Wie weit geht die Vertraulichkeit unter Arbeitskollegen? Eine wichtige Entscheidung hierzu hat das Bundesarbeitsgericht getroffen – in Bezug auf eine geschlossene WhatsApp-Gruppe. Sieben Mitarbeiter eines Flugunternehmens, die seit vielen Jahren auch befreundet sind, haben jahrelang miteinander geschrieben. Dabei teilte einer von ihnen kräftig aus, und zwar gegenüber Vorgesetzten. Stark beleidigend, rassistisch, sexistisch und sogar zu Gewalt aufstachelnd sollen die Nachrichten gewesen sein. Gegen die fristlose Kündigung wehrte sich der Betroffene in zwei Instanzen erfolgreich. Bis die Sache nun vor das Bundesarbeitsgericht kam. Die Richter dort finden die Sache nicht so eindeutig.
Der gekündigte Angestellte berief sich darauf, dass man im engsten Freundes- und Familienkreis deutlich offener sprechen darf als gegenüber Fremden. Es handelt sich hier um einen besonders geschützten Bereich der Kommunikation. Ich habe vor einiger Zeit beispielsweise einen Motorradfahrer vertreten, der in einer WhatsApp-Gruppe von vier Freunden regelmäßig über einen bestimmten Polizisten seines Heimatortes ablederte, weil er diesen für einen Bußgeldabzocker hielt. Am Ende stand ein Freispruch, weil es im Strafrecht diesen „beleidigungsfreien Raum“ gibt.
Auch im Arbeitsrecht sei so ein geschützter Bereich denkbar, sagen die Richter. Allerdings haben sie Zweifel, dass der Betroffene im konkreten Fall tatsächlich auf die Vertraulichkeit vertrauen konnte. Je heftiger die Äußerungen und je größer die Gruppe, desto weniger sei der Arbeitnehmer geschützt. Auch seien Messenger auf die schnelle Weiterleitung von Nachrichten ausgelegt. Das Gericht hob die bisherigen Urteile auf, die Sache muss neu verhandelt werden. Zunächst erhält der Kläger noch mal Gelegenheit darzulegen, warum er eine „Vertraulichkeitserwartung“ hegte.
Als Arbeitnehmer kann man aus der Sache schon mal dass Ausfälle gegenüber dem Arbeitgeber auch in kleinen, sehr privaten WhatsApp-Gruppen gefährlich sein können. Zumal bei Messengern ja auch nach wie vor der alte Grundsatz gilt: Wer schreibt, der bleibt (Aktenzeichen 2 AZR 17/23).