Mit Verjährungsfristen ist es nie einfach. Ein sehr schönes Beispiel hierfür liefert ein angeblicher Tempoverstoß, mit dem sich das Oberlandesgericht Koblenz beschäftigt hat.
Das Amtsgericht hatte das Bußgeld am 10.11.2022 verhängt; Tatzeitpunkt war der 10.11.2020. Die absolute Verjährungsfrist schwankt – je nach Höhe des angedrohten Bußgeldes – zwischen drei Jahren und sechs Monaten. Zu diesem Zeitpunkt ist Schluss, sofern bis dahin keine gerichtliche Entscheidung 1. Instanz ergangen ist.
Klingt also erst mal, als wäre die Frist gewahrt. Der Richter hatte die Frist nach § 43 StPO berechnet. Diese Vorschrift legt vereinfacht fest, dass eine Frist immer an dem passenden Tag der Woche bzw. des Monats endet, an dem die Frist begonnen hat. Allerdings muss bei § 43 StPO schon deswegen aufpassen, weil dieser nur Wochen- und Monatsfristen erwähnt. Von Jahresfristen, wie sie hier maßgeblich sind, ist gar nicht die Rede.
Außerdem handelt es sich bei der Verjährung von Ordnungswidrigkeiten um eine materielle und nicht um eine verfahrensrechtliche Vorschrift. Hierfür gilt ein anderer Paragraf, nämlich § 31 OWiG. Nach dieser Vorschrift beginnt die Verjährung am Tattag. Die (hier) zweijährige Verjährungsfrist endete also schon mit Ablauf des 09.11.2022. Der Richter war also effektiv einen Tag zu spät dran. Das Oberlandesgericht Koblenz hat das Bußgeld demnach aufgehoben.
Bei Verjährungsfristen sollte man also immer genau hinschauen.