Keine „doppelte“ Widerrufsfrist bei Online-Abos

Wenn ihr online ein Abo abschließt, das in den ersten 30 Tagen kostenlos ist, ab wann beginnt die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen? Diese Frage hat nun der Europäische Gerichtshof beantwortet.

Eine Lernplattform bot einen 30-tägigen Gratiszeitraum an, in dem das Abo jederzeit beendet werden konnte. Erst nach Ablauf des Testzeitraums wurde das Abo kostenpflichtig. Im Gratiszeitraum war jederzeit eine sofortige Kündigung möglich.

Verbraucherschützer aus Österreich meinten, das gesetzliche Widerrufsrecht von 14 Tagen beginne erst an dem Tag, an dem das Abo kostenpflichtig wird. Denn ansonsten sei das Widerrufsrecht wirkungslos, wegen des jederzeitigen Kündigungsrechts im Testzeitraum.

Dies sehen die EU-Richter anders. Das Widerrufsrecht laufe ab dem Zeitpunkt der Anmeldung, sofern der Kunde schon zu diesem Zeitpunkt ausreichend über die späteren Kosten informiert war. Nur wenn diese Informationen nicht oder nicht verständlich gegeben wurden, beginne das Widerrufsrecht ab der Kostenpflicht (Aktenzeichen C-565/22).

AfD-Mann Jens Maier als Richter abgesetzt

Seit seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2021 bemühte sich AfD-Politiker Jens Maier um die Rückkehr in seinen alten Job – als Richter. Dem schiebt der Bundesgerichtshof nun einen Riegel vor. Das Dienstgericht erklärt Maiers Rauswurf für rechtens.

Rauswürfe von Richtern sind eine Seltenheit, zum Bundesgerichtshof hat es erst ein Fall im Jahr 1995 geschafft. Dieser Fall hatte jedoch keine politischen Hintergründe.

Eine Amtsenthebung ist laut dem Dienstgericht gerechtfertigt, wenn der Richter durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, er werde sein künftiges dienstliches Verhalten aus politischen Gründen nicht mehr an den Kriterien der „Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und dem Gemeinwohl“ ausrichten.

Maier soll in sozialen Medien einen Sohn Boris Beckers rassistisch beleidigt haben. Außerdem habe er öffentlich die „Herstellung von Mischvölkern“ beklagt. Neben anderen fragwürdigen Äußerungen Maiers genügt das dem Dienstgericht für eine Amtsenthebung.

Interessant ist an der Entscheidung vor allem eines: Laut dem Gericht dürfen gegen Maier auch Äußerungen verwendet werden, die dieser als Bundestagsabgeordneter gemacht hat. Während dieser Zeit ruhte Maiers Richteramt, gleichwohl soll für ihn die beamtenrechtliche Zurückhaltungspflicht gegolten haben (Aktenzeichen RiZ(R) 1/23).

Ein Wunsch, der schon lange Wirklichkeit ist

Bundesverkehrsminister Volker Wissing fordert härtere Strafen für Klimakleber, die auf Rollfelder von Flughäfen vordringen und den Luftverkehr gefährden.

„Ich denke an eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten“, zitiert ihn Bild.

Es geht hier wohl um § 315 Strafgesetzbuch (gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr). Die Vorschrift sieht bereits heute bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe vor. Und eben jene sechs Monate Mindeststrafe, die sich der Verkehrsminister vorstellt. Sein Wunsch ist also sozusagen schon in Erfüllung gegangen.

„Berufungsschriftsatz.pdf“ ist kein schlauer Name

„Berufungsschriftsatz.pdf“ ist kein besonders schlauer Dateiname, wenn im Anwaltsbüro etwas bei der Nutzung des „besonderen elektronischen Anwaltspostfachs“ (beA) schief geht. Ein Anwalt hatte diese Datei ans Oberlandesgericht geschickt, jedoch gehörte der Schriftsatz zu einem anderen Verfahren. Das bedeutet für den Anwalt einen Haftungsfall. Er hat die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft versäumt, stellt der Bundesgerichtshof fest.

Der Anwalt machte geltend, seine geschulten Mitarbeiter hätten die Datei wohl verwechselt. Ob das der Fall war, spielt laut dem Bundesgerichtshof aber keine Rolle. Denn eine ausreichende Postausgangskontrolle sei nur gegeben, wenn jeder Schriftsatz einen „individuellen“ Dateinamen habe. Dieser Dateiname müsse auch einen nachvollziehbaren Bezug auf das konkrete Mandat ermöglichen. Nur so könne vor dem Absenden überprüft werden, ob die Datei auch den richtigen Schriftsatz enthält (Aktenzeichen VIa ZB 24/22).

Ladesäule: Normale Autos dürfen abgeschleppt werden

Wer ein normales Kraftfahrzeug im ausgewiesenen Bereich einer Ladesäule parkt, darf abgeschleppt werden. Es bedarf keiner besonderen Verkehrsbehinderung, so das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung.

In dem Fall ging es um ein abgestelltes Motorrad. Der Fahrer hatte nach eigenen Angaben so „platzsparend“ geparkt, dass die Ladesäule für E-Fahrzeuge sogar noch nutzbar war. Trotzdem sollte er 84 Euro Verwaltungsgebühren zahlen, außerdem 75 Euro für das Versetzen des Motorrads auf den angrenzenden Bürgersteig.

Das Abschleppen geht laut Gericht in jedem Fall in Ordnung. Wer das Ladesäulen-Symbol missachte, stelle sein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ins absolute Halteverbot. Laut dem Gesetzentwurf sollen Nutzer von E-Autos sich darauf verlassen können, dass der Ladeplatz ohne Einschränkung nutzbar ist (Aktenzeichen 14 K 7479/22).

Angeklagter ist beim eigenen Gerichtstermin nicht erwünscht

12 Jahre soll ein Mann ins Gefängnis, wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Auch die Staatsanwaltschaft ging in Revision, um eine höhere Strafe zu erzielen. An seiner Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof darf der derzeit inhaftierte Angeklagte allerdings nicht teilnehmen. Seine Anwesenheit sei nicht erforderlich, ließ ihn der zuständige Strafsenat wissen.

Tatsächlich liegt es im Ermessen des Revisionsgerichts, ob ein Angeklagter aus der Haft vorgeführt wird (§ 350 Abs. 2 S. 3 StPO). Ich habe das auch schon mehrfach beantragt, aber ebenso wenig Gehör gefunden. Die Richter weisen immer lapidar darauf hin, dass sie das Urteil nur rechtlich prüfen. Deshalb reiche es aus, wenn der Verteidiger in der Hauptverhandlung anwesend ist. Weiterführende Informationen vom Angeklagten seien nicht zu erwarten.

Allerdings verwirft der Bundesgerichtshof die weitaus meisten Revisionen ohne Hauptverhandlung. Wenn ausnahmsweise mal eine Verhandlung anberaumt wird, gibt es – verkürzt gesagt – Diskussionsbedarf. Dass der inhaftierte Angeklagte da als „überflüssig“ angesehen wird, ist schon sehr hartherzig. Allerdings spart die Justiz so die Kosten für den Gefangenentransport (Aktenzeichen 5 StR 215/23).

Wer anderen einen Gefallen tut…

Wer anderen einen Gefallen tut, haftet anders als etwa ein bezahlter Dienstleister. Das zeigt sich an einem Fall, den das Amtsgericht München entschieden hat.

Ein Mann hatte seinem nebenan wohnenden Bruder für Notfälle einen Wohnungsschlüssel gegeben. Er forderte den Schlüssel zurück, erhielt ihn aber nicht zurück. Er ließ deshalb das Schloss austauschen. Das kostete 700 Euro.

Das Amtsgericht München weist zutreffend darauf hin, dass die Haftung bei reiner Gefälligkeit beschränkt ist. Ein Rechtsbindungswille sei bei Nachbarschaftshilfe gerade nicht gegeben, zumal es sich um den eigenen Bruder handelte. Ein vertraglicher Anspruch scheide deshalb aus.

Auch eine sogenannte unerlaubte Handlung will das Gericht nicht erkennen. Der Anspruch gehe, wenn überhaupt, nur auf die Kosten für einen Ersatzschlüssel. Das finde ich nicht besonders überzeugend. Denn immerhin besteht ja die Möglichkeit, dass der Bruder den Schlüssel unterschlagen hat – und vielleicht etwas Böses damit plante. Die Argumentation des Amtsgerichts gilt höchsten für den Fall, dass der Bruder den Schlüssel verloren hat oder dieser ihm gestohlen wurde (Aktenzeichen 222 C 14447/23).

Ein Fall für Harry Potter

Anfrage:

„Ich habe mir eine Kreditkarte bestellt und damit für 2.000 Euro eingekauft. Ich dachte, in dem Angebot steht ‚Startguthaben‘. Tatsächlich steht da ‚Startverfügungsrahmen‘. Können Sie mir einen guten Zivilrechtsanwalt empfehlen?“

Kann ich machen. Aber an sich müsste Harry Potter den Fall übernehmen.