Für den Mandanten war es ein schöner Tag, für mich ein ordentliches Stück Arbeit. Nach einem langen, gesprächstechnisch sehr anregenden Haftprüfungstermin ließ sich die Ermittlungsrichterin dazu erweichen, den Haftbefehl gegen meinen Mandanten auszusetzen. Nach fast vier Monaten Untersuchungshaft war er wieder draußen – wenn auch gegen Auflagen.
Um eine dieser Auflagen ging es nun. Dem Mandanten war nämlich aufgegeben, dass er sich bei der örtlichen Polizei zu melden hat. Damit soll überprüft werden, dass er sich nicht absetzt. Mindestens zwei Mal in der Woche muss der Mandant vorsprechen. Auf dem Polizeiposten in der Nachbarstadt. Das sind fünf Minuten mit dem Bus und zehn mit dem Fahrrad. Der Mandant hat ein Fahrrad.
Nach einigen Wochen fragte mich der Mandant, wo er seine „Spesen“ abrechnen kann. Also so eine Art Pendlerpauschale für jeden Fahrradkilometer (er fährt nicht mit dem Bus). So 20 bis 30 Cent pro Kilometer würde er doch kriegen, ließ mir der Mandant von Google ausrichten.
Als Anwalt bist du ja einiges gewöhnt, aber da musste ich doch etwas energischer auf die Bremse treten. Mal ganz unabhängig von der Frage, ob ein Beschuldigter seine Fahrtkosten zur Erfüllung einer Meldeauflage überhaupt erstattet bekommen kann, malte ich dem Mandanten bildlich aus, was der nun in seiner Sache zuständige Richter – es war mittlerweile Anklage erhoben – denn denken würde, wenn ich ihm so einen Antrag schicke. Wahrscheinlich als erstes, gut dass ich einen Referendar habe, der hat jetzt eine schöne Aufgabe und kann das rechtlich prüfen. Und als zweites, ob der Angeklagte, der auf glücklichem Wege erst mal freigekommen ist, einen an der Waffel hat.
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Dieser platte Spruch hat den Mandanten dann schließlich überzeugt. Und natürlich der Hinweis, dass eine Bewährung im anstehenden Urteil für ihn längst noch keine ausgemachte Sache ist. Nicht dass der Richter ihn bloß deswegen reinschickt, um dem Staat Fahrtkosten und sich die Arbeit mit noch so einem Antrag zu ersparen.