Manche Fälle sind eine Mission Impossible. Am Mittwoch einer meiner Mandanten festgenommen. Aufgrund eines neu gegen ihn ausgestellten Haftbefehls. Ihm werden Betrugstaten zur Last gelegt. Angeblich Fluchtgefahr.
Nun ja, als Verteidiger schaut man dann natürlich immer: Wie lässt sich der Haftgrund entkräften? In diesen Fall gibt es einen ganz besonderen Umstand. Der Mandant ist nämlich vor einiger Zeit zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dabei ging es nicht um Betrug. Das klingt jetzt viel, aber dank des Bundesgerichtshofs erging dieses Urteil in einer Neuauflage des Prozesses. Im ersten Urteil hatte der Mandant noch fünfeinhalb Jahre gekriegt. Die vier Jahre sind nun aber rechtskräftig, beim erneuten Revisionsanlauf waren die Revisionsrichter weniger gnädig.
Wie das so bei rechtskräftigen Urteilen ist, folgte die Ladung zum Strafantritt auf dem Fuß. Bis nächsten Dienstag hätte der Mandant seine vierjährige Haftstrafe ohnehin antreten müssen. Damit habe ich in der neuen Angelegenheit beim Haftrichter argumentiert. Der Mandant wurde nämlich ganz brav zu Hause verhaftet. Obwohl er nun seit langer Zeit weiß, dass ihm eine Haftstrafe bevorsteht. Wenn er wegen des unmittelbar bevorstehenden Haftantritts nicht wegläuft, warum sollte er es dann wegen der neuen Vorwürfe tun?
Aber wenig überraschend sah es der Haftrichter genau anders herum. Die neuen Vorwürfe erhöhen nach seiner Meinung den Fluchtanreiz. Natürlich sah der Richter mein Dilemma: Selbst wenn ich nun sofort eine Haftprüfung beantrage, dürfen bis zur Verhandlung zwei Wochen vergehen. Bis dahin hätte die Strafhaft des Mandanten ohnehin schon begonnen. Und eine Beschwerde? Kaum vorstellbar, dass das Landgericht bis zum heutigen Freitag entscheidet – und dem Mandanten so noch ein Wochenende in Freiheit gewährt. Am Montag wäre eine positive Entscheidung ohnehin weitgehend für die Katz. Die Strafhaft muss der Mandant wie gesagt am Dienstag antreten.
Den Mandanten konnte ich nur damit trösten, dass ihm die Untersuchungshaft bis Dienstag am Ende angerechnet wird. Er kommt so oder so ein paar Tage früher raus. Begeisterung sieht allerdings anders aus.