Strafbar oder nicht? Die Kausalität, also die Ursächlichkeit, ist ein Dreh- und Angelpunkt strafrechtlicher Verantwortung. Eine Autobahnblockade der „Letzten Generation“ im Oktober 2022 illustriert das sehr augenscheinlich. Leider geht es in dem Fall um eine 44-Jährige, die verstarb.
Die Radfahrerin war am 31.10.2022 in Berlin-Wilmersdorf von einem Betonmischer überfahren worden. Wegen einer Blockade der Stadtautobahn A 100 durch Klimaaktivisten stand ein Bergungsfahrzeug der Feuerwehr länger im Stau. Das Unfallopfer verstarb einige Tage später im Krankenhaus.
Da liegt es nahe, an eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung zu denken. Das tat die Staatsanwaltschaft auch. Nach – hoffentlich – eingehender Prüfung sieht sie jedoch nicht die notwendige Ursächlichkeit der Blockade für den Tod der Frau. Grundsätzlich wäre diese Strafbarkeit auf jeden Fall möglich. Denn auch ein Klimademonstrant wird so weit denken müssen, dass eine Blockade des Straßenverkehrs auch Rettungskräfte behindert. Mit der Folge, dass Hilfe möglicherweise zu spät kommt. Damit wäre Fahrlässigkeit nur schwer wegzudiskutieren.
Die Fahrlässigkeit lag aber laut der Staatsanwaltschaft in diesem Fall nicht vor. Maßgeblich soll die Einschätzung einer Notärztin sein, die vor dem Bergungsfahrzeug vor Ort war. Konkret lautet der Schluss, das Unfallopfer hätte „ohnehin nicht mehr gerettet werden können“. Also fehlende Kausalität. Wie belastbar diese Schlussfolgerung tatsächlich ist, werden wir hoffentlich noch erfahren. Die Angehörigen des Opfers haben jedenfalls das Recht, die Einstellung anzufechten. Mit Beschwerden. Und sogar einem Klageerzwingungsantrag. Wie gesagt, ist die Frau erst einige Tage später im Krankenhaus gestorben und nicht bereits am Unfallort.
Für Klimaaktivisten ist die Entscheidung aber trotzdem ein Warnschuss. Die in Kauf genommene Behinderung von Rettungskräften ist jedenfalls auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht durch den immer wieder beschworenen „Notstand“ gerechtfertigt, dem sich andere Rechtsgüter klaglos unterordnen müssen. Das juristische Risiko für die Blockade von Notärzten und Rettungswagen ist damit also nicht aufgehoben. Ebenso wenig für andere negative Folgen solcher Aktionen.
Die Aktivisten hatten, wenn es bei der Einstellung des Verfahrens bleibt, lediglich eines: unverschämtes Glück.