„Sie erhalten Gelegenheit…“

Aus einem Anhörungsbogen der Polizei: „Sie kratzten Ihren Partner während des Liebesspiels am Hodensack, was dieser als schmerzhaft empfand. Sie erhalten Gelegenheit, sich zum Tatvorwurf zu äußern.“

Wie das so ist, die mutmaßliche Tat liegt nun schon länger zurück, die förmliche Versöhnung ist auch schon einen Cancun-Urlaub her. Obwohl der Strafantrag längst zurückgenommen wurde, wird die Verfahrensakte jedoch nicht geschlossen.

Die Staatsanwaltschaft bejaht ausdrücklich das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung, weil sogenannte „Beziehungstat“. Mein Mandant und sein Partner werden es nun notfalls auf einen öffentlichen Prozess ankommen lassen, denn einfacher kann man wahrscheinlich nicht an eine eigene Netflix-Serie kommen.

Rechtskräftig

Nach der, selbstverständlich höflichen, Anrede steht in meinem Schreiben an ein nordrhein-westfälisches Amtsgericht folgendes: „Gegen den Strafbefehl vom 15. April 2024 lege ich Einspruch ein.“ Sonst steht nichts drin, außer natürlich Anschrift, Aktenzeichen, Signatur und der Hinweis, dass der Brief über das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelt wird.

Kurze Zeit später erhält mein Mandant einen Brief von der Staatsanwaltschaft, wonach der Strafbefehl mangels Einspruch nun rechtskräftig ist. Er soll seine Strafe zahlen, Rechnung anbei. Erst auf meinen Hinweis hin fällt beim Gericht und der Staatsanwaltschaft auf, dass in meinem Schreiben das Wort „Einspruch“ steht. Wie gut, dass es nur um eine Geldstrafe ging – und nicht um eine Ladung zum Haftantritt. Aber wir halten fest, auch bei der Justiz ist man überraschenderweise vor Lässlichkeit nicht gefeit.

Evernote schreibt, was du sprichst

Evernote war für mich immer erste Wahl, um Texte und Inhalte zu verwalten. Gerade auch für dieses Blog. Allerdings gab es nun über etliche Jahre einen spürbaren Stillstand. Das hat sich jedoch in letzter Zeit dramatisch geändert. Evernote kommt mit neuen Features um die Ecke, die mich fast alle beeindrucken und die Arbeit mit Evernote spürbar besser machen.

Jetzt gibt es ein weiteres Tool in Evernote, das für mich wirklich mal Grund ist, Evernote in eure engere Auswahl für eine Notiz-App zu katapultieren – falls ihr Bedarf habt.

Bislang war es bei Evernote schon problemlos möglich, eine Audioaufnahme in jede Notiz einzufügen. Neu ist, dass man diese Audioaufnahme nun transkribieren lassen kann. Das heißt, der gesprochene Text wird automatisch in geschriebenen Text umgewandelt. Hierfür gibt es natürlich schon viele Programme, von denen die Tauglichen aber bezahlt werden müssen, teilweise sogar nach Diktatminuten. Bei Evernote ist das Feature im Preis des Abos inbegriffen.

Ich habe nun schon etliche Texte mit Evernote diktiert, statt sie zu schreiben. Die Texte werden praktisch fehlerlos ausgegeben. Nicht mal Satzzeichen und Kommata muss man diktieren, sie stehen trotzdem (fast immer) am richtigen Platz. Die Länge der Texte ist praktisch nicht begrenzt. Ich habe schon eine Viertelstunde oder länger am Stück ins Mikro gequasselt, ohne dass die App gemeckert hätte.

Falls ihr Texte produziert oder verwaltet, schaut euch die aktuelle Version unbedingt mal an. Und nein, dies ist kein bezahlter Werbetext.

Evernote Home

Doppelblitzschnell

In einer Strafsache habe ich für die Mandantin am 11. Juli 2024 eine Verteidigungsschrift an die Staatsanwaltschaft geschickt. Eingang dort um 9.23 Uhr, laut Sendeprotokoll des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs.

Heute kommt die Mitteilung, das Verfahren wird eingestellt. Mangels Tatverdachts. Der Bescheid datiert, trara, auf den 11. Juli 2024.

Gut, an den Vorwürfen war nicht viel dran. Aber dass so wenig dran ist, hätte ich nun auch nicht gedacht. Auf jeden Fall vielen Dank an die Staatsanwaltschaft für die Bearbeitung. Blitzschneller geht’s nun wirklich nicht, und der Mandantin fällt wirklich ein Stein vom Herzen.

Keine Beschreibung verfügbar

Die Polizei in Hannover beschreibt wegen der Gewalttat in der U-Bahn in ihren Mitteilungen nur die Kleidung der Tatverdächtigen, nicht aber ihr Aussehen – obwohl sie Videoaufnahmen der Männer hat.

Sagt mir bitte eine einzige kriminaltaktische Erwägung, die so ein Vorgehen rechtfertigt. Ich weiß keine.

Bericht

Neue Regeln für Cannabis am Steuer

Die neuen THC-Regeln für Autofahrer gingen gestern durch den Bundesrat. Wer unter dem Einfluss von Cannabis fährt, darf höchstens 3,5 Nanogramm des Wirkstoffs im Blutserum haben.

Der Grenzwert ist sehr niedrig. Auch wenn Cannabis und Alkohol nicht unbedingt miteinander vergleichbar sind, sollen die 3,5 Nanogramm laut amtlicher Begründung ungefähr 0,2 Promille Blutalkohol entsprechen.

Wer am Steuer vorsätzlich oder fahrlässig künftig mit mindestens 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blut unterwegs ist, handelt ordnungswidrig und riskiert in der Regel ein Bußgeld von 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Ist zusätzlich noch Alkohol im Spiel, sind 1.000 Euro Bußgeld fällig.

Wer Cannabis mit ärztlicher Verordnung konsumiert, muss die Grenzwerte nicht beachten. Auch gibt es keine Strafschärfung, wenn zusätzlich Alkohol im Spiel ist. Strengere Regeln gelten für Fahranfänger. In der zweijährigen Probezeit gilt faktisch ein Abstinenzgebot. Das Gesetz wird nach seiner Verkündung in Kraft treten, erfahrungsgemäß dauert das meist zwei Monate.

Kunde darf über Preisfehler jubeln

Preisfehler machen Internet-Shops häufig. Allerdings freuen sich die Kunden meist nur kurz darüber. In der Regel haben Verkäufer die Möglichkeit, falsch deklarierte Ware nicht zu versenden. Dies geht über die Anfechtung des Kaufvertrages, welche bei Preisfehlern juristisch meist zulässig ist.

Allerdings kann es auch mal anders laufen. Dies zeigt ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. In dem entschiedenen Fall hatte ein Kunde neun Spitzensmartphones der aktuellsten Generation gekauft, und zwar für bodenständige 92 Euro pro Stück. Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers betrug zu dem fraglichen Zeitpunkt 1.099 Euro.

An sich ein klarer Fall für eine Anfechtung durch den Händler. Allerdings lag der Fall hier besonders, denn zu den Smartphones legte der Verkäufer noch ein Gimmick dazu, nämlich einen Gratis-Kopfhörer, der nichts extra kosten sollte.

Außerdem verschickte der Verkäufer die Ohrhörer nach der automatischen Vertragsbestätitung. Mit der Zusendung war das Anfechtungsrecht des Verkäufers erloschen, so das Oberlandesgericht. Zu diesem Zeitpunkt habe der Käufer davon ausgehen dürfen, dass der Kaufvertrag wirksam ist. Der Verkäufer muss dem Mann nun die gesamte bestellte Ware liefern. Der Kunde kann sich über ausgehend von der Preisempfehlung über ca. 90 % Ersparnis freuen (Aktenzeichen 9 U 11/23).