Der Fall Thomas Middelhoff stößt eine Debatte an – über die Haftbedingungen in deutschen Gefängnissen. Konkret geht es um permanenten Schlafentzug, den Middelhoff nach eigenen Angaben in den ersten Monaten seiner Untersuchungshaft erdulden musste.
Knapp 30 Tage ist laut Berichten bei Middelhoff mindestens alle 15 Minuten das Licht angeschaltet, durch die Sichtklappe geschaut und gegebenenfalls seine Zelle betreten und er geweckt worden. Das Prozedere wird von der Haftanstalt wohl nicht in Abrede gestellt, sondern als Suizidprävention gerechtfertigt.
Bei Middelhoff könnte die „Vorsorge“ allerdings konkrete Schäden verursacht haben. Er soll nun an einer Immunschwäche erkrankt sein, wofür seine Anwälte die permanente Überwachung verantwortlich machen.
Eine Haftanstalt ist natürlich verpflichtet, dem Selbstmord eines Inhaftierten vorzubeugen. Das ist keine Frage. Selbst wenn man bei Middelhoff aber ein Suizidrisiko unterstellt (was für mich angesichts der relativ geringen Strafe von drei Jahren brutto und der damit einhergehenden Aussicht auf offenen Vollzug nach wie vor kaum nachvollziehbar ist), stellt sich aber die Frage, wie die Prävention abläuft.
Wie in vielen anderen Bereichen auch, steht die Zeit in deutschen Haftanstalten still. Infrarot- und Wärmebildkameras wären wohl eine naheliegende Möglichkeit, bei tatsächlich siuzidgefährdeten Gefangenen genau so gut und weniger entwürdigend Vorsorge zu leisten. Gibt es aber nicht. Und dann ist da natürlich der obligatorische Hinweis nicht fern: Haben wir schon immer so gemacht.
Nicht ganz zu Unrecht sieht sich die Justiz jetzt mit dem Vorwurf konfrontiert, sie wende – nicht nur bei Middelhoff – Methoden an, die sich nur durch den fehlenden Vorsatz zur Quälerei von Folter unterscheiden. Mit welchen Motiven jemand gequält wird, ist zumindest dem Betroffenen, um dessen Menschenrechte es geht, aber regelmäßig ziemlich egal.