Sie haben das Recht zu lügen

Heute ist für einen meiner Mandanten eine Welt zusammengebrochen. Und ich war schuld. Oder sagen wir, ich war der Überbringer der traurigen Botschaft. Für die ich allerdings nun wirklich nichts kann.

Mein Mandant fühlte sich – zu Recht – als Opfer eines tätlichen Angriffs. Zum Glück ist nicht viel passiert. Deshalb geht es auch insgesamt in Ordnung, dass die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Amtsgerichts das Ermittlungsverfahren gegen den Bechuldigten einstellte. Und zwar gegen Zahlung einer Auflage von einigen hundert Euro. Immerhin.

Aber selbst wenn die Einstellung nicht in Ordnung ginge, müsste der Mandant damit leben. Gegen die Einstellung nach § 153a StPO mit einer Auflage für den Beschuldigten hat der Geschädigte kein Rechtsmittel. Im Gegensatz zu einer Einstellung mangels Tatverdachts.

Was den Mandanten aber wirklich aufregte, war folgendes: Der Beschuldigte hatte in einer schriftlichen Stellungnahme den Sachverhalt schön verdreht, fleißig Ausflüchte gebraucht und sich insgesamt als Unschuldslamm dargestellt. Alles falsch, fand der Mandant. Fand übrigens auch der Staatsanwalt, sonst hätte er dem Angeklagten ja keine Auflage gemacht. Was den Mandanten aber enorm ärgerte war der Umstand, dass der Beschuldigte nicht auch für seine „Falschaussage“, die den Mandanten in einem schlechteren Licht dastehen lassen, zur Rechenschaft gezogen wird.

Ich habe dem Mandanten erklärt, dass ein Beschuldigter nicht zur Wahrheit verpflichtet ist. Vielmehr kann er bedenken- und folgenlos lügen. Jedenfalls so lange, wie er nicht andere zu Unrecht beschuldigt. Das könnte dann strafbar sein, etwa als falsche Verdächtigung (§ 164 StGB). Außerdem geht ein Beschuldigter bei schwereren Vorwürfen das Risiko ein, dass er einen Grund für Untersuchungshaft gegen sich zimmert. Stichwort: Verdunkelungsgefahr.

Aber ansonsten ist es eben das Privileg des Beschuldigten, dass er lügen darf. (Gleichzeitig ist das auch ein Fluch, denn schon deshalb wird ihm in der Praxis viel weniger geglaubt.) Aber der Rechtsstaat will das halt so. Das habe ich auch dem Mandanten erklärt. Der allerdings blieb dabei, dass nun eine Welt für ihn zusammenbricht. Womit er wohl meinte, dass er mir das alles jetzt mal nicht so recht glaubt und hofft, dass seine Welt weiter heile ist.

Gut möglich, dass er sich noch mal von einem Anwaltskollegen beraten lässt. Ich bin allerdings guter Dinge, dass der ihm nicht groß was anderes erzählt.

Lästige und lässliche Pflichten

Abgehörte Telefonate eines Verteidigers mit seinem Mandanten müssen unverzüglich gelöscht werden. Und zwar, ohne dass eine Abschrift oder eine Zusammenfassung in die Akte gelangt. Die Rechtslage ist bekannt, doch es fehlt sehr häufig ein entsprechender Wille. Mit einem solchen Fall hat sich nun das Amtsgericht Dresden beschäftigt.

Da dauerte es Monate, bis man bei der Staatsanwaltschaft auf entsprechenden Protest des Verteidigers hin merkte, dass sich abgehörte Telefonate des Verteidigers mit seinem Mandanten in der Ermittlungsakte befanden. Dabei gibt es eine unverzügliche Löschungspflicht. Diese Pflicht trifft nicht den Staatsanwalt, der ja erst mit zeitlicher Verzögerung von der Maßnahme erfährt. Die Pflicht trifft vielmehr unmittelbar den Polizeibeamten, der die Überwachung macht, so das Amtsgericht Dresden.

Außerdem beanstandet das Amtsgericht Dresden, dass der Verteidiger nicht von der Überwachung informiert wurde. Aber auch da ist der Gute in bester Gesellschaft. Ich bin als Verteidiger beim Telefonat mit Mandanten belauscht worden, habe aber noch nie erlebt, dass eine der beteiligten Behörden ihren gesetzlichen Informationspflichten genügt und mich von sich aus über die Maßnahme informiert hätte.

Wenn das schon bei Rechtsanwälten nicht funktioniert, kann man sich gut ausmalen, wie es mit den abgehörten Gesprächen von „normalen“ Gesprächspartnern gehalten wird. Mir ist noch keine einzige Ermittlungsakte untergekommen, in der auch nur ansatzweise der Versuch unternommen worden wäre, der Informationspflicht gegenüber den Gesprächspartnern des Abgehörten nachzukommen.

Ein rechtsstaatliches Manko, zu dem das Amtsgericht Dresden deutliche Worte findet (Link zum Beschluss).

Schönes Urteil, schwerer Fehler

Ich will jetzt nicht sagen, die Vorsitzende Richterin am Amtsgericht hätte sich mit ihrem Urteil keine Mühe gemacht. Immerhin elf Seiten brachte sie zu Papier, um die Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen eines Drogendelikts zu begründen.

Schon als mir der Mandant über seinen Prozess berichtete und mich mit Rechtsmitteln gegen das Urteil beauftragte, habe ich gestutzt. Angesichts der doch stattlichen Strafe kommt einem Verteidiger quasi automatisch die Frage in den Sinn, warum das Gericht denn hier keinen „minder schweren Fall“ im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG bejaht hat.

Gut, muss ein Gericht im Ergebnis ja nicht. Aber der Mandant beharrte darauf, der minder schwere Fall sei noch nicht mal ein Thema in der Hauptverhandlung gewesen. Das wollte ich so recht nicht glauben; immerhin hatte der Mandant einen Anwalt an seiner Seite. Doch bei dem Kollegen hat der Automatismus, wonach man bei einem Drogendelikt fast immer etwas mit dem minder schweren Fall reißen kann, augenscheinlich nicht funktioniert.

Und die Richterin hat diese Möglichkeit wohl auch nicht gesehen. Wobei sich dann zwei getroffen haben und der Staatsanwalt vornehm geschwiegen haben dürfte. Mit dem schriftlichen Urteil sind jetzt jedenfalls alle Unklarheiten beseitigt: Die Entscheidung verliert kein Wort über die Frage, ob ein minder schwerer Fall vorgelegen haben könnte. Ich habe extra noch geguckt, ob vielleicht eine Seite fehlt. Nein, das Urteil ist so komplett.

Zum Hintergrund sollte man wissen, dass der erwähnte § 29a BtMG ein Horrortatbestand ist. Er sieht nämlich eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis für Drogendelikte vor, wobei die Voraussetzungen gar nicht mal so groß sind. Das ist für viele kleinere Sachen einfach zu hoch gegriffen. Auch deshalb gibt es ja zumindest den minder schweren Fall im Gesetz. Um beim Strafmaß Ausreißer nach oben zu vermeiden, muss der minder schwere Fall deshalb schon immer im Urteil zumindest dann diskutiert werden, wenn er nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Ich kann hier nicht ins Detail gehen, aber wenn ein Fall in meinem Büro in den letzten Monaten nach dem Notanker des minder schweren Falles geschrien hat, dann dieser.

Bleibt für mich und den Mandanten nur die Frage, ob es eine Berufung wird. Oder gleich eine Revision. Auch wenn wegen des offenkundigen Fehlers im Urteil eine Sprungrevision reizt, ist die Berufung nach meiner Meinung doch fast immer die bessere Wahl. Aber das kann ja der Mandant entscheiden, wenn er die Pros und Contras kennt.

„Der Angeklagte hat sich straffrei zu führen“

Das Schöffengericht hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Im Bewährungsbeschluss findet sich folgende Weisung gemäß § 56c StGB:

Der Angeklagte hat sich straffrei zu führen.

Über den Sinn dieser Weisung lässt lange nachdenken. Straftaten sind nämlich genau das, was ohnehin den Bewährungswiderruf auslösen kann (§ 56f StGB). Die Verpflichtung, keine Straftaten zu begehen, ist somit so ziemlich die einzige denkbare richterliche Weisung, die man mit Fug und Recht als völlig unnötig bezeichnen kann, weil sie nur die Mechanik des Gesetzes wiedergibt.

Aber andererseits ist so eine Weisung meist ein gutes Zeichen. Richter schreiben sie nämlich fast immer nur dann in den Bewährungsbeschluss, wenn sie dem Angeklagten sonst nichts weiter aufbürden. Das Blatt ist dann halt zumindest optisch nicht ganz so leer.

Der Kommissar wird’s schon wissen

Bei meinem Mandanten wurden einige Substanzen sichergestellt. Schon das ist natürlich unerfreulich. Noch blöder war es allerdings, dass der zuständige Kommissar im Drogendezernat folgendes in der Akte vermerkte:

Es wurde anhand der Lieferscheine nach den Substanzen gesucht. Es handelt sich um:

2-(ethylamino)-1-1(3-Methylphenyl)propan1-one

1(1,2Diphenyl)piperdine

1-3(chlorophenyl)-2(methylamino)1-porpanone-1

Die Substanzen fallen unter das BtMG.

Mein Mandant fiel bei dieser Einschätzung natürlich die Kinnlade runter. Wäre die Feststellung richtig, könnte er sich nämlich schon auf eine Verurteilung wegen Betäubungsmittelhandels einstellen.

Aber wozu gibt es denn die Bundesopiumstelle? Das ist mal eine sehr vernünftige Einrichtung. Dort beantworten Experten jedermann Anfragen, ob gewisse Substanzen unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Das Schöne daran: Bis zu fünf Auskünfte im Jahr sind sogar kostenlos.

Die Antwort der Bundesopiumstelle fiel für meinen Mandanten erfreulich aus. Keiner der fraglichen Stoffe unterliegt danach den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften. Außerdem handele es sich nicht um Grundstoffe im Sinne der einschlägigen EU-Verordnungen.

Gut, dass wir bei der Bundesopiumstelle nachgefragt haben. Von sich aus hatte die zuständige Staatanwältin die „Erkenntnisse“ des Polizeibeamten nämlich nicht in Frage gestellt. So kriegten wir jetzt aber postwendend die Nachricht, das Verfahren ist mangels Tatverdachts eingestellt.

Danke, Herr Staatsanwalt

Es kommt nicht allzu häufig vor, aber heute sprang mir der Staatsanwalt im Gericht zur Seite. Nach einer längeren Erörterung teilte er meine rechtliche Wertung der Sache – im Gegensatz zur Richterin. Die war klar auf Verurteilungskurs.

Es lag demnach nahe, sich im sozialverträglichen Bereich zu treffen. Zum Beispiel mit einer Einstellung des Verfahrens ohne weitere Folgen. So eine Einstellung war hier rechtlich möglich.

Der Staatsanwalt machte also ein wenig meinen Job und diskutierte munter mit der Richterin. Schließlich grinste er und sagte:

Und der Kaffee nachher geht dann auf mich.

Mir blieb kurz das Herz stehen. Aber offenbar kannte man sich. Zwei Minuten später war das Verfahren eingestellt.

Wenn deine Adresse missbraucht wird …

In dem Beitrag „Ein paar tausend Vermutungen“ habe ich vor einiger Zeit vom Risiko berichtet, dass die eigene Adresse für Bestellungen missbraucht wird. Zum Beispiel, um auf obskuren Internetseiten Drogen zu erwerben und diese mit Bitcoin zu bezahlen. Eine Lieferung an eine zugängliche Anschrift in der Nachbarschaft bietet sich für diesen Fall natürlich an – um eigenen Ärger zu vermeiden.

Der Leidtragende ist in solchen Fällen stets derjenige, an den die Sendung (meist Briefe) ging. Er muss sich in einem Ermittlungsverfahren gegen den (Anfangs-)Verdacht wehren, er bestelle für sich selbst. Mitunter kommt es auch zu einer Hausdurchsuchung. Jedenfalls dann, wenn Staatsanwälte und Ermittlungsrichter den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesichts so vager Anhaltspunkte nicht beachten.

Meine in dem Beitrag vollständig zitierte Verteidigungsschrift zeigt ungefähr auf, wie man sich gegen solche Vorwürfe wehrt. Es muss halt plausibel dargelegt werden, dass der Briefkasten leicht zugänglich und eher wenig gesichert ist. Dann lässt sich der Verdacht leicht entkräften. Es sei denn natürlich, bei einer eventuellen Hausdurchsuchung wurde dann doch was gefunden…

Etwas weiter ging jetzt ein Strafverfahren in Iserlohn. Dort hatte die Staatsanwaltschaft jemanden angeklagt, der Drogen im Darknet geordert haben soll. Der zuständige Amtsrichter sah aber im Gegensatz zu den Anklägern, dass nicht unbedingt derjenige Besteller sein muss, an den die Post geht. Er lehnte mit einem ganz aktuellen Beschluss vom 10.03.2017 die Zulassung der Anklage ab. Begründung:

Der Angeschuldigte bestreitet die Tat.

Vor diesem Hintergrund ist eine Verurteilung mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln nicht wahrscheinlich, da letztlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine andere Person mit oder ohne Wissen des Angeschuldigten die entsprechenden Bestellungen aufgegeben haben kann.

Mithin war die Eröffnung des Verfahrens mangels hinreichender Verurteilungswahrscheinlichkeit aus tatsächlichen Gründen abzulehnen.

Aktenzeichen 16 Ds 139/17

Weiter null Toleranz für Cannabis am Steuer

In Nordrhein-Westfalen müssen Autofahrer weiter fürchten, dass ihnen wegen schon länger zurückliegendem Cannabiskonsum die Fahrerlaubnis entzogen wird. Das Oberverwaltungsgericht Münster bekräftigt seine Rechtsprechung, wonach schon ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml im Serum Autofahrer ungeeignet sind.

Auf den Rat von Experten hören die Richter nicht.

Schon 2015 hat die Grenzwertkommisision – eine fachübergreifende Arbeitsgruppe, paritätisch besetzt von der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Gesellschaft für Forensische und Toxikologische Chemie – einen Grenzwert von 3,0 ng/ml THC im Serum vorgeschlagen. Die Mediziner halten den Grenzwert von 1,0 ng/ml unter anderem deshalb für zu niedrig, weil er selbst mit länger zurückliegendem Cannabiskonsum erreicht werden kann. Eine akute Beeinträchtigung bei einer so niedrigen Dosis halten sie für wenig plausibel, jedenfalls müsse ein Konsument hiermit nicht rechnen.

Das Oberverwaltungsgericht hält es dagegen andersrum. Schon wenn im Einzelfall eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtikeit nicht ausgeschlossen werden kann, habe der Grenzwert seine Berechtigung. Mit der Entscheidung fällt es Führerscheinbehörden weiterhin leicht, die seit einigen Jahren praktizierte Null-Toleran-Politik fortzusetzen. Das bedeutet für ertappte Autofahrer, dass die Fahrerlaubnis auch bei niedrigsten Cannabis-Konzentrationen dauerhaft weg ist. Bei Alkoholdelikten ist das sonst frühestens ab 1,1 Promille der Fall (Aktenzeichen 16 A 432/16, 16 A 550/16, 16 A 551/16).

„Das können Sie schon mal dahin schreiben“

Die Polizei vernimmt eine junge Frau wegen Körperverletzung. Die Frau soll ein Mädchen in der U-Bahn vermöbelt haben. Die Aussage der Frau beginnt so:

Ich bin auf jeden Fall nicht Beschuldigte. Das können Sie schon Mal dahin schreiben.

Das Protokoll mit der Überschrift „Beschuldigtenvernehmung“ hat sie dann aber doch unterzeichnet. Ob sie es gelesen hat, weiß ich allerdings nicht.

„… behalten wir uns vor“

Das Amtsgericht Frankfurt am Main kenne ich als Laden, der, um es mit Donald Trump zu sagen, läuft wie eine gut geschmierte Maschine. Nicht. Wenn es irgendwo unnötigen Stress gibt, immer gerne mit dem Amtsgericht Frankfurt am Main.

Jüngste Beispiele: Die Akte in einem Zivilverfahren wird knapp anderthalb Jahre nicht bearbeitet. Uns war es allerdings egal, wir vertraten den Beklagten. Ganz aktuell: die Geschichte mit der heimlich zurückgenommenen Anklage.

Ich hätte noch ein paar andere Fälle in petto. Schleppende Bearbeitung, verschwundene bzw. falsch zugeordnete Post. Verfahrensdauern jenseits von Gut und Böse. Und das als Düsseldorfer Anwalt. Möchte gar nicht wissen, was Frankfurter Kollegen dazu sagen können.

Da trifft es sich natürlich prima, dass ausgerechnet so ein gut sortierter Laden mir als Anwalt wertvolle Belehrungen erteilt. Und gleich prophylaktisch ein bisschen droht. Mit der Anwaltskammer. Das geschieht auf den Empfangsbekenntnissen, welche das Gericht an Rechtsanwälte übersendet. Auf dem ansonsten üblichen Formular findet sich das:

Die weitaus meisten Rechtsanwälte schlampen sicher nicht mit der Rücksendung von Empfangsbekenntnissen. Vielmehr geben sie sich redlich Mühe. Klar, schwarze Schafe gibt es überall. (Wobei manches schwarze Schaf vielleicht sogar gar nicht schwarz ist. Sondern nur das Pech hat, dass jemand am Amtsgericht Frankfurt am Main das ordentlich zurückgesandte Empfangsbekenntnis verbummelt.) So müssen sich aber alle Anwälte jeden Tag den erhobenen Zeigefinger präsentieren und, so empfinde ich das jedenfalls, durch den unnötigen Hinweis nerven lassen. Ganz abgesehen davon, dass man sich als sorgfältiger Anwalt das ja auch jedes Mal durchlesen muss. Die dafür verschwendete Zeit erstattet die hessische Justiz jedenfalls nicht.

Dabei könnte man auch gezielt auf die schwarzen Schafe zugehen und diese an ihre Berufspflichten erinnern. So ganz klassisch, mit individueller erster und zweiter Mahnung und dann – von mir aus – mit einem Brief an die Anwaltskammer. Aber man sieht, wer (auf der richtigen Seite) im Glaushaus sitzt, darf halt mit Steinen werfen. Wild, in alle Richtungen.

Ein ehrbarer Kaufmann …

Früher gab es den Spruch, dass ein ehrbarer Kaufmann sich nicht auf Verjährung beruft. Ich weiß, das gilt heute sowieso nicht mehr. Und wohl schon gar nicht für die Deutsche Bank. Nach allem, was man von dem Unternehmen so hört.

Von einer Tochterfirma der Deutschen Bank, der Deutschen Bank Bauspar AG, möchte ich die Darlehensgebühr in Höhe von 603,42 Euro zurückhaben, die ich Mitte des Jahres 2007 für einen Bausparvertrag gezahlt habe. Die Deutsche Bank Bauspar AG lehnt die Zahlung ab und sagt: Verjährung. Selbst das muss aber noch nicht mal stimmen.

Doch der Reihe nach:

Immerhin behauptet die Deutsche Bank Bauspar AG nicht, das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2016 mit dem Aktenzeichen XI ZR 552/15 gelte für sie nicht. Wie sollte sie das auch tun? Immerhin erklären die obersten Zivilrichter mit kaum interpretierbarer Deutlichkeit: IM KLEINGEDRUCKTEN VON BAUSPARVERTRÄGEN DÜRFEN KEINE DARLEHENSGEBÜHREN BERECHNET WERDEN. Daran ist wohl kaum zu rütteln.

So wirft die Deutsche Bank Bauspar AG den Notanker der Verjährung. Muss sie nicht. Darf sie aber. Allerdings stimmt der Hinweis im Ablehnungsschreiben nicht unbedingt, die Verjährungsfrist betrage in diesem Fall drei Jahre. Das ist zwar in der Tat die sogenannte Regelverjährung. Aber auch hier kommt der Bundegerichtshof ins Spiel.

Für den Fall von Kreditbearbeitungsgebühren hat der Bundesgerichtshof nämlich entschieden, dass hier eine zehnjährige Verjährungsfrist gelten kann (Aktenzeichen XI ZR 348/13). So lange kann die Verjährung ausnahmsweise hinausgeschoben sein, wenn die Rechtslage unklar ist. Oder wenn sich sogar alle weitgehend einig sind, dass die Gebühren rechtmäßig sind – bis Obergerichte es dann halt anders sehen. So ist es auch bei den Darlehensgebühren für Bausparverträge. Fast alle Rückzahlungsklagen, die ich in der Kürze der Zeit recherchieren konnten, blieben erfolglos. Erst mit dem Machtwort des Bundesgerichtshofs hat sich das nun geändert.

Ich habe gegen die Deutsche Bank Bauspar AG eine Klage eingereicht. Schauen wir mal, ob ein bisschen Ehrbarkeit nicht besser gewesen wäre.

Abgehakt und abgelegt

Den Durchsuchungsbeschluss für die Geschäftsräume meines Mandanten hat das Amtsgericht zügig erlassen. Ebenso forsch erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Wegen Betruges.

Der allerdings keiner war. Das habe ich mit einem Schreiben begründet und beantragt, die Anklage nicht zuzulassen. Der Brief war ganze anderthalb Seiten lang. Er enthielt keine Paragrafen, noch nicht einmal den Querverweis auf Urteile. Also an sich insgesamt Ausführungen, zu deren Prüfung man sicher keiner zehn Monate bedarf. In diesem Zeitraum tat sich allerdings – nichts.

Ich schrieb erneut an das Amtsgericht, doch nun bitte über die Anklage zu entscheiden. Selbst für den Fall, dass die Staatsanwaltschaft zu meinem Schreiben keine Stellung nehmen möchte. Wozu sie ja nicht verpflichtet ist. Da ich ein geduldiger Mensch bin und mein Mandant ansonsten auch keine Eile hatte, wartete ich noch mal vier Monate. Wieder nichts.

Na ja, dann also eine telefonische Nachfrage. Die Mitarbeiterin des Gerichts teilt mir mit, die Staatsanwaltschaft habe die Anklage zurückgenommen. Das ist nun sechs Wochen her. Mich als Anwalt darüber zu informieren, hat niemand für nötig gehalten. Der Richter ließ den Vorgang als „erledigt“ austragen, verfügte aber keine Information an mich.

Die Akte ging zurück an die Staatsanwaltschaft. Auch diese hielt es nicht für nötig, mich mal zu informieren. Das Ganze steht schon in einem gewissen Gegensatz zu dem Feuereifer, den die Behörden zunächst an den Tag gelegt haben, als es noch eine Aussicht gab, meinem Mandanten „das Handwerk“ zu legen. Schon bemerkenswert, wenn die Motivation plötzlich nicht mal mehr reicht, den gesetzlichen Informationspflichten gegenüber dem Verteidiger zu genügen.

Ich stelle das nur mal fest.

„… und do weißt warum“

Drah‘ Di net um, oh oh oh
schau, schau, der Kommissar geht um! oh oh oh
Er wird Dich anschau’n
und do weißt warum.
Falco

Es waren wohl Zivilbeamte im Einsatz gegen den Schnee, auf dem wir alle talwärts fahren. Mit meinem Mandanten wollten sie einen Beifang machen. Vermutlich lümmelten sie während einer Observation ohnehin nur im Auto rum. Mangels anderweitiger Beschäftigung bietet es sich da natürlich an, die Verkehrsampel im Auge zu behalten.

Als Ergebnis wollen die Polizisten beobachtet haben, wie mein Mandant bei rot über eine Ampel fuhr. Beim Ausfüllen der für sie ja eher fachfremden Formulare aus dem Verkehrsdezernat haben sich die Fahnder sogar alle Mühe gemacht. Jedenfalls, was die Formalien angeht. So erfahren wir folgendes:

Das Fahrzeug meines Mandanten soll sich 5 Meter vor der Haltelinie befunden haben, als die Ampel auf rot sprang. Die höchstzulässige Geschwindigkeit betrug 50 km/h. Mein Mandant soll „beschleunigt“ und „zügig“ durchgefahren sein.

Tatvorwurf laut Bußgeldbescheid:

Sie missachteten das Rotlicht der Lichtzeichenanlage. Die Rotphase dauerte bereits länger als 1 Sekunde an.

Das soll ein Bußgeld von 200,00 Euro kosten. Und einen Monat Fahrverbot.

Aber halten wir kurz inne und prüfen die Angaben der Polizisten auf Plausibilität. Das tun wir mit der simplen Frage, wie viele Meter ein Auto pro Sekunde zurücklegt, wenn es mit 50 km/h – eine andere Tempomessung haben wir ja nicht – unterwegs ist. Das lässt sich sehr einfach ausrechnen, und zwar mit der jederzeit googelbaren Formel: 50:3,6 = 13,89 Meter pro Sekunde.

Genau diese 13,89 Meter (plus einen Zentimeter) hätte der Wagen meines Mandanten noch von der Haltelinie entfernt sein müssen, als die Ampel auf rot sprang. Dabei wird schon unterstellt, dass mein Mandant die höchstzulässigen 50 km/h auf dem Tacho hatte. Für die vielbefahrenen Kreuzung, um die es geht, mitten im Feierabendverkehr ist das an sich schon ein halsbrecherisches Tempo. Oder, um es mit einer im Vordringen befindlichen juristischen Meinung zu umschreiben: Mordversuch. Wie auch immer, bei einer Entfernung von fünf Metern ist die Ampel vielleicht rot gewesen. Aber noch nicht länger als eine Sekunde.

Das riecht nach schneller Einstellung, Herr Kommissar. Hoffen wir, dass Sie beim Abwiegen Ihrer Drogenfunde ein sichereres Händchen haben.

Polizei serviert Gefangenen Big Macs

In Bergisch Gladbach erwartet Unglückliche, die in den Polizeigewahrsam müssen, derzeit eine etwas ungewöhnliche Verpflegung. Die Inhaftierten werden seit Anfang März mit Burgern und Pommes versorgt. Das Essen besorgen Beamte in der Filiale von McDonald’s, die gegenüber der Wache liegt.

Bisher hat der Caterer des örtlichen Krankenhauses das Essen für Inhaftierte geliefert. Wegen Vertragskündigungen blieb das Essen jedoch mit Wirkung zum 1. März 2017 aus, berichtet die Kölnische Rundschau. Die Polizei suchte deshalb nach einen Anbieter, der kurzfristig einspringen kann. Fündig wurde man bei McDonald’s.

Bleibt nur die Frage: Wirkt das neue Angebot jetzt einladend oder abschreckend?