Von Eberhard Ph. Liliensiek
Die Politikferien in Nordrhein-Westfalen werden durch einen Ruf angeheizt, der wie Donnerhall durchs Land rollen soll: Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) räumt auf! Dieses Motto wird in und aus seinem Haus gern gestreut. Auch wen der Christdemokrat da gerade beseitigen will, ist bekannt. Er hat einen ehemaligen Vertrauten seiner Vorgängerin Bärbel Höhn (Grüne) erst suspendiert und kürzlich die fristlose Kündigung hinterher geschoben.
Doch warum Harald Friedrich, bislang Abteilungsleiter für Abfall- und Wasserwirtschaft mit exzellentem Ruf, gehen soll – das ist eine dramatische Geschichte, in der es um Friedrichs Ehre geht, um Macht, Intrigen und Geld, viel Geld. Und nur am Rande um die Gesundheit von rund fünf Millionen Menschen im Einzugsgebiet der Ruhr.
Wenn es um das Thema Abfall und Wasser ging, war Friedrich stets ein viel gefragter Experte für Diskussionsforen. Er beherrschte sein Metier so gut, dass die ehemalige Umweltministerium Höhn ihn Anfang 2003 sogar – nach seinem Ausflug in die Privatwirtschaft – zurückholte. Friedrich blieb auch nach dem Regierungswechsel der hoch dotierte Abteilungsleiter für das heikle Ressort. Und machte sich stark für sauberes Trinkwasser, damit für eine neue Reinigungsmethode auch an der Ruhr. Dort liefern die Wasserwerke zwischen Arnsberg und Duisburg jährlich 300 Mio. Kubikmeter Wasser aus dem Fluss: Es wird vorgereinigt, versickert über Sandfilterflächen in den Untergrund und wird daraus zu Trinkwasser aufbereitet. Eine Methode, die Friedrich nicht genügte.
Spätestens am 11. Januar 2006 wurde er von der „Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR)“ angegriffen. In einem direkt an Minister Uhlenberg gerichtetes Schreiben verfolgt die AWWR „mit Sorge“ die Diskussion im Ministerium, „bei der die Membrantechnik als Schlüsseltechnologie herausgestellt und eine verstärkte Anwendung dieser Techniken in der Trinkwasseraufbereitung angestrebt wird“.
Dennoch wagt es Friedrich, der CDU-Bürgermeisterin in Dinslaken am 20. Januar 2006 schriftlich zu einer „Membran-Nano-Filtration“ zu raten. Und rät indirekt von einem Wasserkauf bei der Gelsenwasser AG ab: „Keines der von der Gelsenwasser AG nach technischer Aufbereitung in Vertrieb gebrachten Trinkwasser verfügt über eine Wasserqualität, die in ihrer Güte und Eigenschaft für die menschliche Gesundheit vergleichbar ist der Wasserqualität, die durch eine Membran-Nano-Filtration erreichbar ist“.
Das bestätigt auch am 22. Februar das Hygiene-Institut des Universitätsklinikums Bonn. Gelsenwasser-Vorstandsmitglied Bernhard Hörsgen reagiert empört. Er lässt Staatssekretär Alexander am 20. Februar wissen, eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit Friedrich sei „kaum mehr möglich“. Überdies könne eine öffentliche Auseinandersetzung über Trinkwasserqualitäten „zur Verunsicherung der Bürger“ führen. Und der Ruhrverband legt am 28. März mit bedrohlich wirkenden Zahlen an den Minister nach: Die Membrantechnologie in der Abwasserreinigung käme „im günstigsten Fall einer Verdopplung der Abwasserbehandlungskosten gleich“ (400 Mio. Euro) Unterdessen werden im Arnsberger Trinkwasser perfluorierte Tenside gefunden.
Das Bonner Hygiene-Institut schätzt, in der Ruhr befinde sich das krebserregende PFT schon seit zwei Jahren. Es ist mit der momentan praktizierten Methode nicht herauszufiltern. Das räumt auch Gelsenwasser aktuell ein: „In den Wasserwerken werden alle Aufbereitungstechniken so eingestellt, dass die PFT-Konzentration möglichst minimiert wird.“ In dieser Situation also wird Wasserschützer Harald Friedrich gefeuert. Es besteht der „dringende Verdacht gravierender arbeitsrechtlicher Verletzungen“. Welche das sein sollen, dazu schweigt sich das Ministerium aus, leugnet aber Zusammenhänge: „Wir lassen uns unsere Personalentscheidung nicht von der Wasserwirtschaft vorschreiben!“, meint Behördensprecherin Sabine Raddatz.
„Die Kläranlagen an der Ruhr sind besonders schlecht“, sagte die Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn den VDI nachrichten, „das hat Friedrich immer hart kritisiert“. Und dieses Verhalten war von ihr nicht nur geduldet, sondern gefördert worden. Und vieldeutend moniert Höhn denn auch das Verhalten ihres CDU-Nachfolgers: „Dass Herr Friedrich während seines Urlaubs suspendiert wird und vom Hausverbot durch den Pförtner erfährt, das ist absolut ungewöhnlich!“
Friedrich steht für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung. Fest steht: Seit Anfang der Woche beschäftigt sich das Arbeitsgericht Düsseldorf mit dem Fall und wird womöglich zusehen müssen, wie beide Parteien ihren Streit in öffentlicher Verhandlung austragen. Friedrichs Kündigungsschutzklage jedenfalls ist der Anstoß dazu. (pbd)