Wir waren vor Gericht in Geständnislaune. Ja, mein Mandant hatte im Stadtpark einige Gramm Marihuana bei sich. Außerdem hatte er auch schon was davon geraucht, so dass ihm auf seiner Parkbank nichts auffiel – bis sich zwei Kripo-Beamte zu ihm gesellten. Und dann war es natürlich zu spät…
… oder auch nicht. Mein Mandant nutzte die eher lockere Gesprächsatmosphäre, um sich schnellen Fußes zu entfernen. Die beiden Polizisten hatte er schon abgehängt. Bei einem Motorradpolizisten gelang ihm das aber nicht. Vorläufige Festnahme. Später eine Anklage wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln.
Die Polizisten waren im Gericht eigentlich gut drauf. Die Männer von der Kripo erkannten neidlos an, dass mein Mandant besser in Form war. Der Krad-Polizist lobte meinen Mandanten fürs prompte Stehenbleiben, als er die Sirene aufheulen ließ. Nur der Vertreter der Staatsanwaltschaft schoss quer. Der Rechtsreferendar hielt ein besonders schneidiges Plädoyer. Kernsatz:
Strafschärfend ist zu Lasten des Angeklagten ganz erheblich zu berücksichtigen, dass er geflohen ist.
Klingt erst mal plausibel. Entspricht aber leider nicht der Rechtslage. Das deutsche Strafrecht respektiert seit jeher den Freiheitsdrang des Menschen. Abhauen als solches ist nicht strafbar. Wer also vor der Polizei davon läuft, darf deswegen nicht härter bestraft werden. Siehe auch dutzende Gerichtsurteile.
Ich sagte in meinem Plädoyer bewusst gar nichts Großartiges zu dem Fluchtvorwurf. So kriegte der Richter die Gelegenheit, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft höflich, aber bestimmt die Rechtslage zu erklären. Das Urteil selbst fiel am Ende noch einen Tick milder aus, als ich es ohnehin erhofft hatte.