Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben mit gerichtlicher Hilfe den Film “UNLIKE U” gestoppt. UNLIKE U ist eine in siebenjähriger Arbeit entstandene Dokumentation über die Sprayerszene in Berlin. Das Landgericht Berlin untersagte jetzt alle Szenen aus dem Film, die auf Gleisen, Bahnhöfen oder in Fahrzeugen der BVG gedreht wurden.
Die Begründung des Gerichts ist bemerkenswert: Der Eigentümer eines Grundstücks dürfe uneingeschränkt darüber entscheiden, ob und wer auf seinem Gelände Aufnahmen macht. Die Richter lehnen sich hier an eine Entscheidung an, die der Bundesgerichtshof für gewerblich erstellte Fotos in den preußischen Schlössern und Parkanlagen getroffen hat. Danach dürfen die Grundstückseigentümer gewerblichen Fotografen Aufnahmen untersagen – selbst wenn die Anwesen öffentlich zugänglich sind.
Überraschend ist, mit welcher Leichtigkeit das Landgericht Berlin über die Rechte der Filmemacher hinweg geht. Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit lässt das Gericht elegant hinter das Eigentumsrecht der BVG zurücktreten – obwohl die Filmaufnahmen selbst unstreitig keinerlei Schaden angerichtet haben. Einzig nachvollziehbares Argument ist eigentlich, dass die BVG es nicht akzeptieren muss, wenn mögliche Straftaten wie das Sprayen als heroisch oder zumindest nachvollziehbar dargestellt werden.
Auf der anderen Seite ist die Sprayer-Szene eine gesellschaftliche Realität und verdient es sicher, “hautnah” dokumentiert zu werden. Das Landgericht Berlin sieht allerdings in den Aufnahmen, die Sprayer bei der Arbeit zeigen, keinerlei zusätzlichen Informationswert für den Zuschauer. So eine Argumentation entzieht dem Dokumentationsfilm, der nun mal die Wirklichkeit zeigt wie sie ist, en passant die Existenzgrundlage.
Wenn es nach dem Landgericht Berlin geht, müssen journalistische und künstlerische Interessen also künftig da enden, wo dem Grundstückseigentümer die Berichterstattung nicht in den Kram passt oder Filmaufnahmen einen vorher von ihm freigegebenen Zweck überschreiten. Und das selbst auf Flächen, auf denen der Grundstückseigentümer an sich Publikumsverkehr duldet (und natürlich auch alltägliche Film- und Fotoaufnahmen).
Fotos und Videos auf privaten, aber frei zugänglichen Grundstücken werden insgesamt leichter untersagt werden können, wenn sich die Auffassung des Landgerichts Berlin durchsetzt. Das wäre schade, weil wieder ein Stück Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit auf der Strecke bliebe.