Das Zusatzschild „Lieferverkehr frei“ vor Fußgängerzonen ist an sich kaum einer Interpretation zugänglich. Dennoch versuchte sich eine ostdeutsche Ordnungsbehörde daran, die Vorschrift einzuengen. Sie untersagte einem Mann, der in der Innenstadt Schaukästen mit Plakaten betreibt, die Zufahrt zur Fußgängerzone.
Obwohl sich der Mann an die Lieferzeiten hielt, kassierte er ein Knöllchen. Das Amtsgericht war noch der Auffassung, die Liefererlaubnis gelte nur für Waren, deren Umfang oder Gewicht ein Tragen über längere Strecken unzumutbar erscheinen lässt. Die Plakate jedenfalls befand das Amtsgericht als zu leicht.
Das Oberlandesgericht Thüringen lässt diese enge Sicht nicht gelten, worauf die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein hinweist. Lieferverkehr sei großzügiger zu interpretieren. Er umfasse jeden geschäftsmäßigen Transport von Gegenständen, die zum Geschäftsbetrieb der Firmen in der Fußgängerzone gehört. Auf das Gewicht oder die Sperrigkeit der Gegenstände komme es nicht an. Damit sind auch die Plakate vom zulässigen Lieferverkehr umfasst.
Oberlandesgericht Thüringen, Entscheidung vom 17. Juli 2012, Aktenzeichen 1 Ss 67/12