Die Polizei darf grundsätzlich keine Fotos von Demonstrationen machen, auch wenn die Bilder lediglich zur Öffentlichkeitsarbeit bestimmt sind – etwa als Illustration von Facebook- oder Twittermeldungen der Polizei. Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte heute ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen.
Teilnehmer einer (friedlichen) Demonstration in Essen hatten geklagt, weil Polizisten Aufnahmen der Veranstaltung machten. Die Polizei gab an, dies geschehe lediglich im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit, verantwortlich sei das Social-Media-Team der Behörde. Die Demonstranten hatten dagegen eingewandt, es sei ihnen ziemlich egal, aus welchem primären Grund die Polizei sie fotografiere. Immerhin sei es ja auch nicht ausgeschlossen, dass Aufnahmen des Social-Media-Teams dann doch später für andere Zwecke verwendet werden.
Das Oberverwaltungsgericht Münster zeigt der Polizei deutlich die Schranken auf. Es gelte das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen seien geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Wer mit Aufnahmen rechnet, verzichtet möglicherweise sogar ganz auf eine Demo-Teilnahme, um Nachteile zu vermeiden (sog. Chilling Effect).
Auch die – zulässige – Öffentlichkeitsarbeit der Polizei führt laut dem Urteil zu keiner anderen Bewertung. Das Gericht wies darauf hin, dass staatliche Eingriffe in die Demonstrationsfreiheit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürften. In Nordrhein-Westfalen – und auch in anderen Bundesländern – gibt es aber kein Gesetz, welches derartige Aufnahmen ermöglicht und somit die Demonstrationsfreiheit einschränkt.
Nach Auffassung des Gerichts werde Öffentlichkeitsarbeit für die Polizei auch nicht unmöglich. Die Polizei könne ganz auf Bilder verzichten, unverfängliches Archivmaterial zur Illustration verwenden oder halt nur eigene Einsatzmittel fotografieren.
Im Grundsatz gilt also nach wie vor, dass Polizisten Demonstrationszüge nur filmen dürfen, wenn konkret Straftaten durch Teilnehmer zu erwarten sind. Die Revision wurde zugelassen (15 A 4753/18).