Das Foto zeigt den Treppenabgang eines Hauses. Am Ende der Treppe ist auf dem Boden eine größere Deutschlandfahne ausgelegt, am Treppenabsatz leigt ein handelsüblicher Fußabtreter drüber. So soll es in Räumlichkeiten ausgesehen haben, die Einsatzkräfte der hessischen Polizei durchsuchten. Es geht um mutmaßliche Clankriminalität, wie die Bildzeitung berichtet. Mir und hoffentlich auch euch stellt sich die Frage: Darf man die Deutschlandfahne als Fußabtreter verwenden?
Tatsächlich wird es nach § 90a StGB bestraft, wenn man die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik verunglimpft – selbst wenn einem die Flagge selbst gehört. Allerdings muss das „öffentlich“ geschehen, also etwa mit einem Post auf Social Media, einer Demo oder einem Ort mit Publikumsverkehr. Von daher ist jedes Fahnen-Voodoo in den eigenen vier Wänden risikolos. Ob das Treppenhaus eines Mietshauses in diesem Zusammenhang schon öffentlich wäre, ist bislang nicht entschieden. Nach dem Foto und dem Polizeibericht dürfte es sich aber um Privaträume gehandelt haben.
Die Verwendung als Fußabtreter ist als solche auch keine Verunglimpfung. Eine kleine Online-Suche ergibt viele Shops, die Fußabtreter in den Farben schwarz-rot-gold verkaufen, meist neben den zu besseren Fußballzeiten sehr beliebten Rückspiegel-Kondomen in Staatsfarben. Ohne besondere zusätzliche Anhaltspunkte wird man also kaum dazu kommen können, dass hier eine Deutschland-Fahne im Sinne des Gesetzes verunglimpft wird.
Letztlich betont das Bundesverfassungsgericht immer, dass Kritik am Staat auch laut, unflätig und geschmacklos sein darf. So ging ein Mann straflos aus, der auf einer Collage scheinbar auf eine Deutschlandfahne uriniert. Der Mann wollte gegen die Militarisierung protestieren. Auch das Wortspiel „Schwarz-Rot-Senf“ billigte das Gericht.
Gegen die mutmaßlichen Clankriminellen wird nach der Razzia wegen zahlreicher Straftaten ermittelt, unter anderem wegen Betrug, Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung, Sozialleistungsbetrug und Geldwäsche. Die Verunglimpfung der deutschen Flagge wird nicht erwähnt. Vermutlich bewerten die Staatsanwälte die Rechtslage ebenso und machen deshalb wegen dieser Sache kein Fass auf.