Streng, strenger, Bayern. Hat meine Sekretärin gedacht, als sie gestern morgen eine Staatsanwaltschaft aus dem schönen Süden Deutschlands am Telefon hatte. Es ging um eine Ermittlungsakte, die uns zur Einsicht übersandt worden war. Die Akte sei schleunigst zurückzuschicken, wurde meiner Mitarbeiterin gesagt. Denn die Frist für die Akteneinsicht sei “längst” abgelaufen.
Die Akte war tatsächlich schon seit dem gestrigen Dienstagmorgen wieder in der Post, aber trotzdem ging ich der Sache mal nach. Tatsächlich hatte DHL die Unterlagen am Freitag zuvor um 13.30 Uhr angeliefert. Das sind 120 Minuten, bevor meine Mitarbeiterin freitags Feierabend macht.
Die Akteneinsicht, so hieß es im Begleitschreiben, werde “für 3 Tage gewährt”. Gut, da steht in der Tat mit keinem Wort, dass Wochenenden oder Feiertage nicht in die Frist eingerechnet werden. Allerdings ging ich bisher eigentlich davon aus, dass dies stillschweigend so gilt.
Wie soll ich denn die Frist auch einhalten, wenn das Paket am Freitagnachmittag eintrifft? Es ist ja nicht so, dass das Personal einer Anwaltskanzlei Däumchen dreht und sich sofort auf eine angelieferte Akte stürzen kann. Jedenfalls bei mir nicht.
Samstags- und Sonntagsarbeit bezahlen? Oder selbst kopieren? Geht natürlich, wenn man will. Aber will man? Doch allenfalls in wirklich wichtigen Fällen. So kommt es durchaus vor, dass eine Akte innerhalb von ein, zwei Stunden unser Büro wieder verlässt. Aber dann ist das auch wirklich supereilig. Und nicht so ein eher kleiner Fall, in dem niemand zu Tode gekommen oder flüchtig ist und der Staatsanwalt selbst die letzten 17 Tage rein gar nichts gemacht hat.
Na ja, immerhin weiß ich jetzt, dass die bayerische Justiz nicht 3 Werktage meint, wenn sie 3 Tage schreibt. Ich hoffe jetzt nur, dass wir nicht ausgerechnet am Freitag, 21. Dezember 2012 wieder eine Akte aus Süddeutschland erhalten. Oder am Gründonnerstag. Oder vor Pfingsten. Da kann ich nämlich wirklich für nichts garantieren.