Wo ist die Polizei, wenn man sie mal braucht? Für einen Herbsttag im Jahre 2022 kann ich es euch sagen. Lesen wir doch die Strafanzeige:
Die Beamten (Dez. Bekämpfung Straßenkriminalität) observierten das Freigelände im Übergangsbereich zum dortigen Berufskolleg. Sie konnten beobachten, wie der Beschuldigte J. sich einen Joint drehte. Der Beschuldigte S. stand daneben. Beide Beschuldigten konsumierten den Joint. … Der Beschuldigte J. hatte noch eine geringe Menge (ca. 1 Gramm) Marihuana in der Tasche. Die Durchsuchung des Beschuldigten S. verlief ergebnislos. Beide wurden nach Ende der Maßnahme zurück in die Berufsschule entlassen.
Auch gegen meinen Mandanten, Herrn S., wurde ein Ermittlungsverfahren auf den Weg gebracht. Zur Erinnerung: S. ist derjenige, der nur am Joint gezogen hat. Der Vorwurf lautete: „Besitz von Betäubungsmitteln.“
Außer Spesen nichts gewesen, kann man als Anwalt dazu nur sagen. Mein Mandant hat keine Betäubungsmittel besessen. Er hat höchstens welche konsumiert. Das ist ein gravierender Unterschied. Denn der Konsum als solcher ist in Deutschland nicht strafbar, der Besitz aber schon. Wer also an einem fremden Joint zieht, an Ort und Stelle fremdes Kokain schnupft oder an der Bong eines anderen mitraucht, begeht keine Straftat.
Dem zuständigen Staatsanwalt war die Rechtslage natürlich bekannt. Er stellte das Verfahren gleich von sich aus ein. Richtigerweise hätten die Beamten aber gleich einen Anfangsverdacht gegen meinen Mandanten verneinen und von einer Anzeige absehen müssen. Das ist keine Lappalie, denn nun gelangt die Akte womöglich zum Straßenverkehrsamt. In einer Kommune mit Nulltoleranzpolitik kann das den Führerschein kosten, selbst wenn mein Mandant gar nicht mit dem Auto unterwegs war. Wäre natürlich nicht so super, für einen angehenden Mechatroniker.