Lichtbildvorlagen bei der Polizei sind ein beliebtes Mittel, um den Tatverdacht gegen Beschuldigte zu erhärten. Dabei werden Zeugen mindestens fünf Bilder von Personen gezeigt, die sich ähnlich sehen. Der Zeuge soll sagen, ob er auf den Fotos jemanden als Täter erkennt. Dann soll der Zeuge, was gerne vergessen wird, auch sagen warum.
So war es auch in einem Fall hier in Nordrhein-Westfalen. Da erkannte eine Zeugin bei der Lichbildvorlage einen der Beschuldigten „zu 100 Prozent“ wieder. Den anderen immerhin noch zu 60 Prozent. Das ist ja schon mal eine konkrete Aussage.
Allerdings war es so, dass die Zeugin schon etliche Monate vor der Lichtbildvorlage bei der Polizei eine Aussage machte. Da sagte sie folgendes, nachdem sie die möglichen Täter lediglich als „Südländer, zwischen 30 und 35 Jahren, Vollbart, jedoch nicht sehr lang, schwarzes nach hinten gegeltes und glattes Haar“ beschrieben hatte:
Da ich wirklich nicht sagen kann, ob es sich um die identische Person von 2018 handelte, kann … ich mich maximal auf die oben abgegebene Beschreibung beziehen.
Die sehen ja alle gleich aus.
Der letzte Satz ist für die Verteidigung natürlich Gold wert. Denn er entwertet das spätere Erkennen der Verdächtigen dramatisch. Oder auch vollkommen. Normalerweise wird die Erinnerung von Zeugen mit der Zeit nämlich nicht besser. Das Gericht sah das übrigens auch so, und selbst der Staatsanwalt konnte mit ins Boot genommen werden. Am Ende stand die Einstellung des Verfahrens. Die Zeugin musste gar nicht in die Mangel genommen werden.