kam dann im Jahr 2013.

Nach Auffassung des Amtsgerichts ist die Kündigung wegen Überbelegung rechtmäßig. Als Faustregel gelte, dass auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils 12 Quadratmetern entfällt oder durchschnittlich 10 Quadratmeter pro Person zur Verfügung stehen müssen. Diese Richtwerte seien weit unterschritten, da auf eine Person gerade mal 4 Quadratmeter kämen.

Zwar dürfe ein Mieter seinen Ehegatten und Kinder in die Wohnung aufnehmen. Die Grenze sei jedoch die Überbelegung. Somit wurde der Mieter zur Räumung verurteilt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig (Aktenzeichen 415 C 3152/15).