Segway-Fahrer müssen nüchtern sein

Als Alternative zu Fahrrad und Moped kriegt man Segways immer öfter zu Gesicht. Es gibt Erlebnistouren mit Segways, Stadtführungen, Weintouren und sogar Polo-Turniere. Für Junggesellenabschiede, sonstige feuchtfröhliche Veranstaltungen und den anschließenden Nachhauseweg eignet sich der Segway aber nur bedingt. Denn wer besoffen oder bekifft einen Segway fährt, riskiert seinen Führerschein.

Diese Erfahrung machte ein Mann in Hamburg. Er war per Segway auf dem Bürgersteig gefahren und wurde von der Polizei angehalten. Die Blutprobe ergab mindestens 1,5 Promille. Für das Oberlandesgericht Hamburg stellte sich die Frage, wie der Segway rechtlich einzuordnen ist. Als Fahrzeug? Oder als Nichtfahrzeug, wie etwa Rodelschlitten, Kinderwagen, Tretroller und Skateboards?

Die Richter kamen zu einem klaren Ergebnis: Der Segway ist ein Fahrzeug. Deshalb gilt für Segway-Lenker ein Alkohol- und Drogenverbot am Steuer (§ 316 StGB). Außerdem billigen die Richter für den Segway auch die Grenze von 1,1 Promille, ab der Fahruntüchtigkeit immer vermutet wird. Für den Betroffenen bedeutet das eine Geldstrafe und Führerscheinentzug. Und dieser Entzug ist nicht etwa auf Segways beschränkt. Der Mann darf auch nicht mehr Auto fahren (Aktenzeichen 1 Rev 76/16).

Detlef Burhoff zum gleichen Thema

Kameras in der eigenen Wohnung – nicht ohne Risiko

Wer sich in seiner eigenen Wohnung aufhält und innerhalb der Wohnung filmt, kann sich dennoch wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ (§ 201a StGB) strafbar machen. Das hat der Bundesgerichtshof im Fall eines Vertrauenslehrers entschieden. Der Lehrer hatte einvernehmlichen Sex mit zwei 15 und 16 Jahre alten Schülerinnen. Die sexuellen Kontakte filmte er teilweise, ohne dass die Schülerinnen dies wussten.

Der Lehrer wehrte sich gegen die Verurteilung nach § 201a StGB mit der nachvollziehbaren Begründung, der sogenannte Paparazzi-Paragraf solle verhindern, dass jemand von außerhalb in Wohnungen filmt oder in fremden Wohnungen Kameras anbringt. Nicht jedoch davor, dass der Wohnungsinhaber Besucher filmt.

Der Bundesgerichtshof legt die Vorschrift weiter aus. Das Gesetz fordere nur eine Wohnung oder einen gegen Einblick besonders geschützten Raum. Auch die eigene Wohnung sei eine Wohnung. Aus dem Gesetz ergebe sich ebenfalls nicht, dass der Filmende sich außerhalb der Wohnung aufhalten müsse. Somit kann die eigene Wohnung des Täters ein „Schutzraum“ für Dritte werden, die ihn besuchen. Die Besucher bringen ihren „höchstpersönlichen Lebensbereich“ sozusagen mit in die fremde Wohnung.

Es kommt dann lediglich noch darauf an, ob die Aufnahmen „unbefugt“ entstanden sind. Das ist aber regelmäßig der Fall, wenn die Betroffenen nichts von den Aufnahmen wissen. Strenggenommen macht sich ein Wohnungsinhaber also schon strafbar, wenn er mit seinen Besuchern ganz normal auf dem Sofa sitzt, plaudert und diese nicht darüber informiert, dass er eine Überwachungskamera (weiter) laufen lässt. Das Gesetz setzt nämlich nach seinem Wortlaut nicht voraus, dass die Filmaufnahmen irgendwelche sexualbezogenen oder sonstwie pikanten Situationen zeigen.

Daran sollte man jedenfalls denken, wenn man seinen Wohnraum mit einer Videokamera oder einer Babycam überwacht. Auch Spielkonsolen oder Webcams sind möglicherweise „always on“. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, muss die Kamera abschalten. Oder er muss sich das Einverständnis der gefilmten Personen geben lassen (Aktenzeichen 5 StR 198/16).

„… mit Todesfolge“

Eine Mandantin hat eine Vorladung der Polizei erhalten. Sie soll laut dem Schreiben zu folgendem Vorwurf vernommen werden:

Beteiligung an einer Schlägerei mit Todesfolge auf Straßen, Wegen oder Plätzen am 18.12.2016 in …

Ich habe ihr ganz schnell einen Besprechungstermin gegeben. Völlig aufgelöst saß sie dann vor mir und schilderte das, woran sie sich erinnerte. Es war nicht viel. Also nicht das, woran sie sich erinnert. Sondern, da war sie sich sehr sicher, es hatte bei einem Kneipenbummel nur eine kleine Rangelei gegeben.

Also ein Anruf bei der Polizei. „Oh“, sagte der zuständige Kommissar, „da bin ich mit der Maus wohl auf einen Textbaustein zu tief gerutscht.“

Also Körperverletzung ohne Todesfolge. Die Mandantin kann ihre Zahnbürste wieder aus der Tasche nehmen.

Opodo darf Versicherung nicht aufdrängen

Es ist schon nervig, wie Reiseportale Kunden dazu überreden wollen, neben dem gesuchten Flug oder der Pauschalreise noch eine Reiseversicherung abzuschließen. Oder am besten zwei. Der Bundesgerichtshof hat jetzt im Falle von Opodo entschieden, dass die Versicherung dem Kunden nicht durch lästige Nachfragen und unnötige Warnhinweise aufgedrängt werden darf.

Über mehrere Buchungsschritte blendete Opodo ständig Hinweise und sogar Warnungen ein, dass eine Reise ohne Versicherung teuer werden kann. Außerdem waren die Felder, die zu einer Versicherung führen, grafisch hervorgehoben. Hiergegen klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband und bekam in vollem Umfang recht. Der offenkundige Versuch, die Kunden zum Abschluss einer Versicherung zu drängen, erfülle nicht die gesetzliche Forderung nach einer klaren, transparenten und eindeutigen Mitteilung über Zusatzkosten.

Außerdem erklärte der Bundesgerichtshof eine Zahlungsklausel von Opodo für unwirksam. Dem Kunden wurde zunächst nur der Preis gezeigt, den er bei Zahlung mit einer American-Express-Karte aufbringen muss. Für andere Zahlungsmittel fielen deutliche Aufschläge an – über diese wurde aber zunächst nicht informiert.

Das Urteil ist ein weiteres in einer ganzen Reihe von Entscheidungen, mit denen der Bundesgerichtshof in letzter Zeit Buchungsportalen rechtswidriges Vorgehen bescheinigt (Aktenzeichen I ZR 160/15); PDF des Urteils. Interessant ist, dass man immer nur von Klagen der Verbraucherzentrale liest. Das Wettbewerbsrecht, wonach Mitbewerber die Konkurrenz kontrollieren und gegebenenfalls abmahnen können, scheint in diesem Fall kaum zu funktionieren.

Womöglich weil es fast alle machen…

Kurioser Fall mit Bildungseffekt

Es ist ein etwas kurioser Einzelfall. Aber dennoch ein Lehrstück dafür, worauf zu achten ist, wenn man von jemandem Schadensersatz haben will.

Der Käufer einer Eigentumswohnung übernahm nach eigenen Angaben die Wohnung, als der Garten mit Schnee bedeckt war. Wegen des Schnees habe erst später festgestellt, dass im Garten 19 Hundehaufen lagen. Wegen der Kontaminierung des Bodens durch die Rückstände „von fleischlastigen Fressern“ hielt er es für nötig, dass der Oberboden abgetragen und alles neu bepflanzt wird. 3.500 Euro sollte das laut Kostenvoranschlag einer Gartenbaufirma kosten.

Weil der Verkäufer nicht zahlte (er bestritt, dass die Hundehaufen von seinem Hund stammten), erhob der Käufer Klage. Das Gericht musste nicht die DNA des Hundekots analysieren lassen. Es löste den Fall über die juristische Schiene. Der Käufer sei verpflichtet gewesen, dem Verkäufer eine klare, unmissverständliche Nachfrist zur Beseitigung des Hundekots zu setzen.

Nur nach erfolgloser Fristsetzung, so das Gericht, könne man später Schadensersatz verlangen. Steht auch so recht eindeutig in § 281 BGB. Aber, der Fall zeigt es, die Nachfristsetzung wird im Eifer des Gefechts dann doch oft vergessen. Die Klage wurde aus rein formalen Gründen abgewiesen (Amtsgericht München, Aktenzeichen 171 C 15877/15).

Mietwagenverträge sollen fair und verständlich werden

Die Buchung von Mietwagen soll in der EU künftig transparenter und fairer ablaufen. Die führenden Autovermieter Avis, Europcar, Enterprise, Hertz und Sixt haben sich auf Druck der EU-Kommmission freiwillig bereit erklärt, besser verständliche und transparentere Verträge mit den Kunden abzuschließen. Die Kommission war tätig geworden, weil die Zahl der Beschwerden drastisch zugenommen hatte.

Künftig sollen folgende Mindeststandards für Mietverträge gelten:

> Im angekündigten Gesamtpreis sind alle unvermeidbaren Kosten enthalten. Wenn beispielsweise Winterreifen in einigen Ländern gesetzlich vorgeschrieben sind, müssen diese im angekündigten Gesamtpreis enthalten sein.

> Beschreibung der wichtigsten Vermietungsdienstleistungen in verständlicher Sprache. Die Verbraucher erhalten klare Informationen über die wesentlichen Mietkonditionen (im Preis enthaltene Kilometerzahl, Betankungsregeln, Stornierungsmodalitäten, Höhe der etwaigen Kaution usw.).

> Die Informationen über zusätzliche Versicherungen sind eindeutig. Die Verbraucher erhalten eine Angabe des Preises und Einzelheiten zu möglichen Extras, insbesondere zu zusätzlichen Versicherungsoptionen, die die Selbstbeteiligung im Schadensfall senken. Was die Versicherung im Grundmietpreis abdeckt und was die etwaigen zusätzlichen Versicherungen abdecken, muss klar angegeben sein.

> Transparente Betankungsregeln. Verbraucher erhalten stets die Möglichkeit, das Fahrzeug mit vollem Tank in Empfang zu nehmen und es vollgetankt zurückzubringen.

Bei Schäden:

> Eindeutiges Verfahren für die Kontrolle des Fahrzeugs. Den Verbrauchern werden Gründe und Nachweise für etwaige Schäden vorgelegt, bevor die Zahlung fällig wird.

> Faire Verfahren für den Umgang mit Schäden. Der Verbraucher hat vor der Zahlung die Möglichkeit, etwaige Schäden anzufechten.

Also, ich habe vor einigen Tagen bei einem der genannten Anbieter ein Auto gemietet. Dabei musste ich als einzige Option – friss oder stirb – auf einem Touchpad eine Blindunterschrift leisten. Worauf der Drucker dann eines der altbekannten Formulare ausspuckte, das in so gut wie keinem Punkt den oben zitierten Anforderungen genügt.

Die Hoffnung, dass die Branche tatsächlich das „freiwllig“ Versprochene einhält, halte ich jedenfalls für gewagt. Aber wer weiß, vielleicht sind die frisch gedruckten Formulare ja schon unterwegs.

Cannabis gibt es künftig auf Rezept

Es gibt ja nicht nur schlechtes zu berichten. Der Bundestag hat heute (einstimmig!) ein Gesetz verabschiedet, das Schwerkranken den Bezug von Cannabis erlaubt – wenn ihnen ein Arzt den Stoff verschreibt. Die Krankenkassen müssen die Therapie in der Regel zahlen.

Details berichtet die Tagesschau.

Die Regelung ist ein wichtiges Signal. Vielleicht gibt es ja die Chance, die Drogenpolitik aus der Sackgasse zu rangieren. Fortgesetzte Kriminalisierung Betroffener ist nicht nur wenig einfallsreich. Sie führt nur dazu, dass die Gesellschaft am Ende insgesamt der Verlierer ist.

Wenigstens kein Arbeitslager

Groß war der Aufschrei, als die Sängerinnen der Punkband Pussy Riot ins Arbeitslager mussten. Sie hatten in einer russischen Kirche ein „Gastspiel“ gegeben. In den Knast muss der Künstler Alexander Karls wegen einer ähnlichen Aktion immerhin nicht. Aber für eine Geldstrafe reicht es auch bei uns im liberalen Deutschland: 70 Tagessätze Geldstrafe drückt das Amtsgericht Saarbrücken dem Mann aufs Auge, weil er im Rahmen einer Performance auf einem Kirchenaltar 27 Liegestütze gemacht hat.

Zum einen erging das Urteil wegen Hausfriedensbruchs, berichtet die Legal Tribune Online. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagt der Künstler, die Kirche sei offen gewesen. Er habe nur eine Kordel, die den Altar abtrennte, überstiegen.

Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs setzt ein „Eindringen“ in Geschäftsräume, in befriedetes Besitztum oder in andere „abgeschlossene“ Räume voraus. Tja, ob eine Schnur einen Raum im Raum, also ein „befriedetes Besitztum“ im weitesten Sinne erzeugt, das wage ich doch mal zu bezweifeln. Jedenfalls ist das eine recht kühne Auslegung der Strafnorm.

Bei der Bewertung der Kunstperformance als Störung der Religionsausübung erschöpft sich das, was vom Gericht und der Anklage zitiert wird, in den üblichen Missverständnissen über die Reichweite des Kunstbegriffs. Interessant finde ich auch, wie salopp die Richterin der Aktion den notwendigen „beschimpfenden“ Charakter zuerkennt. Vielleicht hätte sich das Gericht einfach auch mal mit der Causa Böhmermann beschäftigen sollen. Da ging es zwar um einen anderen Straftatbestand, aber die Kernfragen sind identisch.

Kurz gesagt: Das letzte Wort in der Angelegenheit ist noch nicht gefallen. Sofern das abschließende Urteil in Karlsruhe gesprochen wird, spricht einiges dafür, dass es dann ganz anders klingt als am Amtsgericht Saarbrücken.

Fahndung nach Auto? Käufer kann zurücktreten

Wenn ein Gebrauchtwagen international im Schengener Informationssystem (SIS) zur „Fahndung“ ausgeschrieben ist, kann der Käufer deswegen vom Kaufvertrag zurücktreten. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Solche Fälle gibt es immer wieder. Am häufigsten betroffen sind nach meiner Erfahrung Autos, die zuvor irgendwann mal in Italien zugelassen waren. Meist handelt es sich um frühere Leasingfahrzeuge, die dem Besitzer geklaut wurden. Angeblich. Denn oft genug stellt sich heraus, dass der Diebstahl nur fingiert war. Das hat rechtlich zur Folge, dass der Käufer „gutgläubig“ Eigentum erwerben konnte.

Der Eintrag im Schengener Informationssystem bleibt während der Ermittlungen, oft aber auch lange darüber hinaus bestehen. Bei einer Kontrolle wird das Fahrzeug dann beschlagnahmt. (Selbst wenn der Wagen mittlerweile deutsche Papiere hat.) Das führt zu endlosem Papierkram, Ärger und Kosten.

Schon der Eintrag im Schengener Informationssystem ist ein Rechtsmangel, so der Bundesgerichtshof. Der Käufer laufe nämlich jederzeit im gesamten Schengen-Raum Gefahr, dass sein Auto sichergestellt wird. Das müsse der Käufer nicht hinnehmen. Außerdem sei das Fahrzeug mangelhaft, weil der Käufer ja seinerseits den Wagen kaum loswerden dürfte. Redlicherweise müsse er den Käufer nämlich über den SIS-Eintrag informieren (Aktenzeichen VIII ZR 234/15).

Der / das / die Schrisa ist angekommen

Wir Anwälte kriegen von den Gerichten ja nicht nur Post. Sondern auch vorgedruckte Empfangsbekenntnisse. Damit bestätigen wir den Erhalt der Schreiben. In dem Empfangsbekenntnis gibt es die Rubrik „Bezeichnung des Schriftstücks / der Schriftstücke“.

Das Landgericht Potsdam setzte dort folgendes ein:

Schrisa v 30.11.2016 mit richterl Schr v 04.01.2017

Ich habe das Empfangsbekenntnis unterschrieben zurückgeschickt.

Wozu hat man etliche Semester lang Auslegung gelernt?

Lust und Liebe gibt’s nicht in der Apotheke

Apotheken dürfen keine Vibratoren, „Joysticks“ und Erotikspielzeug verkaufen. So hat es nun das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden. Eine Versandapotheke hatte geklagt, weil sie ihre Kunden auch gern mit Artikeln aus dem Erotiksegment beliefern wollte.

Die Apotheke argumentierte geschickt. Vibratoren, „Joysticks“ und Erotikspielzeug hätten durchaus Platz im Sortiment einer Apotheke. Denn bei den Produkten stehe die Gesundheitsförderung im Vordergrund. Mit den Hilfsmitteln werde ein erfülltes Sexualleben ermöglicht und die Entspannung gefördert, wobei letzteres ja auf jeden Fall als gesund gilt.

Das Gericht legt die maßgebliche Apothekenbetriebsordnung allerdings konservativer aus. Die fraglichen Produkte setze der durchschnittliche Verbraucher eher nicht vorrangig ein, um bestimmte Krankheitsbilder zu behandeln. Jedenfalls stehe der Gesundheitsaspekt definitiv nicht im Vordergrund. Das zeigte sich letztlich daran, dass die Versandapotheke Dildos & Co. in einer besonderen Rubrik verkaufte. Diese Rubrik trug den Titel „Lust und Liebe“ (Aktenzeichen 6 A 121/14).

Gericht hält das Rudel zusammen

Es war unstrittig ein Hundeleben, und so was rührt sogar die Richter am Oberlandesgericht. Nach vielen Schicksalsschlägen sollen vier Hunde jetzt nicht auch noch voneinander getrennt werden. Vielmehr muss das Rudel zusammenbleiben, entscheiden die Richter in einem Streit zwischen getrennt lebenden Eheleuten.

Auch wenn Hunde keine Gegenstände sind, gelten für sie die Regeln über den Hausrat. Deshalb musste das Oberlandesgericht Nürnberg über den Antrag eines Mannes entscheiden. Dieser verlangte zwei von ursprünglich sechs Hunden von seiner getrennt lebenden Gattin zurück.

Wer kümmert sich besser um die Hunde? Da konnte das Oberlandesgericht keine Unterschiede erkennen. Letztlich entscheide somit der Tierschutz, so das Gericht. So hätten die Hunde jüngst nicht nur den Auszug, sondern auch den Verlust zweier Artgenossen verkraften müssen. Die beiden Tiere waren nach dem Auszug der Frau verstorben. Die Hunde hätten außerdem verkraften müssen, dass der Ehemann als „Rudelmitglied“ ausfiel. Weiter hätten sie sich an den neuen Lebensgefährten der Ehefrau gewöhnen müssen. Dieser hat sich aber, so weit man aus dem Beschluss dazu etwas erfährt, wohl gut als Ersatzmann ins Rudel eingefügt.

Fazit des Gerichts: Ein erneuter Umgebungswechsel und das Auseinanderreißen ihrer Gruppe wäre zu viel. So viel Stress ist selbst Hunden nicht zuzumuten. Die Tiere dürfen deshalb bei Frauchen bleiben (Aktenzeichen 10 UF 1429/16).

3.000 Euro Strafe für eine Mail

Spam kann richtig teuer werden. Diese Erfahrung macht jedenfalls ein Hersteller von Folienaufklebern.

Die Firma hatte einer Autowerkstatt unerlaubte Werbemails geschickt. Die Werkstatt hatte daraufhin eine Unterlassungserklärung (Vertragsstrafe: 3.000 Euro) eingefordert und auch bekommen. Dummerweise schickte der Folienhersteller später noch mal eine Werbe-Mail. Die Vertragsstrafe machte die Werkstatt dann vor Gericht geltend.

Damit hatte die Werkstatt auch Erfolg. Zwar bestritt der Folienhersteller den erneuten Spam. Doch ein gerichtlicher Sachverständiger rekonstruierte den Weg der Mail. Im Ergebnis schloss er es aus, dass der Spam von anderen in die Welt gesetzt wurde.

Auch ein Missverhältnis zwischen Vertragsverstoß und Vertragsstrafe wollte das Oberlandesgericht Hamm nicht erkennen. Deshalb wurde die Strafe auch nicht herabgesetzt, was der Folienhersteller hilfsweise beantragt hatte (Aktenzeichen 9 U 66/15).

„… soll Ihnen eine Speichelprobe entnommen werden“

Die Polizei lädt meinen Mandanten zu einer Vernehmung vor. Im Schreiben heißt es unter „Bemerkung/Konkretisierung“:

Im Rahmen der Vernehmung soll Ihnen eine Speichelprobe entnommen werden.

Ja, so beiläufig wird heute eine weitgehende Maßnahme auf den Weg gebracht, die tief in die Grundrechte jedes Betroffenen eingreift. Sofern der Betroffene der Vorladung Folge leistet, was ja ohnehin nicht empfehlenswert ist, weiß ich schon, was dann passiert. Der Polizeibeamte wird darauf setzen, dass sein „Gast“ nicht groß widerspricht. Wattestäbchen rein, Wattestäbchen raus, danke, das das war’s. Ach ja, noch ein paar Unterschriften hier und dort. Ich habe die passenden Felder schon mal angekreuzt. Vielen Dank für Ihre Mithilfe.

Sollte der Betroffene doch ein Widerwort geben, wird er garantiert kleingeredet. Die Speichelprobe sei eine Formsache, an ihr gehe gar kein Weg vorbei. Klar, auf dem Papier sei die Abgabe einer DNA-Probe bei der Polizei „freiwillig“. Aber, und dieser Satz fällt garantiert:

Den Beschluss ist reine Formsache, den kriegen wir sowieso.

Was schlicht und einfach nicht der Wahrheit entspricht. Auch wenn Polizeibeamte Richter oft als Unterschriftenroboter darstellen, ist das gerade im Bereich einer DNA-Probe nicht so. Jedenfalls nach meiner Erfahrung. Das liegt daran, dass das Gesetz nach wie vor einen recht hohen Begründungsaufwand für einen DNA-Beschluss fordert. Sicherlich wird vielen Anträgen stattgegeben, aber halt längst nicht allen.

Außerdem kann man gegen den Beschluss Rechtsmittel einlegen. Es gibt durchaus eine stattliche Anzahl von Landgerichten, die in meinen Fällen schon Anordnungen des Ermittlungsrichters aufgehoben haben. Zuletzt habe ich einen Beschluss gekriegt, in dem sinngemäß steht: Die DNA-Speicherung darf entgegen dem Wunsch der Polizei, der Staatsanwaltschaften und des Zeitgeistes nicht zur Standardmaßnahme werden. Jedenfalls nach geltender Rechtslage nicht. Und diese Rechtslage einzuhalten, dazu sah sich das Landgericht durchaus berufen.

Von daher kann ich nur raten, eine DNA-Probe nicht freiwillig abzugeben. Die Unterschrift verweigern, auf einen richterlichen Beschluss bestehen, das ist das gute Recht jedes Betroffenen. Von diesem Recht kann man sogar ohne finanzielles Risiko Gebrauch machen, da das Verfahren für den Betroffenen kostenlos ist. Natürlich mit Ausnahme eventueller Anwaltskosten, aber es gibt keine Pflicht, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen.

So viel Edelmut

Hat jemand was ins Trinkwasser geschüttet? Oder warum ist die Welt auf einmal so gut? In diese Richtung dachte ich, als vorhin ein ehemaliger Mandant anrief. Er erzählte mir von den strafrechtlichen Problemen eines guten Freundes. Dabei beließ er es jedoch nicht. Sondern er sagte auch zu, die Kosten für die Verteidigung seines Freundes zu übernehmen, weil der die Kosten definitiv nicht alleine stemmen kann.

Ich würde das nicht erwähnen, wenn es nicht schon der zweite Fall wäre, der heute mit dieser Prämisse reinkommt. Stunden vorher hat sich ebenfalls der besorgte Freund eines anderen Mandanten gemeldet. Auch der dortige Betroffene ist nicht auf Rosen gebettet. Auch hier kam die ernsthafte Zusage, dass die Anwaltskosten übernommen werden.

Die Fälle hängen weder sachlich noch räumlich zusammen. Mir fällt momentan nicht ein, dass mir im ganzen letzten Jahr insgesamt so viel Edelmut Dritter gegenüber armen Mandanten begegnet wäre. Auf jeden Fall sind das schöne Gesten.

Ich bin auf morgen gespannt.