Der Landtag in Schleswig-Holstein hat alte Zöpfe abgeschnitten. Das Parlament hob – auf Antrag der Piratenpartei – letzte Woche die Kleiderordnung für Rechtsanwälte auf.
Bisher mussten Rechtsanwälte in Schleswig-Holstein vor Gericht ein “weißes Hemd und eine weiße Halsbinde (Quer- oder Langbinder)” tragen. Für Rechtsanwältinnen war eine “weiße Bluse” vorgeschrieben, das Tragen einer “weißen Schleife” war immerhin nur freigestellt.
Das ist nun Vergangenheit. Bunte Krawatten, offene Kragen und farbige Damenkleidung sind ab sofort auch offiziell in Ordnung. Auch eine Form von „Legalize it“, denn so richtig ernst nahm gerade im Norden die alten Vorschriften ohnehin keiner mehr.
Die Auflockerung bedeutet aber kein Ende des Robenzwangs. Diese Pflicht ergibt sich derzeit (wohl noch) aus der Berufsordnung für Rechtsanwälte, die bundesweit gilt. Deren § 20 schreibt Rechtsanwälten eine Robe vor, sofern dies „üblich“ ist.
Die Deutungshoheit über das, was üblich ist, haben die Rechtsanwaltskammern. Die Kammern in den einzelnen Bundesländern halten die Robe nach wie vor für eine verpflichtende Berufstracht (siehe etwa diesen Hinweis der Anwaltskammer Stuttgart). Anwälte müssen sich also darauf einstellen, bei Verstoß gegen die Robenpflicht disziplinarischen Ärger zu bekommen. Lediglich vor den Amtsgerichten gilt eine ausdrückliche Ausnahme von der Robenpflicht, aber auch nur in Zivilsachen.
Damit aufmüpfige Juristen nicht etwa ein Hoodie zur Robe deklarieren, legen übrigens diverse Erlasse genau fest, wie eine Robe auszusehen hat, um als korrektes Amtsgewand durchzugehen. Hier die schleswig-holsteinische Vorschrift für Richter und Staatsanwälte aus dem Jahr 1967:
Das Amtsgewand liegt auf den Schultern und der Brust glatt an und fällt vorn und hinten weit und faltig bis über die Mitte des Unterschenkels herab; es wird vorn durch eine Reihe verdeckter Knöpfe oder durch Haken geschlossen. Der Halsausschnitt ist so, daß er Kragen und Halsbinde sehen läßt, aber Rock und Weste verdeckt. Die Ärmel fallen, nach unten weiter werdend und unten offen, faltig herab. Zur Erleichterung beim Schreiben ist es freigestellt, den rechten Ärmel durch einen innen befestigten, nach unten durchzuknöpfenden Knopf um das Handgelenk zu schließen.
Der Besatz läuft glatt anliegend an dem Halsausschnitt und an der Vorderseite entlang bis zur unteren Kante des Gewandes; er ist um den Hals 16 cm breit und verschmälert sich vorn bis zu 11 cm; am Ärmel hat der Besatz 8 cm Breite. Der Besatz ist bei Richtern und Staatsanwälten aus Samt, bei Urkundsbeamten aus Wollstoff. Bei den Amtsanwälten sowie bei den Referendaren und Beamten des gehobenen Justizdienstes als Vertreter des Staatsanwalts oder des Amtsanwalts und bei den Rechtspflegern ist der Besatz aus Samt; er ist am Halsausschnitt 10 cm breit und verschmälert sich vorn auf 7 cm, der Ärmelbesatz (8 cm) ist aus Wollstoff.