Bis zu 300 Millionen Euro will der Bundesnachrichtendienst investieren. Um Menschen zu belauschen – auf Twitter, Facebook, Flickr. Aber auch Blogs und Foren sollen „in Echtzeit“ überwacht werden. Die Pläne sind Teil einer sogenannten „Strategischen Iniative Technik“ (SIT), berichten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR nach einer gemeinsamen Recherche.
Alles halb so wild, könnte man sagen. Der Bundesnachrichtendienst ist ja „nur“ fürs Ausland zuständig. Zumindest auf dem Papier. In der Praxis stellt sich natürlich die Frage, wie im Web 2.7 oder bei welchem Build auch immer wir uns gerade befinden, zwischen „ausländischer“ und „deutscher“ Kommunikation überhaupt unterschieden werden kann. Die Sprache ist ja nun eher weiches Kriterium.
Wie es letztlich läuft, hat der BND schon bei seiner Mailkontrolle erklärt. Genauer gesgt: nach beharrlichem Bohren eingeräumt. Wird eine „.de“-Domain genutzt, ist das Inland. Wird etwa eine „.com“-Domain genutzt, ist das Ausland. (Schönen Gruß an alle G-Mail-Nutzer.) Es ist also schon abzusehen: Es wird niemand sicher sein vor den langen Ohren des BND.
Unabhängig von technischen Details und offenkundiger Inkaufnahme von Rechtsverletzungen regt mich eines auf. Seine finanziellen Forderungen begründet der BND laut dem Bericht nämlich mit offensichtlichen Minderwertigkeitskomplexen. Die Kollegen aus Amerika und England seien ja schon viel weiter beim Bespitzeln von 99,99 Prozent unbescholtener Bürger, soll es heißen. Werde nicht digital aufgerüstet, drohe der BND sogar weiter zurückzufallen. Hinter die Italiener! Und sogar die Spanier!
Auf einen naheliegenden Gedanken scheint niemand zu kommen. Dass es vielleicht besser wäre, eben nicht jeden Wahnsinn mitzumachen. Das könnte sogar zu einem tollen Alleinstellungsmerkmal führen. Freiheitsrechten etwa, die nicht nur auf dem Papier stehen. Am Ende wären dann noch die Italiener und Spanier neidisch.