Möglicherweise. Eventuell.

Die Hausdurchsuchung bei meinem Mandanten lief schon einige Zeit, als er dann doch kalte Füße bekam. Er wollte mit mir als seinen Anwalt telefonieren. Was die Polizeibeamten ihm nicht versagen durften. Und es auch nicht taten.

So hatte ich dann also zunächst den Ermittlungsführer am Telefon. Der schilderte mir kurz den Tatvorwurf, nämlich dass mein Mandant über eine dritte Person möglicherweise Chemikalien im Internet bestellt haben könnte, die eventuell zum Bombenbau geeignet sein könnten.

Möglicherweise.

Eventuell.

Insgesamt jede Menge Ungewissheiten, die offenbar auch dem Ermittlungsrichter sofort ins Auge fielen. Der Richter weigerte sich, einen Durchsuchungsbeschluss gegen meinen Mandanten zu erlassen. Er sah keinen Anfangsverdacht, sondern allenfalls straflose Vorbereitungshandlungen. Was die Polizisten aber nicht daran hinderte, auf Anweisung des Staatsanwalts doch zu einer Durchsuchung bei meinem Mandanten anzurücken.

Allerdings waren dem Staatsanwalt die Hände gebunden. Früher hätte er trotz der negativen Entscheidung des Ermittlungsrichters die Durchsuchung sogar noch selbst anordnen können. Trotz des richterlichen Neins hätte er zum Beispiel „Gefahr im Verzug“ bejahen können.

Das ist heute nicht mehr möglich, denn das Bundesverfassungsgericht hat letztes Jahr entschieden, was eigentlich auf der Hand liegt: War der Richter mit der Sache befasst und hat er einen Durchsuchungsbeschluss abgelehnt, steht dem Staatsanwalt keine eigene Eilkompetenz mehr zu. Das Nein des Richters ist also bindend.

Sehr kreativ kriegten die Polizisten eine andere Marschroute. Sie sollten offenbar meinen Mandanten so lange belatschern, bis er sich „freiwillig“ mit einer Durchsuchung einverstanden erklärte. Das war wohl auch zunächst erfolgreich, bis mein Mandant nach Beginn der Durchsuchung doch leise Zweifel bekam, ob das alles korrekt abläuft.

Von der angeblichen „Freiwilligkeit“ konnte ich nach meinem Gespräch mit dem Beamten auch nicht mehr viel erkennen. Der Ermittlungsführer räumte ein, mein Mandant habe gefragt, ob es einen Durchsuchungsbeschluss gibt. Das habe er verneint. Was er aber wohl für sich behielt oder zumindest nicht mal ansatzweise deutlich machte, war der Umstand, dass ein Richter den Durchsuchungsbeschluss ausdrücklich abgelehnt hatte. Ich bin mir sicher, dass mein Mandant es sich bei Kenntnis dieses Details noch einige Male wesentlich intensiver überlegt hätte, ob er tatsächlich „freiwillig“ der Durchsuchung zustimmt.

In so einer Konstellation verlangt das Bundesverfassungsgericht offene Worte gegenüber dem Beschuldigten. Er muss darüber belehrt werden, dass die Durchsuchung auch wirklich nicht stattfindet, wenn er es nicht will. Dazu gehört meiner Meinung nach auch eine ehrliche Information darüber, dass ein Richter die Durchsuchung gerade nicht gestattet hat. „Der Beschuldigte hat ja nicht danach gefragt“, wäre hier wohl keine taugliche Ausrede.

Das alles schien dem Beamten auch einigermaßen klar zu sein. Jedenfalls reagierte er in der einzig richtigen Weise, als ich für meinen Mandanten jedwedes Einverständnis mit sofortiger Wirkung widerrief. Die Durchsuchung war an dieser Stelle zu Ende, man verabschiedete sich höflich.

Wer Propaganda teilt, darf nicht zur Polizei

Schon die bloße Verbreitung islamistischen Materials im Internet führt dazu, dass ein Bewerber keinen Ausbildungsplatz bei der Bundespolizei erhält. Wer Propagandamaterial teile, begründe den Verdacht, dass er nicht ausreichend fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. So entschied das Verwaltungsgericht Koblenz in einer Eilentscheidung.

Ein Bewerber um einen Ausbildungsplatz bei der Bundespolizei hatte in sozialen Netzwerken etliche Propaganda-Videos eingestellt. Unter anderem teilte er einen Clip, in dem es heißt, es sei eine größere Sünde, nicht zu beten, als einen Menschen zu töten. Vor diesem Hintergrund lehnte die Bundespolizei seine Einstellung ab.

Laut dem Gericht muss ein angehender Beamter Gewähr dafür bieten, dass er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennt. Beim Betroffenen gebe es hieran Zweifel. Auch wenn er nur fremde Inhalte geteilt habe, fehle es an jedweder Distanzierung. Deshalb seien die Zweifel an seiner Eignung berechtigt (Aktenzeichen 2 L 11591/16.KO).

Crystal Meth ist nichts für Lkw-Fahrer

Was ein Arbeitnehmer so in seiner Freizeit schluckt, geht den Chef nichts an. Normalerweise. Wird einem Lkw-Fahrer aber der Konsum von Crystal Meth nachgewiesen, kann dies die fristlose Kündigung rechtfertigen. Und das nach Auffassng des Bundesarbeitsgerichts sogar dann, wenn der Lkw-Fahrer bei Beginn seiner Schickt wieder fit war.

Der Lkw-Fahrer hatte am Samstag privat Crystal Meth konsumiert. Am Montag war er nach den Feststellungen des Gerichts an sich wieder leistungsfähig. Jedoch wurden bei einer Polizeikontrolle Abbaustoffe der Drogen in seinem Blut festgestellt. Ein Berufskraftfahrer dürfe seine Fahrtüchtigkeit grundsätzlich nicht durch harte Drogen gefährden, so das Bundesarbeitsgericht. Es spiele auch keine Rolle, ob die Drogen vor der während der Arbeitszeit konsumiert wurden.

Die Vorinstanzen hatten das noch anders gesehen. Sie hielten eine fristlose Kündigung für unverhältnismäßig, weil das Verhalten des Lkw-Fahrers nicht zu einer erhöhten Gefahr geführt habe (Aktenzeichen 6 AZR 471/15).

Schlafmohnkapseln sind nicht für den Import geeignet

Die „nicht geringe Menge“ spielt bei Betäubungsmitteln eine große Rolle. Denn bei einer nicht geringen Menge fangen meist die wirklich happigen Strafen an. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der Bundesgerichtshof sich auch mit der Frage beschäftigen musste, wann bei getrockneten Schlafmohnkapseln eine nicht geringe Menge vorliegt.

Schlafmohn wird in einigen Ländern legal produziert und verkauft, zum Beispiel in Österreich und der Schweiz. In einem Wiener Bezirk gibt es zum Beispiel einen recht bekannten Shop (wenn man weiß, dass der Laden hinter einer grünen, ansonsten unbeschrifteten Tür ist). Aus Österreich bezog auch der Angeklagte in dem Strafverfahren seine Schlafmohnkapseln. 48 Kilogramm waren es insgesamt. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte den Mann wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln zu knapp sechs Jahren Freiheitsstrafe.

Dabei setzte das Landgericht den Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln auf 6 Gramm Morhpinhydrochlorid fest. Das entspricht ungefähr den 4,5 Gramm Wirkstoff, die der Bundesgerichtshof für intravenös injizierte Morphinzubereitungen als nicht geringe Menge ansieht.

Der Bundesgerichtshof bemängelt an dieser Entscheidung aber, dass sie zu wenig Rücksicht auf die Verabreichungsform und Gefährlichkeit nimmt. Immerhin hatten die Schlafmohnkapseln nur einen Wirkstoffanteil von maximal 1,55 %. Zutreffend, so das Gericht unter Berufung auf Experten, sei die nicht geringe Menge bei getrockneten Schlafmohnkapseln auf 70 Gramm Wirkstoff festzusetzen. Dieser Wert wird also künftig gelten. Der Angeklagte kann in der Neuverhandlung seines Falles mit einer deutlich geringeren Strafe rechnen (Aktenzeichen 1 StR 492/15).

Gericht: GEMA-Meldungen schaffen Klarheit

Die Sängerin Julia Neigel ist mit ihrem Versuch gescheitert, für sich vor Gericht einen höheren Anteil an den GEMA-Erlösen für die Songs der „Jule Neigel Band“ zu erstreiten. Neigel hatte Ex-Band-Kollegen mit der Begründung verklagt, diese hätten weit weniger zu den gemeinsamen Songs beigetragen als gegenüber der GEMA gemeldet.

Die Jule Neigel Band veröffentlichte zwischen 1988 und 1998 insgesamt acht Alben, von denen die meisten kommerziell sehr erfolgreich waren. Lange nach dem Ende der Band reklamierte Neigel höhere GEMA-Ausschüttungen für sich, weil sie die Gesangsmelodien geschrieben habe. Die Anteile der anderen Musiker fielen dagegen nicht ins Gewicht.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe urteilte jetzt aber nach einer Beweisaufnahme, die Meldungen an die GEMA hätten seinerzeit auch dazu gedient, „Unsicherheiten über den Umfang der Beteiligung an den einzelnen Kompositionen zu beseitigen sowie variierende Beteiligungsintensitäten von Komposition zu Komposition auszugleichen“. Somit hätten die Meldungen die Funktion eines Vergleichs. Neigel könne das nachträglich nicht mehr in Frage stellen. Dass die Künstlerin arglistig getäuscht wurde, konnte das Gericht nicht feststellen (Aktenzeichen 6 U 103/12).

Mutterschutz gilt auch für Richterin

Der Mutterschutz von normalerweise acht Wochen steht nicht zur Disposition. Auch nicht im Falle einer Richterin, deren Unabhängigkeit ja ansonsten als ein hohes Gut gilt. Wirkt die Richterin innerhalb des Mutterschutzes an einem Urteil mit, ist das rechtswidrig. Mit dieser Begründung hob der Bundesgerichtshof nun ein Strafurteil des Landgerichts Darmstadt auf.

In dem Verfahren war die Richterbank mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Einen Ergänzungrichter, der für einen der Berufsrichter einspringen könnte, hatte man nicht hinzugezogen. Während des Prozesses wurde die Richterin unübersehbar schwanger. Nach über 20-monatiger Prozessdauer wurde das Verfahren vom 20. Dezember bis zum 3. Januar 2014 unterbrochen. Im Prozesstermin am 3. Januar 2014 war die Richterin nicht mehr schwanger. Weitere Auskünfte lehnte sie ab.

Die Verteidiger wandten ein, dass die Richterin an sich im Mutterschutz sein müsste. Gemäß § 6 MuSchG gilt bei normalen Geburten ein Beschäftigungsverbot von acht Wochen nach der Entbindung. Darauf meinte das Gericht, einer Richterin stehe es im Rahmen ihrer Unabhängigkeit frei, auf den Mutterschutz zu verzichten.

Dies sieht der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs anders. Auf den Mutterschutz dürfe nicht verzichtet werden. Und zwar schon deshalb, weil das Gesetz jeder Mutter den Druck nehmen wolle, ob sie arbeiten geht oder nicht. Immerhin bestand in dem Verfahren ja sogar die Gefahr, dass es nach etlichen Verhandlungstagen platzt. Das wiederum dürfte insbesondere dem Vorsitzenden nicht gefallen haben.

Da die Richterin an dem Verhandlungstag nicht arbeiten durfte, war sie nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht die „gesetzliche Richterin“ – ein absoluter Revisionsgrund (Aktenzeichen 2 StR 9/15).

Die Anwaltsrobe ist keine Werbefläche

Die Anwaltsrobe als Werbefläche? Nix da, sagt der Bundesgerichtshof. Das Gericht untersagt es dem Brühler Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer in einem Beschluss vom Montag, auf seine Robe seinen Namen und seine Internetadresse aufsticken zu lassen.

Schon ein – eher zurückhaltender – Schriftzug mit Name und Internetadresse verletze das Verbot unsachlicher Werbung, welches für Anwälte nach wie vor gilt. So hatte die Anwaltskammer Köln in ihrer Untersagungsverfügung argumentiert. Für den streitlustigen Anwalt Riemer ist es eine weiter Niederlage gegen die Anwaltskammer. Er hatte auch schon Werbetassen mit drastischen Bildmotiven verteilt, auch dies wurde ihm untersagt.

Aufgeben will der Jurist jedoch nicht. Er will nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, kündigte er gegenüber der Legal Tribune Online an.

Geldabheben muss nicht gratis sein

Kostet Geldabheben bald selbst Geld? Seit gestern wird über Bankenpläne spekuliert, wonach die Nutzung von Geldautomaten der eigenen Bank kostenpflichtig werden soll. Bislang sind Barabhebungen bei der eigenen Bank mit der Geldkarte noch durchweg kostenlos. Das soll sich jetzt angeblich ändern, weil die Institute dringend neue Einnahmen benötigen.

Ganz einfach dürfte das Ziel, bei Bargeldabhebungen gleich einen Teil des Kundengeldes abzuknapsen, nicht zu verwirklichen sein. Denn die Ein- und Auszahlung von Geld ist eine sogenannte Hauptleistungspflicht der Bank. Für die Erfüllung solcher Pflichten darf an sich grundsätzlich kein Geld verlangt werden. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Kunde eine zumutbare Möglichkeit haben muss, kostenfrei Bargeld ein- und auszuzahlen.

Das bedeutet freilich nicht unbedingt die kostenfreie Nutzung des Geldautomaten. Vielmehr würde es auch reichen, wenn die Bank ihre Kunden auf ihre Kassenschalter verweist – sofern diese überhaupt noch vorhanden sind. Kunden müssten dann zumindest während der Öffnungszeiten kostenlos Bargeld in der Filiale abheben können.

Die Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofs zu dem Thema sind allerdings schon recht alt. Seitdem haben sich die Spielregeln für den Barzahlungsverkehr in vielen Bereichen verändert. Insbesondere ist § 675f BGB in Kraft getreten, welcher den sogenannten Zahlungsdienstevertrag regelt. Diese neue Regelung sieht ausdrücklich vor, dass Banken für die Bewegung von Geld in jeder Form ein Entgelt verlangen dürfen – nur angemessen muss es sein und überdies den tatsächlichen Kosten entsprechen.

Durch die ausdrückliche gesetzliche Zulassung der Kosten für Zahlungsdienste – also gegebenenfalls auch Abhebungen am Geldautomaten – lässt sich das von der Rechtsprechung angenommene Verbot von Gebühren für die Erfüllung von vertraglichen Hauptpflichten womöglich nicht mehr halten. Sobald Banken also tatsächlich Kosten für die Automatennutzung verlangen, ist mit spannenden Gerichtsurteilen zu rechnen.

Karikaturen im Landgericht Itzehoe

Er ist Richter und Karikaturist. Die lustigen Bücher von Tim Oliver Feicke fanden schon öfters Erwähnung im Blog, zuletzt etwa hier.

Ab morgen zeigt das Landgericht Itzehoe in einer Ausstellung die besten Werke Feickes und seines Kollegen Andreas Martins. Die Ausstellung läuft bis 24. Februar 2017 und ist jeweils von 9 bis 15.30 Uhr geöffnet.

Am 9. November, also morgen, gibt es ab 19 Uhr eine Vernissage mit Live-Musik. Eine besondere Einladung braucht man nicht.

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Mit Cros Enttarnung ist nicht zu rechnen

Rapper Cro trägt bei Auftritten eine Pandamaske. Er möchte, wie er selbst sagt, im Privatleben unerkannt auf die Straße gehen können. Mit den Vorzügen der Anonymität könnte es ganz vielleicht in absehbarer Zeit vorbei sein.

Cro muss sich nämlich möglicherweise vor Gericht verantworten. Er soll bei einem Auftritt eine Wasserflasche von der Bühne geworfen haben. Dadurch wurde angeblich eine Zuschauerin verletzt.

Im Falle eines Prozesses käme Cro nun eventuell in die Verlegenheit, dass er als Angeklagter sein Gesicht zeigen muss. Die Hauptverhandlung, so es denn wegen der vielfältigen Möglichkeiten der Einstellung oder etwa eines Strafbefehls zu einer kommt, wäre öffentlich. Zwingend ist die Offenbarug Cros allerdings nicht. Aus mehreren Gründen:

1. Die Strafprozessordnung enthält keine ausdrückliche Vorschrift, dass der Angeklagte oder andere Verfahrensbeteiligte wie Zeugen ihr Gesicht zeigen müssen. Allerdings wird das insbesondere beim Angeklagten oder bei Zeugen grundsätzlich für notwendig gehalten. Richter, aber auch Staatsanwalt, Verteidiger und eventuell Gutachter müssen sich ein umfassendes Bild vom Angeklagten machen können. Dazu gehört nun mal das Gesicht des Angeklagten als solches, aber ganz speziell auch seine Mimik während der Verhandlung. Die Mimik ist durchaus ein wichtiges Mittel, um die Glaubwürdigkeit zu beurteilen.

Allerdings obliegt es dem Richter, ob er in Cros Pandamaske eine „grobe Ungebühr“ im Sinne von § 178 GVG sehen möchte. Üblicherweise drehen sich die Fälle der Ungebühr um Zeugen oder Angeklagte, die durch Substanzen benebelt zum Gerichtstermin erscheinen, ihre Schirmmütze nicht abnehmen wollen oder zu legere Kleidung tragen.

Je nachvollziehbarer Cros Gründe wären, die Maske aufzubehalten, desto eher könnte der Richter auch eine Ausnahme machen. Zumal es ja auch möglich ist, dass er den Flaschenwurf gar nicht abstreitet. Seine Glaubwürdigkeit wäre dann ein nachrangigest Thema.

2. Andere Möglichkeit: Der Richter erlaubt es Cro, die Maske noch ein wenig zu tragen, nachdem er die Hauptverhandlung schon eröffnet hat. Ab dem Aufruf der Sache gilt im Gerichtssaal ein absolutes Fotografierverbot. Wenn Cro dann nach Abzug der zu erwartenden Kamerateams die Maske abnähme, würden ihn nur die Anwesenden sehen. Es gäbe aber keine Videos von diesem „Auftritt“.

Ebenso könnte der Richter Cro erlauben, die Maske wieder aufzusetzen, bevor er die Verhandlung schließt.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz will wegen des Flaschenwurfes übrigens nicht weiter ermitteln. Sie sieht kein öffentliches Interesse. Dem mutmaßlichen Opfer bleibt allerdings die Möglichkeit der Privatklage.

Privates Rennen bringt Fahrverbot

400 Euro und einen Monat Fahrverbot – dies kostet einem 20-Jährigen ein illegales Autorennen, das er sich mit einem anderen Autofahrer im Stadtgebiet von Cloppenburg lieferte.

Laut den Feststellungen des Gerichts fuhren die beiden Autofahrer mit Höchstgeschwindigkeit; es roch nach Gummi und stark beanspruchten Reifen. Das genügte dem Oberlandesgericht Oldenburg, um ein illegales Rennen im Sinne von § 29 StVO festzustellen.

Vergebens wandte der 20-Jährige ein, es habe an einem „Wettbewerb“ gefehlt, bei dem am Ende ein Sieger gekürt wird. Laut dem Gericht reicht es für ein illegales Rennen aber schon, wenn es den Beteiligten nur um möglichst hohes Tempo geht, ohne dass am Ende jemand eine Zielflagge schwenkt. Für ein Rennen seien auch zwei Teilnehmer ausreichend (Aktenzeichen 2 Ss (OWi) 292/16, ähnliches Urteil vom Oberlandesgericht Hamm).

Knöllchen-Horst muss Dashcams ausschalten

„Knöllchen-Horst“ muss die Dashcams in seinem Auto ausschalten. Der Massendenunziant, der über die Jahre mehr als 50.000 Anzeigen gegen andere Verkehrsteilnehmer gestellt haben soll, erhielt eine entsprechende Untersagungsverfügung von der niedersächsischen Datenschutzbeauftragten. Das Verwaltungsgericht Göttingen bestätigte nun im Eilverfahren das Dashcam-Verbot.

Knöllchen-Horst hatte auch eine Vielzahl von Anzeigen erstattet, in denen er auch Aufnahmen seiner Dashcams als „Beweis“ vorlegte. Das geschah auch, nachdem ihn die Datenschutzbeauftragte aufgefordert hatte, die private Verkehrsüberwachung einzustellen. In den weitaus meisten Fällen zeigte Knöllchen-Horst Verkehrsverstöße an, bei denen er selbst gar nicht beeinträchtigt wurde.

So eine pädagogisch motivierte, dauernde Verkehrsüberwachung aus dem eigenen Auto heraus verstößt laut dem Gericht eindeutig gegen den Datenschutz. Knöllchen-Horst durfte deshalb ein Zwangsgeld von 1.000 Euro angedroht werden, wenn er weiter mit angeschalteter Dashcam durch die Gegend fährt. Ob eine „normal“ genutzte Dashcam, bei der Aufnahmen zum Beispiel schnell wieder überschrieben werden, zulässig ist, musste das Gericht nicht entscheiden (Aktenzeichen 1 B 171/16).

Jura kurios als kostenloses E-Book

Update: Das E-Book ist nicht mehr kostenlos.

Kleiner Tipp: Bei Amazon gibt es derzeit ein kostenloses E-Book namens „Kuriose Fakten Recht: Unnützes Wissen für Juristen und andere Menschen mit Humor“. Autorin ist Flavia Schadt, anscheinend eine angehende Juristin.

Das Buch ist eine ziemlich wilde Zusammenstellung kurioser Urteile, antiquierter Gesetze und sonstiger Fundstücke. Aber etliche witzige Dinge lassen sich durchaus entdecken, und einem geschenkten Gaul schaut man ja ohnehin nichts ins Maul.

Das E-Book lässt sich für 0,00 Euro mit 1-Click kaufen. Der andere Link führt zu einem Probeabo von Kindle Unlimited.

Rumänischer Knast verstößt gegen Völkerrecht

Das Oberlandesgericht Hamm stoppt Auslieferungen nach Rumänien – wegen der unzumutbaren Bedingungen in den dortigen Haftanstalten. Die Platzbedingungen im rumänischen Knast sind so drastisch, dass nach Auffassung der Richter völkerrechtliche Mindeststandards nicht eingehalten sind.

Ein in Deutschland lebender Rumäne war in seinem Heimatland wegen Betrugs verurteilt worden. Rumänien verlangte deshalb seine Überstellung, damit er die zweijährige Haft absitzt. Wegen der bekannt schlechten Haftbedingungen in Rumänien fragte die Generalstaatsanwaltschaft Hamm offiziell in Rumänien nach. Sie erhielt die ebenso offizielle wie offenherzige Auskunft, einem Gefangenen stehe in Rumänien zwei bis drei Quadratmeter „persönlicher Haftraum“ zur Verfügung.

Das jedenfalls reicht nach Auffassung der Richter nicht. Sie verweisen darauf, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordere einen persönlichen Haftraum – einschließlich Bett und Möbel – von mindestens vier Quadratmetern. Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung fordere mindestens sechs Quadratmeter. Das Bundesverfassungsgericht betrachte für Deutschland sechs Quadratmeter als untere Grenze des Hinnehmbaren.

Die aus Rumänien offiziell mitgeteilten zwei bis drei Quadratmeter seien deshalb nicht ausreichend. Auf die sonstigen Haftbedingungen, etwa Belüftung, Zugang zu Tageslicht, Heizung und sanitäre Anlagen, komme es in diesem Fall gar nicht mehr an. Der Beschluss ist rechtskräftig. Die rumänischen Behörden können jetzt höchstens noch verlangen, dass der Verurteilte seine Strafe in Deutschland absitzt (Aktenzeichen 2 Ausl. 125/16).

Rüstzeiten sind Arbeitszeiten

Polizeibeamte im Dienst schleppen eine ganze Menge Ausrüstung mit sich rum. Ein Polizeibeamter aus Bochum zum Beispiel folgendes Arsenal: Pistole mit Holster, Reservemagazin mit Tasche, Handfessel Stahl mit Tragevorrichtung, Reizstoffsprühgerät mit Tragevorrichtung, Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock, Funkgeräte, Taschenlampe, Schutzweste und einiges mehr. Die hierfür bei Schichtbeginn und -ende erforderliche „Rüstzeit“ wollte der Beamte vom Dienstherrn bezahlt bekommen. Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster bekam er jetzt dem Grundsatz nach Recht.

Rüstzeiten sind für Polizisten „Arbeitszeit“, stellen die Richter fest. Der Polizeibeamte muss sich also während der Dienstzeiten umziehen können. Oder ihm sind täglich Überminuten anzurechnen, was sich auf den Monat zu mehreren Überstunden aufaddieren kann. Zu dem Streit kam es auch, weil der Dienstherr meinte, der Beamte könne sich ja ab Beginn seiner Arbeitszeit umziehen. Das sei aber praktisch nicht möglich, entgegnete der Polizist. Wenn alle Kollegen sich ab dem Schichtwechsel erst mal umziehen, sei die Wache bis zu 15 Minuten nicht einsatzfähig.

Ob dem Beamten nach dem Dienstrecht wegen der festgestellten Mehrarbeit auch tatsächlich Geld zusteht, muss gegebenenfalls in einem späteren Verfahren geklärt werden (Aktenzeichen u.a. 6 A 2151/14).