Geradezu ungeheuerliche Nachrichten aus Berlin. Was Diplomaten schon lange dürfen, soll Polizisten künftig verwehrt bleiben – ihr Dienstfahrzeug, egal ob Streifenwagen oder ziviles Gefährt, nach Lust und Laune ins Halteverbot zu stellen. Der Polizeipräsident hat den Beamten mitgeteilt, dass sie nur dann verbotswidrig parken dürfen, wenn dies „zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist“. Andere Ausnahmen kennt die Straßenverkehrsordnung übrigens auch gar nicht.
Was nichts anderes bedeutet, als dass sich Ermittler jedenfalls künftig einen ordentlichen Parkplatz suchen müssen, sofern die Verkehrssünde für ihre Arbeit nicht zwingend ist. Sogar die Nutzung von kostenpflichtigen Parkhäusern und Parkplätzen sinnt der Polizeipräsident seinen Mitarbeitern an. Verauslagte Parkgebühren können sie natürlich als Spesen geltend machen.
An sich sollte es für Gesetzeshüter selbstverständlich sein, sich selbst ans geltende Recht halten. Aber so einfach ist die Sache nicht. Eine wichtige Interessenvertretung, der Bund Deutscher Kriminalbeamter, fordert per Stellungnahme tatsächlich eine Ausnahmeregelung, nach der Polizisten ihre Dienstfahrzeuge auch in nicht dringenden Fällen kreativ abstellen dürfen, ohne wie Otto Normalverbraucher ein Knöllchen zu kassieren.
Mein Lieblingsargument:
Die Suche nach einem kostenfreien Parkplatz nimmt wertvolle Zeit in Anspruch.
Tja, wer könnte von dieser Malaise nicht ein Liedchen singen? Millionen Bundesbürger, ob nun privat oder beruflich unterwegs, altern täglich auf der Parkplatzsuche. Sie alle können ihre wertvolle Zeit nicht produktiver nutzen. Aber was einem Normalo zugemutet wird, ist für einen gestressten Polizeivollzugsbeamten anscheinend unzumutbar.
Die weitaus meisten Arbeitnehmer sind auch seit jeher in der Lage, ihre Spesen abzurechnen. So was scheint bei der Polizei aber Schweißausbrüche auszulösen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass der Bund Deutscher Kriminalbeamter geradezu ängstlich fragt:
Wie viel Kleingeld muss ich für eine Schicht einplanen?
Bei der Polizei lauert der Burnout offensichtlich quasi schon an der Parkuhr.
Was wirklich hinter der Empörung steckt, verrät der Bund Deutscher Kriminalbeamter in seinem Schlusssatz. Danach versteht man die Forderung der “vollen Hingabe” zum Polizistenberuf anders als der Polizeipräsident und fordert eine “Ausnahmeregelung”.
Mit anderen Worten: Das Engagement im Job hängt doch auch immer vom Spaßfaktor ab. In der Stadt frei nach Schnauze parken, und das noch unter den neidischen Blicken der Mitmenschen, spielt da ganz bestimmt eine nicht ganz unbedeutende Rolle.